Max Halbe
Max Halbe (* 4. Oktober 1865 in Güttland, Preußen; † 30. November 1944 in Neuötting) war ein deutscher Schriftsteller. Er gehörte zu den wichtigen Exponenten des deutschen Naturalismus.
Leben
Max Halbe wurde als Sohn eines westpreußischen Gutsbesitzers in Güttland bei Danzig geboren. Ab 1883 studierte er Rechtswissenschaften in Heidelberg, wechselte 1884 zur Philosophischen Fakultät in München und wurde dort – nach einigen Semestern in Berlin – 1888 mit einer Dissertation über „Beziehungen zwischen Friedrich II. und dem Päpstlichen Stuhl“ zum Dr. phil. promoviert. Anschließend ließ er sich als freier Schriftsteller in Berlin nieder. 1893 erschien sein Bühnenstück Jugend, das neben Gerhart Hauptmanns Stück Die Weber zum erfolgreichsten naturalistischen Drama wurde.
1895 übersiedelte Halbe nach München und gründete das Intime Theater für dramatische Experimente. Ebenso wurde er Mitbegründer der Münchner Volksbühne. Hier kam es zur persönlichen Verbindung zu Ludwig Thoma. Auch mit Frank Wedekind pflegte Halbe eine Freundschaft, die zwar von zahlreichen Spannungen durchzogen war, jedoch bis zu Wedekinds Tod 1918 anhielt. Auf der Trauerfeier hielt Halbe die Grabrede. Ebenfalls befreundet war Halbe mit dem spätimpressionistischen Maler Albert Weisgerber, einem der wichtigsten Grafiker der Zeitschrift Die Jugend. Von Weisgerber stammt auch ein Porträt Halbes aus dem Jahr 1909. Außerdem pflegte er engen Kontakt zu Lovis Corinth, der mehrere Bilder von Halbe und seiner Frau Luise schuf.
Gegen Ende der 1890er Jahre begann der Dichter zunehmend sich vom Naturalismus abzuwenden. Ab dieser Zeit neigte Halbe in Stil und Themenwahl eher zur Neuromantik, wie es sich bereits durch den vornehmlich lyrischen Tonfall in Jugend und anderen Theaterstücken seiner frühen Schaffensperiode angekündigt hatte.
Wenngleich Halbes Augenmerk auch weiterhin vor allem der Bühne galt und die späteren Theaterstücke (z. B. Der Strom) gegenüber den frühen eine deutliche Weiterentwicklung erkennen lassen, konnte er doch mit keinem von ihnen einen dem von Jugend vergleichbaren Erfolg feiern. Folglich wandte er sich auch größeren Erzählwerken zu und verfasste mehrere Romane, wie Die Tat des Dietrich Stobäus oder Generalkonsul Stenzel und sein gefährliches Ich, in denen er sich besonders auf die Ausgestaltung der Gedankengänge seiner Figuren konzentrierte. Wichtige Quellenwerke zur Geschichte der deutschen Literatur, besonders des Naturalismus, sind die beiden Autobiografien Scholle und Schicksal. Geschichte meines Lebens von 1933 und Jahrhundertwende. Geschichte meines Lebens 1893–1914 aus dem Jahr 1935.
Nach der „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten im Januar 1933 bekannte sich Halbe, ähnlich wie Gerhart Hauptmann, nicht öffentlich gegen die neuen Machthaber und hielt sich von der Politik fern. Doch unterschrieb er am 22. Oktober 1933 das Gelöbnis treuester Gefolgschaft für Adolf Hitler.
Als einen der wenigen in Deutschland verbliebenen Schriftsteller von Bedeutung versuchten ihn die Nazis für sich zu reklamieren. In der Endphase des Zweiten Weltkriegs nahm ihn Adolf Hitler im August 1944 in die Gottbegnadeten-Liste der wichtigsten Schriftsteller auf, was seinem Ansehen im Nachkriegsdeutschland sehr geschadet hat und zur weitgehenden Missachtung seiner Werke führte.
Am 30. November 1944 starb Max Halbe im Alter von 79 Jahren auf seinem Gut in Neuötting in Oberbayern.
Seine Tochter war die Schauspielerin Anneliese Halbe (1894–1986).[1]
Ehrungen
Max Halbe war Ehrenbürger der Stadt Danzig. Aus Anlass des 75. Geburtstags von Max Halbe stiftete die Stadt den Literaturpreis der Stadt Danzig, den sie auch Max-Halbe-Preis nannte. Der mit 3.000 Reichsmark dotierte Preis (inflationsbereinigt in heutiger Währung: rund 13.000 Euro) wurde kriegsbedingt nur einmal vergeben. Ottfried Graf Finckenstein (für Heimkehr nach Reiherberg) und Walter Sperling (für Wassernächte) waren 1942 die Preisträger.[2]
Werke (Auswahl)
- Ein Emporkömmling. 1889 (Drama)
- Freie Liebe. 1890 (Drama)
- Eisgang. 1892 (Drama)
- Jugend. 1893 (Drama)[3]
- Lebenswende. 1896 (Komödie)
- Mutter Erde. 1897 (Drama)[4]
- Das tausendjährige Reich. Drama in vier Aufzügen. Berlin 1900[5]
- Haus Rosenhagen. 1901 (Drama)
- Der Strom. 1904 (Drama)
- Blaue Berge. 1909 (Komödie)
- Der Ring des Gauklers. 1911 (Ein Spiel)
- Die Tat des Dietrich Stobäus. 1911 (Roman)
- Freiheit. Ein Schauspiel von 1812. 1913
- Schloß Zeitvorbei. 1917 (Dramatische Legende)
- Io. 1917 (Roman)
- Der Meteor. 1920 (Erzählung, Verl. Ullstein & Co.)
- Die Traumgesichte des Adam Thor. 1929 (Schauspiel)
- Generalkonsul Stenzel und sein gefährliches Ich. 1931 (Roman)
- Heinrich von Plauen. 1933 (Drama)
- Scholle und Schicksal. Geschichte meines Lebens. 1933 (Autobiografie)
- Jahrhundertwende. Geschichte meines Lebens 1893–1914. Danzig 1935 (Autobiografie); Neudruck Salzburg 1945 (= Max Halbe, Sämtliche Werke. Band 2).
- Erntefest. 1936
- Die Elixiere des Glücks. 1936 (Roman)
- Kaiser Friedrich II. 1940
Literatur
- Josef Egginger: Der Dichter Max Halbe im Öttinger Land. In: Oettinger Land, Altötting. Band 15, 1995, S. 127–135.
- Ulrich Erdmann: Vom Naturalismus zum Nationalsozialismus? Zeitgeschichtlich-biographische Studien zu Max Halbe, Gerhart Hauptmann, Johannes Schlaf und Hermann Stehr. Mit unbekannten Selbstzeugnissen. Lang, Frankfurt am Main u. a. 1997, ISBN 3-631-30907-4
- Andreas Lothar Günter: Präfaschistische Weltanschauung im Werk Max Halbes. Lang, Frankfurt am Main u. a. 2002. (= Europäische Hochschulschriften; Reihe 1, Deutsche Sprache und Literatur, Band 1841) ISBN 3-631-39419-5
- Sigfrid Hoefert: Halbe, Max. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 7, Duncker & Humblot, Berlin 1966, ISBN 3-428-00188-5, S. 532 f. (Digitalisat).
- Joachim Kalcher: Perspektiven des Lebens in der Dramatik um 1900. Boehlau, Köln u. a. 1980. (= Kölner germanistische Studien, Band 14) ISBN 3-412-02880-0
- Heinz Kindermann: Max Halbe und der deutsche Osten. Rosenberg, Danzig 1941. (= Danzig in Geschichte und Gegenwart, Band 4)
- Werner Kleine: Max Halbes Stellung zum Naturalismus innerhalb der ersten beiden Dezennien seines dramatischen Schaffens. (1887–1900). Sporn, Zeulenroda 1937.
- Peter Oliver Loew: Die Heimat sucht den Dichter – der Dichter sucht die Heimat. Max Halbe und Danzig. In: Andrzej Kątny (Hrsg.): Das literarische und kulturelle Erbe von Danzig und Gdańsk. Frankfurt am Main (u. a.) 2004, S. 79–98 (= Danziger Beiträge zur Germanistik, Band 15). ISBN 3-631-53226-1
- Stadtbibliothek München (Hrsg.): Max Halbe zum 100. Geburtstag. Lehle, München 1965.
- Thorsten Stegemann: Literatur im Abseits. Studien zu ausgewählten Werken von Rainer Maria Rilke, Hermann Sudermann, Max Halbe, Gottfried Benn und Erich Kästner. Ibidem-Verlag, Stuttgart 2000, ISBN 3-89821-040-5
- Karl Ude: Max Halbes Nachlass. Ein Münchner Spiegel der Jahrhundertwende. In: Schwabing von innen. München 2002, S. 45–54.
- Herbert Weder: Die Stimmungskunst in Max Halbes Gegenwartsdramen unter bes. Berücksichtigung Ibsens. Ein Beitrag zur Theorie und Geschichte des Dramas um 1900. Werkbund, Würzburg 1932.
- Evamaria Westphal-Wolf: Max Halbe und das Berliner Theater. I. Siegmund Lautenburg und sein Beitrag zur Rezeption der „Jugend“, II. Otto Brahm und seine Beziehungen zu Max Halbe, in: Jahrbuch „Der Bär von Berlin“, hrsg. v. Verein für die Geschichte Berlins, 28. Jahrgang, Berlin 1979.
- Friedrich Zillmann: Max Halbe. Wesen und Werk. Holzner, Würzburg/Main 1959. (= Der Göttinger Arbeitskreis; Schriftenreihe, Band 62)
Weblinks
- Literatur von und über Max Halbe im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Werke von Max Halbe im Projekt Gutenberg-DE
- Max Halbe im Literaturportal Bayern (Projekt der Bayerischen Staatsbibliothek)
- Werke von und über Max Halbe bei Open Library
- Kurzbiografie zu Max Halbe
- Sekundärliteratur zu Max Halbe
- Nachlass
Einzelnachweise
- Max Halbe (Memento vom 4. März 2016 im Internet Archive) in Das Ostpreußenblatt, Landsmannschaft Ostpreußen e.V., 7. Oktober 2000
- Eva Dambacher: Literatur- und Kulturpreise 1859–1949; 1996, ISBN 3-929146-43-6, Seite 71
- 1922 erstmals verfilmt, 1938 erneut als Film Jugend.
- 1944 als Film Das Leben ruft, Drehbuch Otto Ernst Hesse, Regie Arthur Maria Rabenalt, EA 20. Dezember 1944, Produzent Walter Tost, Rollen Waltraut Hahne, Karl Hannemann, Paul Henckels
- vgl. Tausendjähriges Reich. Rezension von Rudolf Steiner aus anthroposophischer Sicht online