Tamsulosin
Tamsulosin ist ein Arzneistoff aus der Klasse der Alpha-Rezeptorenblocker zur Behandlung von Symptomen der benignen Prostatahyperplasie (BPH) und unterliegt der ärztlichen Verschreibungspflicht. Tamsulosin findet als Tamsulosin-Hydrochlorid pharmazeutische Anwendung.
Strukturformel | ||||||||||||||||||||||
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Allgemeines | ||||||||||||||||||||||
Freiname | Tamsulosin | |||||||||||||||||||||
Andere Namen |
(R)-(−)-5-{2-[2-(2-Ethoxyphenoxy)-ethylamino]propyl}-2-methoxy-benzolsulfonamid | |||||||||||||||||||||
Summenformel | C20H28N2O5S | |||||||||||||||||||||
Kurzbeschreibung |
weißes bis fast weißes Pulver (Tamsulosin·Hydrochlorid)[1] | |||||||||||||||||||||
Externe Identifikatoren/Datenbanken | ||||||||||||||||||||||
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Arzneistoffangaben | ||||||||||||||||||||||
ATC-Code |
G04CA02 | |||||||||||||||||||||
Wirkstoffklasse | ||||||||||||||||||||||
Wirkmechanismus | ||||||||||||||||||||||
Eigenschaften | ||||||||||||||||||||||
Molare Masse | ||||||||||||||||||||||
Aggregatzustand |
fest | |||||||||||||||||||||
Schmelzpunkt | ||||||||||||||||||||||
Löslichkeit |
schwer löslich in Wasser, leicht löslich in Ameisensäure, schwer löslich in Ethanol (Tamsulosin·Hydrochlorid) [3] | |||||||||||||||||||||
Sicherheitshinweise | ||||||||||||||||||||||
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Toxikologische Daten | ||||||||||||||||||||||
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen. |
Pharmakologie
Anwendungsgebiete und klinische Wirkungen
Tamsulosin ist zur Behandlung von Symptomen des unteren Harntraktes bei der benignen Prostatahyperplasie zugelassen und gilt für diese Indikation als Mittel der ersten Wahl. Es zeigt im Vergleich zu anderen Alphablockern, wie etwa Doxazosin und Alfuzosin, eine geringere Beeinflussung des Blutdruckes (die allerdings nicht immer ausgeschlossen werden kann).
Eine klinische Studie mit Nierenstein-Patienten nach ESWL-Behandlung ergab, dass mit Tamsulosin behandelte Patienten besser in der Lage waren, Steintrümmer auszuscheiden.[5][6]
Bei der Behandlung von Prostatakarzinomen mit Low-Dose-Rate-Brachytherapie werden sogenannte Seeds dauerhaft in die Prostata eingesetzt. In den ersten sechs Monaten nach dem Eingriff sind Harndrang, Dysurie und Polyurie häufig. Durch eine prophylaktische Gabe von Tamsulosin können die urologischen Symptome vermindert werden.[7][8]
Wirkmechanismus
Tamsulosin ist ein Antagonist an α1-Adrenozeptoren. Es zeigt im Gegensatz zu anderen Alphablockern eine vergleichsweise hohe antagonistische Selektivität für prostatische α1A/1L-Adrenozeptoren. Diese Rezeptorselektivität führt einerseits zu einer Relaxation der glatten Muskulatur des Blasenhalses, der Harnröhre und der Prostata, verbunden mit einem erleichterten Harnabfluss und wird andererseits mit einer geringeren Nebenwirkungsrate in Verbindung gebracht.
Da die alpha-Blockade geschlechtsunspezifisch zur Relaxation der glatten Muskulatur führt, verbessert sie auch bei Frauen den Urinfluss, was in Studien nachgewiesen werden konnte.[9] Dennoch lautet die zugelassene Indikation von Tamsulosin weiterhin „Behandlung von Symptomen des unteren Harntraktes (LUTS) bei der benignen Prostatahyperplasie“ und die Anwendung bei Frauen, die unter Harnretention assoziiert mit Verengungen von Blase und Harnröhre leiden, ist ein Off-Label-Use.
Nebenwirkungen
Trotz der Prostataselektivität dieses Alphablockers können häufig (1 bis 10 %) Schwindel und gelegentlich (< 1 %) Hypotonie und orthostatische Beschwerden auftreten; häufig werden auch Ejakulationsstörungen (retrograde Ejakulation) beobachtet. Durch eine Dosisanpassung kann in vielen Fälle eine Ejakulationsstörung vermieden werden.[10] Selten kann es zu einer vaskulär bedingten Synkope kommen, einem plötzlichen Kräfteverlust mit Bewusstlosigkeit, ferner zu gelegentlichen bis seltenen unspezifischen Beschwerden des Magen-Darm-Traktes, wie Übelkeit, Durchfall oder Verstopfungen.[11] In der Augenheilkunde wurde über einen Zusammenhang mit dem intraoperativen „floppy-iris-syndrome“ bei Katarakt-Operationen berichtet.[12]
Wechselwirkungen
Klinisch relevante Wechselwirkungen sind nicht bekannt.
Handelsnamen
Aglandin (A), Alna (D, A), Flomax (USA), Omnic (D), Omix (CH), Pradif (CH), Prostacure (D), Prostadil (D), Prostalitan (D), Tamsublock (D), Stichtulosin (A), Tadin (D), zahlreiche Generika (D, A, CH)
Literatur
- Lyseng-Williamson, K.A. (2002): Tamsulosin: an update of its role in the management of lower urinary tract symptoms. In: Drugs. 62(1):135-167. PMID 11790159
Einzelnachweise
- The Merck Index. An Encyclopaedia of Chemicals, Drugs and Biologicals. 14. Auflage, 2006, ISBN 0-911910-00-X, S. 1555.
- Eintrag zu Tamsulosin. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 30. Mai 2014.
- Europäische Arzneibuch-Kommission (Hrsg.): EUROPÄISCHE PHARMAKOPÖE 5. AUSGABE. Band 5.0–5.8, 2006.
- Datenblatt Tamsulosin hydrochloride bei Sigma-Aldrich, abgerufen am 23. April 2011 (PDF).
- E. E. Salem, W. M. Gamal, A. E. Abuzeid: Tamsulosin as an Expulsive Therapy for Steinstrasse After Extracorporeal Shock Wave Lithotripsy: A Randomized Controlled Study. In: UroToday Int J. (2010) Feb; 3 (1).
- Ralph C. Wang, Rebecca Smith-Bindman, Evans Whitaker, Jersey Neilson, Isabel Elaine Allen: Effect of Tamsulosin on Stone Passage for Ureteral Stones: A Systematic Review and Meta-analysis. In: Annals of Emergency Medicine. Band 69, Nr. 3, März 2017, S. 353–361.e3, doi:10.1016/j.annemergmed.2016.06.044 (elsevier.com [abgerufen am 23. November 2019]).
- Mohamed A. Elshaikh, James C. Ulchaker, Chandana A. Reddy, Kenneth W. Angermeier, Eric A. Klein: Prophylactic tamsulosin (Flomax) in patients undergoing prostate 125I brachytherapy for prostate carcinoma: Final report of a double-blind placebo-controlled randomized study. In: International Journal of Radiation Oncology*Biology*Physics. Band 62, Nr. 1, Mai 2005, S. 164–169, doi:10.1016/j.ijrobp.2004.09.036 (elsevier.com [abgerufen am 23. November 2019]).
- Gregory S Merrick, Wayne M Butler, Kent E Wallner, Zachariah Allen, Robert W Galbreath: Brachytherapy-related dysuria. In: BJU international. Band 95, Nr. 4, März 2005, S. 597–602, doi:10.1111/j.1464-410X.2005.05346.x, PMID 15705087.
- Laura E. Meyer, Jamie N. Brown: Tamsulosin for voiding dysfunction in women. In: International Urology and Nephrology. 44, Nr. 6. 16. September 2012, S. 1649–1656, doi:10.1007/s11255-012-0275-0, PMID 22983886.
- Mohamed G. Soliman, Ahmed R. Abou-Ramadan, Ahmed S. El-Abd, Hassan H. El-Tatawy, Shawky A. El-Abd: Outcome of Modification of Dose and Time of Administration of Tamsulosin in Men with Abnormal Ejaculation. In: Urologia Internationalis. Band 102, Nr. 4, 2019, S. 482–486, doi:10.1159/000497295.
- Core Safety Profiles von Tamsulosin 0.4 mg modified release hard capsules (PDF) und Tamsulosin 0.4 mg film coated prolonged release tablets (PDF) NL/H/PSUR/0014/001 vom 23. März 2010.
- P. R. Brogden et al.: Intraoperative floppy iris syndrome associated with tamsulosin. In: Can Fam Physician. Juli 2007; 53(7), S. 1148.