Parler
Parler ist eine soziale Plattform für Mikroblogging mit Sitz in Henderson, Nevada in den Vereinigten Staaten.
Parler | |
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Mikroblogging-Dienst | |
Sitz | Henderson, Nevada |
Gründer | John Matze, Jared Thomson, Rebekah Mercer |
Benutzer | 20 Millionen (Stand: Anfang Januar 2020[1]) |
Online | 2018 |
https://parler.com/ |
Geschichte
Parler wurde 2018 in Henderson, Nevada, von den Software-Entwicklern[2][3] John Matze und Jared Thomson sowie der Investorin Rebekah Mercer gegründet.[4][5] Der Name, der sich von dem französischen Wort „parler“ („reden“) ableitet[3], jedoch wie das amerikanische Wort „parlor“ („Wohnzimmer“) ausgesprochen wird,[6] sollte das Selbstverständnis einer uneingeschränkten Meinungsfreiheit bekräftigen.[7]
Nachrichten sind auf 1000 Zeichen begrenzt und hießen „Parleys“. Antworten wurden „Echo“ genannt.[6]
Nach Aussage des Unternehmens hatte sich die Nutzerzahl im November 2020 von fünf auf zehn Millionen verdoppelt[6], alleine zwischen dem 6. und 10. November kamen über 4,5 Millionen neue Nutzer hinzu. Zwischenzeitlich war sie die am häufigsten heruntergeladene kostenlose App im Google Play Store.[8] Anfang Dezember 2020 erreichte die Website in den USA einen Alexa Rank von 193.[9] Im Januar 2021 lag die Nutzerzahl nach Angaben des Unternehmens bei 20 Millionen Nutzern.[1]
Vorübergehende Abschaltung
Nach dem Sturm auf das Kapitol in Washington am 6. Januar 2021 entfernte Google die Parler-App aus dem Play Store, weil die Kommunikation auf der Plattform im Hinblick auf aufhetzende Beiträge nicht moderiert werde. Der Apple App Store richtete ein Ultimatum an den Betreiber[10][11] und entfernte die App ebenfalls. Amazon Web Services kündigte an, dass der Dienst für die Parler-Apps ab dem 11. Januar 2021 als Webhost nicht mehr zur Verfügung steht.[12] Als Grund wurde eine beständige Zunahme von gewaltbezogenen Inhalten bei Parler genannt, die gegen die Richtlinien der AWS verstoßen.[13] Zwischen 11. Januar und 15. Februar 2021 war auch die Parler-Website nicht erreichbar.[14][15]
Kurz bevor die Website abgeschaltet wurde, war es Hackern gelungen, zahlreiche neue Konten mit Administrationsberechtigung anzulegen und auf diese Weise sämtliche Daten inklusive bereits gelöschter Postings zu erbeuten. Die Hacker kündigten an, sie würden die Daten archivieren und den Strafverfolgungsbehörden zur Verfügung stellen.[16] Das US-Justizministerium konnte nach eigenen Angaben alle Handybesitzer im Kapitol identifizieren und verfüge zusammen mit den gehackten Daten über hinreichende Beweismittel, zumal sie auch Täteraktivitäten in der Vergangenheit abbilden.[17]
Politisches Profil
Parler bevorzugte oder lehnte nach eigenen Angaben keine Weltanschauung kategorisch ab. Viele Nutzer stammten aus dem libertären[6] bis rechtskonservativen[18] Spektrum. Großen Zulauf erhielt Parler, seit Facebook, Twitter und YouTube Veröffentlichungen moderieren, um entsprechend ihrer Richtlinien und gesetzlicher Vorgaben z. B. Aufrufe zur Gewalt, Holocaustleugnung oder Desinformationen einzudämmen. Vor und nach der Präsidentschaftswahl am 3. November 2020 ging bzw. geht Twitter verstärkt gegen die Verbreitung von Falschinformationen vor. Twitter sperrte Accounts und versah auch Tweets von US-Präsident Donald Trump mit Warnhinweisen, die Falschinformationen zu einem angeblichen Wahlbetrug enthielten.[5] Daraufhin wechselten zahlreiche Nutzer zu Parler.[6][8]
John Matze, Mitgründer und ehemaliger Vorstandschef,[2] bot reichweitenstarken linken Influencern einen Bonus von 20.000 US-Dollar als Anreiz, um zu Parler zu wechseln. Er behauptete, er wolle so die Meinungsvielfalt auf der Plattform stärken.[6]
Prominente Parler-Nutzer sind
- Eric und Ivanka Trump, Kinder von Donald Trump,[19][20]
- Kayleigh McEnany, Pressesprecherin des Weißen Hauses unter Trump,[19]
- Brad Parscale, ehemaliger Wahlkampfmanager von Donald Trump,
- Candace Owens und Sean Hannity, US-amerikanische politische Kommentatoren,[19][21][5][6]
- bekannte Republikaner wie Rand Paul, Ted Cruz[5][6] und Rudy Giuliani,[21]
- Steve Bannon, Publizist und politischer Berater in den USA,[5]
- David Duke, amerikanischer Neonazi und Politiker,[5]
- Jair Bolsonaro, Präsident Brasiliens,
- Martin Sellner, Chef der Identitären Bewegung Österreich,[22]
- Katie Hopkins, britische Journalistin,[23]
- Nick Griffin, früherer Anführer der British National Party.[24]
- Senator Mike Lee, Republikaner, Utah,[25]
- Devin Nunes, Republikaner, Kalifornien,[25]
- Jim Jordan, Republikaner, Ohio,[25]
- Elise Stefanik, Republikanerin, New York,[25]
- Nikki Haley, Republikanerin,[25]
- Governor Kristi Noem, Republikanerin, South Dakota[25]
- Pete Ricketts, Republikaner, Gouverneur von Nebraska[25]
Auch Anhänger der Proud Boys,[22] der QAnon-Verschwörungsmythen sowie Holocaustleugner sind auf Parler aktiv.[5][3]
Siehe auch
Einzelnachweise
- Jenni Thier: Die Tech-Giganten verbannen Parler aus dem Internet. Dessen CEO sagt: «Man kann Menschen nicht bis zur Unterwerfung sperren». In: Neue Zürcher Zeitung. 12. Januar 2021, abgerufen am 12. Januar 2021.
- Daniel Friedrich Sturm: Wo Trump Alternativen zu Twitter und Fox News findet. In: Die Welt. 17. November 2020, abgerufen am 3. Dezember 2020.
- Mike Isaac, Kellen Browning: Fact-Checked on Facebook and Twitter, Conservatives Switch Their Apps. In: The New York Times. 11. November 2020, abgerufen am 13. November 2020 (englisch).
- Jason Murdock: Who Owns Parler? Social Media Platform Offers Safe Space for the Far Right. In: Newsweek. 25. Juni 2020, abgerufen am 13. November 2020 (englisch).
- Heike Buchter: Die Milliardärsfamilie Mercer half Trump ins Weiße Haus. Nun finanziert sie das rechte Netzwerk Parler, Die Zeit, Nr. 48, 19. November 2020, S. 29
- Alan Cassidy: In der rechten Echokammer, Süddeutsche Zeitung, Nr. 277, 30. November 2020, S. 24.
- Poppy Noor: New rightwing free speech site Parler gets in a tangle over … free speech. In: theguardian.com. 1. Juli 2020, abgerufen am 28. September 2020 (englisch).
- Max Hoppenstedt, Judith Horchert, Janne Knödler und Marcel Rosenbach: Parler, 8kun und »thedonald« – Der Mob aus den Paralleluniversen. In: Spiegel online. 8. Januar 2021, abgerufen am 9. Januar 2021.
- parler.com Competitive Analysis, Marketing Mix and Traffic. In: alexa.com. Abgerufen am 3. Dezember 2020 (Country Ranking US).
- Brittany De Lea: Google suspends Parler app from Play Store over failure to moderate egregious content. In: foxnews.com. 8. Januar 2021, abgerufen am 9. Januar 2021 (englisch).
- Google entfernt Parler aus App-Store – Apple setzt Frist. In: Die Zeit. 9. Januar 2021, abgerufen am 9. Januar 2021
- Nach Google und Apple setzt auch Amazon Dienste für Parler aus In: spiegel.de, 10. Januar 2021
- James Leggate: Amazon Web drops Parler over posts ‘inciting violence’ after Capitol riot. In: foxbusiness.com. 9. Januar 2021, abgerufen am 8. Februar 2021 (englisch).
- Parler ist nicht mehr erreichbar. In: Spiegel Online. 11. Januar 2021, abgerufen am 22. Januar 2021.
- Rechtes Onlinenetzwerk – Parler ist wieder online. In: Spiegel Online. 15. Februar 2021, abgerufen am 15. Februar 2021.
- Andreas Proschofsky: Rechtes Twitter-Pendant Parler nun vollständig offline – Hacker erbeuteten zuvor alle Daten. derStandard.at, 11. Januar 2021, abgerufen am 11. Januar 2021.
- Malte Mansholt: Beweismittel per Messenger: Die Kapitol-Stürmer fühlten sich bei Parler sicher – sehr zur Freude des FBI. In: stern.de. 15. Januar 2021, abgerufen am 18. Januar 2021.
- Jenni Thier: Weil Twitter und Facebook nicht alles erlauben, kommt jetzt ein neuer Spieler auf den Markt. In: NZZ.ch. 8. August 2020, abgerufen am 8. September 2020.
- Alex Woodward: We signed up for Parler. Here's what you’ll find on the right’s latest social media platform. In: The Independent. 2. Juli 2020, abgerufen am 28. September 2020 (englisch).
- Twitter. Abgerufen am 18. November 2020 (englisch).
- Abid Rahman: "I'm Done": Right-Wing Personalities Ditching Twitter for Parler Over Claims of Censorship. In: The Hollywood Reporter. 24. Juni 2020, abgerufen am 13. November 2020 (englisch).
- Georg Ismar: Wie „Proud Boys“ mit der Angst vor der Eskalation spielen. In: Der Tagesspiegel. 14. November 2020, abgerufen am 3. Dezember 2020.
- Jamie Doward Mark Townsend: The UK social media platform where neo-Nazis can view terror atrocities. In: The Observer. 28. Juni 2020, ISSN 0029-7712 (theguardian.com [abgerufen am 10. November 2020]).
- Rita Katz: Neo-Nazis Are Running Out of Places to Hide Online. In: Wired. 7. September 2020, ISSN 1059-1028 (wired.com [abgerufen am 10. November 2020]).
- Aila Slisco: Here Are All the Prominent Conservatives Who Have Joined Parler. In: newsweek.com. 18. November 2020, abgerufen am 14. Januar 2021 (englisch).