Phosphophyllit
Phosphophyllit ist ein selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Phosphate, Arsenate und Vanadate“. Es kristallisiert im monoklinen Kristallsystem mit der idealisierten chemischen Zusammensetzung Fe[6]Zn2[4][PO4]2·4H2O[1] und ist damit chemisch gesehen ein wasserhaltiges Eisen-Zink-Phosphat.
Phosphophyllit | |
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Allgemeines und Klassifikation | |
Chemische Formel | Fe[6]Zn2[4][PO4]2·4H2O[1] |
Mineralklasse (und ggf. Abteilung) |
Phosphate, Arsenate und Vanadate |
System-Nr. nach Strunz und nach Dana |
8.CA.40 (8. Auflage: VII/C.11) 40.02.07.01 |
Kristallographische Daten | |
Kristallsystem | monoklin |
Kristallklasse; Symbol | monoklin-prismatisch; 2/m[2] |
Raumgruppe | P21/c (Nr. 14)[1] |
Gitterparameter | a = 10,38 Å; b = 5,08 Å; c = 10,55 Å β = 121,1°[1] |
Formeleinheiten | Z = 2[1] |
Häufige Kristallflächen | {110}, {011}, {102}, {111}, {311}[3] |
Zwillingsbildung | verbreitet nach {100}, Kontaktzwillinge (Fischschwanz), Durchdringungs- und polysynthetische Zwillinge[3] |
Physikalische Eigenschaften | |
Mohshärte | 3 bis 3,5 |
Dichte (g/cm3) | gemessen: 3,08 bis 3,13; berechnet: 3,12[3] |
Spaltbarkeit | vollkommen nach {100}, deutlich nach {102} |
Bruch; Tenazität | spröde |
Farbe | hellbläulichgrün, meergrün, farblos |
Strichfarbe | weiß[4] |
Transparenz | durchsichtig bis durchscheinend |
Glanz | Glasglanz |
Kristalloptik | |
Brechungsindizes | nα = 1,595 bis 1,599 nβ = 1,614 bis 1,617 nγ = 1,616 bis 1,620[5] |
Doppelbrechung | δ = 0,021[5] |
Optischer Charakter | zweiachsig negativ |
Achsenwinkel | 2V = 44° (gemessen); 34° (berechnet)[5] |
Phosphophyllit entwickelt meist dicktafelige Kristalle und Kontaktzwillinge mit „Fischschwanz“- bzw. „Schwalbenschwanz“-ähnlichem Habitus von mehreren Zentimetern Länge. Die durchsichtigen bis durchscheinenden Kristalle sind von hellbläulichgrüner bis meergrüner Farbe bei weißer Strichfarbe und weisen auf den Oberflächen einen glasähnlichen Glanz auf. Selten finden sich auch farblose Phosphophyllite.
Etymologie und Geschichte
Erstmals entdeckt wurde Phosphophyllit im Bergwerk Hagendorf-Nord (Grube Meixner) bei Hagendorf (Gemeinde Waidhaus) in der Oberpfalz (Bayern) und beschrieben 1920 durch Heinrich Laubmann und Hermann Steinmetz,[5] die das Mineral in Anlehnung an seinen Phosphatgehalt und seine Kristallgestalt nach dem altgriechischen Wort φύλλον [phýllon] für „Blatt“ benannten.
Klassifikation
Bereits in der veralteten, aber teilweise noch gebräuchlichen 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Phosphophyllit zur Mineralklasse der „Phosphate, Arsenate und Vanadate“ und dort zur Abteilung der „Wasserhaltigen Phosphate ohne fremde Anionen“, wo er zusammen mit Barahonait-(Al), Barahonait-(Fe), Fahleit, Hopeit, Parahopeit, Radovanit und Smolianinovit die „Hopeit-Parahopeit-Gruppe“ mit der System-Nr. VII/C.11 bildete.
Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) verwendete 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Phosphophyllit ebenfalls in die Abteilung der „Phosphate usw. ohne zusätzliche Anionen; mit H2O“ ein. Diese ist allerdings weiter unterteilt nach der relativen Größe der beteiligten Kationen, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „Mit kleinen und großen/mittelgroßen Kationen“ zu finden ist, wo es als einziges Mitglied die unbenannte Gruppe 8.CA.40 bildet.
Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Phosphophyllit in die Klasse der „Phosphate, Arsenate und Vanadate“ und dort in die Abteilung der „Wasserhaltige Phosphate etc.“ ein. Hier ist er als einziges Mitglied in der unbenannten Gruppe 40.02.07 innerhalb der Unterabteilung „Wasserhaltige Phosphate etc., mit A2+(B2+)2(XO4) × x(H2O)“ zu finden.
Kristallstruktur
Phosphophyllit kristallisiert monoklin in der Raumgruppe P21/c (Raumgruppen-Nr. 14) mit den Gitterparametern a = 10,38 Å; b = 5,08 Å; c = 10,55 Å und β = 121,1° sowie zwei Formeleinheiten pro Elementarzelle.[1]
Eigenschaften
Unter UV-Licht zeigen manche Phosphophyllite eine violette Fluoreszenz.[6]
Bildung und Fundorte
Phosphophyllit bildet sich sekundär durch Verwitterung primärer Phosphate in der Oxidationszone von Erz-Lagerstätten und in granitischen Pegmatiten. Als Begleitminerale können unter anderem verschiedene Apatite, Fairfieldit, Phosphosiderit, Rockbridgeit, Sphalerit, Strengit, Triplit, Triphylin und Vivianit auftreten.
Als seltene Mineralbildung konnte Phosphosphyllit nur an wenigen Fundorten nachgewiesen werden, wobei bisher (Stand 2014) rund 30 Fundorte bekannt sind.[7] Neben seiner Typlokalität Hagendorf-Nord in Bayern trat das Mineral in Deutschland bisher nur noch auf den Schlackehalden der Zinkhütte Münsterbusch im Aachener Revier in Nordrhein-Westfalen zutage.
Bekannt aufgrund außergewöhnlicher Phosphophyllitfunde ist unter anderem die Unificada Mine am Cerro Rico (auch Cerro de Potosí) im bolivianischen Department Potosí, wo vollkommene Kristalle von bis zu 14 Zentimeter Durchmesser gefunden wurden.[8]
Weitere bisher bekannte Fundorte sind unter anderem der Reaphook Hill in der Flinderskette in Südaustralien, die Morococala-Mine bei Santa Fe sowie die Huallani-Mine im Kanton Machacamarca in Bolivien, die East Kemptville Zinnmine nahe Argyle (Yarmouth County) in der kanadischen Provinz Nova Scotia, ein Glimmer-Steinbruch bei Norrö in der schwedischen Region Södermanland, die Kabwe-Mine (Broken-Hill-Mine) in der Zentralprovinz von Sambia, Přibyslavice im tschechischen Okres Kutná Hora (Kuttenberg) sowie verschiedene Orte in mehreren Bundesstaaten der USA.[9]
Verwendung
Trotz seiner oft klaren und glänzenden Kristalle von aquamarinähnlicher Farbe wird Phosphophyllit nicht als Schmuckstein genutzt, da er aufgrund seiner geringen Mohshärte beim Tragen schnell verkratzen würde. Für Sammler wird er allerdings gelegentlich in verschiedenen Facettenschliffen angeboten.[10]
Siehe auch
Literatur
- H. Laubmann, H. Steinmetz: Phosphatführende Pegmatite des Oberpfälzer und Bayerischen Waldes. In: Zeitschrift für Krystallographie und Mineralogie. Band 55, 1920, S. 523–586 (PDF; 4,1 MB).
- W. Kleber, F. Liebau, E. Piatkowiak: Zur Struktur des Phosphophyllits Zn2Fe[PO4]2,4H2O. In: Acta Crystallographica. Band 14, 1961, S. 795–795.
- R. J. Hill: The crystal structure of phosphophyllite. In: American Mineralogist. Band 62, 1977, S. 812–817 (PDF; 621,5 kB).
Weblinks
- Mineralienatlas:Phosphophyllit (Wiki)
- Database-of-Raman-spectroscopy - Phosphophyllite
- American-Mineralogist-Crystal-Structure-Database - Phosphophyllite
- realgems.org - Phosphophyllit (mit Bildbeispielen geschliffener Phosphophyllite)
Einzelnachweise
- Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 473.
- Webmineral - Phosphophyllite
- Phosphophyllite, In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America, 2001 (PDF; 64,7 kB).
- Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. 5. vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2008, ISBN 978-3-921656-70-9.
- Mindat - Phosphophyllite
- Walter Schumann: Edelsteine und Schmucksteine. Alle Arten und Varietäten der Welt. 1600 Einzelstücke. 13. überarbeitete und erweiterte Auflage. BLV Verlags-GmbH., München u. a. 2002, ISBN 3-405-16332-3, S. 57.
- Mindat - Anzahl der Fundorte für Phosphophyllit
- Petr Korbel, Milan Novák: Mineralien-Enzyklopädie. Nebel Verlag GmbH, Eggolsheim 2002, ISBN 3-89555-076-0 (Dörfler Natur).
- Fundortliste für Phosphophyllit beim Mineralienatlas und bei Mindat
- Walter Schumann: Edelsteine und Schmucksteine. Alle Arten und Varietäten der Welt. 1600 Einzelstücke. 13. überarbeitete und erweiterte Auflage. BLV Verlags-GmbH., München u. a. 2002, ISBN 3-405-16332-3, S. 226.