Solwodi
Solwodi (Abkürzung von „Solidarity with Women in Distress“, dt.: Solidarität mit Frauen in Not) ist eine internationale Menschenrechts- und Frauenhilfsorganisation zur Beratung und Betreuung von Opfern von Menschenhandel, Zwangsprostitution und Beziehungsgewalt.
SOLWODI | |
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Gründung | 1985 |
Gründer | Lea Ackermann |
Sitz | Boppard |
Motto | SOLWODI – Solidarity with women in distress |
Schwerpunkt | Betreuung und Beratung von Opfern von Menschenhandel, Zwangsprostitution und Beziehungsgewalt, Zwangsheirat und Heiratsmigration |
Aktionsraum | Nigeria, Kenia, Ruanda, Deutschland, Rumänien, Ungarn, Österreich |
Vorsitz | Maria Decker |
Website | solwodi.de |
Geschichte der Organisation
Die Ordensfrau Lea Ackermann von der Gemeinschaft der Missionsschwestern Unserer Lieben Frau von Afrika (Weiße Schwestern) gründete diese seit 1987 in Deutschland aktive Organisation 1985 in der Sextourismus-Hochburg Mombasa an der kenianischen Küste.[1] Die promovierte Erziehungswissenschaftlerin war von ihrer Ordensleitung für die Ausbildung von Religionslehrern nach Mombasa entsandt worden und sah sich dort mit dem Leid der Prostituierten konfrontiert. Lea Ackermann schlug ihrer Provinzialoberin vor, etwas für die Frauen und Mädchen zu tun, die sich wegen ihrer Armut prostituieren, was diese begrüßte, jedoch dafür kein Geld in Aussicht stellen konnte. Also schrieb Schwester Lea 100 Briefe an Verwandte und Bekannte in Deutschland, in denen sie um zehn Mark pro Spender und Monat für ein Frauenzentrum bat, das in einem verfallenen Lagerhaus, zu einer Bildungs- und Arbeitsstätte für den Ausstieg aus der Prostitution umfunktioniert, errichtet wurde.[2]
Gegenwart
Inzwischen ist Solwodi Kenia eine eigenständige Nichtregierungsorganisation (NRO) mit Zentrale in Mombasa und 34 verschiedenen Beratungsstellen an der Küste und in Western Kenia. Außer der psychosozialen Betreuung, gesundheitlichen Aufklärung und juristischen Beratung gehört es zu den Aufgaben von Solwodi Kenia, Frauen aus der Prostitution Berufsausbildungen zu ermöglichen und Mikrokredite für Existenzgründungen zu gewähren. Zudem entstand 2002 in Mombasa Solgidi (Solidarity with Girls in Distress – Solidarität mit Mädchen in Not) für Töchter von Prostituierten. Bei diesen Mädchen ist das Risiko hoch, dass auch sie in der Prostitution stranden. Durch die Übernahme der Kosten und durch individuelle Betreuung wird ihnen der Schulbesuch ermöglicht. Besonders bedürftige Familien unterstützt Solgidi auch mit Nahrungsmitteln und Medikamenten. Laut Schwester Lea profitieren inzwischen im Jahr rund 400 Kinder vom Solgidi-Programm.[3]
Zudem unterhält Solwodi in Kenia eigene Agrar-, Gesundheits- und Sportprojekte.
Solwodi ist weiterhin zu finden in: Rumänien, Österreich, Ungarn, Ruanda, Nigeria.
In der Bundesrepublik Deutschland engagiert sich Solwodi mit einem Deutschland-Verein, der seinen Sitz in Boppard am Mittelrhein hat, und sechs Landesvereinen in Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Berlin, Baden-Württemberg und Bayern für Frauen in Notsituationen. Der Schwerpunkt liegt auf der Betreuung von Opfern von Menschenhandel und Zwangsprostitution, aber auch Opfern von Beziehungsgewalt sowie von Zwangsheirat bedrohte oder aus Zwangsehen geflohene Frauen und Mädchen. Auch werden traumatisierte Flüchtlingsfrauen und deren Kinder aufgenommen und betreut. Es gibt in Deutschland 19 Solwodi-Beratungsstellen: in Aachen, Aalen, Augsburg, Bad Kissingen, Berlin, Bonn, Boppard, Braunschweig, Duisburg, Fulda, Koblenz, Ludwigshafen am Rhein, Mainz, München, Oberhausen, Osnabrück, Passau und Regensburg. Die Mitarbeiterinnen bieten eine umfassende, ganzheitlich ausgerichtete psychosoziale Betreuung und Beratung, sichere Unterbringung in sieben Solwodi-Schutzwohnungen, Vermittlung juristischer und medizinischer Hilfe sowie Unterstützung bei der Rückkehr in die Heimatländer, wenn Migrantinnen zurückkehren wollen oder es müssen.[4][5]
2020 wandten sich 1917 Frauen aus 101 Ländern erstmals für eine Beratung an eine der 19 deutschen Solwodi-Beratungsstellen.
Um effektiv helfen zu können, ist Solwodi Deutschland mit anderen Beratungsstellen und Organisationen im In- und Ausland vernetzt. In Deutschland hat die Organisation 75 feste Mitarbeiterinnen (davon 16 Ordensfrauen), ehrenamtliche Arbeitskreise (AK) sowie 16.000 Freunde und Förderer.[6] Solwodi ist Mitglied der Europäischen Bewegung Deutschland[7] und wird unter anderem von Zonta International[8] und der Peter Ustinov Stiftung unterstützt.[9] Solwodi setzt sich für ein „Europa ohne Prostitution“ ein[10] und ist Gründungsmitglied von CAP international (Coalition against Prostitution). 2020 war SOLWODI Deutschland e.V. zudem Gründungsmitglied des Bündnisses Nordisches Modell.
Vom 2. bis 5. April 2019 richtete Solwodi in Mainz zusammen mit CAP INTL und „Armut und Gesundheit in Deutschland e.V.“ in Mainz den „3. Weltkongress gegen sexuelle Ausbeutung von Frauen und Mädchen“ aus, an dem 400 internationale NGOs und Privatpersonen teilnahmen. Auf dem Kongress wurde als Abschlussdokument die „Mainzer Erklärung“ verabschiedet, in der u. a. für Deutschland die Einführung des „Nordischen Modells“ (Sexkaufverbot) als gesetzgeberisches Instrument für den Bereich Prostitution gefordert wurde. Bis 28. Februar 2020 hatten sich 1620 Privatpersonen und Organisationen dem Appell zur Einführung des Nordischen Modells angeschlossen. In ihrer Kampagne "Mach den Schluss-STRICH! Keine Frauensklaverei in Deutschland" generierte Solwodi seit 2013 weitere 33.600 Unterschriften für das Vorhaben. Die insgesamt 35.220 Unterschriften hat Sr. Dr. Lea Ackermann am 2. März 2020 in Berlin an Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel übergeben.
Solwodi wird seit dem 1. Juli 2020 von einem dreiköpfigen Vorstand geleitet: Dr. Maria Decker (Vorsitzende) sowie Gudrun Angelis und Barbara Wellner. Sr. Lea Ackermann begleitet als Solwodi-Gründerin den Verein weiterhin unterstützend und repräsentiert insbesondere auch künftig bei Workshops und Vorträgen die Organisation in der Öffentlichkeit. Lea Ackermann ist zudem geborenes Mitglied des Solwodi-Beirates. An der Ausrichtung der Arbeit der bundesweit 19 Beratungsstellen und den Vereinszielen wird es keine Veränderungen geben.
Literatur
- Michael Albus: Der Kampf geht weiter. Damit Frauen in Würde leben können. Biografie zum 80. Geburtstag von Sr. Dr. Lea Ackermann, Patmos-Verlag, 2017, ISBN 978-3-8436-0884-8.
- Sr. Lea Ackermann, Barbara Koelges, Sr. Annemarie Pitzl: Solwodi Deutschland 1987 bis 2017, 30 Jahre Solidarität mit Frauen in Not in Deutschland, Rhein-Mosel-Verlag, 2017, ISBN 978-3-89801-351-2.
- Lea Ackermann, Mary Kreutzer, Alicia Allgäuer: In Freiheit leben, das war lange nur ein Traum. Kösel-Verlag 2010, ISBN 978-3-466-30878-1.
- Lea Ackermann, Fritz Köster, Cornelia Filter: Über Gott und die Welt – Gespräche am Küchentisch. Kösel-Verlag 2008, ISBN 978-3-466-36737-5.
- Lea Ackermann, Cornelia Filter: Um Gotteswillen, Lea! – Mein Einsatz für Frauen in Not. Verlag Herder 2005, ISBN 3-451-28717-X.
- Lea Ackermann, Inge Bell, Barbara Koelges: Verkauft, versklavt, zum Sex gezwungen – Das große Geschäft mit der Ware Frau. Kösel-Verlag 2005, ISBN 3-466-30691-4.
- Lea Ackermann, Reiner Engelmann: Solidarität mit Frauen in Not. 20 Jahre Solwodi e.V. Horlemann-Verlag 2005, ISBN 3-89502-201-2.
- Barbara Koelges, Birgit Thoma, Gabriele Welter-Kaschub: Probleme der Strafverfolgung und des Zeuginnenschutzes in Menschenhandelsprozessen. Eine Analyse der Gerichtsakten. Solwodi 2003, ISBN 3-8311-4190-8.
- Grenzüberschreitendes Verbrechen – grenzüberschreitende Zusammenarbeit. Schutz und Betreuung von Gewalt- und Menschenhandelsopfern. Solwodi 2003, ISBN 3-8330-0336-7.
- Criminalité transnationale – coopération transnationale. Protection et prise en charge des victimes de la violence et de la traite des êtres humains. Solwodi 2003, ISBN 3-8330-0491-6.
Weblinks
Einzelnachweise
- Katholikentag Mannheim: Solwodi-Gründerin Lea Ackermann im Gespräch (Memento vom 16. Oktober 2011 im Internet Archive)
- Brigitte Woman: Solwodi: Ausstiegshilfe für Prostituierte
- Bistum Eichstätt: Shalom-Preisträgerin Agnes Mailu bei Bischof Gregor Maria Hanke
- Provinzialat der Missionsschwestern vom Hlst. Herzen Jesu: Solwodi – Solidarität mit Frauen in Not (Memento vom 23. Dezember 2010 im Internet Archive)
- Ursula Kals: Mit Mut und Wut. Sie war Bankkauffrau, ist heute Ordensfrau, fromm und wütend über die sexuelle Ausbeutung von Frauen. Anstatt nur zu reden, handelt Schwester Lea. In: FAZ Nr. 300, 24. Dezember 2010, S. C3.
- Emma: Kampf gegen Frauenhandel – Solwodi feiert 25-jähriges Jubiläum vom 8. Oktober 2010
- Netzwerk Europäische Bewegung Deutschland: SOLWODI e.V. Stand 7. Januar 2021, abgerufen am 25. August 2021
- Zonta Koblenz: Projekt Solwodi
- Peter-Ustinov-Stiftung: Frauenhilfsorganisation Solwodi Deutschland e. V. (Memento vom 28. Juli 2011 im Internet Archive)
- Wulf Wein: Kampf gegen Sex-Touristen: Saarbrücken will künftig keine „Rotlicht-Hochburg“ mehr sein. In: Saarbrücker Zeitung vom 2. Januar 2014