Olsacherit
Olsacherit ist ein sehr selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Sulfate (einschließlich Selenate, Tellurate, Chromate, Molybdate und Wolframate)“ mit der chemischen Zusammensetzung Pb2[SO4|SeO4][2] und ist damit chemisch gesehen ein Blei-Selenat mit zusätzlichen Sulfationen.
Olsacherit | |
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Allgemeines und Klassifikation | |
Andere Namen |
IMA 1969-009[1] |
Chemische Formel | |
Mineralklasse (und ggf. Abteilung) |
Sulfate (einschließlich Selenate, Tellurate, Chromate, Molybdate und Wolframate) |
System-Nr. nach Strunz und nach Dana |
7.AD.35 (8. Auflage: VI/B.13) 32.01.03.01 |
Kristallographische Daten | |
Kristallsystem | orthorhombisch |
Kristallklasse; Symbol | orthorhombisch-disphenoidisch; 222 |
Raumgruppe | P2212 (Nr. 17, Stellung 3) |
Gitterparameter | a = 8,42 Å; b = 10,96 Å; c = 7,00 Å[2] |
Formeleinheiten | Z = 4[2] |
Physikalische Eigenschaften | |
Mohshärte | 3 bis 3,5[3] |
Dichte (g/cm3) | berechnet: 6,55[3] |
Spaltbarkeit | gut nach {101}, undeutlich nach {010}[3] |
Bruch; Tenazität | sehr spröde |
Farbe | farblos |
Strichfarbe | weiß |
Transparenz | durchsichtig bis durchscheinend |
Glanz | Glasglanz, matt in Krusten |
Kristalloptik | |
Brechungsindizes | nα = 1,945[4] nβ = 1,966[4] nγ = 1,983[4] |
Doppelbrechung | δ = 0,038[4] |
Optischer Charakter | zweiachsig negativ |
Achsenwinkel | 2V = 80° (gemessen), 82° (berechnet)[4] |
Weitere Eigenschaften | |
Besondere Merkmale | pyroelektrisch |
Olsacherit kristallisiert im orthorhombischen Kristallsystem und entwickelt scharf konturierte, nadelige Kristalle bis etwa zwei Millimeter Länge, die nach der b-Achse gestreckt sind. Das Mineral ist üblicherweise farblos und durchsichtig mit glasähnlichem Glanz auf den Oberflächen. Durch vielfache Lichtbrechung aufgrund von Gitterbaufehlern oder polykristalliner Ausbildung kann Olsacherit aber auch durchscheinend weiß sein.
Etymologie und Geschichte
Erstmals entdeckt wurde Olsacherit in der Mina Virgen de Surumi (Pacajake Mine) im Pakajake Canyon etwa 20 km nordöstlich von Colquechaca in der bolivianischen Departamento Potosí. Beschrieben wurde das Mineral 1969 durch Cornelius Searle Hurlbut (1906–2005)[5][6] und Lorenzo Francisco Aristarain (1926–2013)[7], die es nach dem argentinischen Professor für Mineralogie an der Universität Córdoba, Juan Augusto Olsacher (1903–1964), benannten.[8][3]
Das Typmaterial des Minerals wird an der Harvard University in Cambridge (Massachusetts) in den USA aufbewahrt (Katalog-Nr. 110966).[3]
Klassifikation
Bereits in der veralteten 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz ist Olsacherit nicht verzeichnet. Nur im zuletzt 2018 überarbeiteten und aktualisierten Lapis-Mineralienverzeichnis nach Stefan Weiß, das sich aus Rücksicht auf private Sammler und institutionelle Sammlungen noch nach dieser klassischen Systematik von Karl Hugo Strunz richtet, erhielt das Mineral die System- und Mineral-Nr. VI/B.13-20. In der „Lapis-Systematik“ entspricht dies der Klasse der „Sulfate, Chromate, Molybdate und Wolframate“ und dort der Abteilung „Wasserfreie Sulfate, mit fremden Anionen“, wo Olsacherit zusammen mit Lanarkit, Grandreefit, Pseudograndreefit, Leadhillit, Macphersonit, Susannit eine eigenständige, aber unbenannte Gruppe bildet.[9]
Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) bis 2009 aktualisierte[10] 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Olsacherit ebenfalls in die Abteilung der „Sulfate (Selenate usw.) ohne zusätzliche Anionen, ohne H2O“ ein. Diese ist allerdings weiter unterteilt nach der relativen Größe der beteiligten Kationen, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „Mit ausschließlich großen Kationen“ zu finden ist, wo es zusammen mit Anglesit, Baryt und Coelestin die „Barytgruppe“ mit der System-Nr. 7.AD.35 bildet.
Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Olsacherit in die Klasse der „Sulfate (und Verwandte)“ und dort in die Abteilung „Zusammengesetzte Sulfate“ ein. Hier ist er als einziges Mitglied in der unbenannten Gruppe 32.01.03 innerhalb der Unterabteilung „Zusammengesetzte Sulfate (wasserfrei) mit einfacher doppelanionischer Formel“ zu finden.
Kristallstruktur
Olsacherit kristallisiert orthorhombisch in der Raumgruppe P2212 (Raumgruppen-Nr. 17, Stellung 3) mit den Gitterparametern a = 8,42 Å; b = 1,96 Å und c = 7,0 Å sowie 4 Formeleinheiten pro Elementarzelle.[2]
Bildung und Fundorte
Olsacherit bildet sich sekundär als Umwandlungsprodukt von Penroseit[8] in der Oxidationszone von selenhaltigen, hydrothermalen Lagerstätten. Als Begleitminerale können je nach Fundort Ahlfeldit, Chalkomenit, Goethit, Lepidokrokit und/oder Penroseit auftreten.[3]
Olsacherit gehört zu den sehr seltenen Mineralbildungen, von denen nur wenige Proben existieren, die an weniger als 10 bisher bekannten Fundorten (Stand 2019)[11] gesammelt wurden. Neben seiner Typlokalität Mina Virgen de Surumi im Pakajake Canyon in der Provinz Chayanta trat das Mineral in Bolivien nur noch auf den Abraumhalden der El Dragón Mine in der Provinz Antonio Quijarro zutage.
Weitere bisher bekannte Fundorte sind die El Chire Prospektion bei Los Llantenes im Departamento Vinchina (La Rioja) und die Cacheuta Mine am Cerro de Cacheuta (Sierra de Cacheuta) im Departamento Luján de Cuyo (Provinz Mendoza) in Argentinien; der Coldwell-Komplex im Thunder Bay District in der kanadischen Provinz Ontario; Liauzun nahe Olloix im Kanton Saint-Amant-Tallende im französischen Département Puy-de-Dôme (Auvergne); die Baccu Locci Mine bei Villaputzu in der Region Sarrabus-Gerrei auf der italienischen Insel Sardinien; im nördlichen Fumarolenfeld nahe dem Vulkan Tolbatschik auf der Halbinsel Kamtschatka im Fernen Osten Russlands; die Waterbank Mine nahe dem Dorf Ecton in der englischen Grafschaft Staffordshire sowie die Santa Rosa Mine bei Malpais Mesa in den Inyo Mountains im gleichnamigen County von Kalifornien (USA).[12]
Siehe auch
Literatur
- C. S. Hurlbut Jr., L. F. Aristarain: Olsacherite, Pb2(SO4)(SeO4), a new mineral from Bolivia. In: The American Mineralogist. Band 54, 1969, S. 1519–1527 (englisch, online verfügbar bei rruff.info [PDF; 530 kB; abgerufen am 5. Mai 2019]).
Weblinks
- Mineralienatlas: Olsacherit (Wiki)
- David Barthelmy: Olsacherite Mineral Data. In: webmineral.com. Abgerufen am 5. Mai 2019 (englisch).
- Olsacherite search results. In: rruff.info. Database of Raman spectroscopy, X-ray diffraction and chemistry of minerals (RRUFF), abgerufen am 5. Mai 2019 (englisch).
Einzelnachweise
- Malcolm Back, William D. Birch, Michel Blondieau und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: March 2019. (PDF 1703 kB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Marco Pasero, März 2019, abgerufen am 20. Mai 2019 (englisch).
- Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 370 (englisch).
- Olsacherite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (englisch, handbookofmineralogy.org [PDF; 67 kB; abgerufen am 5. Mai 2019]).
- Olsacherite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 5. Mai 2019 (englisch).
- Hurlbutite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (englisch, handbookofmineralogy.org [PDF; 67 kB; abgerufen am 5. Mai 2019]).
- Kai Carver: Dr Cornelius Searle “Connie” Hurlbut, Jr. In: findagrave.com. Find A Grave, abgerufen am 5. Mai 2019.
- Jorge Eduardo Rusansky, Hebe Dina Gay: Necrológica Dr. Lorenzo Francisco Aristarain (1926–2013). In: scielo.org.ar. Scientific Electronic Library Online, abgerufen am 5. Mai 2019 (publiziert in: Revista de la Asociación Geológica Argentina Band 71, Nr. 3, Buenos Aires 2014).
- M. H. Hey: Twenty-sixth list of new mineral names. In: Mineralogical Magazine. Band 37, Nr. 292, Dezember 1970, S. 954–967 (englisch, online verfügbar bei rruff.info [PDF; 924 kB; abgerufen am 5. Mai 2019]).
- Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
- Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF 1703 kB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Januar 2009, abgerufen am 25. April 2019 (englisch).
- Localities for Olsacherite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 5. Mai 2019 (englisch).
- Fundortliste für Olsacherit beim Mineralienatlas und bei Mindat