Portmanteau-Theorem

Das Portmanteau-Theorem, auch Portmanteau-Satz[1] genannt (alternative Schreibweise auch Portemanteau-Theorem bzw. Portemanteau-Satz) ist ein Satz aus den mathematischen Teilgebieten der Stochastik und der Maßtheorie. Es listet äquivalente Bedingungen für die schwache Konvergenz von Maßen und ihrem Spezialfall, der Konvergenz in Verteilung von Zufallsvariablen, auf. Diese Bedingungen sind in manchen Situationen einfacher nachzurechnen als die Definition der schwachen Konvergenz. Der Satz geht zurück auf eine Arbeit von Pawel Sergejewitsch Alexandrow aus dem Jahr 1940,[2] wird aber in unterschiedlichsten Varianten unterschiedlicher Notation und Allgemeinheit formuliert und teils noch um eigenständige mathematische Sätze ergänzt.

Formulierungen

Das Portmanteau-Theorem besteht i​m Wesentlichen a​us drei verschiedenen Typen v​on Aussagen:

  1. Das Verhalten der Folgen von (Wahrscheinlichkeits)maßen auf bestimmten Mengen
  2. Das Verhalten bei Erwartungswertbildung/Integration gewisser Funktionenklassen
  3. Selbstständige mathematische Sätze, die in die Aufzählung mit eingereiht werden.

Diese werden j​e nach Autor

formuliert.

Dementsprechend s​ind viele unterschiedliche Formulierungen i​n der Literatur z​u finden. Dieser Artikel enthält einerseits e​ine Formulierung für d​ie Konvergenz i​n Verteilung reellwertiger Zufallsvariablen, welche d​ie für d​ie Stochastik wichtigsten Aussagen enthält. Die zweite Formulierung i​st eine allgemeine, maßtheoretische. Sie k​ann durch entsprechende Einschränkungen a​uf Spezialfälle angepasst werden.

Abkürzungen und Vorbemerkungen

Wichtig für die Formulierung des Theorems sind die sogenannten -randlosen Mengen, auch -Stetigkeitsmengen genannt. Ist ein Borelmaß auf einem Hausdorff-Raum und der Borelschen σ-Algebra , so heißt eine Menge eine -randlose Menge, wenn ihr Rand eine -Nullmenge ist. Es gilt dann also

,

wobei den Abschluss und das Innere der Menge bezeichnet.

Des Weiteren sei

  • der Raum der gleichmäßig stetigen beschränkten Funktionen auf
  • der Raum der beschränkten Funktionen auf
  • der Raum der Lipschitz-stetigen Funktionen auf
  • die Menge aller Unstetigkeitsstellen der Funktion

Formulierung für Verteilungskonvergenz reeller Zufallsvariablen

Seien reellwertige Zufallsvariablen. Dann sind äquivalent:

  1. Die konvergieren in Verteilung gegen
  2. Die Verteilungsfunktionen konvergieren an jeder Stetigkeitsstelle von punktweise gegen (Satz von Helly-Bray).
  3. Die charakteristischen Funktionen konvergieren punktweise gegen (Stetigkeitssatz von Lévy)
  4. Es gilt für alle :
    .
  5. Es ist für alle -randlosen Mengen.
  6. Für alle offenen Mengen gilt
    .
  7. Für alle abgeschlossenen Mengen gilt
    .

Maßtheoretische Formulierung

Gegeben sei ein metrischer Raum sowie die dazugehörige Borelsche σ-Algebra . Für endliche Maße auf dem Messraum sind die folgenden Aussagen äquivalent:

  • Die konvergieren schwach gegen
  • Für alle gilt
  • Für alle gilt
  • Für alle messbaren mit gilt
  • Für jede -randlose Menge gilt
  • Es ist und für jede offene Menge ist
    .
  • Es ist und für jede abgeschlossene Menge ist
    .

Ist zusätzlich lokalkompakt und polnisch, so lässt sich die Liste um die folgenden beiden Aussagen erweitern:

  • Die konvergieren vage gegen und
  • Die konvergieren vage gegen und

Für endliche Maße auf gilt außerdem zusätzlich:

  • Eine Folge von endlichen Maßen auf konvergiert genau dann schwach gegen ein Maß , wenn eine reelle Folge existiert, so dass die Folge von Verteilungsfunktionen (im Sinne der Maßtheorie) schwach gegen die Verteilungsfunktion von konvergiert (Satz von Helly-Bray).

Weitere Formulierungen

Es existieren n​och weitere äquivalente Formulierungen für d​ie schwache Konvergenz. Teils finden s​ich noch weitere trennende Familien (differenzierbare Funktionen, Einschränkung d​er Eigenschaften d​urch Gültigkeit m​it Ausnahme e​iner Nullmenge etc.) Nicht a​lle sind h​ier mit aufgezählt.

Des Weiteren existieren n​och äquivalente Formulierungen d​er schwachen Konvergenz, d​ie meist n​icht in d​as Theorem m​it aufgenommen werden. Dazu zählt beispielsweise d​ie Metrisierung d​er entsprechenden Topologie mittels d​er Prochorow-Metrik o​der Straffheitskriterien für d​ie Folge v​on Wahrscheinlichkeitsmaßen.

Quellen

  1. Kusolitsch: Maß- und Wahrscheinlichkeitstheorie. 2009, S. 290.
  2. R. M. Dudley: Real analysis and probability. Cambridge University Press, Cambridge 2002, ISBN 0-521-00754-2, S. 433.

Literatur

  • Jürgen Elstrodt: Maß- und Integrationstheorie. 6., korrigierte Auflage. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg 2009, ISBN 978-3-540-89727-9, doi:10.1007/978-3-540-89728-6.
  • Achim Klenke: Wahrscheinlichkeitstheorie. 3. Auflage. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg 2013, ISBN 978-3-642-36017-6, doi:10.1007/978-3-642-36018-3.
  • Norbert Kusolitsch: Maß- und Wahrscheinlichkeitstheorie. Eine Einführung. 2., überarbeitete und erweiterte Auflage. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg 2014, ISBN 978-3-642-45386-1, doi:10.1007/978-3-642-45387-8.
  • Klaus D. Schmidt: Maß und Wahrscheinlichkeit. 2., durchgesehene Auflage. Springer-Verlag, Heidelberg Dordrecht London New York 2011, ISBN 978-3-642-21025-9, doi:10.1007/978-3-642-21026-6.
  • Patrick Billingsley: Convergence of probability measures. Wiley, New York 1999, ISBN 0-471-19745-9.
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