MV Agusta Corse 500 Quattro Cardano
Die MV Agusta Corse 500 Quattro Cardano, oder kurz MV Agusta 500/4C, war ein für den Renneinsatz gebautes Motorrad des italienischen Herstellers MV Agusta. Es wurde in verschiedenen Versionen zwischen 1950 und 1953 vom Werksteam „Reparto corse“ eingesetzt.[1] Die MV 500/4C war das erste Modell des Unternehmens, mit dem es in der damals höchsten Formelklasse „500cc“ antrat.[2][3]
Das Motorrad
Die MV Agusta 500/4C wurde von Pietro Remor entworfen. Remor war 1949 von Gilera zu MV Agusta gewechselt und hatte seine Konstruktionspläne mitgenommen.[4]
Da nach dem Zweiten Weltkrieg von der FIM die Benutzung aufgeladener Motoren für den internationalen Rennsport untersagt wurde, mussten die bis dahin verwendeten Vierzylindermaschinen überarbeitet werden. Für die in der Saison 1949 eingesetzte Gilera 500 Vierzylinder konstruierte Remor einen luftgekühlten Vierzylindermotor mit zwei obenliegenden Nockenwellen, der im Rahmen 30 Grad nach vorne geneigt quer eingebaut wurde. Diese Bauweise gilt als Vorbild aller Serien-Vierzylindermotoren im Motorradbau.
Auch der Motor der 1950er MV 500/4 Cardano wies diese Neigung auf und hatte die DOHC-Steuerung. Zwischen dem zweiten und dritten Zylinder befand sich der Schacht für die Stirnräder. Bohrung und Hub lagen bei 54 mm, die Ein- und Auslassventile hingen im Winkel von 90 Grad zueinander. Hinter dem Kurbelgehäuse war das Getriebe zuerst längs, später querliegend eingebaut.[5] Auf Basis dieses Rennmotors entwickelte MV Agusta auch einen Serienmotor mit niedrigerer Verdichtung, geringerer Leistung und geringeren Drehzahlen, um die Standfestigkeit zu erhöhen. Die Fertigung des ersten Motorrads mit quer eingebautem Reihenvierzylinder wurde 1950 von MV Agusta angekündigt, ein Prototyp mit der Bezeichnung „500 Tourismo“ vorgestellt, jedoch nie in Serie gefertigt.[6]
In der ersten Baustufe hatte die 500/4C noch ein längsliegendes Getriebe und Kardanantrieb. 1952 wurde auf querliegende Getriebewellen und Kettenantrieb umgerüstet.[7] Die Maschine wurde ab dann als Corse 500 Quattro Catena (Kette) bezeichnet und der Gruppe MV Agusta 500 Vierzylinder zugeordnet. In dieser Form blieb der Motor in seinen konstruktiven Grundzügen bis 1966 unverändert.[4]
Alle MV-Agusta Renn- und Straßenvierzylinder sind in der sogenannten „Bankett-Bauweise“ gefertigt: Auf das Kurbelgehäuse wird oben ein Gussteil aufgesetzt, das die Lagerböcke für die Kurbelwelle und den Schacht für die Zahnräder des Nockenwellenantriebs aufnimmt. So lässt sich der komplette obere Teil des Motors, also Zylinder, Zylinderkopf und Anbauteile vormontieren und dann mit dem Kurbelgehäuse verschrauben.[4]
Durch die Änderung auf 53 Millimeter Bohrung und 56,4 Millimeter Hub wurde das Aggregat ab 1952 zum Langhuber (Hub größer als Bohrung). Die Zahnräder, welche die beiden obenliegenden Nockenwellen antrieben, verursachten im Leerlauf das laute (typische) „mechanische Mahlen“ des Motors.[4]
Nach der ersten Saison wurde, auch auf Drängen der Fahrer, die Vordergabel geändert. Der Werksfahrer Leslie „Les“ Graham machte einige Vorschläge, die Ernest Earles umsetzte und schließlich zur patentierten Earles-Gabel (Langarmschwinge) wurden.[7]
Die Erfolge
Ihr Renndebüt hatte die MV Agusta Corse 500 Quattro Cardano am 2. Juli 1950 beim Großen Preis von Belgien mit Arciso Artesiani. Artesiani erreichte den 5. Platz hinter drei Gilera und einer A.J.S.[8] Im Gesamtklassement wurde am Saisonende der achte Platz erreicht.
Den ersten Sieg mit diesem Modell errang Carlo Bandirola am 6. Mai 1951 auf der Rennstrecke von Ferrara. Artesiani kam beim GP von Spanien im selben Jahr auf Platz drei. Es folgten Siege in Varese mit Bruno Bertacchini und in Thruxton (GB) mit Les Graham.[2]
Das nicht zur Meisterschaft zählende Langstreckenrennen Milano-Taranto gewann Arciso Artesiani 1951 auf MV Agusta 500.[3]
Sonstiges
Am 9. Februar 2019 wurde bei einer Auktion auf der Rétromobile 2019 in Paris eine 1951er MV Agusta 500 cm³ 4C Cardano Corsa für 84.280 € verkauft.[8]
Technische Informationen / Übersicht
MV Agusta Corse 500 Quattro Cardano (1950–1953) [3][9] | |
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Motor | |
Bauart | 4-Zylinder-Viertaktmotor; 2 obenliegende Nockenwellen DOHC, über Zahnräder angetrieben; Luftkühlung |
Hubraum | 494,4 cm³ |
Bohrung und Hub | 54 × 54 mm / ab 1952: 53 × 56,4 mm[4] |
Verdichtung | 9,5 : 1 |
Vergaser | Vergaser Dell’Orto SS 28 DS / SS 28 DD |
Antrieb | |
Kupplung | Einscheibentrockenkupplung zwischen Getriebe und Kardan |
Getriebe | angeblockt, 4 Gänge |
Antrieb primär/sekundär | Kegelräder / homokinetische Gelenkwelle |
Elektrik | |
Zündung | Magnetzündung |
Spannung | k. A. |
Lichtmaschine | k. A. |
Leistung | |
Leistung | 50 PS (36,7 kW) bei 9000/min |
Höchstgeschwindigkeit | 190–200 km/h |
Rahmen und Maße | |
Rahmen | Rohr und Stahlblech, geschl. Doppelschleife |
Radstand | 1520 mm |
Länge | 1990 mm |
Höhe | 530 mm |
Tankinhalt | 18 Liter |
Gewicht | 118 bis 155 kg |
Federung, Reifen und Bremsen | |
Federung vorne | Drehstabparallelogramm-, später Teleskop- zuletzt Earles-Gabel |
Federung hinten | Drehstabfederung, Reibungsdämpfer |
Räder (vorne / hinten) | Leichtmetallfelgen, Stahlspeichen 2,75 × 20″ |
Reifen (vorne / hinten) | 3,00 × 20″ / 3,25 × 20″ |
Bremsen (vorne / hinten) | Trommel 230 mm / Trommel 220 mm |
Einzelnachweise
- MV Agusta Corse 500 Quatro Cardano. Abgerufen am 28. März 2021 (deutsch).
- Ian Falloon: The Book of the Classic MV Agusta Fours. Veloce Publishing Ltd, 2011, ISBN 978-1-84584-203-1 (google.de [abgerufen am 30. März 2021]).
- 500 Bialbero 4 cilinder Cardano | MVagusta-Oldtimers. Abgerufen am 28. März 2021.
- Waldemar Schwarz: MV Agusta 500 GP-Rennmaschine: Champions League. 8. Oktober 1996, abgerufen am 29. März 2021.
- MOTORRAD 6/1967, Seite 98
- Colombo, S. 138
- Moto Guzzi 1951 500 Grand Prix Racer. Abgerufen am 30. März 2021.
- MV Agusta Collection Rétromobile 2019 | Sale n°3910 | Lot n°252 | Artcurial. Abgerufen am 30. März 2021.
- MV Agusta Corse 500 Quatro Cardano. Abgerufen am 29. März 2021 (deutsch).