La Main Rouge

La Main Rouge, deutsch Rote Hand, w​ar eine v​on der Auslandsabteilung d​es französischen Geheimdienstes Direction Générale d​e la Sécurité Extérieure (DGSE) i​n den 1950er Jahren betriebene Terrororganisation. Sie verfolgte d​as Ziel, Unterstützer d​er algerischen Unabhängigkeitsbestrebung u​nd führende Mitglieder d​er Front d​e Libération Nationale (FLN) i​n der Zeit d​es Algerienkrieges z​u liquidieren. Die Attentate selbst wurden v​om Service Action ausgeführt.

Aktivität in Deutschland

In d​er Bundesrepublik Deutschland wurden d​er Roten Hand mehrere Sprengstoffattentate zugeordnet, w​ie zum Beispiel g​egen die Waffenhändler Otto Schlüter a​m 26. September 1956 s​owie am 3. Juni 1957 u​nd Georg Puchert (1915–1959) (alias Captain Morris) a​m 3. März 1959. Diese konnten jedoch letztendlich n​ie geklärt werden.

Am 27. November 1959 g​ab Christian Durieux d​er Zeitung Daily Mail e​in Interview, i​n dem e​r behauptete, d​ie Anschläge a​uf Schlüter u​nd Puchert s​owie auf d​en am 1. Oktober 1958 i​m Hamburger Hafen liegenden Frachter Atlas u​nd auch a​uf den algerischen Exilpolitiker Amédiane Ait Alcene i​m Auftrag d​er Roten Hand verübt z​u haben.

Insbesondere d​ie Untätigkeit d​er französischen Behörden w​urde im Ausland a​ls ein Hinweis d​er französischen Regierung verstanden, d​ass diese d​as aggressive Vorgehen g​egen Sympathisanten d​er FLN veranlasst habe.

Zugeschriebene Attentate und Anschläge

  • 28. September 1956, Hamburg, Osterbekstraße 43–45: In den Geschäftsräumen der Otto Schlüter GmbH explodiert eine 5 kg-Bombe mit Säurezünder. Schlüters Mutter wird schwer verwundet, sein Geschäftspartner Wilhelm Lorenzen, 62 Jahre alt, verstirbt an den Folgen seiner schweren Verletzungen.
  • 3. Juni 1957, Hamburg-Eppendorf, Loogestieg 10: Schlüters Mercedes 220 explodiert durch eine Haftladung. Schlüters Tochter Ingeborg wird leicht, seine Mutter diesmal tödlich verletzt.
  • 18. Juli 1957, Hafen von Tanger: Georg Pucherts Kutter Bruja Roja wird durch eine Haftladung versenkt.
  • 20. Juli 1957, Hafen von Tanger: Pucherts Kutter Sirocco wird durch eine Haftladung versenkt.
  • 1957: Henriette Tremeaud, Ehefrau des früheren französischen Präfekten von Algier und jetzt Straßburg, wird durch eine für ihren Gatten bestimmte Sprengladung getötet.
  • 1957: Madrid: Die spanische Sekretärin der FLN-Delegation wird erschossen.
  • Juni 1958: Der Tunesier Chikhaoui wird in Marseille entführt, gefoltert und erschossen.
  • 1. Oktober 1958, Hamburg: Der Bremer Frachter Atlas wird durch Sprengladungen teilweise versenkt.
  • 23. oder 28. November 1958, Rabat, Marokko: Der stellvertretende Generalstaatsanwalt Auguste Thuveny wird durch eine Bombe getötet. Er hat kurz zuvor Verbindungen zwischen französischen Terroristen und ihren Hintermännern in der französischen Armee, Verwaltung und Diplomatie aufgedeckt.
  • 19. Januar 1959: Das FLN-Mitglied Abd-El Soualem wird auf dem Bahnhof von Saarbrücken ermordet.
  • 21. Mai 1959: Der algerische Rechtsanwalt Ould Aoudia wird in Paris vor seinem Büro erschossen.
  • 5. Juli 1959, Rom: Ein Autobombenattentat auf den FLN-Vertreter Tajeb Bouhlahrouf scheitert, da aus Versehen von spielenden Kindern ein Ball unter seinen Wagen geschossen wird, der die Bombe auslöst. Ein sechsjähriger Junge wird durch die Explosion getötet.
  • 7. September 1959: In Beirut wird Mohammed Mahmoud Djami, der Ferhat Abbas treffen will, durch vier Schüsse aus einem Revolver niedergestreckt, als er einen Flug in die USA besteigen will
  • 1. Januar 1960: Abd El Kader wird durch eine Explosion verletzt.

Literatur

  • Pierre Genève, La Main rouge, Paris: Éd. Nord-Sud 1960
  • Joachim Joesten, The Red Hand. The Sinister Account of the Terrorist Arm of the French Right-Wind „Ultras“ – in Algeria and on the Continent, London, New York: Abelard-Schuman 1962
  • Claus Leggewie, Kofferträger. Das Algerien-Projekt der Linken im Adenauer-Deutschland, Berlin: Rotbuch-Verlag 1984, ISBN 3-88022-286X
  • Wolfgang Kraushaar, Die Protest-Chronik 1949–1959 – Eine illustrierte Geschichte von Bewegung, Widerstand und Utopie, Band 1–4, Hamburg: Rogner & Bernhard bei Zweitausendeins, 1996, ISBN 3-8077-0350-0
  • Antoine Méléro, La Main rouge. L'armée secrète de la république, Paris: Éd. du Rocher 1997, ISBN 226802699X
  • Helmut Roewer, Stefan Schäfer, Matthias Uhl: Lexikon der Geheimdienste im 20. Jahrhundert. Herbig, linkfix 2003, ISBN 3-7766-2317-9.
  • Mathilde von Bülow, Myth or Reality? The Red Hand and French Covert Action in Federal Germany during the Algerian War, 1956–61, in: Intelligence and national security, Band 22, Heft 6, 2007, S. 787–820
  • Mathilde von Bülow: West Germany, Cold War Europe and the Algerian War, Cambridge (Cambridge University Press) 2016. ISBN 978-1-107-08859-7
  • Nebenkriegsschauplatz Bundesrepublik, in: Matthias Ritzi/Erich Schmidt-Eenboom, Im Schatten des Dritten Reiches. Der BND und sein Agent Richard Christmann, Berlin: Christoph Links-Verlag 2011, S. 186–200, ISBN 978-3-86153-643-7
  • Vincent Nouzille, Les tueurs de la République (Die Killer der Republik), Paris: Fayard 2015, ISBN 978-2-213-67176-5

In der Populärkultur

Belletristik

  • Jürgen Heimbach: Die Rote Hand. weissbooks.w Verlag, Zürich 2019, ISBN 978-3-86337-177-7.
  • Anne Weber: Annette, ein Heldinnenepos. Matthes & Seitz Berlin, Berlin 2020.

Kino

Einzelnachweise

    This article is issued from Wikipedia. The text is licensed under Creative Commons - Attribution - Sharealike. The authors of the article are listed here. Additional terms may apply for the media files, click on images to show image meta data.