Pfalzdorf
Pfalzdorf am unteren Niederrhein im Nordwesten von Nordrhein-Westfalen ist ein Stadtteil von Goch. Ehe es 1969 eingemeindet wurde, war es eines der flächenmäßig größten Dörfer Deutschlands. Die ausgeprägte Streusiedlung gehört zur sogenannten pfälzischen Sprachinsel am Niederrhein.[1]
Pfalzdorf Stadt Goch | ||
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Höhe: | 25 m | |
Fläche: | 29,43 km² | |
Einwohner: | 6954 (30. Jun. 2015) | |
Bevölkerungsdichte: | 236 Einwohner/km² | |
Eingemeindung: | 1. Juli 1969 | |
Postleitzahl: | 47574 | |
Vorwahl: | 02823 | |
Lage von Pfalzdorf in Nordrhein-Westfalen | ||
Geographie
Lage
Pfalzdorf liegt links des Rheins im niederrheinischen Tiefland zwischen Goch, Kalkar und Kleve auf den Pfalzdorfer Höhen, einem Teil des Niederrheinischen Höhenzugs. Benachbarte Orte sind Bedburg-Hau im Norden, Louisendorf im Nordosten, Keppeln im Osten, Goch im Süden, Asperden im Südwesten und Nierswalde im Westen.
Verkehr
Durch Pfalzdorf führt die Bahnstrecke Köln–Kleve. Bis 1992 gab es hier einen Haltepunkt, seitdem fahren die Züge ohne Halt durch den Ort.[2] Die Buslinie 70, die parallel zur Strecke des RE 10 (Kleve–Düsseldorf) verläuft, hat sieben Haltestellen in Pfalzdorf.[3]
Geschichte
Im Herbst 1741 wies die Stadt Goch kurpfälzischen Auswanderern einen Teil der Gocher Heide als Siedlungsgebiet zu. Die Gruppe reformierter und lutherischer Auswanderer wollte eigentlich über den Rhein nach Rotterdam, um von dort nach Amerika überzusetzen. Doch weil sie keine Schiffspassage nach Nordamerika nachweisen konnten, verweigerten ihnen die niederländischen Grenzbehörden bei Schenkenschanz die Weiterreise auf dem Rhein.
In den folgenden Jahren hatten die Emigranten mit finanziellen Anfangsschwierigkeiten zu kämpfen, die zu wiederholten Landesverweisungen führten. Sie wandten sich daher mit einer Bittschrift an den König Friedrich den Großen, der am 30. April 1743 der Kriegs- und Domänenkammer Kleve und dem Magistrat Goch in einem Spezialbefehl aufgab, die Siedler zu unterstützen.
Nach den ersten Erfolgen der Kolonisten auf der Gocher Heide entwickelten die preußischen Behörden im Rahmen der Friderizianischen Kolonisation Interesse an der weiteren Ansiedlung von Auswanderern, die ihren Dialekt und ihr Brauchtum bis heute bewahrt haben. Bis 1771 siedelten sich weitere Kolonisten an, die fast ausschließlich aus dem Hunsrück stammten. Danach war der Heidegrund nahezu restlos vergeben.[4] Einige der Siedler zogen weiter bis ins damals ebenfalls preußische Ostfriesland, wo sie unter anderem die Ortschaften Plaggenburg und Pfalzdorf bei Aurich gründeten.
Der Name Pfalzdorf wurde 1747 erstmals urkundlich erwähnt, ab 1745 war die Siedlung Pfalzorth genannt worden. Die Namensgebung kann nicht mehr zweifelsfrei geklärt werden, doch der Hinweis auf die Herkunft der Siedler liegt nahe. Allerdings wurde das Gebiet schon vor der Besiedlung als Vahls, Vals oder Valz (niederdeutsch für Niederung) bezeichnet.[4]
Nachdem die Gebiete im Westen Deutschlands im Ersten Koalitionskrieg von Frankreich erobert und annektiert worden waren, wurde Pfalzdorf noch vor 1800[5] eine Mairie. Sie gehörte bis zu ihrer Auflösung keinem Amt an.
Im nahegelegenen Reichswald und im Umfeld des heutigen Ortes Pfalzdorf fand im Februar 1945 des Zweiten Weltkriegs die sogenannte Schlacht im Reichswald statt. Nach dieser Schlacht konnten die Alliierten bei Wesel einen Brückenkopf über den Rhein schlagen und anschließend das Ruhrgebiet einnehmen.
Am 1. Juli 1969 wurde Pfalzdorf beim 1. kommunalen Neugliederungsprogramm in Nordrhein-Westfalen in die Stadt Goch eingemeindet.[6]
Religion
Nach der Gründung Pfalzdorfs existierten drei Konfessionen im Ort. Die Einwanderer bestanden zu einem Drittel aus Lutheranern und zu zwei Dritteln aus Reformierten. Die aus der Umgebung stammenden Einwohner waren überwiegend katholisch.
1775 wurde eine reformierte Kirche, am 29. Oktober 1779 eine lutherische Kirche und am 11. September 1811 eine katholische Kirche eingeweiht. Es gibt eine Westkirche aus dunklen Ziegelsteinen, eine pinkfarbene Ostkirche und eine katholische Kirche. Nach Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg wurde der Kirchturm der katholischen Kirche teilweise wieder aufgebaut, das Kirchengebäude ist ein Neubau. Die Westkirche besteht bis heute in ihrer ursprünglichen Form. Die Ostkirche wird zu besonderen Anlässen, zum Beispiel bei Hochzeiten, benutzt, eine eigene Gemeinde besitzt diese allerdings nicht mehr. Teile von Pfalzdorf stellten lange Zeit eine protestantische Enklave im Gebiet des überwiegend katholischen Kleve dar.
Mittlerweile wohnen im Ort auch eine Anzahl Muslime.
Sehenswürdigkeiten
17 Gebäude in Pfalzdorf stehen unter Denkmalschutz, darunter die beiden evangelischen Gotteshäuser, die nach ihrer Lage Westkirche und Ostkirche genannt wurden.
- Evangelische Westkirche
- Alter Bahnhof
- Kindergarten und -tagesstätte
- Katholische Martinskirche
- Haus von 1920
- Evangelische Ostkirche
Politik
Wappen
Die heraldische Beschreibung lautet: „In grünem Feld eine silberne Lilienhaspel, auf der ein schwarzer Herzschild mit einem aufwärts schreitenden, goldenen, rotgekrönten und rotbewehrten Löwen liegt.“
Das Wappen symbolisiert die Ansiedlung der Kurpfälzer Kolonisten im 18. Jahrhundert mit dem Territorialwappen des Pfälzer Löwen auf dem Boden des Herzogtums Kleve (Territorialwappen mit der Lilienhaspel).
Literatur
- Barbara Mott: Pfälzer am Niederrhein. Die Geschichte der Pfälzersiedlungen Pfalzdorf, Louisendorf und Neulouisendorf im Rahmen der preußischen Binnenkolonisation des 18. und 19. Jahrhunderts. Hrsg.: Museum für Volkskunde und Kulturgeschichte. Völkersche Buchdruckerei und Buchhandlung, Goch und Kalkar 1989.
- Otto Hermann von Schütz: Die Gründung von Pfalzdorf. Hrsg.: Pfälzerbund am Niederrhein. 3. Auflage. Pfalzdorf 1990.
- Heinz Seemann: Von Seemännern am Niederrhein (= Jahrbuch Kreis Wesel 2021). Mercator, Duisburg 2020, S. 174 f.
Weblinks
- Stadt Goch: Pfalzdorf
- Heimat- und Verschönerungsverein Pfalzdorf
- Tonbeispiel des Pfalzdorfer Inseldialekts (MP3; 1,9 MB) auf der Website der Sprachabteilung am Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte des Landschaftsverbands Rheinland
Einzelnachweise und Anmerkungen
- Pfälzische Sprachinsel am Niederrhein, rheinische-landeskunde.lvr.de.
- Goch-Pfalzdorf: Bahn prüft Haltestelle in Pfalzdorf. In: RP Online, 10. April 2015.
- Stadtbus Goch.
- Barbara Mott: Pfälzer am Niederrhein. 1989.
- Die Quellen widersprechen sich hier: Barbara Mott schreibt 23. Januar 1798, Erich Böhmer 1. September 1799, und auf www.pfalzdorf.de wird der 22. September 1799 angeführt.
- Martin Bünermann: Die Gemeinden des ersten Neugliederungsprogramms in Nordrhein-Westfalen. Deutscher Gemeindeverlag, Köln 1970, S. 79.