Karmelitenkloster Döbling
Das Karmelitenkloster Döbling ist ein Kloster der Unbeschuhten Karmeliten mit benachbarter römisch-katholischer Kirche im Bezirksteil Unterdöbling im 19. Wiener Gemeindebezirk Döbling.
Geschichte des Klosters
Ein Kloster der Unbeschuhten Karmeliten wurde in Österreich erstmals am 4. Februar 1622 in der Leopoldstadt bei Wien gegründet (vgl. Karmeliterkirche Leopoldstadt). Ermöglicht wurde dies durch Kaiser Ferdinand II. und dessen Gemahlin Eleonora. Nachdem Joseph II. 1783 neben vielen anderen auch den Konvent der Karmeliten aufgehoben hatte, konnte sich die Ordensgemeinschaft bis 1838 nur als Karmelitenpfarre halten. Danach ging auch die Pfarre an den Weltklerus über. Während das Klostergebäude später abgerissen wurde, dient die ehemalige Klosterkirche noch immer als Pfarrkirche.
Erst Ende des 19. Jahrhunderts fand der Orden eine neue Heimat in Döbling. In der Silbergasse 35 in Unterdöbling errichtete man aus Mitteln des staatlichen Religionsfonds zwischen 1898 und 1901 das heutige Kloster mit der neuen Kirche zur Hl. Familie.[1]
Kirchenbauwerk
Kloster und Kirche wurden ab 1898 nach Plänen von Richard Jordan erbaut. Sie ist der Heiligen Familie geweiht.[1][2] Die Kirche selbst ist eine mächtige Basilika, die in Sichtziegelmauerwerk mit einem dreischiffigen, vierjochigen Langhaus (40 Meter lang, 20 Meter breit) und Doppelturmfassade ausgeführt wurde. Jordan setzte dabei vor allem romanische Stilformen als Bauelemente ein. Die Inneneinrichtung besticht insbesondere durch Elemente aus Jugendstil und Art Déco. Neben dem Hochaltar, den sechs Seitenaltären und der Theresienkapelle verfügt die Kirche über eine Kanzel, die von Ludwig Schadler aus Carrara-Marmor ausgeführt wurde und die vier lateinischen Kirchenlehrer zeigt. Papst Gregor I. ist mit den Zügen des damals amtierenden Papstes Leo XIII. dargestellt.
Hochaltar
Über dem Hochaltar der Kirche findet man ein großes Wandbild, das Engel und Heilige um die Heilige Familie zeigt. Es stammt von Josef Kastner, der auch das Hochschiff mit Szenen aus dem Leben der Heiligen Familie ausgestaltete. Der Hochaltar selbst wurde von Ludwig Schadler gestaltet und zeigt die vier griechischen Kirchenlehrer, dahinter eine Kreuzigungsgruppe.
Seitenaltäre
Die Karmelitenkirche verfügt über insgesamt sechs Seitenaltäre, die Beschreibung hier erfolgt im Uhrzeigersinn beginnend von links vorne.
Der Gnadenaltar
Der bedeutendste Seitenaltar ist der sogenannte Gnadenaltar Maria mit dem geneigten Haupt. Der Altar ist nach einer Zeichnung von Richard Jordan aus Untersberger Marmor von der Firma Marmorindustrie Kiefer AG aus Oberalm 1904 hergestellt worden. Das Gnadenbild befindet sich auf einem der Romanik nachempfundenen Nischenaltar und wird von zwei reliefierten Engeln und dem Spruchband Ave Maria, gratia plena flankiert. Die Geschichte des Gnadenbildes ist auf einem Bogen um den Altar dargestellt. Bei dem Gnadenbild handelt es sich um ein Ölgemälde im Format 45 × 60 cm. Es stammt von einem unbekannten Meister italienischer Schule aus dem 15./16. Jahrhundert. Es zeigt die Gottesmutter im Brustbild mit leicht geneigtem Haupt, das 1931 gekrönt wurde. Der Überlieferung nach wurde das Bild 1609 von Pater Dominicus in der Nähe des ersten Klosters der Karmeliten in Trastevere (Rom) in einem alten Gebäude unter Schutt entdeckt. Das Bild wurde restauriert und gelangte an den Hof von München, später Wien. Dort wurde es von den Karmelitinnen verehrt, und auch Kaiser Ferdinand II. betete während der Schlacht am Weißen Berg 1620 vor dem Bild. Ferdinand schrieb später den Sieg der katholischen Truppen der Hilfe Marias zu. Während des Ersten Weltkriegs trug man das Bild in großen Prozessionen auch durch die Straßen Wiens zum Stephansdom. Tausende beteten vor ihm um Frieden. Auch Kaiser Franz Joseph vertraute auf die Hilfe Marias durch dieses Bild und ließ sich das Bild für ein Friedensgebet nach Schönbrunn bringen.
Jesuskindaltar
Gegenüber dem Gnadenaltar befindet sich der Jesuskindaltar. Er wurde ebenso wie der Gnadenaltar 1904 aus Untersberger Marmor hergestellt. Über dem Altar befindet sich eine Kopie eines hölzernen Jesuskindes aus dem 18. Jahrhundert, das die Karmeliten in ihrer früheren Einsiedelei in Mannersdorf besaßen. Dieses war wiederum nach dem berühmten Vorbild des Prager Jesuleins geschnitzt.
Christkönigaltar
Der Christkönigaltar befindet sich rechts des Jesuskind-Altars und wurde 1922 vom Architekten der Kirche, Richard Jordan, im Art-Déco-Stil aus Majolika und Marmor geschaffen. Er veranschaulicht den starken Stilwechsel, den der Architekt innerhalb von 20 Jahren vollzog.
Theresenaltar
Rechts des Christkönigaltars befindet sich der Theresenaltar. Er wurde von der Familie des Unterdöblinger Industriellen Johann Zacherl gestiftet und zeigt die Verklärung des Herrn am Berg Tabor. Geschaffen wurde er von den auch beim gegenüberliegenden Johannesaltar beteiligten Künstlern.
Johannesaltar
Gegenüber dem Theresenaltar befindet sich der Johannesaltar. Er wurde ebenso wie der Theresenaltar von der Familie Zacherl gestiftet, zeigt eine Vision des heiligen Johannes vom Kreuz und wurde 1913–1914 vom niederländischen Benediktinerpater Willibrord Verkade gestaltet. Der Marmoraltartisch mit Kreuz und Leuchtern stammt hingegen vom slowenischen Architekten Jože Plečnik. Verkade entwarf auch die Glasfenster über dem Altar.
Josefsaltar
Der Josefsaltar befindet sich zwischen dem Johannesaltar und dem Gnadenaltar.
Theresienkapelle
In der Theresienkapelle liegt das Grab des spanischen Karmelitenpaters Dominicus a Jesu Maria, der 1622 an der Gründung des Klosters in der Leopoldstadt beteiligt gewesen war. Er brachte auch das Gnadenbild Marias nach Wien. Sein Leichnam wurde 1903 aus der ehemaligen Karmelitenkirche im 2. Bezirk nach Döbling gebracht. Hinter dem Grab befindet sich ein weißer Marmoraltar mit einer Figur der 1925 heiliggesprochenen Karmelitin Theresia von Lisieux. Die von der Kapelle aus zugängliche Gruft der Karmeliten wurde zwischen 1917 und 1932 auch für die sterblichen Überreste von Verwandten der Kaiserin Zita verwendet. Diese hatte die Särge aus dem Kloster Kostanjevica bei Görz nach Wien bringen lassen, da sie eine Beschädigung infolge der Kriegsgeschehnisse befürchtete. Unter den Särgen befand sich auch jener des französischen Königs Karl X.
1935 wurde dort Prinzessin Maria Theresia zu Löwenstein-Wertheim-Rosenberg (1870–1935) beigesetzt, die verwitwete Gattin des portugiesischen Thronprätendenten und ehemaligen Feldmarschallleutnants der k.u.k. Armee, Herzog Michael von Braganza.
Orgel
Die Orgel der Firma Rieger aus Jägerndorf wurde 1905 eingeweiht. Sie besitzt auf 2 Manualen und Pedal 30 klingende Register. Das Werk befindet sich in einem neugotischen Gehäuse, das beiderseits der Emporenrosette aufgebaut ist.
Glocken
Das Geläut in den beiden Türmen besteht aus 6 Glocken.
Nr. | Ton | Gewicht | Gießer | Gussjahr |
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I | des´ | 1952 kg | Glockengießerei St. Florian | 1958 |
II | f´ | 999 kg | Glockengießerei St. Florian | 1958 |
III | as´ | 607 kg | Glockengießerei St. Florian | 1958 |
IV | b´ | 403 kg | Glockengießerei St. Florian | 1958 |
V | des´´ | 256 kg | Glockengießerei St. Florian | 1958 |
VI | f´´ | 105 kg | Glockengießerei Samassa | 1922 |
Trivia
Die Unterdöblinger Pfarrkirche liegt mit einer Seehöhe von ca. 201 m etwas höher als die Oberdöblinger Pfarrkirche (ca. 195 m).[3]
Literatur
- Raimund Bruderhofer: Kloster- und Wallfahrtskirche der Karmeliten zur Heiligen Familie. Gnadenbild Maria mit dem geneigten Haupt Wien-Döbling. Karmelitenkonvent, Wien 2007, ISBN 978-3-901797-28-6.
- Christine Klusacek, Kurt Stimmer: Döbling. Vom Gürtel zu den Weinbergen. Compress-Verlag, Wien 1988, ISBN 3-900607-06-0.
- Godehard Schwarz: Döbling. Zehn kulturhistorische Spaziergänge durch Wiens 19. Bezirk. Unterdöbling, Oberdöbling, das Cottageviertel, Grinzing, Sievering, Heiligenstadt, Nußdorf, Neustift am Walde und Salmannsdorf, Cobenzl und Kahlenberg, Leopoldsberg und Kahlenbergerdorf. Verband Wiener Volksbildung, Wien 2004, ISBN 3-900799-56-3.
- Martin Stangl: Richard Jordan – Sakralbauten. Wien 1999 (Wien, Universität, Diplom-Arbeit, 1999).
Weblinks
Einzelnachweise
- Karmelitenkonvent Wien, Geschichte
- Kirchennummer: 9181; Pfarre Döbling-St. Paul, erzdioezese-wien.at
- Geodatenviewer der Stadtvermessung Wien