Willy Gretor
Willy Gretor (* 16. Juli 1868 auf Schloss Wundlacken bei Königsberg; † 31. Juli 1923 in Kopenhagen), auch Grétor, geboren als Vilhelm Rudolf Julius Petersen, war ein deutsch-dänischer Maler und Kunsthändler.
Leben
Vilhelm Rudolf Julius Petersen war Sohn des Flensburger Kaufmanns H. Chr. Petersen. Als Maler wurde er in Kopenhagen ausgebildet. Er war zunächst Schüler von Niels Pedersen Mols und Bertha Wegmann. 1887 bis 1889 war er Student an der Königlich Dänischen Kunstakademie in Kopenhagen. Deren Ausstellungen beschickte er ab 1890/1891 von Paris aus mit Bildnisstudien. Er kam 1889 nach Lübeck, wo er die Bekanntschaft eines liberalen Kreises von Bürgertöchtern, dem Ibsenklub machte, in dem sich junge Leute trafen, um sich über moderne Literatur auszutauschen und den „eine Aura von Geheimnis und Skandalträchtigkeit umgab“.[1] Neben einer aus seiner Korrespondenz ersichtlichen kurzen Affäre mit der späteren Archäologin Margarethe Gütschow ist auch eine kurzzeitige Verlobung mit einer ihrer Kusinen aus der Familie Fehling überliefert. Aus diesem Beziehungsgeflecht flüchtete er 1890 mit der jungen Lübecker Malerin Maria Slavona nach Paris; die spätere Schauspielerin Lilly Ackermann war Kind dieser Beziehung. Maria Slavona schenkte er Vincent van Goghs Landhaus in der Provence (1888).[2] Ab 1890/91 war Gretor auch auf Ausstellungen in Paris vertreten. Im Anschluss an Maria Slavona wurde Rosa Pfäffinger die Geliebte Willy Gretors, 1891 seine Ehefrau und die Mutter des gemeinsamen Sohnes und späteren Journalisten Georg Gretor (1892–1943).[3] Vater Gretor war später in Frankreich und Spanien als Kunsthändler tätig. Als schillernder Figur auch des Kunsthandels vermittelte er neben anderen Ankäufen unter anderem 1909 die vom Ursprung her sehr umstrittene Wachsbüste der Flora über den Londoner Kunsthändler Murray Marks (1840–1918)[4] an die Berliner Museen.
Literarische Rezeption
Frank Wedekind war eine Zeit lang Gretors Sekretär. Im November 1898 begann Wedekind die Arbeit an dem Theaterstück Der Marquis von Keith, wobei nun Gretor ihm diente – als Urbild für den Marquis.[5] Ihm ist auch Wedekinds Drama Erdgeist, „der Lulus erster Teil“, gewidmet. Gretor war auch ein Förderer des Verlegers Albert Langen.
Literatur
- Lilly Ackermann: Willy Grétor, das Urbild des „Marquis von Keith“. In: Uhu. Band 3, Nummer 6 (März 1927), S. 55–59.[6]
- Gretor, Willy. In: Ulrich Thieme, Fred. C. Willis (Hrsg.): Allgemeines Lexikon der Bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart. Begründet von Ulrich Thieme und Felix Becker. Band 15: Gresse–Hanselmann. E. A. Seemann, Leipzig 1922, S. 3–4 (Textarchiv – Internet Archive).
- Ulrike Wolff-Thomsen: Willy Gretor (1868–1923). Seine Rolle im internationalen Kunstbetrieb und Kunsthandel um 1900. Ludwig, Kiel 2006, ISBN 3-937719-33-4 (= Habilitationsschrift, Universität Kiel, 2003).
- Raffaella Bucolo: Eine Lübeckerin in Rom. Die Archäologin Margarete Gütschow (1871–1951). In: Zeitschrift für Lübeckische Geschichte. Band 96, 2016, S. 177–190.
Weblinks
Einzelnachweise
- Alken Bruns: Kultfigur und Bürgerschreck. Ibsenrezeption in Lübeck um 1890. In: Wolfgang Butt, Bernhard Glienke (Hrsg.): Der nahe Norden: Otto Oberholzer zum 65. Geburtstag; eine Festschrift. Lang, Frankfurt am Main; Bern; New York; Nancy 1985, ISBN 978-3-8204-5349-2, S. 125–138, hier S. 125.
- Vincent van Gogh – Boerderij in de Provence.
- Ulrike Wolff-Thomsen: Willy Gretor (1868–1923): seine Rolle im internationalen Kunstbetrieb und Kunsthandel um 1900 (= Bau + Kunst. 11; Schleswig-Holsteinische Schriften zur Kunstgeschichte. 11). Ludwig, Kiel, 2006, ISBN 3-937719-33-4.
- Kurzbiographie auf der Webseite des V&A Museums
- Fritz Strich (Hrsg.): Frank Wedekind. Gesammelte Briefe. 1. Band. Georg Müller, München 1924, S. 354 f.
- Teil einer Uhu-Reihe unter dem Titel Wedekinds Modelle: Die Urbilder seiner Bühnengestalten. Neben Lilly Ackermann lieferten auch Tilly Wedekind, Erich Mühsam und Artur Kutscher biografische Skizzen.