Microtec
Die Microtec GmbH Srl (Eigenschreibweise MiCROTEC) ist ein Hersteller von biometrischen Analysesystemen vor allem für die Obst- und Holzindustrie mit Sitz im südtiroler Brixen. Bei Anlagen zur optischen Erkennung von Holzeigenschaften ist das Unternehmen Weltmarktführer.
Microtec GmbH Srl | |
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Rechtsform | Società a responsabilità limitata |
Gründung | 1980 |
Sitz | Brixen Italien |
Leitung | Federico Giudiceandrea |
Mitarbeiterzahl | ca. 160[1] |
Umsatz | ca. 33,9 Mio. Euro[2] |
Branche | Apparatebau |
Website | www.microtec.eu |
Stand: 2016 |
Geschichte
Am 20. März 1980 gründeten der Physiker Paul Durst, Hansjörg Thaler und der Elektroingenieur Federico Giudiceandrea in drei Büroräumen des Sägewerk Thaler im italienischen Brixen die Microtec Srl. Bereits im Mai stellte Microtec seine auf Mikroprozessoren basierende Technologie auf der Interbimal in Mailand aus und erhielt den ersten Auftrag durch die Firma Damiani für ein Brettervermessungssystem zur Stapelbildungskontrolle. In den Folgejahren entwickelte Microtec auch Systeme für die Farberkennung und Gewichtsmessung von Obst und im Auftrag der Firma Prinoth die weltweit erste Drive-by-Wire-Lenksäule für Raupenfahrzeuge. Nach dem Tod von Paul Durst und dem Ausstieg von Hansjörg Thaler, der in Österreich ein Sägewerk übernahm, erfolgte ab 1984 eine strategische Neuausrichtung des Unternehmens mit dem Fokus auf die Erkennung von Holzeigenschaften. Die im Jahr 1983 vereinbarte Zusammenarbeit mit dem österreichischen Hersteller von Maschinen für Sägewerke, Springer Maschinenfabrik AG, wurde weiter ausgebaut. 1985 entwickelte Microtec eine eigene Anlage zur 3-D-Lasertriangulation und 1986 eine erste automatisierte Sortierung.[3][4][5][1]
1990 wechselte Microtec an seinen heutigen Standort in ein eigenes neu erbautes Betriebsgebäude. Die Mitarbeiterzahl wuchs bis 1992 von 15 auf 50. In den Folgejahren entwickelte Microtec einen Multi-Sensor-Scanner, der ab 1995 unter der Bezeichnung Goldeneye vertrieben wurde. Im Jahr 1996 übernahm Springer eine strategische Beteiligung an Microtec.[6][7][8]
Aus einem Entwicklungsprojekt zum Thema Bildverarbeitung der Professoren Ruggero Frezza und Piero Perona an der Universität Padua entstand das Spin-off SeeLab, an dem sich Microtec im Jahre 1998 mehrheitlich beteiligt. Daraus entstand die Biovision venezia Srl. mit Sitz in Mestre bei Venedig. Aus der im Jahre 1999 übernommenen Sägewerksabteilung der Firma Keba resultierte die österreichische Tochter Microtec Industrieautomation GmbH in Linz unter der Führung von Karin Rathbauer. 2001 erweiterte Microtec seinen Standort in Linz und gründete mit der Wiener TTTech Computertechnik AG in einem Joint Venture die TTControl GmbH mit Sitz in Brixen für die Entwicklung und den Vertrieb einer neuen elektronischen Steuerung für Spezialfahrzeuge. Am 30. August 2002 übernahm Microtec den Geschäftszweig Maschinelle Holzsortierung Scantec von GreCon im niedersächsischen Alfeld.[9][1]
In einem vom Holzabsatzfonds Bonn geförderten Forschungsprojekt an der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg wurde ab Mitte 2003 in umfangreichen Versuchen der Abteilung Waldnutzung die Erkennung und Messung der Jahrringbreite an Fichtenrundholzabschnitten mit einem 2-Messebenen-Röntgenscanner zusammen mit Microtec weiterentwickelt. Ziel des Projektes war eine Standardisierung der Jahrringbreitenmessung im Rahmen der Werksvermessung (Rahmenvereinbarung für die Werksvermessung von Stammholz) und die Nutzung eines weiteren Wertschöpfungspotentials im Sägewerk.[10]
2004 brachte Microtec mit dem Discan ein fertiges, vorkalibriertes 3D-Messmodul auf den Markt. Es folgten die Präsentationen des Trackers ID Scan 2005 und des Scanners Logeye 2007.[5]
Bis 2008 entwickelte Microtec mit dem CT Log[11] den weltweit ersten Computertomographen für die Industrie, dessen Prototyp am 14. Juni 2008 an der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg zur Untersuchung von Rundholz in Betrieb genommen wurde. In den Folgejahren wurden in verschiedenen Forschungsprojekten zusammen mit der FVA Baden-Württemberg und der Technischen Universität Luleå Einsatzmöglichkeiten untersucht und Auswertungsverfahren entwickelt.[12][13] Zeitgleich entwickelten Federico Giudiceandrea und Enrico Ursella bei Microtec zusammen mit Alexander Katsevich von der University of Central Florida einen Algorithmus (Katsevich Algorithmus) sowie die Software zur automatischen und industriellen Auswertung der CT-Daten in Echtzeit.[14]
Am 3. Juli 2008 wurde mit der Microtec Industries North America Inc. im kanadischen Salmon Arm das erste Tochterunternehmen in Nordamerika gegründet. Im Jahr darauf begann der Vertrieb eines neu entwickelten kompakten Systems für die optische und strukturelle Qualitätserkennung unter dem Produktnamen Goldeneye und der neu entwickelte hochleistungs CMOS-Sensor Crometic wurde eingeführt. 2011 stellte Microtec den CT Log auf der LIGNA in Hannover der Weltöffentlichkeit vor. Die ersten beiden Anlagen wurden bis Herbst 2014 bei der Idaho Forest Group in Lewiston, USA sowie bei der Holzindustrie Torgau installiert[15][5]
Zwischen 2012 und 2014 war das Unternehmen federführend bei einem von der Europäischen Union mit 3 Mio. € geförderten Forschungsprojekt zur Entwicklung einer automatisierten Wood-Patching-Anlage. (Hol-I-Wood PR) Beteiligt waren hieran auch die Technische Universität Luleå, die TU München sowie die TU Wien.[16][17] Zudem war Microtec zwischen 2013 und 2015 an dem mit 1,1 Mio. € geförderten Forschungsprojekt WoodSonics beteiligt.[18]
2015 übernahm Microtec den schwedischen Konkurrenten WoodEye AB in Linköping.[19]
Unternehmen
Die Microtec GmbH Srl ist ein mittelständischer Hersteller von optoelektronischen Mess- und Analysesystemen vor allem für Obst und Holz. Das Unternehmen entwickelt, produziert und vertreibt mit verschiedenen Tochtergesellschaften in Europa und Nordamerika industrielle Farb-, Infrarot-, Laser- und Röntgenscanner, Laser Interferometer, Computertomographen, sowie Systeme zur Radiowellenanalyse und hochauflösender Bildverarbeitung. Bei Röntgenscannern und Computertomographen zur Analyse von Rundholz und Schnittholz ist Microtec Weltmarktführer und mit verschiedenen Weltneuheiten auch Technologieführer. Die Exportquote liegt bei über 95 %. Die Hauptabsatzmärkte sind Europa, Russland, Ozeanien, Südafrika, Nord- und Südamerika. Weltweit sind nach eigenen Angaben über 2000 Microtec-Anlagen zur Qualitätsanalyse von Holz in Betrieb.[20][21][3][15][1][19][22][23]
Unternehmensstruktur
70 % der Firmenanteile an der Microtec GmbH Srl hält die Springer Beteiligungsgesellschaft der Rest ist in Privateigentum bei Federico Giudiceandrea.[1] Das Gesamtunternehmen beinhaltet folgende Tochtergesellschaften und Standorte:
- Springer Microtec Inc, Vancouver
- WoodEye AB, Linköping
- Cind AB, Linköping
Innovationen
In der modernen holzverarbeitenden Industrie spielen Automatisierung und Maximierung der Ausbeute eine zentrale Rolle zur Kostenreduktion und zur Steigerung der Qualität der Produkte. Besonders der natürliche Werkstoff Holz unterliegt hier starken biologischen Schwankungen, welche durch äußere Sichtkontrollen nicht wahrgenommen werden können. Durch genaue Kenntnis der inneren Beschaffenheit des Rohmaterials vor dem Schnitt lassen sich erhebliche Einsparungen und Optimierungen erzielen. Hierbei kommen verschiedene Arten von Scannern zum Einsatz, welche das Rohmaterial u. a. nach Beschaffenheit, Einschlüssen, Wachstumsfehlern, Farbe, Feuchtigkeit und Maserung bewerten und Daten für den optimalen Schnitt oder die Weiterverarbeitung liefern.[24] Eine solche Anlage kann den Ertragswert um mindestens 10 % erhöhen.[14] Mit seinen rund 50 Patenten[25], diversen Weltneuheiten und namhaften Auszeichnungen ist Microtec hier führend.[26]
- 1995 Goldeneye: Weltweit erster Multi-Sensor-Scanner mit Infrarotaufnahme, Röntgenaufnahme und 3D-Rekonstruktion. Die schnellsten Goldeneye-Scanner, die jemals gebaut wurden, arbeiten in Australien mit bis zu 800 m/min.[7][5]
- 2004 Discan: Fertig vorkalibriertes 3D-Messmodul.[5]
- 2005 ID Scan: Tracker der Holzwerkstücke anhand ihrer Maserung wiedererkennt.[5]
- 2007 Logeye: 3D, Röntgen und Farbscanner für Rundholz[5]
- 2016 Hol-I-Wood PR: Innovative Wood-Patching-Anlage zum Austausch von Fehlstellen in Furnier und Brettschichtholz. Ein Prototyp ist bei Lip Opazne Plosce Bohinj in Slowenien in Betrieb.[17][27][28]
Auszeichnungen
- 2009 iF Design Award
- 2013 Schweighofer Prize dotiert mit 100.000 €.[22]
- 2014 Holzkurier-Auszeichnung Holzindustrieausstatter des Jahres[15]
- 2014 Award ADI Design Index[29]
- 2015 iF Design Award[30]
- 2016 Marcus-Wallenberg-Preis der Marcus-Wallenberg-Stiftung dotiert mit 2 Mio. SEK[31][32][33]
- 2016 Nationaler Innovationspreis Imprese per Innovazione – Andrea Pininfarina der Confindustria[21]
Trivia
- In Erinnerung an Paul Durst werden an der Universität Padua jährlich junge Wissenschaftler für besondere Verdienste in der Forschung im Bereich Bioengineering mit dem Paul Durst Award ausgezeichnet.
Einzelnachweise
- Christian Pfeifer: Der Exponnator. In: Südtiroler Wirtschaftszeitung. Nr. 19/15, 15. Mai 2015, S. 5 (baukollegium.it [PDF]).
- Tirols Top 100. In: Radius. Nr. 7, Oktober 2015, S. 84 (baukollegium.it [PDF]).
- Wie sieht ein Baum von innen aus? In: brandeins Wissen im Auftrag von Südtirol Marketing (Hrsg.): Moment mal! Nr. 1, 2014, S. 5 (brandeins.de [PDF]). Wie sieht ein Baum von innen aus? (Memento vom 13. August 2017 im Internet Archive)
- Markus Weishaupt: Radikal anders: Die DNA erfolgreicher Familienunternehmen. Campus Verlag, 2015, ISBN 978-3-593-43203-8, S. 198 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- Microtec: Milestones of Innovation. Eigenverlag, Brixen (messe.de [PDF]).
- Facts & Figures. Springer Maschinenfabrik AG, abgerufen am 12. August 2017.
- Martina Nöstler: Eine Sache der Ansicht. In: Holzkurier. 20. Juni 2012, abgerufen am 12. August 2017.
- Martina Nöstler: Leistungsstarke Systeme. In: Holzkurier. 9. September 2009, abgerufen am 12. August 2017.
- Paukenschlag bei maschineller Festigkeitssortierung. In: Holzkurier. 30. August 2002, abgerufen am 11. August 2017.
- Bertil Burian: Erkennung innerer Holzmerkmale mittels Röntgentechnologie. FVA Baden-Württemberg, 1. Februar 2005, abgerufen am 11. August 2017.
- Das Rundholz optimal nutzen. In: Holzkurier. 31. März 2016 (holzkurier.com [abgerufen am 14. August 2017]).
- Tobias Pahlberg: CTPro – Utveckling av en industriell tomograf. Technische Universität Luleå, 3. März 2015, archiviert vom Original am 13. August 2017; abgerufen am 11. August 2017 (schwedisch).
- Sauter U. H., Stängle S. M., Brüchert F., Breinig L. F: Forschung mit dem Computertomographen an der FVA. In: FVA Baden-Württemberg (Hrsg.): FVA-einblick. Nr. 1, 2013, S. 20–24 (waldwissen.net).
- Math Professor Wins World Renowned Prize. In: College of Sciences News. UCF, 9. Mai 2016, abgerufen am 11. August 2017 (schwedisch).
- Hannes Plackner: Gewaltige Datenmengen - Qualität ist eine Frage des Erkennens von Holzfehlern. In: Holzkurier. 1. Oktober 2014, abgerufen am 11. August 2017.
- Hol-I-Wood PR. In: CORDIS. Europäische Union, 18. März 2016, abgerufen am 13. August 2017.
- Matthias Hofmair, Andreas Kugi: Hol-I-Wood PR. Institut für Automatisierungs- und Regelungstechnik der TU Wien, abgerufen am 13. August 2017.
- WoodSonics. In: CORDIS. Europäische Union, 11. April 2016, abgerufen am 13. August 2017.
- Das Brixner Unternehmen Microtec hat den schwedischen Konkurrenten WoodEye übernommen. In: Neue Südtiroler Tageszeitung. 4. Mai 2015, abgerufen am 11. August 2017.
- Südtioler Weltmarktfüher. In: Brand eins. Abgerufen am 11. August 2017.
- Microtec erhält Nationalen Innovationspreis. In: Neue Südtiroler Tageszeitung. 22. September 2016, archiviert vom Original am 9. August 2017; abgerufen am 11. August 2017.
- Hannes Plackner: Holz macht erfinderisch 300.000 € für effiziente und intelligente Holznutzung. In: Holzkurier. 6. Juni 2013, abgerufen am 11. August 2017.
- microtec. Abgerufen am 14. August 2017 (italienisch).
- Calvin Berli: Wertschöpfungskette Rundholz Einsatzmöglichkeiten von Rundholzcomputertomographen in der Schweiz. Hrsg.: Berner Fachhochschule. Bachelorarbeit, 3. September 2014, S. 12 ff. (bfh.ch [PDF]).
- DEPATIS Patentrecherche
- Innovationstreiber in Südtirol. TIS Innovationspark, 2013, abgerufen am 14. August 2017.
- Patch und Planung. In: Holzmagazin. 4. Januar 2016, abgerufen am 13. August 2017.
- Matthias Wolfgang Hofmair, Martin Melik-Merkumian, Martin Böck, Munir Merdan,Georg Schitter,Andreas Kugi: Patching process optimization in an agent-controlled timber mill. Journal of Intelligent Manufacturing, Nr. 7, Januar 2017, S. 69–84.
- Dinah Urban: Innovatives Scannerdesign prämiert. In: Holzkurier. 15. Dezember 2014, abgerufen am 12. August 2017.
- Microtec. In: if World Designguide. Abgerufen am 11. August 2017 (englisch).
- Kaj Rosén: CT scanner for whole tree logs received scientific award. Marcus Wallenberg Foundation, 10. August 2016, abgerufen am 11. August 2017 (englisch).
- Wallenberg-Preis für Südtiroler Unternehmen. In: Vertical Innovation Südtirol. IDM Südtirol, 22. November 2016, abgerufen am 11. August 2017.
- Ted Karlsson: Träforskare överraskade Wallenbergpristagare. Technische Universität Luleå, 22. April 2016, abgerufen am 11. August 2017 (schwedisch).