Schlacht von Arras (1940)
Die Schlacht von Arras am 21. Mai 1940 war ein größeres Gefecht des Westfeldzuges während des Zweiten Weltkriegs. Bei der Kampfhandlung konnte ein Gegenangriff der British Expeditionary Force (BEF), welcher durch französische Einheiten unterstützt wurde, durch Truppen der deutschen Wehrmacht und der Waffen-SS gestoppt werden, die Stadt Arras wurde wenige Tage darauf besetzt.
Ausgangssituation
Im Mai 1940 führte die deutsche Wehrmacht ihren Vorstoß durch die Ardennen zur Kanalküste durch, dabei gerieten die Alliierten in Gefahr, von ihren rückwärtigen Verbindungslinien abgeschnitten zu werden. Der neue französische Oberbefehlshaber Maxime Weygand befahl am 20. Mai 1940 einen Gegenangriff auf den vorderen deutschen Panzerkeil, um die drohende Einkesselung abzuwenden. Zur gleichen Zeit wollten die britischen Truppen einen weiteren deutschen Vorstoß nahe Amiens verhindern. Obwohl der Befehlshaber der BEF, General Lord Gort, vom Plan Weygands nicht überzeugt war, verstärkte er die französischen Stellungen bei Amiens.
Zeitgleich hatte die 7. Panzer-Division unter Generalmajor Erwin Rommel Cambrai eingenommen und stieß in den Raum südlich von Arras vor. Der deutsche Plan sah vor, am 21. Mai die Stadt westlich zu umgehen und von Westen her einzukreisen. Bei diesem Manöver waren die Flanken der vorstoßenden Truppenteile für einen Gegenangriff der Franzosen gefährlich offen. Das deutsche Panzer-Regiment 25 klärte bis zum Dorf Acq etwa 10 Kilometer westlich von Arras auf. Da zwei motorisierte Schützen-Regimenter bis 16 Uhr nicht bei Rommel eintrafen, machte dieser vorerst kehrt. Die Lage der Alliierten war derweil konfus, da es keinen Gesamtplan für die beteiligten Streitkräfte gab.
Die sogenannte Frankforce unter dem Kommando von Major General Harold Franklyn sollte mit einem Gegenstoß die Verbindungslinien der deutschen 7. Panzer-Division abschneiden. Dieser aus jeweils zwei Brigaden der 5th und 50th Division (Major General Giffard Martel) und der 1. Tank-Brigade mit 74 Panzern bestehende britische Heeresverband verlegte nach Arras. Insgesamt standen Franklyn zwei britische und zwei französische Divisionen zur Verfügung. Einen Großteil davon schickte er nach Arras zur Verstärkung der dortigen Stellungen. Für den Gegenangriff blieben ihm nur zwei britische Brigaden und 74 Panzer übrig. Diese Truppen wurden in zwei Kolonnen aufgeteilt und kämpften sich mehr als 13 Kilometer westlich um Arras durch verstopfte Straßen langsam voran, um ihre Ausgangsstellungen für den Gegenangriff einzunehmen. Aufgrund des langsamen Aufmarsches in die Ausgangsstellungen führten die Truppen der BEF keine Gelände- und Feindaufklärung durch.[1]
Ablauf der Schlacht
Am Nachmittag des 21. Mai 1940 stieß die westliche Kolonne nach Süden bis Duisans vor. Das Dorf konnte nach kurzer Zeit erobert werden, da es nur von schwachen Infanteriekräften verteidigt wurde. Teile der Kolonne stießen bis Warlus vor. Dort trafen sie vermeintlich auf feindliche Panzer und nahmen diese umgehend unter Beschuss. Es stellte sich jedoch heraus, dass es sich um verbündete französische Panzer vom Typ Somua S-35 der 3. Mechanisierten Division (Brigadegeneral Bertin-Bossu) handelte. Dieser Verband sollte den rechten Flügel der Kolonne decken, konnte aber bisher den Funkkontakt zu den britischen Truppen nicht herstellen. Danach wurde der Vorstoß bis nach Berneville weiter geführt. An der Straße zwischen Arras und Doullens kam es zur ersten Feindberührung. Hier waren Teile der SS-Division Totenkopf (SS-Gruppenführer Theodor Eicke) und des Schützen-Regiments 7 in Stellung gegangen und konnten die britischen Truppen durch MG-Feuer am weiteren Vordringen hindern. Während die britischen Truppen durch das MG-Feuer gestoppt worden waren, flog die deutsche Luftwaffe 20 Minuten lang Entlastungsangriffe. Das 7. Royal Tank Regiment griff die Flanke der Totenkopf-Verbände an; der Angriff wurde aber gestoppt und zurückgeworfen. Die deutschen Truppen gingen zu einem Gegenangriff über, wurden aber durch britisches Abwehrfeuer gestoppt.
Die östliche britische Kolonne rückte nach Dainville vor, wo sie auf das Schützen-Regiment 6 der Wehrmacht traf und dieses zurückdrängte. Der Vorstoß wurde dann weiter Richtung Achicourt fortgeführt. Es gelang sechs Matilda-Panzern, eine deutsche Pak-Batterie zu überrennen und den Vorstoß weiter zu den Vororten Agny und Beaurains fortzuführen. Dort erhielt das 4. Royal Tank Regiment den Befehl, sich einzugraben, und wehrte einen deutschen Gegenangriff ab. Weiter nach Süden vordringende Panzer der Kolonne kamen in den Feuerbereich von deutschen 3,7-cm-PaK-Batterien. Diese stellten sich als ineffektiv heraus, da ihre Geschosse meist wirkungslos von den Matilda-Panzern abprallten. Der Beschuss mit der 8,8-cm-FlaK war wirkungsvoll und die Briten verloren mehrere Panzer. Da die Angriffsabteilungen der Briten recht schwach waren, gelang es nicht, die ersten Erfolge auszubauen und die noch dünn besetzen deutschen Stellungen zu überrennen.
Der 150. Brigade und Teilen der 13. Brigade des BEF gelang es, östlich von Arras Brückenköpfe über die Scarpe zu sichern. Dadurch wurde der Weg für die weitere Offensive geöffnet. Dies war möglich, weil das östlich von Arras stehende deutsche Schützen-Regiment 6 nach Agny beordert wurde, um einen Flankenangriff auf die Truppen der BEF zu starten. Während des Vormarsches trafen die deutschen Kräfte auf britische Panzer und verloren im anschließenden Feuergefecht mehrere Fahrzeuge. Zeitgleich stießen aus Arras weitere britische Panzer in die offene Flanke des Schützen-Regiments und gingen gegen den ungeschützten Versorgungszug des Regiments vor. Nachdem die Panzerjäger-Abteilung 42 überrannt worden war, erreichte der britische Vorstoß zwischen den Ortschaften Mercatel und Ficheux das rückwärtige Gebiet des Schützen-Regiments 7.
Dieser Vorstoß hatte zur Folge, dass die SS-Division Totenkopf in Unordnung geriet. Britische Truppen hätten beinahe das Divisionshauptquartier erobert. Die britischen Matilda-Panzer wurden erst von der deutschen Infanterie aufgehalten, da die eigene Infanterie-Unterstützung ausblieb. Rommel, der in diesem Abschnitt die Abwehrmaßnahmen persönlich leitete, soll dabei panisch wirkende und weit übertriebene Feindstärkemeldungen von fünf Divisionen an seine Vorgesetzten gemeldet haben. Von Wailly aus versuchten 40 britische Panzer auf eine Anhöhe (Hügel 111) vorzurücken, die von Kräften des II. Bataillons des Schützen-Regiments 7 gehalten wurde. Der Pak und den 8,8-cm-Flak-Geschützen gelang es, mehrere britische Panzer auszuschalten. Der größte Teil der britischen Panzer war vom Typ Matilda I, der nur mit einem MG bewaffnet war. Nur einigen stärker gepanzerten Panzern vom Typ Matilda II gelang der Durchbruch durch einige Pak-Stellungen. Der Panzerangriff wurde erst durch die auf dem Hügel 111 befindlichen 8,8-cm-Flak-Geschütze gestoppt. Die Briten umgingen daraufhin die Anhöhe auf beiden Seiten und trafen dabei auf Teile der SS-Division Totenkopf, die vor dem Angriff zurückwich.
Zu diesem Zeitpunkt war es den Briten gelungen, etwa 10 km in die deutschen Linien einzubrechen und 400 Gefangene zu machen. Von den anfänglichen 74 Panzern waren nur noch 26 Panzer einsatzbereit und die Kommandeure der beiden Panzerbataillone waren gefallen. Major General Franklyn entschloss sich deshalb zum Rückzug. In der Nacht wurden einige Panzer der französischen 3. Mechanisierten Division bei Warlus eingekreist und ergaben sich. Während sich die westliche britische Kolonne ohne größere Schwierigkeiten absetzen konnte, geriet die östliche Kolonne bei Agny in einen deutschen Luftangriff, gefolgt von einem Panzervorstoß. Noch in der Nacht gelang es ersten deutschen Truppen, bis zur Stadtgrenze von Arras vorzudringen.
Am 24. Mai 1940 räumten die britischen Truppen Arras und deutsche Truppen besetzen kurz danach die Stadt.[1]
Bilanz und Folgen der Schlacht
Rommel meldete 89 Tote, 116 Verwundete und 173 Vermisste, hingegen meldeten die Briten, 400 Gefangene gemacht zu haben. Auf britischer Seite gab es 100 Gefallene und Verwundete sowie den Verlust von 60 Panzern. Der Erfolg der deutschen Truppen wurde zum Teil durch die Luftunterstützung möglich, welche auf alliierter Seite ausblieb, aber auch das Zusammenwirken der übrigen Waffengattungen wie Panzer, Artillerie und Infanterie funktionierte bei der Wehrmacht besser.
Trotz des Sieges hatte die Schlacht von Arras auch negative Auswirkungen auf den deutschen Feldzugsverlauf. Nach den schnellen Vormärschen seit Feldzugsbeginn fürchteten besonders die höheren Stäbe der Heeresgruppen um die Sicherheit der eigenen Flanken. Die Furcht eines Flankenangriffs wurde womöglich durch Rommels übertriebene Meldung der Feindstärke noch verstärkt. General von Kleist erwirkte für seine Panzergruppe einen Halte-Befehl vom Stabschef des Oberkommando des Heeres Franz Halder. Am Morgen des 22. Mai 1940 erging der Befehl vom Generalfeldmarschall Gerd von Rundstedt, vor einem fortgesetzten Vorstoß zum Ärmelkanal die Lage vor Arras erst zu bereinigen. Die Lageberichte waren zwischenzeitlich bis zu Adolf Hitler vorgedrungen, der daraufhin einen generellen Halte-Befehl für die Wehrmacht erließ. Dieser Halte-Befehl hatte zur Folge, dass die Briten einen Großteil der BEF aus Frankreich evakuieren konnten in der Operation Dynamo. Daher kann die Schlacht trotz der taktischen Niederlage als maximaler operativer Erfolg für die Alliierten gewertet werden.[1]
Literatur
- Brian Bond: Britain, France and Belgium 1939–1940. London 1990, Brassey’s. ISBN 978-0-08-037700-1.
- James Corum: The Luftwaffe: Creating the Operational Air War, 1918–1940. Lawrence 1997: University Press of Kansas. ISBN 978-0-7006-0836-2.
- Major L. F. Ellis: "The Counter-Attack at Arras" aus J. R. M. Butler: The War in France and Flanders 1939–1940. History of the Second World War United Kingdom Military Series. 2004 by Naval & Military Press. ISBN 978-1-84574-056-6.
- R. Forczyk: Case Red – The Collapse of France, Osprey ed., Oxford 2019: Bloomsbury. ISBN 978-1-4728-2446-2.
Einzelnachweise
- Dr. Alexander Querengässer: Militär & Geschichte Ausgabe Februar/März 2020. S. 28–33.