Klimaticket
Das KlimaTicket ist eine preiswerte Jahreskarte für alle öffentlichen Verkehrsmittel in ganz Österreich. Der Preis beträgt 1095 Euro, also drei Euro pro Tag. Es gibt Ermäßigungen für Junioren, Senioren und Behinderte. Eingeführt wurde das KlimaTicket am 26. Oktober 2021, dem österreichischen Nationalfeiertag. Bis 20. Dezember 2021, also in den ersten zwei Monaten der Gültigkeit, wurden insgesamt 133.999 KlimaTickets verkauft, was die Umweltministerin als Erfolg verbuchte.[1]
KlimaTicket | |
Einführung | 26. Oktober 2021 |
Preise | KlimaTicket Ö Classic: 1.095 EUR |
Anzahl Nutzer[1] | 133.999 (Dezember 2021) |
Seit 1. Jänner 2022 gibt es auch in jedem Bundesland eine eigene Jahreskarte, freilich nicht wie geplant jeweils zum Einheitspreis von 365 Euro, sondern je nach Bundesland unterschiedlich gestaffelt.[2][3]
Geschichte
Das 365-Euro-Ticket, eine Jahreskarte für ganz Wien zum Preis von 365 Euro, wurde am 1. Mai 2012 eingeführt. Die Zahl der Jahreskartenbesitzer in Wien hat sich in den ersten zehn Jahren nahezu verdreifacht. Sie stieg von 363.000 auf 850.000 im Jahr 2019, dies aber hauptsächlich durch Umsteiger aus anderen Tarifen, ohne massiv Neukunden anzusprechen oder mehr Fahrten zu generieren.[4] Die Initiative für diese Fördermaßnahme des öffentlichen Verkehrs ging von den Wiener Grünen aus, die damals mit der SPÖ die Wiener Stadt- und Landesregierung bildeten. Anknüpfend an dieses Erfolgsmodell verhandelte die Bundespartei der Grünen in der Vorbereitung der Bundesregierung Kurz II zur Jahreswende 2019/20 das sogenannte 1-2-3-Ticket in die Koalitionsvereinbarung. Geplant war ein einheitlicher Preis von 365 Euro je Bundesland, zweimal 365 Euro für zwei Bundesländer und dreimal 365 Euro für ganz Österreich. Im Laufe der Verhandlungen stellte sich heraus, dass eine derart klare und einheitliche Systematik in der föderalen Struktur des Landes nicht durchsetzbar sein würde. Daher kam es zum KlimaTicket und zu Sonderlösungen für einzelne Bundesländer.
Im Sommer 2021 präsentierte Verkehrsministerin Leonore Gewessler (Grüne) gemeinsam mit dem oberösterreichischen Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) eine Light-Variante des ursprünglich für ganz Österreich geplanten Tickets, die nur in den sechs westlichen Bundesländern und auf allen Bahnstrecken von ÖBB und Westbahn gegolten hätte. Damit setzte die Ministerin die zögernden Landeshauptleute Hans Peter Doskozil, Michael Ludwig (beide SPÖ) und Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) unter Zugzwang, ebenso den Verkehrsverbund Ost-Region (VOR). Rechtzeitig vor Beginn des Vorverkaufs konnte eine Einigung mit den zögernden Bundesländern erzielt werden, sodass das KlimaTicket seit seiner Einführung österreichweit gültig ist. Gewessler betrachtet medial das Gelingen des Projekts als „ersten großen Erfolg ihrer versprochenen Klimapolitik“.[5]
Im Oktober 2021, als der reduzierte Early-Bird-Preis galt, wurden insgesamt 128.000 KlimaTickets verkauft, davon 54 Prozent zum Classic-Preis und 46 Prozent zum reduzierten Preis (29 Prozent Jugendtickets, 16 Prozent Seniorentickets, 1 Prozent Tickets für Behinderte).[6]
Gültigkeit
Das KlimaTicket gilt österreichweit in Zügen der ÖBB (2. Klasse), der Westbahn (Klassen 2 und 2+)[7] und Regiojet (bestimmte Klassen, jedoch ohne Reservierung nur bei freien Sitzplätzen)[8] und in allen öffentlichen Verkehrsmitteln, die in österreichische Verkehrsverbünde integriert sind, wie Schnellbahnen, Straßenbahnen und zahlreichen Autobuslinien. Erster Gültigkeitstag war der Nationalfeiertag, der 26. Oktober 2021. Es gilt auf Bahnstrecken zumindest zum letzten Zughalt in Österreich, teilweise jedoch darüber hinaus bis zu definierten Grenztarifpunkten sowie bis zu folgenden Grenzbahnhöfen:
- Richtung Schweiz: Buchs SG und St. Margrethen
- Richtung Deutschland: Lindau-Reutin, Simbach (Inn) und Passau Hbf
- Richtung Ungarn: Sopron
- Richtung Italien: Tarvisio Boscoverde, San Candido / Innichen, Brennero/Brenner
Das Ticket gilt auch auf den ÖBB-Korridorzügen im sogenannten deutschen Eck (zwischen Salzburg Hbf und Kufstein) bei Fahrtantritt und Fahrtziel in Österreich sowie auf dem deutschen Abschnitt zwischen Scharnitz und Ehrwald mit Umstieg in Garmisch-Partenkirchen bei Fahrtantritt und Fahrtziel in Österreich. Weiters gilt es auf dem durch Liechtenstein in die Schweiz führenden Abschnitt zwischen Tisis und Buchs (SG) und auf dem italienischen Abschnitt zwischen Sillian und Brenner mit Umstieg in Franzensfeste bei Fahrtantritt und Fahrtziel in Österreich. Aufgrund der Tarifbestimmungen der jeweiligen Verkehrsverbünde reicht die Gültigkeit für aus Österreich kommende Züge stellenweise auch über die Grenzbahnhöfe hinaus, konkret gilt das Ticket bis Lindau-Insel, Szentgotthárd und Mittenwald, zudem für Nahverkehrszüge bis Freilassing-Hofham sowie auf einigen grenzüberschreitenden Regionalbuslinien bis ins Ausland.[9][10][11][12][13]
Das KlimaTicket gilt nicht auf Nostalgie-, Tourismus- und Zahnradbahnen in den Verbundliniennetzen der teilnehmenden Verkehrsverbünde (zum Beispiel Waldviertelbahn, Wachaubahn, Schneebergbahn, Schafbergbahn). Es gilt auch nicht im City Airport Train, der den Wiener Flughafen mit Wien verbindet.[14]
Preis
Das KlimaTicket kostet für einen Erwachsenen für ein Jahr 1095 Euro, folglich drei Euro täglich. Die reduzierte Tarifstufe gilt für Junioren (bis 25), für Behinderte (Grad der Behinderung von mindestens 70 Prozent) und für Senioren (ab 65) und kostet 821 Euro, 75 Prozent des Vollpreises. Mitreisende Kinder von 0 bis 5 Jahre zahlen nichts. Ein Aufschlag von 110 Euro pro Jahr ermöglicht die Mitnahme von bis zu vier Kindern im Alter von 6 bis 15 Jahre. Wer mit den ÖBB in der ersten Klasse reisen möchte, muss zusätzlich 1355 Euro pro Jahr zahlen (in der reduzierten Tarifstufe zusätzlich 1030 Euro).
Zur Einführung des KlimaTickets galten Early-Bird-Preise bei Kauf von 1. bis 31. Oktober 2021: für Erwachsene 949 Euro, in der reduzierten Tarifstufe 699 Euro. Ratenzahlung ist möglich. Inhaber von Jahreskarten können ohne Gebühren einfach auf die neuen günstigen Tarife umsteigen.
KlimaTickets für die Bundesländer
Die Preise für die Jahrestickets der einzelnen Bundesländer variieren stark, sie reichen von 365 Euro (in Salzburg) über 588 Euro (in der Steiermark)[15] bis zu 695 Euro (in Oberösterreich)[16]. Die kombinierte Jahreskarte für Niederösterreich und das Burgenland kostet 550 Euro, für Niederösterreich, das Burgenland und Wien sind 915 Euro zu zahlen.[17]
In Tirol wurde zum 1. März 2022 das KlimaTicket Tirol zum Preis von 509,40 Euro eingeführt.[18]
Preise der Jahreskarten
Bundesland | Jahreskarte [€] je Bundesland |
Name der Jahreskarte |
Einführung des Bundesland-Tickets |
Klimaticket für ganz Österreich, ab 26. Oktober 2021 |
---|---|---|---|---|
Vorarlberg | 385 | Klimaticket VMOBIL | 1. November 2021 | 1.095 € ermäßigt 821 € |
Salzburg | 365 | KlimaTicket Salzburg | 1. Jänner 2022 | |
Oberösterreich | 695(c) | KlimaTicket OÖ | 26. Oktober 2021 | |
Steiermark | 588 | KlimaTicket Steiermark | 1. Jänner 2022 | |
Niederösterreich | 550 Kombiticket |
VOR KlimaTicket Region(d) | 25. Oktober 2021 | |
Burgenland |
Steuerliche Auswirkungen
Der Arbeitgeber kann dem Arbeitnehmer das KlimaTicket unter bestimmten Bedingungen steuerfrei sowohl für ihn selbst als auch für den Arbeitnehmer zur Verfügung stellen oder die entsprechenden Kosten steuerfrei ersetzen. Auch für die Bemessung der Sozialversicherung ist der Betrag dann nicht maßgebend.[19]
Kündigung
Während der Gültigkeitsdauer kann das Ticket ab dem siebenten Gültigkeitsmonat ohne Angabe von Gründen schriftlich mittels Kündigungsformular gekündigt werden. Dabei ist eine Monatsrate als Kündigungsentgelt zu zahlen. Im Falle von Umzug, mehr als dreimonatiger Erkrankung, Arbeitslosigkeit oder im Todesfall kann das Ticket jederzeit und ohne Kündigungsentgelt gekündigt werden.[20]
Fahrradbeförderung
Das KlimaTicket umfasst keine kostenlose Mitnahme eines Fahrrads – vielmehr richtet sich diese nach den Regeln des jeweiligen Verkehrsverbundes. So kann zum Beispiel in der Wiener U-Bahn ein Fahrrad kostenlos mitgenommen werden, in Zügen der ÖBB und der Westbahn muss dagegen eine Fahrradkarte gelöst werden. In manchen Verkehrsmitteln werden grundsätzlich keine Fahrräder befördert, etwa bei der Lokalbahn Wien–Baden.
Das KlimaTicket Steiermark umfasst die kostenlose Fahrradbeförderung innerhalb der Steiermark.[21]
Inhaber eines KlimaTickets Salzburg und KlimaTickets Salzburg Edelweiß (für Senioren) dürfen in den ÖBB-Nahverkehrszügen im Bundesland Salzburg, in Oberleitungsbussen und in den Regionalbussen ein Fahrrad kostenlos mitnehmen.[22]
Kritik
Der Verkehrsökonom Sebastian Kummer von der Wirtschaftsuniversität Wien betrachtet den zusätzlichen Nutzen des KlimaTickets als gering im Verhältnis zu dessen erheblichen Kosten für den Steuerzahler: Es werde viel Geld an Bestandskunden ausgeschüttet, dabei aber nicht auf soziale Treffsicherheit geachtet. Zudem gebe es kaum einen Lenkungseffekt, da im ländlichen Raum weiterhin ein Defizit an öffentlichen Verkehrsangeboten herrsche, während bereits jetzt stark frequentierte Hauptstrecken (wie etwa Wien–Salzburg) noch mehr Fahrgäste gewinnen würden.[23][24] Kritisiert wurde in diesem Zusammenhang auch, dass die Mehrkosten des KlimaTickets von bis zu 252 Millionen Euro im Jahr 2022 aus dem Budgetposten der Bundeszuschüsse an die ÖBB finanziert werden sollen. Damit werde der Umstieg auf die Bahn, den das KlimaTicket eigentlich forcieren solle, durch Reduktion der Investitionen konterkariert.[25] Auch die Oppositionsparteien FPÖ und NEOS äußerten Kritik an der Durchführung und Finanzierung des KlimaTickets.[26]
Siehe auch
Weblinks
Einzelnachweise
- ORF (Wien): Gewessler zieht positive Zwischenbilanz für KlimaTicket, 26. Dezember 2021
- Klimaticket: Eingeschränkter Verkaufsstart. In: Steiermark.ORF.at. 1. Dezember 2021, abgerufen am 4. Dezember 2021.
- KlimaTicket OÖ. Ein Ticket für alle Öffis in Oberösterreich! In: ooevv.at. Oberösterreichischer Verkehrsverbund, 2021, abgerufen am 4. Dezember 2021.
- Laut Studie macht nicht 365-Euro-Ticket, sondern das Angebot Wiens Öffis attraktiv. In: derStandard.at. 18. Juli 2019, abgerufen am 4. Dezember 2021.
- Das Klimaticket für alle ist auf Schiene. In: DiePresse.com. 30. September 2021, abgerufen am 4. Dezember 2021.
- Ennemoser Magdalena: Fast 128.000 Menschen kauften Klimaticket zum Early-Bird-Preis. In: TT.com. Tiroler Tageszeitung, 2. November 2021, abgerufen am 4. Dezember 2021.
- Was muss ich zu den drei Klassen der WESTbahn wissen? In: WESTbahn.at. Abgerufen am 24. Dezember 2021.
- Tariff for the transport of passengers and luggage of RegioJet a.s. S. 9. In: RegioJet.de. 1. Dezember 2021, abgerufen am 24. Dezember 2021.
- Verbundtarif. In: Verbundlinie.at. Verkehrsverbund Steiermark, 1. Januar 2022, abgerufen am 25. Dezember 2021.
- Tarifbestimmungen und Beförderungsbedingungen. In: VVT.at. Verkehrsverbund Tirol, September 2021, abgerufen am 25. Dezember 2021.
- Tarifbestimmungen/Beförderungsbedingungen Verkehrsverbund Vorarlberg GmbH. In: VMOBIL.at. Verkehrsverbund Vorarlberg, 1. Januar 2022, abgerufen am 25. Dezember 2021.
- Tarifbestimmungen für den Salzburger Verkehrsverbund. In: Salzburg-Verkehr.at. Salzburger Verkehrsverbund, 26. Oktober 2021, abgerufen am 25. Dezember 2021.
- Tarifbestimmungen Oberösterreichischer Verkehrsverbund. In: ooevv.at. Oberösterreichischer Verkehrsverbund, 1. Januar 2022, abgerufen am 25. Dezember 2021.
- Ab 29. März 2022: City Airport Train startet ohne Klimaticket. In: Aviation.Direct. 2. März 2022, abgerufen am 3. März 2022 (deutsch).
- Ab 1. Jänner 2022: das neue KlimaTicket Steiermark. In: VerbundLinie.at. Verkehrsverbund Steiermark, 9. September 2021, abgerufen am 4. Dezember 2021.
- Neues Öffi-Ticket für ganz Oberösterreich kostet 695 Euro. In: Nachrichten.at. Oberösterreichische Nachrichten, 18. August 2021, abgerufen am 4. Dezember 2021.
- Ab 25.10.: Die neuen VOR KlimaTickets. In: VOR.at. Verkehrsverbund Ost-Region, 30. September 2021, abgerufen am 4. Dezember 2021.
- Verkehrsverbund Tirol – Mehr sehen vom Land. VVT, 28. Dezember 2020, abgerufen am 9. Januar 2022.
- Thomas Neumann: Wenn der Betrieb das Klimaticket bezahlt. In: derStandard.de. 2. Dezember 2021, abgerufen am 4. Dezember 2021.
- Mehr sehen vom Land. In: VVT.at. Verkehrsverbund Tirol, abgerufen am 4. Dezember 2021.
- Ab 1. Jänner: Gratis Fahrradmitnahme mit dem steirischen Klimaticket. In: Kleinezeitung.at. 22. Dezember 2021, abgerufen am 25. Dezember 2021.
- Ermäßigungen. In: Salzburger Verkehrsverbund GmbH. Abgerufen am 4. Januar 2022 (deutsch).
- Luise Ungerboeck: Expertenkritik am niedrigen Preis des Klimatickets. In: derStandard.at. 30. September 2021, abgerufen am 4. Dezember 2021.
- Angela Perkonig: Transportökonom über Klimaticket: „Geld wäre woanders besser aufgehoben“. In: PULS24.at. 30. September 2021, abgerufen am 4. Dezember 2021.
- Luise Ungerboeck: Kreative Buchführung: Fürs Klimaticket werden ÖBB-Zuschüsse umgewidmet. In: derStandard.at. 25. Oktober 2021, abgerufen am 4. Dezember 2021.
- Klimaticket fix: „Keine schlechte Sache, aber …“ In: Krone.at. 30. September 2021, abgerufen am 4. Dezember 2021.