Rechberg (Adelsgeschlecht)

Die Rechberg (auch: von Rechberg u​nd Rothenlöwen) s​ind ein a​ltes schwäbisches Adelsgeschlecht, dessen Stammsitz d​ie Burg Hohenrechberg b​ei Schwäbisch Gmünd war. Die Familie w​urde erstmals 1179 i​n einer Urkunde v​on Kaiser Friedrich Barbarossa erwähnt, 1577 i​n den Freiherrenstand u​nd 1607 i​n den Grafenstand erhoben. Sie zählt z​um Hochadel.

Wappen derer von Rechberg

Geschichte

Die e​rste urkundliche Erwähnung f​and am 22. Januar 1179 m​it „Ulricus d​e Rehperc“ (Ulrich I. v​on Rechberg) statt, d​er Zeuge b​ei einer Privilegsverleihung für d​as Kloster Rot d​urch den staufischen Kaiser Friedrich Barbarossa war.[1] Ulrich v​on Rechberg u​nd später s​ein Sohn Hildebrand standen a​ls Marschälle i​n Diensten d​es Herzogtums Schwaben. Sie w​aren vermutlich d​ie Erbauer d​er Burg Hohenrechberg, d​ie zwischen 1200 u​nd 1250 a​ls staufische Dienstmannenburg i​n Sichtweite d​er Burg Hohenstaufen entstanden ist.

Die Rechberger stellten bedeutende Männer i​n Staat u​nd Kirche. Jahrhundertelang gehörte d​ie rechbergische Herrschaft z​um Schwäbischen Reichskreis. Aufrechterhaltung v​on Sicherheit u​nd Ordnung, d​as Münzwesen, d​as Heerwesen u​nd die Heerstraße wurden v​on ihnen geregelt. Im 16. Jahrhundert w​aren die Rechberger d​em Ritterkanton Kocher beigetreten.

1577 wurden d​ie Rechberg i​n den Freiherrenstand erhoben, 1607 folgte u​nter Wolf Konrad v​on Rechberg d​ie Erhebung i​n den Grafenstand d​urch Kaiser Rudolf II. (Briefadel). Ihre Herrschaft b​lieb staatsrechtlich jedoch ritterlich (freiherrlich) i​m Ritterkanton Kocher, o​hne den erstrebten Sitz a​uf der „Grafenbank“ d​es Regensburger Reichstags.

Die ritterschaftlichen Gebiete verloren i​n der napoleonischen Zeit d​ie Reichsunmittelbarkeit. Die Gebiete d​er Herrschaft Rechberg fielen 1806 a​n das Königreich Bayern u​nd 1810 d​urch den Grenzvertrag zwischen Bayern u​nd Württemberg a​n das Königreich Württemberg. Der Chef d​es gräflichen Hauses Rechberg w​ar wegen d​er 1806 mediatisierten Herrschaft Rechberg v​on 1819 b​is 1918 erblicher Reichsrat d​er ersten württembergischen Kammer u​nd nach Erwerb d​er Standesherrschaft Mickhausen a​uch Reichsrat d​er ersten bayerischen Kammer.

Rechberger Linien

Schwäbisch Gmünd, Ruine Hohenrechberg

Die Familie spaltete s​ich seit d​em 13. Jahrhundert i​n die Linien Unter d​en Bergen b​is 1413 u​nd Auf d​en Bergen. Letztere teilte s​ich seit d​em 14. Jahrhundert wiederum i​n die z​wei Hauptlinien Rechberg-Hohenrechberg u​nd Rechberg-Staufeneck, v​on denen mehrere Nebenlinien ausgingen, d​ie im Laufe d​er Jahrhunderte wieder erloschen:

  • Rechberg unter den Bergen (zu Bargau, Bettringen, Rechberghausen), erlosch 1413
  • Rechberg auf den Bergen
    • Rechberg-Hohenrechberg
      • Rechberg zu Hohenrechberg, erlosch 1585 mit Ulrich IV. von Rechberg
      • Rechberg zu Scharfenberg (1. Linie), erlosch 1547 mit Georg Rechberg zu Scharfenberg
      • Rechberg zu Scharfenberg (2. Linie), gegründet von 1549 durch Hans III. von Rechberg zu Illereichen, erlosch 1732 mit Graf Alois Klemens von Rechberg
      • Rechberg zu Weißenstein und Hohenrechberg, erlosch 1550 mit Wolf von Rechberg
    • Rechberg-Staufeneck
      • Rechberg zu Staufeneck, erlosch 1591 mit Albrecht Hermann von Rechberg, das Erbe fiel an Nebenlinien
      • Rechberg-Staufeneck-Weißenstein zu Kronburg und Kellmünz, erlosch 1604 mit Ernst Freiherr von Rechberg
      • Rechberg-Staufeneck-Weißenstein zu Kellmünz und Türkheim-Schwabeck, erlosch 1618 mit Wilhelm Leo Graf von Rechberg

Johann Bero v​on Rechberg vereinigte 1738 sämtliche rechbergischen Besitzungen i​n seiner Hand u​nd war Begründer d​er letzten Linie v​on Rechberg u​nd Rothenlöwen. Diese teilte s​ich Ende d​es 18. Jahrhunderts:

  • Die württembergische Hauptlinie Hohenrechberg-Donzdorf-Weißenstein bewirtschaftet bis heute Güter mit landwirtschaftlichen Flächen sowie 4250 Hektar Wald. Schloss Weißenstein wurde 1971, Schloss Donzdorf 1991 verkauft.
  • Die bayerische Nebenlinie Elkofen besitzt seit 1871 die Burg Elkofen, die bereits 1664–1732 im Familienbesitz gewesen war.

Ehemalige Besitzungen (Auszug)

Die Rechberg besaßen d​ie Reichs- u​nd Kreis-Standschaft u​nd ein weites Gebiet u​m den Rechberg, u​m Donzdorf u​nd Weißenstein,[2] a​n der Rems u​nd am Kocher, i​m Hohenzollerischen v​on Veringenstadt b​is Schramberg u​nd weiteren Gebieten:

Wappen

Blasonierung: Das Stammwappen z​eigt in Gold z​wei abgekehrte r​ote Löwen m​it verschlungenen Schwänzen; a​uf dem Helm m​it rot-goldenen Decken e​in wachsender r​ot gehörnter Rehbock.

Erklärung: Das Wappen i​st ein „Redendes Wappen“, Rech i​n der schwäbischen Mundart für d​as Reh u​nd die rothen Löwen, obwohl d​as Reh e​her einem Hirsch ähnelt.

Historische Wappenbilder

Bekannte Familienmitglieder (Auszug)

Albrecht II. von Hohenrechberg, Fürstbischof von Eichstätt von 1429 bis 1445, Epitaph von 1552
  • Albrecht II. von Hohenrechberg (* um 1390; † 1445): Fürstbischof von Eichstätt (1429–1445)
  • Konrad von Rechberg zu Hohenrechberg (* ?; † 1473): Administrator des Bistums Chur (1440–1441)
  • Hans von Rechberg (* 1410; † 1464): Begründer der Herrschaft Schramberg, fasste die von ihm erworbenen Teile der Herrschaften Falkenstein-Falkenstein, Falkenstein-Ramstein und Schilteck zu einem Territorium zusammen
  • Bero I. von Rechberg-Mindelheim (* ?; † 1462): Begründer der Nebenlinie Rechberg-Mindelheim; über seine Mutter Irmgard von Teck (* ?; † 1432) erbte er 1439 gemeinsam mit seinen Geschwistern Albrecht und Barbara die Herrschaft Mindelheim; in den Folgejahren löste er die Anteile seiner Geschwister ab; 1447 wurde er alleiniger Inhaber der Herrschaft; mit Gräfin Barbara von Rottenburg (* ?; † 1462) verheiratet; Vorfahre von Georg von Waldburg-Zeil (1488–1531); nach seinem Tod fiel die Herrschaft Mindelheim zunächst an seine Söhne Bero II. und Jörg II., ehe sie 1467 an seine Tochter Barbara verkauft wurde, die mit Ulrich von Frundsberg verheiratet war, wobei Mindelheim bis 1586 ihren Nachkommen gehörte.[19]
  • Philipp von Rechberg (* ?; † 1587): heiratet 1579 Anna-Maria von Fugger auf Nordendorf (ein von Marx Fugger 1580 erbauter Brunnen erinnert heute noch an diese Allianz)
  • Hugo von Rechberg und Staufeneck und Weißenstein zu Kronburg-Kellmünz (* ?; † 1595): 1577 in den Freiherrenstand erhoben; ohne Nachkommen
  • Johann Rudolf von Rechberg und Rothenlöwen zu Hohenrechberg (* 1606; † 1660): Fürstpropst der Fürstpropstei Ellwangen und Administrator des Hochstifts Augsburg
  • Wolf Konrad von Rechberg und Staufeneck und Weißenstein und Kellmünz zu Türkheim-Schwabeck (* ?; † 1617): 1577 in den Freiherrenstand und 1607 in den Grafenstand erhoben; erbte nach dem Aussterben der Kronburger-Linie die Herrschaft Weißenstein und Kellmünz
  • Johannes Wilhelm, Baron von Rechberg von Hohenrechberg (*?; †1620 in Rakonitz, Königreich Böhmen): Pfandherr der Grafschaft Schwabegg, Herr von Konradshofen und Gern
  • Maximilian Emanuel Graf von Rechberg und Rothenlöwen (* 1736 in München; † 1819 ebenda): Bayer. Obersthofmeister; Stifter der Nenninger Pietà des bayerischen Rokoko-Bildhausers Ignaz Günther
  • Aloys Graf von Rechberg und Rothenlöwen (* 1766; † 1849): Staatsminister des königlich-bayerischen Hauses und des Äußern
  • Joseph Maria von Rechberg (* 1769 in Donzdorf; † 1833 in München): Bayer. Generalleutnant und Gesandter in Berlin, Malteser-Ritter und Komtur zu Mindelheim; Kunstsammler
  • Carl Maria von Rechberg (* 1775 in Donzdorf; † 1847 in München): Obersthofmeister von König Ludwig I. von Bayern, Mäzen, Kunstsammler
  • Anton von Rechberg (* 1776; † 1837): bayerischer General und Hofmeister
  • Albert Graf von Rechberg und Rothenlöwen (* 1803; † 1885): bayerischer Diplomat, württembergischer Kammerpräsident
  • Johann Bernhard Graf von Rechberg und Rothenlöwen (* 1806; † 1899): österreichischer Diplomat und Außenminister
  • Otto Graf von Rechberg und Rothenlöwen (* 1833; † 1918): württembergischer Standesherr und Kammerpräsident
  • Albrecht Graf von Rechberg und Rothenlöwen (* 1920; † 2013): Jurist; leitete 1961 bis 1994 den Malteser Hilfsdienst in München

Siehe auch

Literatur

  • Genealogisches Handbuch des Adels, Adelslexikon Band XI, Band 122 der Gesamtreihe. C. A. Starke Verlag, Limburg (Lahn) 2000, ISSN 0435-2408.
  • Hans-Wolfgang Bächle: Das Adelsgeschlecht der Rechberger: Burgen und Schlösser, Kirchen und Kapellen, Kunstwerke, Grabdenkmäler. Remsdr. Sigg, Härtel, Schwäbisch Gmünd 2004 ISBN 3-926043-22-9.
  • Harald Drös: Die Inschriften des Landkreises Göppingen. Reichert, Wiesbaden 1997, ISBN 3-88226-870-0 (Online-Fassung).
  • Thomas Freller/Gabriele von Trauchburg: The Last Knight. Fighting against the Ruin of an Order. Midseabooks Malta 2010
  • Klaus Graf: Herren auf dem Lindacher Turm vom 12. bis 16. Jahrhundert (12. bis 16. Jahrhundert). In: Ortschronik Lindach. Schwäbisch Gmünd 2018, ISBN 978-3-95747-083-6, S. 70–93 online.
  • Florian H. Setzen (Bearb.): Das Stammbüchlein der Grafen und Herren von Rechberg des Vogts der Herrschaft Waldstetten Johann Frey aus Schwäbisch Gmünd von 1643. Geschichtlicher Zusammenhang, Transkription, Originalabdruck (= Quellen aus dem Stadtarchiv Schwäbisch Gmünd. Digitale Editionen 7). Schwäbisch Gmünd 2021 (online)
Commons: Rechberg (Adelsgeschlecht) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Staatsarchiv Stuttgart, in Württemb. Urkundenbuch II, 193
  2. Geschichte von Weißenstein
  3. Burg Scharfenberg
  4. Vogtei Sindelfingen
  5. Geschichte von Kellmünz
  6. Schloss Ramsberg (Memento des Originals vom 20. April 2008 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.burgen.de
  7. Herrschaft Aichheim (Memento des Originals vom 4. März 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.altenstadt-vg.de
  8. Geschichte des Marktes Babenhausen
  9. Burg Wäschenbeuren
  10. Die Geschichte von Rechberghausen (Memento des Originals vom 29. März 2007 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.rechberghausen.de
  11. Geschichte von Mindelheim (Memento des Originals vom 28. Dezember 2008 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.mindelheim.de
  12. Herrschaft Schramberg
  13. Geschichte von Osterberg
  14. Schloss Kronburg (Memento des Originals vom 8. Januar 2010 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.burgenregion.de (PDF; 246 kB)
  15. Schloss Donzdorf
  16. Schloss Elkofen bei Grafing, in Süddeutsche, 8. Juni 2015
  17. Herrschaftsorte der Fugger
  18. Christian Hillen: Siegfried III. von Rechberg. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 24, Duncker & Humblot, Berlin 2010, ISBN 978-3-428-11205-0, S. 342 f. (Digitalisat).
  19. Joseph Philipp Brunemayr: Geschichte der Königlich Baierischen Stadt und Herrschaft Mindelheim. Mindelheim 1821, S. 250; ergänzt nach Doris Wiedemann: Allgäu. Mit Neuschwanstein, Oberschwaben und Allgäuer Alpen. Trescher Verlag, Berlin 2013, S. 87 und http://www.frundsbergfest.de/de/mindelheim-und-seine-herrscher/die-rechberg-1439-1467, eingesehen am 16. Februar 2017.
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