Pilaster
Ein Pilaster (von lateinisch pila „Pfeiler“) ist ein pfeilerartiges Formelement der Architektur.
Tragender Pfeiler und Blendpfeiler
Der Pilaster ist ein in den Mauerverbund eingearbeiteter Teilpfeiler, der auch als Wandpfeiler bezeichnet wird. Er kann tragende statische Funktion haben, muss diese aber nicht besitzen. Ähnlich wie die „Halb- oder Blendsäule“ kann der Pilaster ein Element der Scheinarchitektur in Putz und Stuck sein. Selten findet sich dann der deutsche Ausdruck „Reliefpfeiler“, der eher als längstes Palindromwort bekannt ist.[1] Sein vornehmlicher architektonischer Zweck ist die vertikale Gliederung von Außen- oder Innenwandflächen. Im Gegensatz zur Lisene hat er Basis, Kapitell oder Kämpfer.
Eine besondere Form ist der „Hermenpilaster“, dessen Schaft sich wie bei einer Herme nach unten verjüngt. Derartige Formen finden sich vor allem im spätbarocken spanischen Stil des Churriguerismus.
Pilaster, die sich über mehrere Stockwerke einer Kolossalordnung erstrecken, nennt man Kolossalpilaster.[2] In dieser Form können sie auch als Strebepfeiler dienen.
Europa
Zur Wandgestaltung und -gliederung wurden Pilaster bereits in der antiken griechischen Architektur verwendet, auch die römischen Architekten machten regen Gebrauch davon. Gleichermaßen beliebt war das Architekturmotiv sowohl in der romanischen als auch der gotischen Baukunst. In der Renaissance war der Pilaster eines der gebräuchlichsten Gliederungsmittel, etwa an der Fassade des Palazzo Rucellai in Florenz, und hält sich dann als dominierendes Fassadengliederungselement wie auch Gliederungselement der Innenarchitektur vom Klassizismus bis zum Historismus. Er geht von dort auch in die zeitgenössische Möbelgestaltung über, wo mit den umrahmenden Zargen die Täfelungen pilasterförmig gegliedert werden.
Mit der reduzierten Formensprache der Moderne, die nur elementare Konstruktionszusammenhänge nach außen sichtbar macht, verschwindet der Pilaster. Erst seit dem Brutalismus findet er sich wieder in seiner funktionalen, tragenden Form als nach außen tretendes Element des Skelettbaus in Beton, allerdings lisenenartig unter Verzicht auf Basis- und Kopfelemente, außer wenn es die Rahmenkonstruktion erfordert.
Indien
Auch in der südindischen Pallava-Architektur (7.–9. Jahrhundert) und insbesondere in der zeitlich und stilistisch nachfolgenden Chola-Architektur (9.–12. Jahrhundert) finden sich pilasterähnliche vertikale Gliederungen der Außenwände von Tempeln.
Literatur
- Wilfried Koch: Baustilkunde. 32. Auflage, Prestel, München 2005, ISBN 978-3-7913-4997-8, S. 475.
Weblinks
Einzelnachweise
- Laut Guinness-Buch der Rekorde von 1997 lautet das längste deutsche Ein-Wort-Palindrom Reliefpfeiler (dt. für Pilaster).
- Stefan Kummer: Architektur und bildende Kunst von den Anfängen der Renaissance bis zum Ausgang des Barock. In: Ulrich Wagner (Hrsg.): Geschichte der Stadt Würzburg. 4 Bände; Band 2: Vom Bauernkrieg 1525 bis zum Übergang an das Königreich Bayern 1814. Theiss, Stuttgart 2004, ISBN 3-8062-1477-8, S. 576–678 und 942–952, hier: S. 608.