Olympia (Paris)
Das Olympia ist eine Music Hall am Boulevard des Capucines im 9. Arrondissement von Paris.
Das erste Olympia
1888 von Joseph Oller (dem späteren Gründer des Moulin Rouge) errichtet, ist das Olympia die älteste noch existierende Music Hall von Paris. Der Konzertsaal wurde am 12. April 1889 unter dem Namen Montagnes Russes (Achterbahn) eröffnet, aber bald in Olympia umbenannt. Der Schriftzug prangt heute in großen weißen Buchstaben auf rotem Grund über dem Eingang an der Fassade von 1893.
Von der größten französischen Diva der Epoche, der Sängerin und Tänzerin La Goulue, am 12. April 1893 eingeweiht, empfing das Olympia bald die größten französischen Künstler der damaligen Zeit, wie Mistinguett, Marie Dubas, Fréhel, Joséphine Baker, Damia und Yvonne Printemps.
Neben Musik und Gesang fanden eine große Anzahl weiterer Veranstaltungen statt, Zirkusse traten auf, Ballette und Operetten wurden hier inszeniert. Als jedoch die Zeit der großen Stars vorüber war, wurde der Saal 1929 in ein profitables Kino umgewandelt.
Das Olympia von Bruno Coquatrix
Nach dem Zweiten Weltkrieg übernahm Bruno Coquatrix 1952 das Olympia und stellte es wieder her. Der Veranstaltungsraum wurde am 5. Februar 1954 wieder eingeweiht, nachdem er 25 Jahre lang ungenutzt geblieben war. Bei dieser Gelegenheit gab Gilbert Bécaud als Vorkünstler für Lucienne Delyle zum ersten Mal eine beeindruckende Vorstellung im Olympia. In der Folgezeit traten hier alle berühmten Weltstars auf. Édith Piaf erlangte ab Januar 1955 durch ihre regelmäßigen Auftritte bis Oktober 1962 Weltruhm, insbesondere der dreimonatige Auftritt 1958 blieb in Erinnerung. Von fünf ihrer dortigen Auftritte gibt es Live-Mitschnitte.
Vierzig Jahre später war das Gebäude vom Abriss bedroht. An seiner Stelle sollte ein Parkhaus entstehen, doch am 7. Januar 1993 erklärte der französische Kulturminister Jack Lang das Olympia zum Nationalen Kulturerbe. In der Folge wurden in zweijähriger Bautätigkeit die Fassade und das prunkvolle, rote Interieur restauriert.
Erste Adresse für Konzertveranstaltungen
Unter den französischen (und belgischen) Künstlern, die in diesem Saal Konzerte gaben, verdienen die folgenden ganz besondere Beachtung: Charles Aznavour, Adamo, Barbara, Gilbert Bécaud, Lucienne Boyer, Jacques Brel, Georges Brassens, Marcel Dadi, Dalida, Michel Delpech, Jacques Dutronc, Léo Ferré, Claude François, France Gall, Garou, Juliette Gréco, Johnny Hallyday, Françoise Hardy, Patricia Kaas, Helmut Lotti, Enrico Macias, Mireille Mathieu, Édith Piaf, Axelle Red, Renaud, Tino Rossi, Jean Sablon, Émilie Simon, Alan Stivell, Anne Sylvestre, Charles Trenet, Sylvie Vartan und Grégory Lemarchal, der sein erstes Live-Album nach der Halle benannte.
Das Olympia markierte darüber hinaus für franko-kanadische Sänger eine Stufe ihrer Erfolgsleiter, darunter Robert Charlebois, Monique Leyrac, Céline Dion, Daniel Lavoie und Roch Voisine.
Auch Sänger und Musiker aus dem Maghreb und der arabischen Welt kamen ins Olympia, etwa Oum Kalthoum, Fairuz, Ragheb Alama und Ahlam.
Weitere Künstler kamen aus den Vereinigten Staaten, Kanada, Großbritannien und dem Rest der Welt. Die Konzerte dieser internationalen Stars schrieben hier Musikgeschichte: Louis Armstrong, Joan Baez, David Bowie, James Brown, Jeff Buckley, Ray Charles, Petula Clark, Connie Francis, Alice Cooper, Bob Dylan, Maria Farantouri, Lola Flores, Judy Garland, Bill Haley (sein 1958er Konzert ist inzwischen auf CD erschienen), Jimi Hendrix, Julio Iglesias, Lili Ivanova, Madonna, Mahalia Jackson, Michel Legrand, Quincy Jones, Janis Joplin, Mary Roos, Lokua Kanza, Diana Krall, Frédérik Mey, Scorpions, Herman van Veen, Van Morrison, Olivera Katarina, Nana Mouskouri, Tereza Kesovija, Roy Orbison, Luciano Pavarotti, Raphael, Otis Redding, Frank Sinatra, Mikis Theodorakis, Caterina Valente, Atahualpa Yupanqui, Amália Rodrigues (1956), Mika, David Gilmour, Dave Gahan (2004 auf der DVD Live Monsters erschienen), nicht zuletzt The Beatles und The Rolling Stones sowie etliche weitere.
Besondere Auftritte
Die Geschichte Édith Piafs ist mit der des Olympias eng verknüpft. Nur zwei Monate bevor sie an Krebs starb, gab sie eines ihrer denkwürdigsten Konzerte, bei dem sie sich vor Schmerzen nur mühsam aufrecht halten konnte.
Auch Jacques Brels Abschied von der Bühne wird allgemein mit seinem letzten Auftritt im Olympia im Oktober 1966 in Verbindung gebracht. Tatsächlich war das Konzert allerdings die Premiere seiner Abschiedstournee, die am 16. Mai 1967 in Roubaix endete.[1]
Am 19. Oktober 1955 gab Sidney Bechet ein Gratiskonzert im Olympia; Anlass war seine einmillionste verkaufte Platte auf dem Vogue-Label, wofür er eine Goldene Schallplatte erhielt. 5000 Fans wollten das Konzert besuchen, aber nur rund die Hälfte fand Einlass. Der Saal wurde von den enttäuschten Fans demoliert, es gab zehn Verletzte und Schäden in Höhe von rund zwei Millionen (alten) Francs. Das Ereignis ging als Le soir où l'on cassa l'Olympia („Der Abend, an dem das Olympia zertrümmert wurde“) in die Geschichte ein.
Literatur
- Jean-Michel Boris, Jean-François Brieu, Eric Didi: Olympia Bruno Coquatrix, 50 ans de Music-Hall. Editions Hors Collection, Paris 2003, ISBN 2-258-06234-9
- Paulette Coquatrix: Mes noces d’or avec l’Olympia, Bordeaux, Le Castor Astral.
- Jeanne Tallon: J’étais ouvreuse à l’Olympia. Editions Fayard, Paris 2004, ISBN 2-213-61839-9
Weblinks
- Offizielle Homepage des Olympia
- Laure Narlian: L’Olympia: 50 ans de bonheur (Memento vom 18. März 2005 im Internet Archive), France 2 (französisch)
Einzelnachweise
- Olivier Todd: Jacques Brel – ein Leben. Achilla-Presse, Hamburg 1997, ISBN 3-928398-23-7, S. 403, 422.