Schandelah
Schandelah ist ein Dorf in Niedersachsen, 15 km östlich von Braunschweig gelegen. Schandelah gehört zur Gemeinde Cremlingen im Landkreis Wolfenbüttel und hat über 2000 Einwohner, einen Bahnhof, einen Kindergarten, eine Grundschule und einen Sportverein.
Schandelah Gemeinde Cremlingen | |
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Höhe: | 101 m |
Einwohner: | 2277 (31. Dez. 2017)[1] |
Eingemeindung: | 1. März 1974 |
Postleitzahl: | 38162 |
Vorwahl: | 05306 |
Lage von Schandelah in Cremlingen | |
Geographie
Das Gemeindegebiet liegt im Übergang zwischen Norddeutschem Tiefland und mitteldeutschem Bergland nahe dem Elm. Der Sandbach, der später in die Oker mündet, fließt durch Schandelah.
Geopunkt Jurameer Schandelah
Nordöstlich von Schandelah befindet sich in einem ehemaligen Ölschiefersteinbruch, der Mergelkuhle ⊙ , der Geopunkt Jurameer Schandelah ⊙ als naturhistorischer Forschungs- und Erlebnisort.[2] Das Gebiet bei Schandelah zählt zu den wenigen Orten in Niedersachsen, an denen die Überreste der im frühen Toarcium abgelagerten Sedimente des Jurameeres (eines Nebenmeeres der Neotethys) in versteinerter Form im Posidonienschiefer (Ölschiefer) des (Norddeutschen) Lias (beziehungsweise des Norddeutschen Jura) dicht unter der Erdoberfläche liegen.[3]
Auf dem Gelände des Geopunktes finden seit dem Spätsommer des Jahres 2014 paläontologische Ausgrabungen statt,[4] die unter der wissenschaftlichen Leitung des Naturhistorischen Museums Braunschweig in Zusammenarbeit mit der in Braunschweig ansässigen Dr. Scheller Stiftung und dem Geopark Harz - Braunschweiger Land - Ostfalen durchgeführt werden.[5] Am 4. Juni 2015 wurde der Fund eines im Mai desselben Jahres entdeckten, etwa zwei Meter langen Fossils eines Ichthyosauriers in etwa 180 Millionen Jahre alten Schichten des Posidonienschiefers (Ölschiefers) öffentlich bekannt gegeben.[6] Ein weiteres, etwa drei Meter langes Fossil eines Ichthyosauriers in seltener Rückenlage wurde im Juni 2016 gefunden.[7]
Die Ablagerung der diesen Posidonienschiefer bildenden Sedimente erfolgte über einen Zeitraum von etwa 2,3 Millionen bis 3,2 Millionen Jahren, begann frühestens etwa 183,6 Millionen, spätestens 182,0 Millionen Jahre vor heute und endete frühestens etwa 181,3 Millionen, spätestens 175,7 Millionen Jahre vor heute.
Bereits Jahre vor den zuvor beschriebenen, 2014 begonnenen Ausgrabungen in der Mergelkuhle, wurde in einem Grabungsfeld in Schandelah ein Ichthyosaurier-Fossil gefunden und illegal ausgegraben.[8]
Geschichte
Um 1200 wurde Schandelah als Schanlege erstmals urkundlich erwähnt.
Schandelah erlangte zunächst als Sitz der "Gografschaft Schandelah im Amte Campen" Bedeutung. In einer Urkunde von 1346 wird Schandelah neben anderen Orten zum "Zubehör" der bei Flechtorf gelegenen Burg Campen erwähnt.[9]
Im Konzentrationslager Schandelah, ein Außenlager des KZ Neuengamme im Ortsteil Wohld, wurde vom 8. Mai 1944 bis zum 12. April 1945 Ölschiefergestein als Grundlage für die Benzinherstellung abgebaut.
Am 1. März 1974 wurde Schandelah in die Gemeinde Cremlingen eingegliedert.[10] Von 2004 bis 2011 wurden hier zwei neue Baugebiete erschlossen.
Politik
Ortsrat
Der Ortsrat von Schandelah besteht aus neun Sitzen, von denen fünf von der SPD und vier von der CDU besetzt werden.
Ortsbürgermeisterin ist Ute Widow (SPD). Sie ist seit der konstituierenden Sitzung des Ortrates am 10. November 2011 im Amt und die erste von der SPD gestellte Bürgermeisterin seit 57 Jahren.[11]
Wappen
Der Rat der Gemeinde Schandelah hat am 23. Februar 1967 das nachstehend beschriebene Wappen angenommen, das der braunschweigische Verwaltungspräsident am 30. August 1967 genehmigte.
- Wappenbeschreibung
- „Im gespaltenen Schild vorn in von roten Herzen bestreutem blauen Feld ein links gewandter rotbewehrter Löwe, hinten ein mit drei linken Spitzen gold-blau gespaltenes Feld.“[12][13]
Wer mit der braunschweigischen Territorialheraldik vertraut ist, wird in dem Löwen anhand der Herzen sofort den lüneburgischen erkennen, obwohl dieser hier, im Herzland der wolfenbüttelschen Anteile der welfischen Lande, nicht zu vermuten wäre und zudem, aus Gründen des Kontrastes zu den Spitzen, in „falschen“ Farben steht (richtig steht er blau im goldenen Feld). Jedoch gehörte Schandelah ehedem tatsächlich zum Haus Braunschweig-Lüneburg und kam erst 1512 anlässlich einer Erbteilung an die wolfenbüttelsche Linie.
In der Ortsgeschichte spielten früher die Herren von Scanlesche, die später in Braunschweig nachzuweisen sind, eine Rolle. Ihr Schild enthielt in Rot drei schräge silberne Spitzen.
Im Schandelaher Wappen tauchen sie etwas abgewandelt und farblich verändert wieder auf, und zwar so, dass die Hauptfarben des Schildes Blau-Gelb, also die braunschweigischen Landesfarben, ergeben.[13][14]
Kultur und Sehenswürdigkeit
Musik
Bekannt wurde der Ort auch durch das gleichnamige Album des Popduos Rosenfels, deren Künstler beide aus Schandelah stammen.
Bauwerke
Im Zentrum des Ortes befindet sich die evangelisch-lutherische St.-Georg-Kirche.
In der Alten Schule Schandelah ist heute der Sitz des Kulturvereins.
Vereine
Neben dem Kulturverein gibt es in Schandelah noch weitere aktive Gruppen und Vereine, die das soziale Zusammenleben im Dorf prägen. Zu erwähnen sind der Seniorenkreis, die Tanzgruppe „Heart of Dance“ sowie der Schützenverein des Ortes, der im Jahr 2013 sein 50-jähriges Bestehen feierte. Alle Vereine führen traditionsreiche Veranstaltungen wie Volkskönigschießen (siehe Schützenkönig), Fackelumzug (Schützenverein) oder Tanzvorführungen (Heart of Dance) und Seniorentreffen (Altenkreis) durch.
Der MTV Schandelah feierte im Jahr 2011 sein 100-jähriges Bestehen.
Unter dem Dach der „Vereinigten Vereine“ organisieren die ansässigen Gruppen auch gemeinsame Veranstaltungen, um die Bekanntheit im Dorf, gerade bei Neubürgern, weiter zu steigern.
Regelmäßige Veranstaltungen
Schandelah ist eine „Karnevals-Hochburg“ in der Gemeinde Cremlingen. Die Karnevalsfeiern und das Büttenfrühstück der Jungen Gesellschaft Schandelah e.V. haben eine lange Tradition. Schandelah besitzt einen eigenen Wagen beim Karnevalsumzug in Braunschweig.
Wirtschaft und Infrastruktur
Unternehmen
Die Firma Auerswald GmbH & Co. KG, ein Hersteller von Telekommunikationsanlagen, unterhält am Ort eine Produktionsstätte.
Ehemals in Schandelah war die ELWE Lehrsysteme GmbH, ein Hersteller von Lehrmitteln für den Physik-, Chemie- und Biologieunterricht an Schulen, ansässig.
Verkehr
Der Ort hat als Zugang zu öffentlichen Verkehrsmitteln einen Bahnhof an der Bahnstrecke Braunschweig–Magdeburg. Von 1902 bis 1975 zweigte hier die Bahnstrecke Schandelah–Oebisfelde ab.
Der Bahnhof Schandelah bietet unter anderem eine schnelle Anbindung in Richtung Braunschweig und war bis zu seiner Modernisierung 2007 barrierefrei zugänglich. Dies ist seit dem erfolgten Umbau nicht mehr der Fall. Heute müssen die Fahrgäste aus Richtung Braunschweig kommend eine Unterführung nehmen, die ausschließlich über Treppen verfügt. Daher können Rollstuhlfahrer aus Braunschweig kommend nicht den Bahnsteig in Schandelah verlassen.[15]
Südlich des Ortes verlaufen die Bundesautobahn 39 und die Bundesstraße 1.
Söhne und Töchter des Ortes
- Robert Naumann (1890–1979), Kunstmaler
Literatur
- LG Braunschweig, 10. April 1951. In: Justiz und NS-Verbrechen. Sammlung deutscher Strafurteile wegen nationalsozialistischer Tötungsverbrechen 1945–1966, Bd. VIII, bearbeitet von Adelheid L. Rüter-Ehlermann, H. H. Fuchs, C. F. Rüter. Amsterdam : University Press, 1972, Nr. 263, S. 139–150 Erschiessung des Bürgermeisters von Schandelah und eines Arztes, weil sie den Abbau von Panzersperren veranlasst hatten
Weblinks
- Gemeinde Cremlingen: Ortschaft Schandelah
Einzelnachweise
- Cremlingen, Einwohnerzahlen am 31. Dezember 2017 (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven) Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- geopunkt-schandelah.de. Dr. Scheller Stiftung, aufgerufen am 22. September 2016.
- Hintergrund. In: geopunkt-schandelah.de. Dr. Scheller Stiftung, aufgerufen am 22. September 2016.
- Die Ausgrabungen beginnen. In: geopunkt-schandelah.de/Aktuelles. Dr. Scheller Stiftung, 25. August 2014, aufgerufen am 22. September 2016.
Volker Tenzer: Staatliches Naturhistorisches Museum Braunschweig 2014. Grabung Schandelah. Einrichtung der Grabungsstelle und erste Grabungskampagne. In: de.slideshare.net. LinkedIn Corporation, aufgerufen am 22. September 2016.
Neuer Ichthyosaurierfund in Schandelah. In: dggv.de. Deutsche Geologische Gesellschaft - Geologische Vereinigung e.V. (DGGV), aufgerufen am 27. September 2016. - Partner. In: geopunkt-schandelah.de. Dr. Scheller Stiftung, aufgerufen am 22. September 2016.
- Neuer Saurierfund in Braunschweig. Pressemitteilung der 3Landesmuseen Braunschweig vom 4. Juni 2015. Veröffentlicht auf openPR. Einbock GmbH, aufgerufen am 22. September 2016 (PDF-Datei der Pressemitteilung aus http://geopunkt-schandelah.de/ geopunkt-schandelah.de; 62,65 KiB; Presseberichte (zum Geopunkt insgesamt)).
Erster Ichthyosaurierfund der laufenden Grabungskampagne. In: geopunkt-schandelah.de/Aktuelles. Dr. Scheller Stiftung, 4. Juni 2015, aufgerufen am 22. September 2016.
Archäologische Sensationen im "Jurassic Harz". In: ndr.de. Norddeutscher Rundfunk, 4. Juni 2015, aufgerufen am 22. September 2016.
Museum präsentiert versteinerten Fischsaurier. In: haz.de. Hannoversche Allgemeine Zeitung (HAZ), Verlagsgesellschaft Madsack GmbH & Co. KG, 4. Juni 2015, aufgerufen am 27. September 2016.
Saurierfund in Schandelah (Memento vom 22. September 2016 im Internet Archive). Braunschweig Report Mediengesellschaft mbH & Co. KG, 4. Juni 2015, aufgerufen am 22. September 2016.
Saurier vor der Haustür - Der Geopunkt Schandelah. Produziert von: Der Löwe (Das Medienportal der Braunschweigischen Stiftungen). der-loewe.info, gedreht am 18. September 2015. Online in: YouTube. Veröffentlicht am 22. September 2015, aufgerufen am 11. Oktober 2016 (zum entdeckten Ichtyosaurier: Abschnitt 1:57–3:55; im Abschnitt 2:10–2:25 dazu ein Beschreibungszettel mit der Aufschrift: „12. 05. 15, Ichthyosaurier, Rippen […], Lias ε, Schandelah, 85 cm“).
Grabungsbericht 2015 des Staatlichen Naturhistorischen Museums zu dem im Jahr 2014 begonnenen Grabungsprojekt im Unterjura (Posidonienschiefer) von Schandelah. In: geopunkt-schandelah.de. Dr. Scheller Stiftung, aufgerufen am 1. November 2016 (PDF-Datei, 793,84 KiB). - Neufund: Der nahezu perfekte Fischsaurier. In: geopunkt-schandelah.de/Aktuelles. Dr. Scheller Stiftung, 3. August 2016, aufgerufen am 22. September 2016.
Neufund Fischsaurier (Ichthyosaurier) im Geopunkt Jurameer Schandelah. Präsentation und Pressegespräch im Naturhistorischen Museum Braunschweig (SNHM).Presse-Information von www.geopunkt-schandelah.de. Ein Projekt der Dr. Scheller Stiftung. Publiziert von tth medienservice. In: geopunkt-schandelah.de/Presse. Dr. Scheller Stiftung, aufgerufen am 22. September 2016 (PDF-Datei, 292,13 KiB; Presseberichte (zum Geopunkt insgesamt)).
Löwenstadt jetzt Saurierstadt? und Meeresmonster aus der Urzeit: Forscher zeigen Sensationsfund. Beide in: news38.de. news38 GmbH, aufgerufen am 22. September 2016.
Forscher entdecken 180 Millionen Jahre alten Fischsaurier; 3. August 2016 und Forscher finden Saurier-Skelett; 4. August 2016. Beide in: derwesten.de. DerWesten, FUNKE MEDIEN NRW GmbH, aufgerufen am 22. September 2016.
Fischsaurier-Fund: Vier Flossen für die Forschung. In: ndr.de. Norddeutscher Rundfunk, 4. Juni 2015, aufgerufen am 22. September 2016 (mit Ausschnitt aus dem TV-Regionalmagazin Hallo Niedersachsen vom 3. August 2016).
Ein spektakulärer Fund: Ein Fischsaurier im Geopunkt Jurameer Schandelah. Im Abschnitt 00:00:56–00:05:29 der Sendung vom 16. August 2016 (Memento des Originals vom 1. November 2016 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. der Sendereihe Kulturspiegel im Radiosender NDR 1 Niedersachsen des NDR. Am Mikrofon: Eveline Petzoldt, Reporter vor Ort: Janek Wiechers. Online in der ARD Mediathek der ARD und der DW, aufgerufen am 1. November 2016. - Mehrere Artikel auf der Basis einer dpa-Meldung:
Gestohlenes Dinosaurierfossil aufgetaucht. In: welt.de. WeltN24 GmbH, 5. Juni 2015, aufgerufen am 2. November 2016.
Gestohlenes Dinofossil wieder aufgetaucht. In: focus.de. ForwardNews+ GmbH, 4. Juni 2015, aufgerufen am 2. November 2016.
Gestohlenes Dinosaurierfossil aufgetaucht. In: noz.de. Neue Osnabrücker Zeitung GmbH & Co. KG, 4. Juni 2015, aufgerufen am 2. November 2016.
Gestohlenes Dinofossil aufgetaucht. In: kreiszeitung.de. Kreiszeitung Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG, 4. Juni 2015, aufgerufen am 2. November 2016.
Dinofossil auf Abwegen. In: t-online.de. Ströer Digital Publishing GmbH, 4. Juni 2015, aufgerufen am 2. November 2016.
Gestohlenes Dinosaurier-Fossil wieder aufgetaucht. In: rtlnext.rtl.de. RTL interactive GmbH, 5. Juni 2015, aufgerufen am 2. November 2016. - Geschichte Schandela
- Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27. 5. 1970 bis 31. 12. 1982. W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart und Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. 267.
- Schandelah hat neue Bürgermeisterin. Abgerufen am 7. April 2015.
- Schandelah.de
- Arnold Rabbow: Braunschweigisches Wappenbuch. Die Wappen der Gemeinden und Ortsteile in den Stadt- und Landkreisen Braunschweig, Gandersheim, Gifhorn, Goslar, Helmstedt, Peine, Salzgitter, Wolfenbüttel, Wolfsburg. Braunschweig : Verlag Eckensberger 1977
- Schandelah. Abgerufen am 7. April 2015.
- Braunschweiger Zeitung vom 16. Januar 2007, Teil Wolfenbüttel