Goethit
Goethit, auch als Nadeleisenerz oder Brauner Glaskopf bekannt, ist ein weit verbreitetes Mineral aus der Mineralklasse der „Oxide und Hydroxide“. Es kristallisiert im orthorhombischen Kristallsystem mit der chemischen Zusammensetzung α-Fe3+O(OH) und entwickelt meist nadel- bis radialstrahlige oder prismatische Kristalle, aber auch traubige bis nierige Aggregate von schwarzbrauner bis durch Verwitterung hellgelber Farbe bei gelbbrauner Strichfarbe. Frische, kristalline oder traubige Goethitproben zeigen einen metallischen Glanz, angewitterte oder feinnadelige Aggregate dagegen einen samtartigen Glanz (Samtblende).
Goethit | |
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(Größe: 5,8 × 4,8 × 3,3 cm) | |
Allgemeines und Klassifikation | |
Andere Namen |
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Chemische Formel | α-Fe3+O(OH) |
Mineralklasse (und ggf. Abteilung) |
Oxide, Hydroxide – Hydroxide und oxidische Hydrate |
System-Nr. nach Strunz und nach Dana |
4.FD.10 (8. Auflage: IV/F.06) 06.01.01.02 |
Kristallographische Daten | |
Kristallsystem | orthorhombisch |
Kristallklasse; Symbol | orthorhombisch-dipyramidal; 2/m 2/m 2/m |
Raumgruppe | Pbnm (Nr. 62, Stellung 3)[1] |
Gitterparameter | a = 4,62 Å; b = 9,95 Å; c = 3,01 Å[1] |
Formeleinheiten | Z = 4[1] |
Physikalische Eigenschaften | |
Mohshärte | 5 bis 5,5[2] |
Dichte (g/cm3) | gemessen: 4,28(1); berechnet: 4,18[2] |
Spaltbarkeit | vollkommen nach {010}, unvollkommen nach {100}[2] |
Bruch; Tenazität | uneben; spröde[2] |
Farbe | hellgelb bis dunkelbraun |
Strichfarbe | gelbbraun |
Transparenz | undurchsichtig, kantendurchscheinend |
Glanz | Diamantglanz, Metallglanz, Seidenglanz |
Magnetismus | antiferromagnetisch |
Kristalloptik | |
Brechungsindizes | nα = 2,260 bis 2,275[3] nβ = 2,393 bis 2,409[3] nγ = 2,393 bis 2,409[3] |
Doppelbrechung | δ = 0,133 bis 0,134[3] |
Optischer Charakter | zweiachsig negativ |
Achsenwinkel | 2V = 20° (berechnet)[3] |
Pleochroismus | Stark:[2] X = gelb bis farblos Y = gelblichbraun bis rötlichorange Z = gelborange bis dunkelorangerot |
Als Hauptbestandteil von Limonit wird diese Bezeichnung oft auch synonym für Goethit verwendet.
Etymologie und Geschichte
Johann Georg Lenz gebrauchte 1806 erstmals für das nach dem deutschen Dichter (und Bergbaubeamten) Johann Wolfgang von Goethe benannte Mineral die Bezeichnung Goethit. Die Namensgebung erfolgte durch Vermittlung von Ludwig Wilhelm Cramer auf Vorschlag des Pfarrers Heinrich Adolf Achenbach (1765–1819) und des Bergmeisters Johann Daniel Engels (1761–1828), beide aus Siegen, die für das Mineral den Namen Goethenit vorschlugen. Friedrich Wilhelm Riemer veranlasste Johann Georg Lenz, den Namen auf Goethit abzuändern.
Klassifikation
In der mittlerweile veralteten, aber noch gebräuchlichen 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Goethit zur Mineralklasse der „Oxide und Hydroxide“ und dort zur Abteilung der „Hydroxide und oxidische Hydrate“, wo er zusammen mit Akaganeit, Böhmit, Diaspor, Feitknechtit, Feroxyhyt, Groutit, Lepidokrokit, Manganit, Schwertmannit und Tsumgallit eine eigenständige Gruppe bildete.
Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) verwendete 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Goethit in die Klasse der „Oxide und Hydroxide“ und dort in die Abteilung der „Hydroxide (ohne V oder U)“ ein. Diese Abteilung ist allerdings weiter unterteilt nach der möglichen Anwesenheit von Kristallwasser sowie nach der Kristallstruktur, sodass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „Hydroxide mit OH, ohne H2O; mit Ketten aus kantenverknüpften Oktaedern“ zu finden ist, wo es zusammen mit Bracewellit, Diaspor, Groutit, Guyanait, Montroseit und Tsumgallit die unbenannte Gruppe 4.FD.10 bildet.
Auch die Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Goethit in die Klasse der „Oxide und Hydroxide“ und dort in die Abteilung der „Hydroxide und hydroxyhaltige Oxide“ ein. Hier ist er zusammen mit dem namensgebenden Diaspor und den weiteren Mitgliedern Groutit, Montroseit, Bracewellit und Tsumgallit in der „Diasporgruppe (Orthorhombisch, Pnma oder Pnmd)“ mit der System-Nr. 06.01.01 innerhalb der Unterabteilung der „Hydroxide und hydroxyhaltigen Oxide mit der Formel: X3+O OH“ zu finden.
Kristallstruktur
Goethit kristallisiert orthorhombisch in der Raumgruppe Pbnm (Raumgruppen-Nr. 62, Stellung 3) mit den Gitterparametern a = 4,62 Å; b = 9,95 Å; und c = 3,01 Å sowie 4 Formeleinheiten pro Elementarzelle.[1]
Eigenschaften
Goethit besitzt einen Eisen-Gehalt von bis zu 62 %, der jedoch bei Aufnahme von Kristallwasser sinkt. Er hat eine Mohshärte von 5 bis 5,5, eine Dichte von 4,3 g/cm³ und eine gelbbraune Strichfarbe. Goethit löst sich schwach in Salzsäure, aber gut in Salpetersäure.
Das Mineral ist im Normalzustand antiferromagnetisch.[4] Beim Erhitzen vor dem Lötrohr gibt es Wasser ab und wird magnetisch. Es färbt sich rot und wandelt sich zu α-Fe2O3 um.[5]
Modifikationen und Varietäten
Die Verbindung Fe3+O(OH) ist trimorph, kommt also neben dem orthorhombisch kristallisierenden Goethit noch als trigonal kristallisierender Feroxyhyt und als ebenfalls orthorhombisch, wenn auch mit anderer Raumgruppe und anderen Zellparametern, kristallisierender Lepidokrokit vor.
Als Samtblende wird eine kastanienbraune bis ockergelbe Goethit-Varietät bezeichnet, die kugelige Aggregate mit samtartiger Oberfläche bildet.
Unter dem Begriff Eisenoolith (auch Eisenrogenstein) versteht man im Allgemeinen ein oolithisches Eisenerz[6] und im Speziellen einen knollig-schalig aufgebauten Goethit beziehungsweise Limonit-Bohnerz.[7]
Bildung und Fundorte
Goethit bildet sich meist sekundär durch Verwitterung von Eisen-Mineralen wie Magnetit oder Pyrit und wird daher auch oft in Form entsprechender Pseudomorphosen nach diesen Eisensulfiden, aber auch anderen Mineralen gefunden.
Goethit kann sich aber auch primär in Hydrothermaladern bilden, dann findet er sich meist in Hohlräumen von Vulkangesteinen wie beispielsweise Pegmatit. Als Sumpf- und Brauneisenerz (Limonit) kommt er auch in sedimentären Erzlagerstätten vor. Normaler Rost besteht ebenfalls hauptsächlich aus Goethit.
Weltweit konnte Goethit bisher (Stand: 2011) an rund 5000 Fundorten nachgewiesen werden. Fundorte in Deutschland sind unter anderem Siegen und Horhausen, in England Bottalack, Redruth und die Grafschaft Cornwall, in Mexiko Santa Eulalia, in Tschechien Příbram und im US-Bundesstaat Colorado Florissant.
Goethit wurde im Dezember 2004 von der Raumsonde „Spirit“ auch auf der Marsoberfläche nachgewiesen. NASA-Wissenschaftler werten dies als einen der sichersten Nachweise für ehemals flüssiges Wasser auf dem roten Planeten, da Goethit sich nur in Zusammenhang mit Wasser bildet.
Verwendung
Goethit hat als Rohstoff heute keine herausragende Bedeutung mehr, historisch spielte es eine Rolle als Eisenerz. In Form von Limonit wird es heute noch als Farbpigment verwendet (Brauner Ocker).
Siehe auch
Literatur
- Petr Korbel, Milan Novák: Mineralien-Enzyklopädie (= Dörfler Natur). Nebel Verlag, Eggolsheim 2002, ISBN 978-3-89555-076-8, S. 110.
Weblinks
Einzelnachweise
- Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 235.
- Goethite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (handbookofmineralogy.org [PDF; 69 kB; abgerufen am 12. April 2018]).
- Mindat – Goethite (englisch)
- Uni Bonn – Geophysikalische Grundlagen, Le Borgne-Effekt
- Kremer-Pigmente: Goethit
- Otto Lueger (Hrsg.): Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften. 2. Auflage. Band 3. Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart, Leipzig 1906, S. 368 (online verfügbar auf zeno.org [abgerufen am 24. Januar 2019]).
- Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.