Karwice (Malechowo)
Karwice (deutsch Karwitz) ist ein Dorf in der Landgemeinde Malechowo (Malchow) im Powiat Sławieński (Kreis Schlawe) der polnischen Woiwodschaft Westpommern.
Karwice | |||
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Basisdaten | |||
Staat: | Polen | ||
Woiwodschaft: | Westpommern | ||
Powiat: | Sławno | ||
Gmina: | Malechowo | ||
Geographische Lage: | 54° 20′ N, 16° 34′ O | ||
Einwohner: | 440 ([1]) | ||
Telefonvorwahl: | (+48) 94 | ||
Kfz-Kennzeichen: | ZSL | ||
Wirtschaft und Verkehr | |||
Straße: | DK37 Darłowo–Karwice | ||
DK6 Słupsk–Koszalin | |||
Eisenbahn: | Słupsk–Koszalin | ||
Nächster int. Flughafen: | Danzig | ||
Geographische Lage
Das Dorf liegt in Hinterpommern, neun Kilometer westlich der Kreisstadt Sławno (Schlawe). Es wird umgrenzt von den Orten Malechowo (Malchow) im Westen, Słowino (Schlawin) und Boleszewo (Rötzenhagen) im Norden, Rzyszczewo (Ristow) im Osten und Smardzewo (Schmarsow), Żegocino (Segenthin) und Paproty (Parpart) im Süden.
Das ebene Gelände der Gemarkung steigt von etwa 30 m über NN im Norden über eine Strecke von 6 km auf etwa 60 m im Süden an.
Ortsname
Die Ortsbezeichnung Karwitz ist slawischen Ursprungs und kommt heute noch im niedersächsischen Wendland und als ehemaliger deutscher Name auch im pommerschen Landkreis Dramburg vor. Letzteres Dorf trägt auch im Polnischen den Namen Karwice, der außerdem noch in der Woiwodschaft Łódź vorkommt.
Geschichte
Das ursprüngliche Angerdorf, das sich zum Gutsdorf entwickelt hat, war einst ein Schatullgut der Herzöge von Pommern. Im Jahre 1539 tauschten diese es gegen Drosedow (heute polnisch Drozdowo) an Jochen Grape. Dabei dürfte es sich aber nur um einen Teil von Karwitz gehandelt haben, denn schon 1450 wird ein Claus Grape als Besitzer erwähnt, der auf den „olden Gerdt“ (um 1400) zurückgeht, der das Geschlecht der von Grape auf Karwitz begründet haben soll.
Im Jahre 1775 ging das Gut von denen von Grape an die von Billerbeck[2], danach an die von Steinkeller, und 1862 gehörte es der Familie Grützmacher.
Im Jahre 1818 leben in Karwitz 281 Einwohner. Ihre Zahl steigt auf 444 im Jahre 1885, und 1939 auf 694.
Bis 1945 gehörte Karwitz zum Amtsbezirk Malchow (heute polnisch Malechowo), war dorthin auch standesamtlich orientiert, und lag im Amtsgerichtsbereich Schlawe. Es gehörte zum Landkreis Schlawe i. Pom. im Regierungsbezirk Köslin der preußischen Provinz Pommern.
Bevor am 6. März 1945 die Rote Armee in das Dorf vordrang, hatten seine Bewohner versucht, in Richtung Westen zu flüchten. Ihr Treck wurde jedoch überrollt und geplündert. Die Karwitzer mussten wieder umkehren; viele Menschen wurden nach Russland verschleppt. Im Sommer 1945 begann die „wilde“ Vertreibung der einheimischen Bevölkerung. Für Karwitz wurde die polnische Ortsbezeichnung „Karwice“ eingeführt. Das Dorf ist heute Teil der Gmina Malechowo im Powiat Sławieński der Woiwodschaft Koszalin, seit 1999 Woiwodschaft Westpommern.
Demographie
Jahr | Einwohner | Anmerkungen |
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1818 | 275 | davon 235 im Kirchdorf, 16 bei der Mühle und 24 im Vorwerk, adlige Besitzungen[3] |
1852 | 274 | [4] |
1864 | 490 | am 3. Dezember, im Dorf und Gutsbezirk, auf einer Fläche von 1039 bzw. 4312 Morgen[5] |
1867 | 530 | am 3. Dezember, davon 146 im Dorf und 384 im Gutsbezirk[6] |
1871 | 541 | am 1. Dezember, davon 223 im Dorf (222 Evangelische, eine katholische Person) und 318 im Gutsbezirk (ausnahmslos Evangelische)[6] |
1885 | 444 | |
1910 | 649 | am 1. Dezember, davon 534 im Dorf und 114 im Gutsbezirk[7][8] |
1933 | 654 | [9] |
1939 | 694 | [9] |
Ortsgliederung vor 1945
Zur Gemeinde Karwitz gehörten vor 1945 die Ortschaften
- Karlsau (polnisch: Miłomyśl, Vorwerk, seit 1904 selbständig, 2 km nördlich von Karwitz gelegen),
- Erlenhof (Sęczkowo, 50 ha großer Hof, nördlich des Bahnhofs Karwitz gelegen),
- Karwitzer Mühle (Karw, 2 km südlich, ehemalige Windmühle, zur Moormühle umgebaut),
- Neu Karwitz (Karwiczki, Neusiedlung, durch Aufteilung des Dorfes entstanden, 13 Höfe mit 220 ha),
- Karwitz Bahnhof (Karwice Dworzec, 2 km nördlich des Dorfes, Stationsgebäude, 3 Bahnwohnhäuser, 2 Bauernhöfe, 5 Privathäuser).
Kirche
Dorfkirche
Die spätgotische Kirche aus Ziegeln und Feldsteinen ist auf rechteckigem Grundriss erbaut.[10] Sie hat keinen Choranbau. An der Nordseite befindet sich ein Anbau mit Gruft. Der Turm besteht im Oberteil aus Holz und hat einen vierseitigen, nach oben achtseitigen Helm.
Nach dem Krieg wurde die Kirche, in der über 400 Jahre lang evangelischer Gottesdienst gefeiert worden war, zugunsten der polnischen katholische Kirche enteignet. Am 19. März 1975 erhielt die Kirche eine neue Weihe und wurde dem Hl. Josef gewidmet.
Evangelische Kirchengemeinde
Karwitz ist eine seit 1646 mit (Alt)Malchow (polnisch: Malechowo) verbundene, früher jedoch selbständige Kirchengemeinde. Sie gehörte bei nur evangelischen Einwohnern bis 1945 zum Kirchenkreis Rügenwalde (Darłowo) in der Kirchenprovinz Pommern. Das Kirchenpatronat oblag dem Gutsbesitzer, in den letzten Jahren vor 1945 allerdings war der Ort patronatsfrei. Der letzte deutsche Geistliche, mit Amtssitz in Malchow, war Pfarrer Otto Nitschalk.
Heute noch in Karwice lebende evangelische Einwohner sind dem Pfarramt in Koszalin (Köslin) in der Diözese Pommern-Großpolen der Evangelisch-Augsburgischen Kirche in Polen zugeordnet.
Katholische Kirchengemeinde
Die heutige Einwohnerschaft von Karwice ist fast ausnahmslos römisch-katholischer Konfession. Karwice ist heute – wie die Kirchengemeinde Boleszewo (Rötzenhagen) – eine Filialgemeinde in der Parochie Słowino (Schlawin) im Dekanat Darłowo im Bistum Köslin-Kolberg der Katholischen Kirche in Polen.
Schule
Die Karwitzer Schule war bis 1945 zweiklassig mit einer Zahl von bis zu 100 Kindern. Ursprünglich war sie im Lehrerhaus untergebracht, bevor 1909 ein eigenes Gebäude errichtet wurde. Die letzten deutschen Schulleiter waren die Lehrer Thomas, Buss, Giese und Horn.
Verkehr
Die Ortschaft liegt an der Landesstraße 6 (= Europastraße 28), der ehemaligen deutschen Reichsstraße 2. Seit 2006 zweigt hier die Landesstraße 37 ab, die sich als wichtiger und verkehrsträchtiger Zubringer zur Ostsee bei Darłowo (Rügenwalde) erweist und die vorherige Chaussee über Słowino (Schlawin) und Rusko (Rußhagen) ersetzt.
Karwice hat einen eigenen Bahnhof an der Bahnstrecke Stargard Szczeciński–Gdańsk.
Persönlichkeiten: Söhne und Töchter des Ortes
- Franz August Otto Pieper (1852–1931), deutsch-amerikanischer lutherischer Theologe, Präsident der Deutschen Evangelisch-Lutherischen Synode von Missouri, Ohio und anderen Staaten
Literatur
- M. Vollack (Hrsg.): Der Kreis Schlawe – Ein pommersches Heimatbuch. Band 1: Der Kreis als Ganzes. Husum 1986, ISBN 3-88042-239-7; Band 2: Die Städte und Landgemeinden. Husum 1989, ISBN 3-88042-337-7.
- Ernst Müller: Die Evangelischen Geistlichen Pommerns von der Reformation bis zur Gegenwart. 2. Teil, Stettin 1912.
Weblink
Einzelnachweise
- Website der Gmina Malechowo, Miejscowości - Karwice [Karwitz], abgerufen am 17. September 2013
- Ludwig Wilhelm Brüggemann (Hrsg.): Ausführliche Beschreibung des gegenwärtigen Zustandes des Königlich-Preußischen Herzogtums Vor- und Hinterpommern. Band 2, Stettin 1784, S. 868.
- Alexander August Mützell und Leopold Krug: Neues topographisch-statistisch-geographisches Wörterbuch des preußischen Staats, Band 2: G–Ko, Halle 1821, S. 309, Ziffer 1289–1291.
- Topographisch-statistisches Handbuch des Preußischen Staats (Kraatz, Hrsg.). Berlin 1856, S. 281.
- Preußisches Finanzministerium: Die Ergebnisse der Grund- und Gebäudesteuerveranlagung im Regierungsbezirk Köslin (9. Kreis Schlawe). Berlin 1866, S. 2–9, Ziffern 32 und 33.
- Preußisches Statistisches Landesamt: Die Gemeinden und Gutsbezirke des Preußischen Staates und ihre Bevölkerung (VIII. Kreis Schlawe). Berlin 1873, S. 132–133, Ziffer 23, und S. 138–139, Ziffer 155.
- Karwitz, Kreis Schlawe, in: Meyers Gazetteer (mit Eintrag aus Meyers Orts- und Verkehrslexikon, Ausgabe 1912, sowie einer historischen Landkarte der Umgebung von Karwitz)
- Kreis Schlawe - gemeindeverzeichnis.de (U. Schubert, 2021)
- Michael Rademacher: Schlawe. Online-Material zur Dissertation. In: treemagic.org. 2006 .
- Ludwig Böttger: Die Bau- und Kunstdenkmäler des Regierungs-Bezirks Köslin (Gesellschaft für pommersche Geschichte und Altertumskunde, Hrsg.), Band I, Heft III: Kreis Schlawe, Stettin 1892, S. 14–15.