Schloss Groß Rietz
Das Schloss Groß Rietz ist ein Barockschloss im Dorf Groß Rietz der Gemeinde Rietz-Neuendorf. Es gilt als bedeutender[1] künstlerisch herausragender[2] ländlicher Adelssitz in Brandenburg. Seit den 2010er Jahren befindet es sich in Privatbesitz und soll schrittweise zu einer offenen Kulturstätte entwickelt werden.
Schloss Groß Rietz | |
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Daten | |
Ort | Groß Rietz |
Architekt | Cornelis Ryckwaert |
Bauherr | Hans Georg von der Marwitz |
Baustil | Barock |
Baujahr | 1693–1700 |
Koordinaten | 52° 12′ 43″ N, 14° 12′ 17″ O |
Geschichte
Schloss Groß Rietz wurde in den Jahren zwischen 1693 und 1700 nach Plänen von Cornelis Ryckwaert für Hans Georg von der Marwitz (1700–1768), Hofmarschall unter Friedrich I., erbaut. Bauherr war Johann Georg von der Marwitz (1642–1704). 1790 kaufte der preußische Staatsminister Johann Christoph von Wöllner Groß Rietz. Er war verheiratet mit Charlotte Amalie Elisabeth von Itzenplitz (1742–1801). Der auch für die königlichen Gärten zuständige Beamte beschäftigte sich intensiv mit Landwirtschaft. Er legte Obstbaum- und Maulbeerpflanzungen an, errichtete neue Wirtschaftsgebäude und ließ einen heute noch sichtbaren quadratischen Karpfenteich zwischen Groß und Klein Rietz anlegen. Nach dessen Tod übernahm 1801 Landrat Peter Friedrich Ludwig von Itzenplitz (1769–1834) das Gut. Er hatte mit seiner Frau England und Flandern bereist, sich von der dortigen Gartenbaukunst inspirieren lassen und gestaltete den Schlosspark um. Nachfolgende Besitzerin wurde Charlotte Amalie von Itzenplitz (1795–1845), die Groß Rietz 1828 von ihrem Vater erhielt und mit dem Kammergerichts- und Geheimen Justizrat Adam Ludwig von Dziembowski verheiratet war. 1846 trat die vierzehnjährige Tochter Friederike Henriette Marianne Auguste von Dziembowska (1832–1861) die Erbfolge über das Gut an und vererbte es 1861 an ihre Cousine Marie Charlotte Louise von der Marwitz (geborene von Itzenplitz). Diese ließ die Anwesen in den darauf folgenden Jahren hauptsächlich durch Pächter bewirtschaften. 1895 übernahm es deren Sohn, der gärtnerische Umgestaltungen durch den Gutsgärtner August Mattern im südlichen Parkteil durchführen ließ. Er legte einen Rosengarten mit Brunnen, einen Seerosenteich sowie einen Tennisplatz an und stattete den Park mit Statuen aus.[2]
Nach Ende des Zweiten Weltkrieges wurden im Zuge der Bodenreform die Güter enteignet. Im Schlossgebäude wurden nach einigem Leerstand ein Kindergarten und Wohnungen für Vertriebene aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten untergebracht. Der Park wurde unmittelbar vor der gartenseitigen Treppenanlage parzelliert und als Kleingärten verpachtet. Später kamen auf dem Gelände ein Festplatz und eine Freilichtbühne hinzu.
Im Jahr 1990, nach dem Ende der DDR, übernahm die neu gebildete Brandenburgische Schlösser GmbH, das Anwesen. Der Park wurde entwildert und teilweise wiederhergestellt, Gehölze wurden nachgepflanzt und die Begrenzungsmauern saniert. Schlosspark als auch der Schlosshof wurden entsprechend dem Zustand um 1850 instand gesetzt.[2] Im März 2012 wurde die jahrelange Gebäudesanierung beendet. Die Nutzfläche beträgt etwa 1.100 Quadratmeter.[3] Die Kosten für die Sicherung bzw. Wiederherstellung der barocken Anlage beliefen sich auf mehr als fünf Millionen Euro.[4]
In der Zeit der Verwaltung durch die Schlösser-Gesellschaft zeigte sich der Hamburger Unternehmer Percy Bongers bereits sehr interessiert, die verfallene Ruine und den umgebenden Schlosspark wieder herzustellen. Er suchte gerade nach einem Firmensitz in der Nähe Berlins. Bei den Restaurierungen gewährte die Verwaltung der GmbH ihm ein Mitspracherecht, Bongers beantragte sogar eine Pachtübernahme. Nach zwei Jahren intensiver Aufbauarbeit zog Bongers bereits in das Gebäude ein und kümmerte sich somit weiterhin um die Restaurierung der historischen Bausubstanz mit privatem Kapital. Bei der folgenden Ausschreibung zum Verkauf/Kauf des Schlosses beteiligte er sich und erhielt den Zuschlag. Von Firmensitz ist nicht mehr die Rede, dagegen beabsichtigt Bongers, hier eine offene Kulturstätte zu etablieren. Der Schlosspark war daher schon seit Beginn seines Engagements ein öffentlich zugängiger Ort.[4]
Architektur und Ausstattung
Das ursprüngliche Ensemble aus Schloss, Park, Wirtschaftsgebäuden, Kirche und Friedhof ist noch vorhanden. Das symmetrisch errichtete zweigeschossige Gebäude unter einem Walmdach zeigt eine mit kräftigen Pilastern gegliederte rosafarbene Fassade und hat seit seiner Errichtung kaum Veränderungen erfahren. Ionische Kapitelle krönen die Pilaster. Dreiachsige Eingangsrisalite prägen die Haupt- und Schaufront. Oberhalb der Dachtraufe befindet sich ein eingeschossiges Zwerchhaus.
Die Qualität des eleganten neunachsigen Profanbaus ist mit dem Zeughaus Berlin vergleichbar.[5] Das Innere des Schlosses beherbergt eine dreiarmige, aus Eichenholz gefertigte, zweiläufige Kehrpodesttreppe mit schweren Balustern und zwei Gartensäle mit einzigartigen, frei modellierten Stuckdecken.
Der als Schneckenberg bezeichnete und inzwischen auf einem privaten Grundstück liegende Eiskeller ist mit einem aus behauenen Feldsteinen gemauerten neugotischen Portal versehen. Sein Bau geht auf die Zeit Wöllners zurück.
Das Innere des Schlosses ist in seinen Grundstrukturen ebenfalls erhalten. Im Souterrain finden intensive Vorbereitungen zur Einrichtung eines Spielzeugmuseums statt, für welches Sammlungsstücke von Bongers' Großvater, dem Dresdner Maler Theodor Rosenhauer, als Grundstock dienen (Stand Juni 2020). Im Preußenzimmer soll die Bibliothek mit mehr als 3000 Originalbänden aus dem Bestand des Preußenkönigs Friedrich II. eingerichtet werden. Dafür müssen Vitrinen gebaut werden. Rund 180 Gemälde, Grafiken und illustrierte Gedichte von Rosenhauer sind bereits seit Anfang 2020 in der Schlossgalerie zu sehen. Die Spielzeuge, Bücher und Bilder bilden die Grundlage für die von Percy Bongers gegründete Rosenhauer-Stiftung.[4]
Von den barocken Ausstattungsstücken ist nichts mehr erhalten, da das nach Kriegsende 1945 zeitweilig leer stehende Schloss geplündert wurde. Bongers lässt nun aus edlen Materialien wie Marmor, Edelhölzern und Murano-Glas Lampen und Vasen herstellen. Die Wände wurden bereits mit neuen Stofftapeten ausgekleidet.[4]
Das Herrenhaus der Anlage soll Ende Juni 2020 erstmals für Besucher geöffnet werden.[4]
Nutzung
Neben den beschriebenen Museen und Gemäldesammlungen will der neue Eigentümer Führungen für angemeldete Besucher anbieten, Massentourismus ist jedoch nicht vorgesehen. Der Landrat des Kreises Oder-Spree ist mit der Entwicklung äußerst zufrieden. Er spricht bereits von einem „Museumsdreieck“ als Highlight in der Region. Dazu gehören dann noch die Burg Beeskow mit ihrem Kunstarchiv und das Wettermuseum Lindenberg.[4]
Garten
Der anliegende barocke Schlossgarten wurde vermutlich 1702 vollendet. Gartenbaupläne und das ursprüngliche Aussehen sind nicht bekannt.[2] Unter Carl Wilhelm von der Marwitz (1737–1811) erfolgten gärtnerische Umgestaltungen. Von der 1778 aufgestellten Minerva-Statue ist der Sockel noch vorhanden. Den Eingang zum Park säumen zwei noch vorhandene schlanke und reich mit Blumenmotiven dekorierte Sandsteinobelisken. Zwischen ihnen befindet sich ein schmiedeeisernes Tor (installiert ca. 1880). In Gartenbauplänen aus den Jahren 1819, 1825 und 1828 sind Parkgestaltungen erkennbar, die Ausblicke über die umgebende Landschaft, das angrenzende Dorf und die Wirtschaftsgebäude ermöglichen.[2]
Literatur
- Theodor Fontane: Groß Rietz. In: Wanderungen durch die Mark Brandenburg – Spreeland. 1881.
- Markus Jager: Schlösser und Gärten der Mark. Lukas Verlag, 2006, S. 175. (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche)
- Sibylle Badstübner-Gröger: Groß Rietz. In: Schlösser und Gärten der Mark. hrsg. von Sibylle Badstübner-Gröger, Berlin 1991.
Weblinks
- Brandenburgische Schlösser GmbH: Schloss in Groß Rietz, abgerufen am 2. September 2012
- fotonom.de: ein virtueller Rundgang über das Gelände, 2011
Einzelnachweise
- Neues Leben für das Schloss. Märkische Oderzeitung, 2. Mai 2010, abgerufen am 29. August 2018.
- Alexander Niemann: Zur Geschichte des Schloßparkes. Brandenburgisches Landesamt für Denkmalpflege, abgerufen am 29. August 2018.
- Schön wie Versailles, nur viel kleiner. Märkische Oderzeitung, 21. März 2012, abgerufen am 29. August 2018.
- Wo die Kunst zum Schlossherren wird. In: Berliner Zeitung. 25. Juni 2020, S. 12.
- Der Tagesspiegel vom 2. November 2000: Schloss Groß Rietz: „Ich bin der wahre Besitzer des Schlosses“, abgerufen am 2. September 2012