Schenkenschanz
Schenkenschanz (niederländisch Schenkenschans) ist ein Ortsteil der Stadt Kleve und liegt am unteren Niederrhein im Nordwesten von Nordrhein-Westfalen. Schenkenschanz zählt knapp 100 Einwohner (Stand 2016).
Schenkenschanz Stadt Kleve | |
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Einwohner: | 102 (31. Dez. 2015)[1] |
Postleitzahl: | 47533 |
Vorwahl: | 02821 |
Geografie
Schenkenschanz liegt rund fünf Kilometer nördlich des Zentrums der Stadt Kleve zwischen dem Rhein und dem Griethausener Altrhein, der 2,5 km unterhalb des Dorfes in den Rhein mündet.
Ortslage und Ortsbild
Die Gemarkung Schenkenschanz ist mit 38 Hektar der kleinste Ortsteil von Kleve. Neun Zehntel des Ortes liegen im Überflutungsbereich des Naturschutzgebietes Kleve-Salmorth, ein Zehntel ist bebaut. Zwei Drittel des Ortes sind von einer Hochwasser-Schutzmauer, der Rest ist von einem Deich vor Überflutung geschützt.
Der Rhein bei Schenkenschanz
Das Gebiet um Schenkenschanz lag in seiner ganzen Historie im Wirkungsbereich des Rheinstroms mit Überschwemmungen, Uferabbrüchen, Inselbildungen und Verlagerungen. Die Zeichnung des Kartographen Johann Bucker zeigt, dass der Ort mit der ehemaligen Befestigung 1713 noch am Gabelpunkt von Waal und Nederrijn gelegen war. Auch gibt es einige ehemalige Inseln und Sande (z. B. Fridericks Wardt und Salmorth). Salmorth ist heute das Vorland zu den Dörfern Griethausen, Brienen und Düffelward. Nach Wasserbaumaßnahmen im 18. Jahrhundert teilt sich der Strom heute nicht mehr bei Schenkenschanz, sondern erst weiter nördlich auf niederländischem Gebiet in die Flussarme Waal und Nederrijn.[2]
Früher wurde Schenkenschanz regelmäßig vom Frühjahrs-Hochwasser des Rheines umschlossen. Heute gibt es nur noch sporadisch Unwetter-Hochwasser.
Verkehrsanbindung
Der Ort ist seit April 2016 nur noch auf dem Landweg über die Altrheinbrücke in Kleve-Griethausen erreichbar, dem tiefsten Punkt auf der Zufahrtstrecke zur nachfolgenden, gut vier Kilometer langen Deichstraße. Die frühere Fährverbindung über den Griethausener Altrhein nach Düffelward wurde von der Stadt Kleve nach 111 Jahren eingestellt.
Seit dem 16. Mai 2020 gibt es in den Sommermonaten an Wochenenden und Feiertagen wieder eine Fährverbindung. Allerdings fährt nur ein kleines Fährboot für Fußgänger und Radfahrer.[3]
Geschichte
Dem Achtzigjährigen Krieg zwischen den Niederlanden und Spanien verdankt der Ort seine Entstehung. 1579 schlossen sich sieben niederländische Provinzen zur Utrechter Union gegen Spanien zusammen. Sie verweigerten den Spaniern ihren Gehorsam. Zudem paktierten sie mit England: Königin Elisabeth I. unterstützte sie mit Geld und Soldaten durch Robert Dudley. Im damaligen Gabelungswinkel von Rhein und Waal, auf einer großen und sumpfigen, „'s Grevenward“, „Saarbrugg“ oder auch „Fuchsenloch“ genannten und strategisch wichtigen Landspitze ließ der Lord 1586/87 durch den Feldhauptmann Martin Schenk von Nideggen eine Festung errichten. Ende des 16. Jahrhunderts zählte die Festung zu den stärksten Europas. Sie war von großer Bedeutung und wurde als Tor zu den Niederlanden lange als uneinnehmbar angesehen.
Die strategische Bedeutung wird deutlicher bei der Betrachtung der damaligen topografischen Situation: Die Aufspaltung des Rheins in einen südlichen Waal und einen nördlichen Mündungsarm, den Nederrijn (genauer: Pannerdens-Kanal), geschieht heute etwa 7,5 km westlich (flussabwärts) von Schenkenschanz bei Millingen am Rhein. Vor Anlage der Festung Schenkenschanz war dies jedoch etwa 5 km weiter flussaufwärts, etwa in Höhe des heutigen Griethausen. Daran erinnert heute noch der dortige Altrhein als Rest des früheren Flusslaufes. Somit bildete das Land, auf dem Schenkenschanz errichtet wurde, eine flussaufwärts gerichtete Landspitze, die auch Spyck genannt wurde. Auch heute gibt es Spyck als Flurnamen nördlich von Griethausen, hier steht eine industrielle Ölmühle. Durch Verlagerungen der Flussläufe unterhalb von Schenkenschanz wurde die Festung zur Insel, von der aus beide Flussläufe kontrollierbar waren. Schenkenschanz hatte daher den Beinamen Hüter beider Ströme. So war der Ort im Spanisch-Niederländischen Krieg Schauplatz ständiger militärischer Auseinandersetzungen und wurde wiederholt bombardiert, in Brand geschossen und geplündert. Auch mit dem Ende des Krieges und der Anerkennung der Unabhängigkeit der Vereinigten Niederlande 1648 war der Streit um das Dorf nicht beendet. Zu Beginn des Holländischen Krieges (siehe auch: Beschreibung des Kriegsverlaufs), stand 1672 der 34-jährige französische König Ludwig XIV. persönlich mit seinen Truppen vor den Toren. Nach einem Gefecht musste der erst 21-jährige Kommandant kapitulieren. Am 1. Mai 1674 zogen die Franzosen wieder ab und die Truppen Kurbrandenburgs ein. Sie blieben bis zum Kriegsende 1679. Schenkenschanz wurde darauf wieder niederländisch.
Ende des 17. Jahrhunderts versandete zunehmend der Niederrhein, und das Wasser floss immer mehr in die Waal. 1702 ließ die niederländische Regierung bei Millingen einen Kanal vom Waalbett zum dortigen Nederrijn graben (der Pannerdens-Kanal), um dem Nederrijn eine stärkere Strömung zu geben. Dadurch wurde Schenkenschanz trockengelegt und verlor seine strategische und militärische Bedeutung. Die viele Jahrzehnte lang hart umkämpfte Festung entwickelte sich danach zu einem friedlichen und stillen Ort.
Seit der Franzosenzeit ab 1794/1798 bildete Schenkenschanz eine Landgemeinde in der Bürgermeisterei Griethausen im Kreis Kleve.[4] Die Landeshoheit wechselte 1817 von den Niederlanden auf Preußen im Tausch gegen Leuth und Kekerdom. Durch eine preußische Regierungsverfügung wurde die Gemeinde Schenkenschanz 1911 in die Gemeinde Salmorth eingegliedert.[5] Als Teil von Salmorth kam Schenkenschanz 1969 zur Stadt Kleve, in der es den Status eines eigenen Ortsteils erhielt.
Chronik
- 1586: Martin Schenk baut den Ort im Auftrag von Robert Dudley, Graf von Leicester, zur Festung aus.
- 1634: wird die evangelische Kirche gebaut.
- 1636: wird die Schenkenschanz von Prinz Frederik Hendrik von Oranien belagert.
- 1674: Die Schenkenschanz wird niederländisch.
- 1816: Der Ort kommt an Preußen, die Festung wird geschleift.
- 1911: Die Gemeinde Schenkenschanz wird in die Gemeinde Salmorth eingegliedert.
- 1. Juli 1969: Die Gemeinde Salmorth wird nach Kleve eingemeindet.[6]
- Februar 1995: Das Rhein-Hochwasser umschließt Schenkenschanz. Der Ort muss evakuiert werden.
- 1. April 2016: Die frühere Fährverbindung wird von der Stadt Kleve eingestellt, die Infrastruktur abgebaut.
- 16. Mai 2020: Die Fährverbindung wurde wieder aufgenommen und wird, allerdings nur im Sommer am Wochenende und nur für Fußgänger und Radfahrer, vom Heimatverein Schenkenschanz betrieben.[7]
Dorfleben
Trotz der geringen Größe des Dorfes hat sich ein reges Vereinsleben entwickelt: So gibt es z. B. einen Heimatverein, einen Schützenverein, einen Marine-Spielmannszug und einen bereits 1906 gegründeten Fußballclub, der sich jedoch in den 1980er Jahren mit dem Fußballclub von Kleve-Düffelward zusammenschloss.
Galerie
- Schenkenschanz im 2011
- Schenkenschanze, Stich von 1645
- Die Belagerungen 1635 und 1636. Johannes Jacobus Schort
- Kirche
- Kriegerdenkmal mit der Inschrift: „Ihren gefallenen Brüdern – die Ortschaft Schenkenschanz“
Schenkenschanz im Film und in der Literatur
- Schenkenschanz ist der zentrale Schauplatz des Filmes Der Garten Eden von Lutz Mommartz aus dem Jahre 1977.Der Garten Eden, abgerufen am 3. September 2016.
- Schenkenschanz ist der zentrale Schauplatz des 2004 beim Rowohlt-Verlag erschienenen Krimis Die Schanz des Autorentrios Leenders/Bay/Leenders.[8]
- Es wird von Hans-Dieter Hüsch im Gedichtband „Am Niederrhein“ (1984, S. 31) genannt: „Schenkenschanz. Wirf mir einen Namen zu. Und ich mache Dir eine Geschichte daraus. ... Schenkenschanz. Das muß ein Platz voller Narren sein. Dacht ich als Kind. Denk ich auch heute noch. Denn ich war nie dort.“[9]
Literatur
- Martin Zeiller: Schencken Schantz. In: Matthäus Merian (Hrsg.): Topographia Circuli Burgundici (= Topographia Germaniae. Band 16). 1. Auflage. Matthaeus Merians Erben, Frankfurt am Main 1654, S. 88 (Volltext [Wikisource]).
- G. Leibold: Schenkenschanz. Ein Zeitgemälde aus drei Jahrhunderten clevischer Geschichte. In: Clever Kreisblatt. 1906. Zweiter Nachdruck 1985: G. W. Bösmann: Kleve.
- Guido de Werd: Schenkenschanz. Boss, Kleve 1986, ISBN 3-922384-48-X.
- Karl Kossert: Martin Schenk von Nideggen. Mercator, Duisburg, 1993, ISBN 3-87463-196-6.
- Deutsche Dörfer neu entdeckt. Das Beste, Stuttgart 1985, ISBN 3-87070-242-7.
Weblinks
- Stadt Kleve: Ortsteil Schenkenschanz
- Aktuelle Webseite von Schenkenschanz
- Adam Frans van der Meulen: Bild von Schenkenschanz 1672 beim Rheinübergang Ludwigs XIV.
- Historische Karte als Digitalisat Ausgabe der Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf
- Illustration von Frans Hogenberg von 1599: Die Schencken Schantz ein fäster ordt, Licht auff des Reins und Wallen bort, ... (Digitalisat)
Einzelnachweise
- Kleve in Kürze. In: kleve.de. Abgerufen am 23. April 2019.
- Erich Wisplinghoff, Erläuterungen aus dem Jahre 1984 zu: Johann Bucker, Karte des Rheines von Duisburg bis Arnheim aus dem Jahre 1713, Herausgeber: Nordrhein-Westfälisches Staatsarchiv, Düsseldorf 1984, S. 5–10.
- nrz.de
- Gemeindelexikon für die Provinz Rheinland 1885
- Dieter Echterhoff, Claudia Kressin: Fährgeschichte von Schenkenschanz. (PDF) In: Schänzer Bötchen Nr.8. Heimatverein Schenkenschanz, Dezember 2013, S. 5, abgerufen am 6. Juni 2014.
- Martin Bünermann: Die Gemeinden des ersten Neugliederungsprogramms in Nordrhein-Westfalen. Deutscher Gemeindeverlag, Köln 1970.
- Kleve: Fähre Schenkenschanz fährt wieder ab dem Wochenende. (Nicht mehr online verfügbar.) In: NRZ. 3. Mai 2020, archiviert vom Original am 3. Mai 2020; abgerufen am 23. November 2020.
- Die Schanz auf rowohlt.de
- Hanns Dieter Hüsch: Das Gemüt is ausschlaggebend. Alles andere is dumme Quatsch: Die Niederrhein-Texte. Edition diá, 2015, ISBN 978-3-86034-587-0 (books.google.de [abgerufen am 5. Februar 2021]).