Maria Slavona
Maria Slavona, eigentlich Marie Dorette Caroline Schorer (* 14. März 1865 in Lübeck; † 10. Mai 1931 in Berlin) war eine deutsche Malerin des Impressionismus. Bei ihrem Tod galt sie neben Dora Hitz als bedeutendste deutsche Malerin ihrer Zeit.[1]
Leben und Werk
Marie Dorette Caroline Schorer stammte aus einer angesehenen Lübecker Apothekerfamilie. Ihr Vater Theodor Schorer war Besitzer der Löwen-Apotheke in der Königstraße. Sie wuchs mit fünf Geschwistern in Lübeck auf. Ihre älteste Schwester Cornelia Schorer wurde als eine der ersten deutschen Frauen in Medizin promoviert.
Ausbildung
Als Siebzehnjährige kam Marie Schorer 1882 zur Ausbildung im Malen und Zeichnen nach Berlin. Zunächst lernte sie an der Privatmalschule Eichler, bevor sie nach kurzer Zeit zur Unterrichtsanstalt des Königlichen Kunstgewerbemuseums wechselte, die sie 1886 verließ. 1887 erweiterte sie ihre Ausbildung an der Schule des Vereins der Künstlerinnen und Kunstfreundinnen zu Berlin, da hier auch Mädchen Anatomiestudien betreiben und nach lebenden Modellen zeichnen durften. Die offizielle Preußische Akademie der Künste, die solche Unterrichtselemente ebenfalls vorsah, war Frauen und Mädchen noch verschlossen. Ihrem Lehrer, dem Porträtisten und Radierer Karl Stauffer-Bern (1857–1891), schrieb sie großen Einfluss auf ihre Entwicklung zu.
Ab 1888 setzte sie ihr Studium in München, der Kunststadt des 17 Jahre zuvor neu gegründeten Deutschen Reiches, fort. Hier lernte sie zunächst bei Alois Erdtelt und besuchte wenig später die Damenakademie des Münchner Künstlerinnenvereins, wo zur selben Zeit Käthe Kollwitz studierte. Prägenden Eindruck hinterließ ihr Lehrer, der Mitbegründer der Münchner Secession, Ludwig Herterich (1856–1932). Er machte Schorer mit dem französischen Impressionismus bekannt. Bei einem Ferienaufenthalt in Lübeck machte sie die Bekanntschaft einiger skandinavischer Künstler, die sie in ihrem Entschluss nach Paris zu gehen, bestärkten.
„1890 kam ich nach Paris. Hier ging mir eine neue Welt auf. Die ersten Besuche im Louvre betäubten mich fast. Aber von den Schulen, die ich sah, war ich enttäuscht, dort gefiel mir nichts. Ich entschloß mich, allein zu arbeiten und Rat und Urteil nur im Kreise einiger junger gleichgesinnter Freunde, fast alles Dänen und Norweger, zu sehen zu suchen.“[2]
Die Künstlerin war 1890 mit dem dänischen Maler Vilhelm Petersen (1868–1923), der sich später Willy Gretor nannte, nach Paris gekommen. Hier nahm sie ihren Künstlernamen Maria Slavona an. Die ersten Jahre in Paris waren für sie geprägt von Enttäuschungen und finanziellen Schwierigkeiten. Zudem hatte sie mit Petersen ein uneheliches Kind, die spätere Schauspielerin Lilly Ackermann, für das es zu sorgen galt.
Künstlerleben und Schaffen
Trotz aller Widrigkeiten wandte sie sich konsequent der französischen Malerei zu und widmete sich mit Enthusiasmus ihrer Kunst. In den Arbeiten der Pariser Jahre zeigt sich die Vertrautheit mit der französischen Malerei. Sie pflegte engen Kontakt zur Pariser Künstlerwelt, insbesondere durch ihre Freundschaft mit Camille Pissarro. Als Malerin erreichte sie schließlich Anerkennung und Bestätigung. 1893 stellte sie zum ersten Mal im Salon du Champ de Mars aus, unter dem männlichen Pseudonym Carl-Maria Plavona, né à Varsovie.
In Paris lernte sie den Schweizer Kunsthändler Otto Ackermann kennen, den sie 1900 heiratete. Das Paar führte ein lebendiges Künstlerhaus, in dem Künstler und andere Persönlichkeiten wie Edvard Munch, Walter Leistikow, Max Liebermann, Bertha von Suttner, Rainer Maria Rilke, Käthe Kollwitz sowie der junge Theodor Heuss verkehrten.
Viele ihrer besten Bilder schuf sie in ihrer Pariser Zeit. Ihre Werke wurden von Sammlern geschätzt, und man verglich sie mit Berthe Morisot. 1907 kaufte der französische Staat eines ihrer Landschaftsbilder. Seit 1901 stellte sie als korrespondierendes Mitglied in der Berliner Secession aus. Als frühes Mitglied des Deutschen Künstlerbundes nahm Maria Slavona 1904 an der ersten gemeinsamen Ausstellung mit der Münchener Sezession teil: mit den Gärten in Montmartre und Kinderstudien.[3]
1906 siedelte Slavona mit ihrer Familie in ihre Geburtsstadt Lübeck über. Hier malte sie zahlreiche Familienporträts und Lübecker Motive wie den Lübecker Gang oder das Tauwetter bei Lübeck. Das letztgenannte Gemälde wurde nach 1920 nachbearbeitet. So ist die Frau im Vordergrund entfernt worden.
Ab 1909 lebte sie in Berlin. 1913 wurde sie ordentliches Mitglied der Berliner Secession, nach deren Spaltung wechselte sie in die von Max Liebermann geführte Freie Secession. Maria Slavona galt in der zeitgenössischen Kunstkritik als eine Mitkämpferin für die moderne Kunst. Französischer Impressionismus und eine „norddeutsche Nüchternheit“ verbanden sich in ihrem Werk, das sich besonders durch die Sensibilität der Farbgebung auszeichnet.
Ende der 1920er Jahre verschlechterte sich der Gesundheitszustand der Künstlerin. Sie suchte Heilung in Anthroposophie und Naturheilkunde. In ihrer letzten Schaffensphase schuf sie vor allem Blumenbilder und Landschaften aus der Nähe ihres Ammerländer Hauses. Zu ihrer posthumen Würdigung veranstaltete 1931 die Nationalgalerie im Berliner Kronprinzenpalais eine Ausstellung ihrer Werke, die anschließend durch neun deutsche Städte wanderte.
In Memoriam
Nach ihrem Tod war Slavona als Künstlerin lange Zeit vergessen. Dies muss auch vor dem Hintergrund gesehen werden, dass sie Vertreterin einer Kunstrichtung war, die ab 1933 in der Zeit des Nationalsozialismus nicht mehr erwünscht war. Moderne Künstler und ihre Kunstwerke wurden in Deutschland von der gleichgeschalteten öffentlichen Meinung vernichtend kritisiert und viele Werke als „Entartete Kunst“ gebrandmarkt und auf Anweisung der Behörden zerstört oder zwangsweise im Ausland versteigert. Zudem fiel ein großer Teil von Slavonas Werk dem Zweiten Weltkrieg zum Opfer.
Ausstellungen
- 1891: Ausstellungsbeteiligung im Salon du Champ de Mars, Paris
- 1901: Ausstellungsbeteiligungen als korrespondierendes Mitglied der Berliner Secession
- 1904: Beteiligung an der ersten Ausstellung des Deutschen Künstlerbundes in München
- 1912: Galerie Paul Cassirer, Berlin
- 1920: Sammelausstellung in den Räumen der Overbeck-Gesellschaft im Schabbelhaus, Lübeck
- 1927: Einzelschau zu ihrem 60. Geburtstag in der Großen Berliner Kunstausstellung
- 1929: Beteiligung an der DKB-Ausstellung im Staatenhaus, Köln[4]
- 1931: Posthume Würdigung der Nationalgalerie im Kronprinzenpalais, Berlin; danach Wanderausstellung durch neun weitere deutsche Städte
- 1981: Maria Slavona 1865–1931. Eine deutsche Impressionistin. Sammlung Bröhan, Berlin und St. Annen-Museum, Lübeck
- 2014: Die Ausstellung im Münchner Stadtmuseum präsentierte bis zum 8. Februar 2015 das breite künstlerische Schaffen von Frauen wie Maria Slavona in München um 1900
- 2015: Die Sonderausstellung Die Malweiber von Paris im Edwin Scharff Museum in Neu-Ulm präsentierte den künstlerischen Werdegang von Maria Slavona und neun weiteren Malerinnen ihrer Zeit[5]
Museumsbesitz
- Bröhan-Museum, Berlin
- Nationalgalerie Berlin
- Kunsthalle Bremen
- Museum am Ostwall, Dortmund
- Museum Kunstpalast, Düsseldorf
- Städel, Frankfurt am Main
- Kunsthalle Kiel
- Museum Behnhaus, Lübeck
- Neue Pinakothek, München
- Von der Heydt-Museum, Wuppertal
Literatur
- Margrit Bröhan: Maria Slavona 1865–1931. Eine deutsche Impressionistin. Katalog. Sammlung Stiftung Bröhan, Berlin und Lübeck 1981.
- Margrit Bröhan: Maria Slavona. In: Das Verborgene Museum. Teil I: Dokumentation der Kunst von Frauen in Berliner öffentlichen Sammlungen. Berlin 1987, ISBN 3-926175-38-9.
- Yvette Deseyve, Ralph Gleis: Kampf um Sichtbarkeit. Künstlerinnen der Nationalgalerie vor 1919. Nationalgalerie. Staatliche Museen zu Berlin, Berlin 2019, ISBN 978-3-496-01634-2, S. 160–162.
- Wulf Schadendorf: Museum Behnhaus. Das Haus und seine Räume. Malerei, Skulptur, Kunsthandwerk (= Lübecker Museumskataloge 3). 2. erweiterte und veränderte Auflage. Museum für Kunst u. Kulturgeschichte d. Hansestadt, Lübeck 1976, S. 114
- Vaterstädtische Blätter; Lübeck, den 18. März 1920, Artikel: Maria Slavona
- Ulrike Wolff-Thomsen: Die Pariser Boheme (1889 - 1895): Ein autobiographischer Bericht der Malerin Rosa Pfäffinger, u. a. Abschnitt: II. Briefe von Rosa Pfäffinger an Maria Slavona; Verlag Ludwig, Kiel 2007, ISBN 978-3937719399
- Kathrin Umbach: Die Malweiber von Paris. Deutsche Künstlerinnen im Aufbruch., herausgegeben von Helga Gutbrod anlässlich der gleichnamigen Ausstellung im Edwin Scharff Museum Neu-Ulm, Gebr. Mann Verlag, Berlin 2015, ISBN 978-3-7861-2749-9, S. 48–57
Weblinks
- Literatur von und über Maria Slavona im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
Einzelnachweise
- Yvette Deseyve, Ralph Gleis: Kampf um Sichtbarkeit. Künstlerinnen der Nationalgalerie vor 1919. Nationalgalerie. Staatliche Museen zu Berlin, Berlin 2019, ISBN 978-3-496-01634-2, S. 160–162.
- Zit. nach: Margrit Bröhan, Maria Slavona, in: Das verborgene Museum I, Berlin 1987, S. 164
- Ausstellungskatalog X. Ausstellung der Münchener Sezession: Der Deutsche Künstlerbund (in Verbindung mit einer Ausstellung erlesener Erzeugnisse der Kunst im Handwerk), Verlagsanstalt F. Bruckmann, München 1904 (S. 30: Slavona, Maria, Paris).
- Katalog Deutscher Künstlerbund Köln 1929. Mai–September 1929 im Staatenhaus, M. DuMont Schauberg, Köln 1929. (Katalognr. 286: Slavona, Maria, Berlin, Feldblumenstrauss, S. 31)
- Sonderausstellung Die Malweiber von Paris, Homepage des Edwin Scharff Museums, Neu-Ulm (Memento des Originals vom 9. Oktober 2017 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.