Walter Leistikow

Walter Rudolf Leistikow (* 25. Oktober 1865 i​n Bromberg; † 24. Juli 1908 i​n Zehlendorf) w​ar ein deutscher Maler u​nd Grafiker d​es deutschen Impressionismus.

Letzte fotografische Aufnahme Walter Leistikows
Porträt Leistikows von Lovis Corinth (1893)
Waldsee im Winter (1892)
Märkischer See bei Sonnenuntergang (1895)
Abendstimmung am Schlachtensee (1895)
Haus in Dänemark (1898)
Grabstätte Walter Leistikow, Friedhof Bergstraße, Berlin-Steglitz

Leben

Leistikow w​urde in Bromberg (dem heutigen Bydgoszcz i​n Polen), a​ls zweites v​on neun Kindern d​es Apothekers Karl Leistikow (1820–1893) u​nd seiner Ehefrau Bertha Cäcilie Leistikow geb. Hoyer (1837–1912) geboren. Sein Geburtshaus s​tand in d​er (heute n​icht mehr existenten) belebten Danziger Straße, a​n der Ecke z​ur Elisabethstraße, a​m Rande d​es Stadtzentrums. Dort befand s​ich auch d​ie elterliche Magenbitter-Fabrik Kujawiak, d​ie der Familie über Jahrzehnte e​in erkleckliches Zusatzeinkommen lieferte.

Mit 17 Jahren z​og er i​m März 1883 n​ach Berlin, u​m Künstler z​u werden. Doch bereits n​ach einem halben Jahr w​urde er v​on der Königlichen Akademie d​er Künste u​nter Anton v​on Werner w​egen Talentlosigkeit entlassen. Daraufhin n​ahm er Privatunterricht b​ei den Landschaftsmalern Hermann Eschke (bis 1885) u​nd Hans Gude (bis 1887). Von 1890 b​is 1897 wohnte u​nd arbeitete e​r im Atelierhaus Lützowstraße 82[1]

Leistikow beteiligte s​ich erstmals 1886 a​m Berliner Salon, gehörte 1892 z​u den Gründungsmitgliedern d​er oppositionellen Künstlergruppe Die XI. Um 1893 s​tand er zeitweise d​em Symbolismus nahe, dessen Farbgebung u​nd Linienführung für i​hn maßgebend blieben.[2] Die angebliche Rückweisung d​es Gemäldes Grunewaldsee v​on der Jury d​er Großen Berliner Kunstausstellung a​ls Gründungsanlass d​er Berliner Secession i​st eine Legende.

Sonnenuntergang an der Küste (1906)

Leistikow wirkte a​uch entsprechend d​er Kunstauffassung seiner Zeit a​ls Kunsthandwerker u​nd entwarf Möbel, Stoffe, Teppiche u​nd Tapeten. Um 1902 w​ar er für d​ie Kölner Schokoladenfabrik Gebr. Stollwerck m​it Entwürfen für Stollwerck-Sammelbilder tätig u​nd entwarf u. a. d​ie Serie „Deutsche Landschaften“ für d​as Sammelalbum No. 5.[3] Zudem versuchte e​r sich a​ls Schriftsteller. 1893 veröffentlichte e​r in d​er Freien Bühne d​ie Novelle Seine Cousine, 1896 erschien s​ein Roman Auf d​er Schwelle, d​er aber n​icht erfolgreich war.[4] Neben Eugen Bracht gehört e​r zu j​enen Malern, welche s​ich intensiv m​it der Freilichtmalerei beschäftigten.[5]

Leistikow gehörte z​u den Mitgliedern d​es Friedrichshagener Kreises u​nd verbrachte zahlreiche Sommer d​ort vor d​en Toren Berlins. Leistikow w​ar befreundet u. a. m​it Gerhart Hauptmann, Lovis Corinth, Max Liebermann u​nd Theodor Wolff.

Zu d​en kunstpolitischen Leistungen Leistikows gehört d​ie Gründung d​es Deutschen Künstlerbundes zusammen m​it Harry Graf Kessler 1903 i​n Weimar.[6]

Leistikow w​ar seit Dezember 1894 m​it der a​us Kopenhagen stammenden Kaufmannstochter Anna Catharina Mohr (1863–1950) verheiratet u​nd hatte z​wei Kinder, Gerda (* 1896) u​nd Gunnar (* 1903). Auch s​ein Neffe Hans Leistikow (1892–1962) w​urde als Gestalter u​nd Grafiker bekannt.

Walter Leistikow erschoss s​ich am 24. Juli 1908 während e​ines Aufenthalts i​m Sanatorium Hubertus i​n Berlin-Schlachtensee i​m Endstadium seiner langjährigen Syphilis-Erkrankung. Nach e​iner großen ehrenvollen Trauerfeier i​m Berliner Secessionsgebäude w​urde er a​m 29. Juli 1908 a​uf dem Friedhof Steglitz beigesetzt. Sein Grab i​st ein Ehrengrab d​es Landes Berlin. Der Grabstein – ein Werk Franz Seecks v​on 1909 – w​urde zum 100. Todestag erneuert. Die Grabstätte befindet s​ich in d​er Abt. Ih - Erbbegräbnis 251.

Ehrungen

Deutsche Briefmarke von 1972 mit Motiv Am Schlachtensee
  • Von 1954 bis zu ihrer Schließung 2008 war die Leistikow-Oberschule, einzige Hauptschule in Berlin-Zehlendorf, nach ihm benannt.[10]

Werke

  • Dünenlandschaft auf Rügen, 1886
  • Wäscherinnen am Seeufer, 1886
  • Märkische Landschaft mit Wasser, 1886
  • Ziegeleien in Eckernförde, 1887
  • Pommerscher Strandsee, 1887
  • Stranddorf in Pommern mit untergehender Sonne, 1888
  • Breege auf Rügen, 1888
  • Am Jasmunder Bodden auf Rügen, 1888
  • Helgoland, 1889
  • Ziegeleien am Wasser, 1889
  • Dämmerung in Ostfriesland (Nordfriesland, Pellworm), 1890
  • Vor dem Dorfkirchhof, 1890
  • Haus hinter Bäumen im Garten, um 1885/90
  • Lovis Corinth, 1893
  • Birken im Wald, 1894
  • Einsamer Waldteich, um 1894
  • Gutshof und Gutstor in Kleinmachnow, 1894
  • Stichkanal mit Booten, 1895
  • Die alten Lotsenboote, 1895
  • Abendstimmung am Schlachtensee, um 1895
  • Der Grunewaldsee am Morgen, um 1895
  • Grunewaldsee, 1895
  • Märkische Seenlandschaft, um 1896
  • Norwegisches Hochgebirge, 1897
  • Märkische Abendlandschaft, 1897
  • Bäume, um 1897
  • Lofotenlandschaft, 1897/98
  • Haus in Dänemark, 1898
  • Die blaue Brücke am Dianasee, 1898
  • Aus der Mark, 1898
  • Wald, 1898
  • Kraniche an einer Küstenlandschaft, 1898
  • Villa im Grunewald, 1899
  • Wisby, 1899
  • Hafen, 1900
  • Abendlicht, um 1900
  • Blick auf die Havel, um 1900
  • Am Grunewaldsee, um 1900[11]
  • Ruinen von Visby, um 1900
  • Dünen auf Juist, 1900
  • Hohe Kiefern am Grunewaldsee, 1901
  • Mondnacht an der Nordsee, 1901
  • Norwegisches Gebirge, 1902
  • Thüringen, um 1902
  • Fischerhütte in den Dünen, 1902
  • Grunewaldsee, 1902
  • Wolkenschatten, 190
  • Kornfelder, um 1903
  • Havelkähne in Mondbeleuchtung, 1903
  • Liebesinsel im Grunewald, um 190
  • Villa am Märkischen See, 1906
  • Liebesinsel - Lindwerder, Blick auf das Havelufer, 1906
  • Sonnenuntergang an der Küste, 1906
  • Berliner Seenlandschaft, o. J.
  • Märkischer See im Abendlicht, o. J.
  • Abendliche Havellandschaft bei aufgehendem Vollmond, o. J.
  • Flusslandschaft, o. J.
  • Märkischer See, o. J.
  • Ziehende Schwäne bei untergehender Sonne, o. J.
  • Fischerboote im Hafen, o. J.
  • Grunewaldsee mit Bucht, o. J.
  • Haus hinter blühenden Kastanienbäumen, o. J.
  • Segelboote, o. J.
  • Dünen an der Ostsee, o. J.
  • Wald (Walddickicht), o. J.

Schriften

  • Walter Selber (Pseudonym): Die Affäre Munch. In: Freie Bühne, 3. Jg., 1892, S. 1296–1300
  • Moderne Kunst in Paris. In: Freie Bühne, 4 Jg., 1893, S. 800–804
  • Seine Cousine (Novelle). In: Freie Bühne, 4. Jg., 1893
  • Auf der Schwelle, Roman, Schuster & Loeffler, Berlin 1896. Digitalisierung: Zentral- und Landesbibliothek Berlin, 2020. URN urn:nbn:de:kobv:109-1-15418745; Reprint AVI Arzneimittel Verlags-GmbH, Berlin 2008
  • Moderne Tapeten. In: Kunstgewerbeblatt, N. F., 13. Jg., Heft 5, 1902, S. 85–92
  • Otto Eckmann. In: Kunstgewerbeblatt, N. F., 13. Jg., Heft 10, 1902, S. 194–197
  • Über den deutschen Künstlerbund und die Tage in Weimar. In: Die Kunst für Alle. Malerei, Plastik, Graphik, Architektur, 19. Jg., 1903/04, Heft 9, S. 201–205
  • Über das Erlernen der Malerei. In: Die Kunst für Alle. Malerei, Plastik, Graphik, Architektur, 23. Jg., Heft 15, 1908, S. 351–354

Literatur

  • Wilhelm Fabian: Zur Schätzung Walter Leistikows. In: Deutsche Kunst, 2, 1897/98, S. 381–383
  • Max Osborn: Walter Leistikow. In: Deutsche Kunst und Dekoration, Bd. 5, Heft 3, 1899, S. 113–136
  • Peter Behrens: Walter Leistikow. In: Dekorative Kunst, 2, 1899, S. 233 f.
  • Friedrich Fuchs: Walter Leistikow. In: Berliner Leben, Heft 10, 1901, S. 188–189.
  • Werner Weisbach: Walter Leistikow. In: Zeitschrift für bildende Kunst, N. F. 13, 1902, S. 281–294
  • Oscar Bie: Walter Leistikow. In: Kunst und Künstler. Illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe, Jg. 2, 1904, S. 260–268
  • Julius Elias: Walter Leistikow. In: Die Kunst für alle. Malerei, Plastik, Graphik, Architektur, 18. Jg., 1902/03, Heft 14, S. 345–351
  • Hans Rosenhagen: Walter Leistikow. In: Deutsche Kunst und Dekoration, Band 16, 1905, S. 499–509
  • Max Liebermann: Nekrolog auf Walter Leistikow. In: Kunstchronik. Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe, NF XIX, Nr. 30, 14. August 1908, Sp. 529 ff.
  • Ernst Schur: Walter Leistikow. In: Berliner Architekturwelt, 11. Jahrgang, Nr. 6 (September 1908), S. 213–215 (PDF)
  • Emil Heilbut: Leistikow. In: Die Neue Rundschau, 20, 1909, S. 149–151
  • Lovis Corinth: Das Leben Walter Leistikows. Ein Stück Berliner Kulturgeschichte. Paul Cassirer, Berlin 1910
  • Klaus Merx: Leistikow, Walter. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 14, Duncker & Humblot, Berlin 1985, ISBN 3-428-00195-8, S. 163 f. (Digitalisat).
  • Margrit Bröhan: Walter Leistikow. Maler der Berliner Landschaft. Nicolaische Verlagsbuchhandlung, Berlin 1988
  • Arthur Brande: Walter Leistikow und der Grunewald. In: Zehlendorfer Heimatbrief, 32. Jg., 3, 1989, S. 24–28
  • Margrit Bröhan: Walter Leistikow – Landschaftsbilder. Ars Nicolai, Berlin 1994
  • Markus Nass: Walter Leistikow. Das druckgraphische Werk. Galerie Gerda Bassenge, Berlin 1999, ISBN 3-00-004140-0 (Werkverzeichnis aller Druckgraphiken und Druckzustände).
  • Ingeborg Becker (Hrsg.): Stimmungslandschaften. Gemälde von Walter Leistikow. Ausstellungskatalog, Deutscher Kunstverlag, Berlin/München 2008, ISBN 978-3-422-06829-2
Commons: Walter Leistikow – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Berliner Adressbuch 1890–1897
  2. Klaus Merx: Leistikow, Walter. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 14, Duncker & Humblot, Berlin 1985, ISBN 3-428-00195-8, S. 163 f. (Digitalisat).
  3. Detlef Lorenz: Reklamekunst um 1900. Künstlerlexikon für Sammelbilder. Reimer, Berlin 2000, ISBN 978-3-496-01220-7.
  4. Walter Leistikow: Auf der Schwelle. Schuster & Loeffler, Berlin 1896. / als Reprint: Arzneimittel-Verlag, Berlin 2008, ISBN 978-3-921687-32-1.
  5. Anton Springer: Von 1800 bis zur Gegenwart. S. 327, 1921
  6. Ordentliche Mitglieder des Deutschen Künstlerbundes seit der Gründung 1903 / Leistikow, Walter (Vorstandsmitglied). (Memento des Originals vom 4. März 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.kuenstlerbund.de kuenstlerbund.de; abgerufen am 17. Oktober 2015
  7. Walter-Leistikow-Weg. In: Straßennamenlexikon des Luisenstädtischen Bildungsvereins (beim Kaupert)
  8. Leistikowstraße. In: Straßennamenlexikon des Luisenstädtischen Bildungsvereins (beim Kaupert)
  9. Leistikowstraße auf potsdam-chronik.de; abgerufen am 22. März 2014
  10. Artikel. In: morgenpost.de. Abgerufen am 12. Januar 2012.
  11. Symbolismus-Schau in Bielefeld 2013 (Memento vom 23. Oktober 2013 im Internet Archive)
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