Scheinfasten-Diät
Die Scheinfasten-Diät, auch Fasting Mimicking Diet (FMD) genannt, ist eine Form des nicht-religiösen Heilfastens. Sie wurde von dem italo-amerikanischen Gerontologen Valter Longo und seinem Forschungsteam an der University of Southern California entwickelt.[1] Anders als bei anderen Formen des Heilfastens ist während der fünftägigen Scheinfasten-Diät die Aufnahme bestimmter Arten fester Nahrung erlaubt. Dadurch soll der Körper, trotz einer relativ hohen Zufuhr an Kalorien, in einen Zustand des Fastens gelangen.
Durchführung
Die Scheinfasten-Diät ist auf eine Dauer von fünf Tagen angesetzt. Sie ist damit, ebenfalls wie das Heilfasten, eine periodische Fastenkur. Sie kann nach Aussagen eines kommerziellen Anbieters je nach körperlicher Verfassung, einmal in sechs Monaten bis maximal einmal pro Monat angewendet werden.[2]
Während der Zeit des Fastens wird die Kalorienzufuhr von anfangs 1200 kcal auf 750 kcal pro Tag abgesenkt. In diesem Rahmen sind 3 Mahlzeiten pro Tag erlaubt. Diese setzen sich aus speziell dafür zubereiteten Gemüsesuppen und -eintöpfen, Oliven, Grünkohl-Cracker und Nussriegeln zusammen. Ergänzungen von Vitaminen, Mineralsalzen und Omega-3-Fettsäuren gehören ebenfalls dazu.[3]
Dabei wird die Aufnahme der Kalorien zu 50 % in überwiegend ungesättigte Fettsäuren und zu 50 % in komplexe Kohlenhydrate mit geringer glykämischer Last aufgeteilt. Der Eiweißanteil ist hingegen minimal. Aufgrund dieser Konstellation der Nährstoffe sollen im Körper Stoffwechselprozesse mit starker Ähnlichkeit zum Zustand des Heilfastens angestoßen werden. Der IGF-1-Spiegel werde reduziert und die Protein-Signalwerte MTOR und Proteinkinase A nicht aktiviert. Die Aktivierung dieser Signalwerte sei dafür verantwortlich, dass Nahrung als solche vom Körper erkannt wird.[4][5] Hier rührt auch die Bezeichnung des Scheinfastens her, da der Körper die zugeführte Nahrung nicht als solche erkenne und deshalb den Fastenzustand der Ketose und der Autophagie aufrechterhalte.
Nach dem Ende des fünftägigen Fastens wird in der Regel noch ein Übergangstag zum sogenannten Abfasten eingelegt, bei dem der Körper mit Hilfe von leichter, protein- und kohlenhydratarmer Kost an eine normale Energiezufuhr herangeführt wird.
Präklinische Studien
Ergebnisse aus Tierstudien haben ergeben, dass Mäuse an viszeralem und subkutanem Fett, aber nicht an Magermasse verlieren. Zudem hebt das "fasting mimicking" die ungünstigen Stoffwechselwirkungen von energie- und fettreicher Ernährung auf den Blutzucker und die Blutfette auf. Auf Ebene der Zellorganellen findet eine umfassende Umprogrammierung statt, die den verbesserten Stoffwechsel und eine möglicherweise verlängerte Lebenszeit erklären kann.[6] Günstige Wirkungen sind zudem beschrieben für die Knochenstruktur, das Immunsystem und die Krebsinzidenz sowie für kognitive Funktionen,[7] für die Funktionsweise der insulinproduzierenden Betazellen und die Intaktheit des Darmmikrobioms,[8] gegen Entzündungsprozesse im Darm,[9][10] Brustkrebsprogression[11], Fettleber[12], parkinsonartige Neurodegeneration[13] und Multiple Sklerose.[14]
Klinische Studien
Humanstudien zeigen, dass der menschliche Körper während der FMD in die Ketose gelangt.[15] Hierbei wird die u. a. Verbrennung von viszeralem Fett angeregt. Außerdem soll es spätestens ab dem dritten Tag zu einer Autophagie kommen.[4]
In randomisiert-kontrollierten Studien bessern sich einige Risikofaktoren und Blutwerte unter FMD stärker als unter Kontrollbedingungen (Körpergewicht, Taillenumfang, Blutdruck, IGF-1). Die Verbesserung diverser weiterer Biomarker (Triglyzeride, Cholesterin (total, LDL und HDL), Blutzucker, Insulin-Sensitivität, CRP (c-reaktives Protein, Index für Körperentzündung)) tritt zwar unter FMD auf, ist aber nicht stärker als in der Kontrollgruppe ohne Diät.[4] Probanden mit erhöhten Ausgangswerten profitieren stärker als Gesunde. Im Trend zeigt sich ein Verlust an Muskelmasse in der FMD-Gruppe.[4]
Weitere Studien beschreiben die Sicherheit und zahlreiche Wirkungen der FMD, allerdings ohne Vergleichsgruppe.[16]
Keine Studien an Menschen untersucht eine FMD, die länger als 3 Monate zum Zweck der Stoffwechselverbesserung durchgeführt wurde. Die Abbrecherrate liegt bei über 25 %.[4]
Kontraindikationen
- Bei Allergien gegen Nüsse, Soja, Hafer, Sesam oder Sellerie
- Während der Schwangerschaft und der Stillzeit
- Bei ernährungseinschränkenden Diätvorschriften
- Bei Fieber, Husten, Durchfall oder Anzeichen einer akuten Infektion
- Bei Proteinmangel, Essstörungen und Untergewicht[2]
Personen mit gesundheitlichen Einschränkungen sollten sich ärztlich beraten lassen, bevor sie sich einer Scheinfasten-Diät unterziehen.
Siehe auch
Weblinks
- Scheinfasten-Diät bei sciencedirect.com
- Scheinfasten-Diät bei healthline.com
Einzelnachweise
- Longo, Valter, 1967 - Verfasser.: Iss dich jung : wissenschaftlich erprobte Ernährung für ein gesundes und langes Leben – die Longevità-Diät. ISBN 3-442-17714-6.
- Ist ProLon® für mich geeignet? Fasten nach Prof. Longo. Abgerufen am 29. Januar 2020.
- DER SPIEGEL: Scheinfasten-Diät nach Valter Longo: Ein Selbstversuch – DER SPIEGEL – Gesundheit. Abgerufen am 29. Januar 2020.
- Wei, Brandhorst, Shelehchi: Fasting-mimicking diet and markers/risk factors for aging, diabetes, cancer, and cardiovascular disease. (PDF) In: https://lifexaustralia.com/. SCIENCE TRANSLATIONAL MEDICINE, 2017, abgerufen am 29. Januar 2020 (englisch).
- Fasting: Awakening the Rejuvenation from Within | Valter Longo | TEDxEchoPark. Abgerufen am 29. Januar 2020.
- Amrendra Mishra, Hamed Mirzaei, Novella Guidi, Manlio Vinciguerra, Alice Mouton: Fasting-mimicking diet prevents high-fat diet effect on cardiometabolic risk and lifespan. In: Nature Metabolism. Band 3, Nr. 10, Oktober 2021, ISSN 2522-5812, S. 1342–1356, doi:10.1038/s42255-021-00469-6, PMID 34650272 (nih.gov [abgerufen am 3. Februar 2022]).
- Sebastian Brandhorst, In Young Choi, Min Wei, Chia Wei Cheng, Sargis Sedrakyan: A Periodic Diet that Mimics Fasting Promotes Multi-System Regeneration, Enhanced Cognitive Performance, and Healthspan. In: Cell Metabolism. Band 22, Nr. 1, 7. Juli 2015, ISSN 1932-7420, S. 86–99, doi:10.1016/j.cmet.2015.05.012, PMID 26094889, PMC 4509734 (freier Volltext) – (nih.gov [abgerufen am 3. Februar 2022]).
- Siying Wei, Ruomei Han, Jingyu Zhao, Shuo Wang, Meiqin Huang: Intermittent administration of a fasting-mimicking diet intervenes in diabetes progression, restores β cells and reconstructs gut microbiota in mice. In: Nutrition & Metabolism. Band 15, 2018, ISSN 1743-7075, S. 80, doi:10.1186/s12986-018-0318-3, PMID 30479647, PMC 6245873 (freier Volltext) – (nih.gov [abgerufen am 3. Februar 2022]).
- Shuo Song, Meijuan Bai, Zhiqiang Ling, Yijun Lin, Shuo Wang: Intermittent administration of a fasting-mimicking diet reduces intestinal inflammation and promotes repair to ameliorate inflammatory bowel disease in mice. In: The Journal of Nutritional Biochemistry. Band 96, Oktober 2021, ISSN 1873-4847, S. 108785, doi:10.1016/j.jnutbio.2021.108785, PMID 34087411 (nih.gov [abgerufen am 3. Februar 2022]).
- Priya Rangan, Inyoung Choi, Min Wei, Gerardo Navarrete, Esra Guen: Fasting-Mimicking Diet Modulates Microbiota and Promotes Intestinal Regeneration to Reduce Inflammatory Bowel Disease Pathology. In: Cell Reports. Band 26, Nr. 10, 5. März 2019, ISSN 2211-1247, S. 2704–2719.e6, doi:10.1016/j.celrep.2019.02.019, PMID 30840892, PMC 6528490 (freier Volltext) – (nih.gov [abgerufen am 3. Februar 2022]).
- Irene Caffa, Vanessa Spagnolo, Claudio Vernieri, Francesca Valdemarin, Pamela Becherini: Fasting-mimicking diet and hormone therapy induce breast cancer regression. In: Nature. Band 583, Nr. 7817, Juli 2020, ISSN 1476-4687, S. 620–624, doi:10.1038/s41586-020-2502-7, PMID 32669709, PMC 7881940 (freier Volltext) – (nih.gov [abgerufen am 3. Februar 2022]).
- Jingyu Zhao, Meijuan Bai, Siying Wei, Chenchen Li, Qi Lv: Improvement of Non-Alcoholic Fatty Liver Disease in Mice by Intermittent Use of a Fasting-Mimicking Diet. In: Molecular Nutrition & Food Research. Band 65, Nr. 23, Dezember 2021, ISSN 1613-4133, S. e2100381, doi:10.1002/mnfr.202100381, PMID 34632700 (nih.gov [abgerufen am 3. Februar 2022]).
- Zhi-Lan Zhou, Xue-Bing Jia, Meng-Fei Sun, Ying-Li Zhu, Chen-Meng Qiao: Neuroprotection of Fasting Mimicking Diet on MPTP-Induced Parkinson's Disease Mice via Gut Microbiota and Metabolites. In: Neurotherapeutics: The Journal of the American Society for Experimental NeuroTherapeutics. Band 16, Nr. 3, Juli 2019, ISSN 1878-7479, S. 741–760, doi:10.1007/s13311-019-00719-2, PMID 30815845, PMC 6694382 (freier Volltext) – (nih.gov [abgerufen am 3. Februar 2022]).
- Meijuan Bai, Yan Wang, Ruomei Han, Lijiao Xu, Meiqin Huang: Intermittent caloric restriction with a modified fasting-mimicking diet ameliorates autoimmunity and promotes recovery in a mouse model of multiple sclerosis. In: The Journal of Nutritional Biochemistry. Band 87, Januar 2021, ISSN 1873-4847, S. 108493, doi:10.1016/j.jnutbio.2020.108493, PMID 32920091 (nih.gov [abgerufen am 3. Februar 2022]).
- Angie W. Huang, Min Wei, Sara Caputo, Melissa L. Wilson, Joseph Antoun: An Intermittent Fasting Mimicking Nutrition Bar Extends Physiologic Ketosis in Time Restricted Eating: A Randomized, Controlled, Parallel-Arm Study. In: Nutrients. Band 13, Nr. 5, 30. April 2021, ISSN 2072-6643, S. 1523, doi:10.3390/nu13051523, PMID 33946428, PMC 8147148 (freier Volltext) – (nih.gov [abgerufen am 3. Februar 2022]).
- Francesca Valdemarin, Irene Caffa, Angelica Persia, Anna Laura Cremonini, Lorenzo Ferrando: Safety and Feasibility of Fasting-Mimicking Diet and Effects on Nutritional Status and Circulating Metabolic and Inflammatory Factors in Cancer Patients Undergoing Active Treatment. In: Cancers. Band 13, Nr. 16, 9. August 2021, ISSN 2072-6694, S. 4013, doi:10.3390/cancers13164013, PMID 34439167, PMC 8391327 (freier Volltext) – (nih.gov [abgerufen am 3. Februar 2022]).