Praporschtschik
Praporschtschik (russisch прапорщик, engl. Transkription praporshchik, dt. Fähnrich) bezeichnet in den Landstreitkräften und Luftstreitkräften Russlands sowie in einer Reihe weiterer Länder den niedrigsten Rang der Dienstgradgruppe der Praporschtschiks, ist aber auch gleichzeitig der Oberbegriff für diese eigenständige Dienstgradgruppe bzw. Bezeichnung für diese spezielle Laufbahn.
Dienstgrad | ||
niedriger: Starschina (Stabsfeldwebel) |
Praporschtschik |
höher: Starschi praporschtschik (Oberfähnrich) |
Dienstgradabzeichen | |
Dienstgradgruppe | der Praporschiks |
NATO-Rangcode | WO-1 und WO-2 vergleichbar |
Dienstgrad Heer/Luftwaffe | Praporschtschik |
Dienstgrad Marine | Mitschman |
Abkürzung (in Listen) | Prap |
Besoldungsgruppe | Erlass 2010: [1] |
Geschichte
Der Praporschtschik wurde erstmals im 17. Jahrhundert unter diesem Namen erwähnt, der auf die urslawische Wurzel pra-por („es flattert, es weht“) zurückgeführt wird und sich auf eine „Flagge“ bezieht.[2] Auch die Fähnrich-Laufbahn der NVA war äquivalent zur Praporschtschik-Laufbahn. Die Laufbahn ist äquivalent zur Chorąży-Laufbahn in Polen und einer Reihe weiterer Länder.
Die Stellung der Laufbahngruppe gemäß NATO-Rangcodes WO-1 bis 4 oder OR-7 bis 9 in englischsprachigen Streitkräften wäre mit dieser Dienstgradgruppe am ehesten vergleichbar.
Auch in der Gegenwart unterscheidet sich der Praporschtschik, beispielsweise in Russland, der Ukraine und auch der Slowakei, grundlegend vom Fähnrich der Bundeswehr, der hier eine in aller Regel zeitlich befristete Rangbezeichnung für Offiziersanwärter von Heer, Luftwaffe oder Sanitätsdienst ist.
Praporschtschik Russland
In den Streitkräften der Russischen Föderation gibt es zwei Dienstgrade in dieser Laufbahngruppe. Hierbei handelt es sich um die Ränge Praporschtschik (WO-1) und Oberpraporschtschik (WO-2). Das Äquivalent in der Russischen Seekriegsflotte zu diesen Rängen lautet Mitschman (WO-1) und Obermitschman (WO-2).
1994–2010 | Landstreitkräfte (Heer) | Luftstreitkräfte (Luftwaffe) | Luftlandetruppen | Seekriegsflotte (Marine) | ||||||
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ab 2010 | Heer | Luftwaffe | Luftlandetruppen | Seekriegsflotte | ||||||
Bezeichnung | Oberfähnrich (Старштй прапощик Starschi praporschtschik) |
Fähnrich (Прапощик Praporschtschik) |
Oberfähnrich | Fähnrich | Oberfähnrich | Fähnrich | Oberfähnrich | Fähnrich | Obermitschman (Старштй мичман Starschi mitschman) |
Mitschman (Мичман Mitschman) |
Rang | WO-2 | WO-1 | WO-2 | WO-1 | WO-2 | WO-1 | WO-2 | WO-1 | WO-2 | WO-1 |
Russisches Reich
Im Zarenreich war der Praporschtschik deutsch auch Praporstschik[3] zuletzt der unterste Offiziersdienstgrad. Das Pendant bei der Marine war der Mitschman (ru: Мичман, Mitschman). Der Dienstgrad kam bei den seit 1631 zunächst aus Westeuropäern rekrutierten „Neuen Regimentern“ auf. Mit der Einführung der Rangtabelle von Kaiser Peter dem I. wurde er 1722, mit wenigen Ausnahmen, in der gesamten Armee eingeführt. Seitdem wurden mit Erreichen des Praporschtschikdienstgrades auch Bürgerliche automatisch in den erblichen Adelsstand erhoben, seit 1856 dann nur noch in den persönlichen Adel.
Der Unterpraporschtschik (ru: Подпрапорщик, Podpraporschtschik) rangierte ursprünglich zwischen dem Korporal (ru: Капрал, Kapral) und dem Sergeanten (ru: Сержант, Serschant). Seit 1798 war ihm der 1826 wieder abgeschaffte Offiziersanwärterdienstgrad Portepeepraporschtschik (ru: Портупей прапорщик, Portupej praporschtschik) vorgesetzt; dieser stand seinerseits gleich hinter dem höchsten Unteroffiziersdienstgrad, dem Feldwebel (ru: Фельдфебель, Feldfebel).
1826 rückte der Unterpraporschtschik an die Spitze des Unteroffizierskorps und fungierte sowohl als Fahnenträger wie auch als Offizierstellvertreter; seit 1907 war ihm der Praporschtschikstellvertreter (ru: Зауряд-прапорщик, Saurjad-praporschtschik; wörtl. „Ersatzpraporschschik“) vorgesetzt.
Der Praporschtschikstellvertreter in der Verwendung oder Dienststellung als Feldwebel (ru: Зауряд-прапорщик на должности фельдфебеля, Zaurjad-praporschtschik za dolschnosti feldfebelja) war in seiner Eigenschaft als Kompaniefeldwebel gegenüber allen anderen Unteroffizieren und Offiziersstellvertretern weisungsbefugt.
Nach der Oktoberrevolution 1917 entfielen die Praporschtschikdienstgrade in den sowjetischen Streitkräften bis 1972.
Kaiserlich Russische Armee
In der Kaiserlichen Russischen Armee von 1883 bis 1917 und in der Weißen Armee von 1917 bis 1923 war der Praporschtschik der Niedrigste Rang der Dienstgradgruppe der Offiziere/ Rangklasse Leutnants.
Die Ränge Unterpraporschtschik (russisch подпрапорщик / podpraporschtschik) und Praporschtschik Stellvertreter (ru: зауряд-прапорщик / saurjad-praporschtschik) hingegen gehörten zur Dienstgradgruppe der Unteroffiziere/ Rangklasse Portepeeunteroffiziere; wie dies trotz Namensverwandtschaft an den Schulterstücken erkennbar war. Das Grundmotiv dieser Schulterstücke wurde beim späteren OR8-Rang der Sowjetarmee – Stabsfeldwebel (ru: старшина/ starschina) – wieder aufgegriffen.
Dienstgrad-Reihenfolge
1883–1923 | Kaiserlich Russische Armee/ Weiße Armee | |||
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Podpraporschtschik (Podchorunschi) |
Praporschtschik Stellvertreter | Praporschtschik | Podporutschik | |
Dienstgradgruppe | Unteroffiziere | Oberoffiziere |
Dienstgrad | ||
niedriger: Praporschtschik Stellvertreter |
Praporschtschik |
höher: Podporutschik |
Äquivalent zum Praporschtschik waren folgende Ränge:
- Infanterie (1722–1730) – Fähnrich (russisch Originalbezeichnung = Fendrik/ Фендрик)
- Kavallerie (bis 1884) – Kornett (ru = Kornet/ Корнет)
- Artillerie (1722–1796) – Stückjunker (ru = Schtük-juinker/ Штык-юнкер)
- Kosakenarmee (bis 1848) – Chorunschi (ru = Chorunschi/ Хорунжий)
- Kaiserlich Russische Marine – Mitschman (ru = Mitschman/ Мичман)
Rangbezeichnungen in anderen Ländern
In den nachstehenden Ländern sind die Schreibweisen bis hin zur Einordnung in das Ranggefüge nahezu gleich oder zumindest sehr ähnlich.
- Slowakei → slowakisch Práporčík
- Slowenien → slowenisch Praporščak
- Litauen → litauisch Praporščikas
- Tschechien → Praporčík
- Kasachstan, Russland, Ukraine, Belarus, Russland → Praporschtschik (russisch Прапорщик)
Länder mit anderen Rangbezeichnungen
Einige ehemalige Mitgliedsstaaten des Warschauer Paktes verfolgen zwar das gleiche Konzept, verwenden jedoch abweichende Rangbezeichnungen.
- Aserbaidschan → aserbaidschanisch Baş Gizir
- DDR → Fähnrich (NVA)
- Polen → Chorąży
- Serbien → Zastavnik serbisch Заставник / Zastavnik
- Ungarn → Fähnrich (ungarisch Zászlós (zls))
Besonderheit:
In der damaligen Volksrepublik Bulgarien hat es diesen Dienstrang und die Dienstgradgruppe nicht gegeben.
Sowjetunion
In Anlehnung an die Tradition in der Kaiserlich Russischen Armee wurden die Dienstgrade Praporschtschik und Mitschman sowie die entsprechenden Laufbahnen im militärfachlichen Dienst für Berufssoldaten im Jahre 1971 wieder eingeführt. Im Innenministerium wurde ebenfalls diese Laufbahngruppe eingeführt. Sie war vorwiegend Berufssoldaten der höchsten Unteroffiziersdienstgrade der Landstreitkräfte und der Luftwaffe vorbehalten. Das Äquivalent zu diesem Dienstgrad war der Mitschman (russisch Мичман) der Kriegsmarine.
1981 wurde ihm der Oberpraporschtschik (ru: Старший прапорщик, Starschi Praporschtschik) vorgesetzt. Letzterem entspricht der Obermitschman (ru: Старший мичман, Starschi mitschman) der Kriegsmarine. Diese Dienstgradgruppe wurde in den Streitkräften der Russischen Föderation übernommen.
Landstreitkräfte (Heer) | Luftstreitkräfte (Luftwaffe) | Seekriegsflotte (Marine) | Polizei | |||||
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ab 1971 ab 1991 |
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Oberpraporschtschik (1981–1994) |
Praporschtschik (1971–1994) |
Oberpraporschtschik (1981–1994) |
Praporschtschik (1971–1994) |
Obermitschman (1981–1994) |
Mitschman (1971–1994) |
Oberpraporschtschik | Praporschtschik | |
- Ärmelabzeichen
Ärmelabzeichen zur Kennzeichnung der Dienstjahre Praporschtschik und Mitschman ab 1971 (auf dem linken Unterärmel der Uniformjacke getragen)[4] | ||||||
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Ärmel- abzeichen |
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10 und mehr Jahre | 5. bis 9. Jahr | 4. Jahr (wie 5. bis 9. Jahr, jedoch ohne Stern) | 3. Jahr | 2. Jahr | 1. Jahr |
Einzelnachweise
- Besoldung und Gestaltung: Gemäß Präsidenten-Erlass der Russischen Föderation vom 11. März 2010 Nr. 293
- Wiesław Boryś. Słownik etymologiczny języka polskiego. 2005. S. 446
- Bielefeld, Deutsch-Russisches Wörterbuch, Institut für Slawistik, 6. Auflage, Akademie-Verlag Berlin, S.XI
- Militärlexikon, 2. Auflg. 1973, L-Nr.: 5, ES-Nr.: 6C1, BstNr: 745.303.1, Tafel 77 … UdSSR; Dienstgrad- und Waffengattungsabzeichen, Mützenembleme, von Fähnrich und Mitschman …
- Verlag: Militärverlag der DDR
- Autor: Redaktionskollegium OTL Dipl.-Päd. G. Artl • O Dr. rer. mil. E. Bauer • Dipl.-Phil.K. Dorst • Maj Dipl.-Dolmetscher G. Fischer • OTL Dipl.-Gersellschaftswissenschaftler J. Klein • Dipl.-Gesellschaftswissenschaftler G. Mattig • O Dr. rer. mil. W. Schiel • O Dipl.-Ing. H. Scholz • OTL Dr. phil. H. Usczeck