Nassereith
Nassereith ist eine Gemeinde und ein Dorf mit 2156 Einwohnern (Stand 1. Jänner 2021) im Bezirk Imst des Bundeslandes Tirol (Österreich). Die Gemeinde liegt im Gerichtsbezirk Imst.
Nassereith | ||
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Wappen | Österreichkarte | |
Basisdaten | ||
Staat: | Österreich | |
Bundesland: | Tirol | |
Politischer Bezirk: | Imst | |
Kfz-Kennzeichen: | IM | |
Fläche: | 72,43 km² | |
Koordinaten: | 47° 19′ N, 10° 50′ O | |
Höhe: | 838 m ü. A. | |
Einwohner: | 2.156 (1. Jän. 2021) | |
Bevölkerungsdichte: | 30 Einw. pro km² | |
Postleitzahl: | 6465 | |
Vorwahl: | 05265 | |
Gemeindekennziffer: | 7 02 12 | |
Adresse der Gemeindeverwaltung: |
Karl-Mayr-Straße 116a 6465 Nassereith | |
Website: | ||
Politik | ||
Bürgermeister: | Herbert Kröll (ÖVP) | |
Gemeinderat: (Wahljahr: 2016) (15 Mitglieder) |
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Lage von Nassereith im Bezirk Imst | ||
Zentrum Nassereith Dorf (von Osten gesehen) | ||
Quelle: Gemeindedaten bei Statistik Austria |
Geografie
Nassereith liegt am Anfang des Gurgltals an der vielbefahrenen Route vom Fernpass nach Imst (ehemalige Via Claudia Augusta). Hier mündet auch die alte Salzstraße über den Holzleitensattel und das Mieminger Plateau nach Telfs.
Die Gemeinde hat eine Fläche von 72,43 Quadratkilometer. Davon sind 6 Prozent landwirtschaftliche Nutzfläche, 65 Prozent sind bewaldet, 5 Prozent Almen und 22 Prozent entfallen auf alpines Gelände.[1]
Geschichte
Dormitz, ein Ortsteil von Nassereith, wurde als „locus qui dicitur Dormundes“ um 1101–1120 in einer Traditionsnotiz des Klosters Rottenbuch am Inn erstmals urkundlich erwähnt.[2] Doch aus dem Besiedelungsnachweis geht hervor, dass im Ortsbereich von Dormitz bereits 200 bis 300 Jahre vor Christus eine Dauersiedlung bestanden hat, ebenso eine Wegverbindung über den Fernpass und über den Holzleitensattel. Hier befindet sich eine der schönsten und ältesten Wallfahrtskirchen im Tiroler Oberland. Die spätgotische, 1746 innen barockisierte Kirche ist dem Heiligen Nikolaus geweiht. Am Hochaltar findet sich eine Muttergottes-Statue mit Kind aus dem 15. Jahrhundert.[3]
Im Ortskern des Hauptortes befindet sich die große Pfarrkirche. Mit rund 400 Sitzplätzen zählt sie zu den größten Dorfkirchen Tirols. Die Kirche ist den Heiligen Drei Königen geweiht. Erwähnenswert ist der barocke, über 300 Jahre alte Zwiebelturm, sowie in der Karwoche das „Heilige Grab“. Im Dorf befindet sich auch das Altersheim der Barmherzigen Schwestern. Dieses Haus wurde 1887 von den Schwestern erworben. 2017 lebten dort drei geistliche Schwestern, die damit eine 130 Jahre lange Tradition fortführten.
Die Klause Fernstein wurde urkundlich 1288 erstmals erwähnt und war die ehemalige Zollstation an der Fernpassstraße. Der Fernsteinsee, der sich in Privatbesitz befindet, ist ein beliebtes Tauchgebiet. Unweit davon liegen der Samerangersee und der Schanzlsee. Besonders beliebtes Ausflugsziel ist der Nassereither See direkt hinter der Pfarrkirche gelegen.
Ortsname
Die früheste schriftliche Erwähnung erfolgte 1333: in molendino Naserit (dt. ‚bei der kleinen Mühle Naserit‘). Das Wort ist eine Eindeutschung vom vulgärlateinischen Flurnamen *in aceretu = beim Ahornwald. Die Genese: *in aceretu > *nacerit > Naserit > Nassereith, vgl. Zweite Lautverschiebung, Diphthongierung.[4]
Bevölkerungsentwicklung
Kultur und Sehenswürdigkeiten
Bauwerke
- Burg Fernstein
- Ruine Sigmundsburg im Fernsteinsee
- Pfarrkirche Nassereith Heilige Drei Könige
Brauchtum
- Schellerlaufen
Der Fasnachtsbrauch des Schellerlaufens findet alle drei Jahre in Nassereith statt, zuletzt im Jänner 2019. Die Hauptfiguren sind dabei der schöne Zug mit Kehrer, Roller und Scheller, der Bär mit Bärentreiber und Bärenpfeifer, Hexen und Karrner. Der Kampf zwischen Bär und Bärentreiber symbolisiert den Kampf des Frühlings gegen den Winter, den schließlich der Frühling (Bär) gewinnt. Die Figuren sind das ganze Jahr im Fasnachtsmuseum zu besichtigen.
- Das Heilige Grab
Das Heilige Grab in Nassereith wird seit 1861 jedes Jahr in der Karwoche aufgestellt. Es ist eines der größten Kulissengräber in Tirol. Letztmals wurde es 1989 renoviert. Am Gründonnerstag ist während des Tages und der Messe das Letzte Abendmahl zu sehen. Am Ende der Gründonnerstagsmesse wird das Allerheiligste übertragen; im Grab verschwindet das Bild vom Abendmahl und ein blutschwitzender Jesus erscheint. Am Schluss der Karfreitagsliturgie wird das Allerheiligste im Grab ausgesetzt und der Leichnam Christi erscheint. Er wird von zwei Brettfiguren, die Römer darstellen, bewacht. Der Karsamstag zeigt das gleiche Bild. Am Abend des Karsamstages findet die Feier der Osternacht statt. Beim Gloria verschwindet der Leichnam Jesu im Grab und mittels einer mechanischen Vorrichtung erscheint hoch über dem Grab der auferstandene Herr.
- Prozessionen und Bittgänge
Am Fronleichnamstag, am Herz-Jesu-Sonntag und am zweiten Sonntag im September (zu Ehren der Mutter Gottes und der Heiligen drei Könige) finden Prozessionen statt. Schon am Vortag läuten um 14:00 Uhr allen Glocken, um den Feiertag anzukündigen. Dazu wird mit einer Kanone geschossen. Am Abend spielt die Musik dann zum Zapfenstreich im Dorfzentrum. Beim Ave-Maria-Spielen um fünf Uhr Früh am Prozessionstag versammeln sich einige Musikanten in der Hennengasse, einem Ortsteil von Nassereith, und spielen Marienlieder. Dabei wird wieder geläutet und geschossen. Entlang des Prozessionsweges werden viele Häuser mit den sogenannten Majelen, frischen Laub- und Nadelhölzern, geschmückt. Auf den Prozessionen werden Fahnen und Heiligenfiguren, die sogenannten Fargerln, mitgetragen. Eine weitere Prozession findet am ersten Maisonntag am Abend statt. Diese Dankprozession geht auf das Kriegsjahr 1945 zurück, in dem man aufgrund der Verschonung des Dorfes gelobt hat, alle Jahre eine Dankesmesse in der Wallfahrtskirche Dormitz mit einer Prozession von Nassereith aus zu feiern. Auch werden jedes Jahr die Bittgänge an den Tagen vor Christi Himmelfahrt abgehalten. Zu Mariä Himmelfahrt (15. August) bringen die Nassereither Frauen Blumen und Kräuter zur Weihe in die Kirche mit.
- Advent- und Weihnachtsbräuche
Bei der Herbergsuche in der Adventzeit ist in jedem Ortsteil eine Muttergottesstatue unterwegs. Sie bleibt jeweils für einen Tag bzw. eine Nacht in einem Haushalt, dann bringt man sie den Nachbarn, wo gemeinsam gebetet wird. Nachher wird man meist gut bewirtet. Nassereith ist bekannt für seine Krippenfiguren, die nicht wie sonst üblich geschnitzt, sondern aus Lehm gebrannt sind. Sie werden jährlich vom Fest der Unbefleckten Empfängnis bis zum Fest der Taufe Jesu am „Nassereither Krippenweg“ präsentiert. Der Christkindleinzug wurde 2010 nach längerer Pause wieder ins Leben gerufen. An diesem Umzug nehmen mehr als 80 Kinder vom Ort teil, die Mädchen als Engel und die Buben als Hirten. Das Christkind wird traditionell von einem Bub aus der zweiten Volksschulklasse verkörpert, der im folgenden Jahr die Kommunion empfängt. Der Zug der Kinder führt durch das Dorf zum Majenbrunnen und zum Postplatz, wo sie von Pfarrer und Bürgermeister empfangen werden. Musikalisch umrahmt wird der Festakt von der Musikkapelle Nassereith und allen Chören. Die Feuerwehr in brauner Uniform beleuchtet das Geschehen mit Fackeln. Der Umzug wird immer mit einem Markt abgehalten.
Wirtschaft und Infrastruktur
Die Wirtschaft basiert zum größten Teil auf Tourismus und Fernverkehr. Ansonsten ist Nassereith hauptsächlich landwirtschaftlich geprägt. Das größte ansässige Unternehmen ist der in Privatbesitz befindliche Möbelkonzern Demaac. Der größte Arbeitgeber im Dorf ist das Heim Via Claudia der Barmherzigen Schwestern mit über 60 Mitarbeitern. Neben Tourismus und ein paar Gewerbebetrieben hat Nassereith die Funktion einer Auspendlergemeinde.
Die Österreichischen Bundesforste betreiben seit 2006 das Kleinwasserkraftwerk Tegesbach. Es wurde schon 2007 saniert und erhielt 2015 im Zuge einer Revitalisierung einen neuen Generator, der 470 kW leistet.[5][6][7]
Verkehr
- Straßenverkehr
Nassereith war ein wichtiger Verkehrsknoten, an dem sich im Zusammenhang mit dem Fuhrverkehr ein blühendes Gewerbe entwickelte. Eine 1995 eröffnete Umfahrungsstraße entlastete den Ort vom Durchzugsverkehr. Die Fernpassroute könnte durch Projekte wie den Tschirganttunnel weiter ausgebaut werden.
- Busverkehr
Folgende Linien des regiobus Tirol im Auftrag des Verkehrsverbundes Tirol verkehren ab Nassereith:
Linie | Linienbezeichnung | Linienverlauf |
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4176 | regiobus Tirol | Nassereith – Telfs – Zirl/Hochzirl LKH – Innsbruck |
4206 | regiobus Tirol | Nassereith – Tarrenz – Obtarrenz – Imst – Zams – Landeck |
4250 | regiobus Tirol | Nassereith – Biberwier – Ehrwald – Berwang/Brand – Reutte |
- Radverkehr
Nassereith liegt am Fernradweg, der als Via Claudia Augusta entlang einer gleichnamigen antiken Römerstraße verläuft.
Politik
Gemeinderat
Der Gemeinderat besteht aus 15 Mitgliedern.
- Mit den Gemeinderats- und Bürgermeisterwahlen in Tirol 2016 hat der Gemeinderat folgende Verteilung: 5 Trendwende, 4 Wir für Nassereith (ÖVP), 4 BIN, 1 Hubert und 1 SPÖ.
Bürgermeister
- 1991–2016 Reinhold Falbesoner (ÖVP)
- seit 2016 Herbert Kröll[8] (Trendwende)
Wappen
Das Wappen wurde von der Landesregierung im Jahr 1980 verliehen: „Ein von Rot und Silber gespaltener Schild, im silbernen Feld drei grüne, im Dreipaß gestellte Ahornblätter.“
Die Ahornblätter stehen für den Gemeindenamen, der sich vom lateinischen Wort acereto (Ahornwald) ableitet. Die Dreizahl der Blätter symbolisieren die Straßengabelung in Nassereith.[9]
Persönlichkeiten
Ehrenbürger
- 2017: Reinhold Falbesoner, Bürgermeister von Nassereith 1992–2016[10]
- 1995: Sr. Jakoba Maria Kohler (1929–2010), Oberin im Versorgungshaus von 1971 bis 2002
Ehrenzeichenträger in Gold
- Mag. Josef Ahorn, Pfarrer in Nassereith seit 2002
- Thurner Christoph, ehemaliger Kapellmeister
- Günther Noturfther, ehemaliger Fussballobmann und Volksschuldirektor
- Anton Huber +, Pfarrmesner
- Hermann Agerer +, Gemeindechronist und langjähriger Gemeinderat
- Johann Sterzinger +, Fasnachtsobmann und Obmann des Kirchenrates
Söhne und Töchter der Gemeinde
- Martin Falbesoner (1728–1815), Bildhauer
- Josef Falbesoner (1767–1848), Bildhauer
- Ignaz Falbesoner (1808–1881), Bildhauer und Krippenschnitzer
- Johann Martin Schermer (1785–1868), Maler[11]
- Aloys Sprenger (1813–1893), Orientalist
- Franz Kranewitter (1860–1938), Dramatiker
- Franz Egg (1861–1922), Bildhauer
- Ignaz Mader (1866–1953), Heimatforscher und Arzt
- Franz Josef Kranewitter (1893–1974), Bildhauer, Ehrenbürger
- Lisa Mayer (* 1954), Lyrikerin
- Markus Köhle (* 1975), Autor
Weblinks
- Nassereith, in der Datenbank Geschichte Tirol des Vereines „fontes historiae – Quellen der Geschichte“
- 70212 – Nassereith. Gemeindedaten, Statistik Austria.
Einzelnachweise
- Ein Blick auf die Gemeinde Nassereith, Fläche und Flächennutzung. (PDF) Statistik Austria, abgerufen am 6. Dezember 2021.
- Martin Bitschnau, Hannes Obermair: Tiroler Urkundenbuch. II. Abteilung: Die Urkunden zur Geschichte des Inn-, Eisack- und Pustertals. Band 1: Bis zum Jahr 1140. Hrsg.: Tiroler Landesmuseen-Betriebsgesellschaft m. b. H. Universitätsverlag Wagner, Innsbruck 2009, ISBN 978-3-7030-0469-8, S. 246, Nr. 279.
- Eintrag zu Nassereith im Austria-Forum (im AEIOU-Österreich-Lexikon)
- Peter Anreiter, Christian Chapman, Gerhard Rampl: Die Gemeindenamen Tirols: Herkunft und Bedeutung (= Veröffentlichungen des Tiroler Landesarchives). Wagner, Innsbruck 2009, ISBN 3-7030-0449-5, S. 58 ff.
- Untertauern : Neues Kraftwerk an der Taurach eröffnet salzburg24.at, 15. Juli 2019, abgerufen am 1. Februar 2020.
- Kleinwasserkraftwerk Tegesbach wagner-consult.at, abgerufen am 1. Februar 2020.
- Kleinwasserkraftwerk Tegesbach bundesforste.at, abgerufen am 1. Februar 2020.
- Herbert Kröll (Bürgermeister). Gemeinde Nassereith, abgerufen am 13. September 2021.
- Zahlen und Fakten. Gemeinde Nassereith, abgerufen am 6. Dezember 2021 (österreichisches Deutsch).
- https://www.meinbezirk.at/imst/lokales/altbuergermeister-falbesoner-wird-ehrenbuerger-in-nassereith-d2151947.html (abgerufen am 11. Februar 2018)
- Johann Jakob Staffler: Tirol und Vorarlberg, topographisch mit geschichtlichen Bemerkungen, Band 1, Felician Rauch, Innsbruck 1841, S. 272, Volltext in der Google-Buchsuche