Karl von Scherzer
Karl Ritter von Scherzer (* als Karl Scherzer am 1. Mai 1821 in Wien; † 19. Februar 1903 Görz, Italien) war ein österreichischer Forschungsreisender und Diplomat. Sein Name erscheint, damaligem Usus folgend, oft auch als Carl von Scherzer.
Leben
Scherzer stammte aus einer wohlsituierten bürgerlichen Familie und erhielt eine sorgfältige Erziehung. Seine juristischen Studien brach er ab, um sich der Typographie zu widmen. Er gründete bald eine typographische Musteranstalt. Schon während seines Studiums (1838–1842) führten ihn größere Reisen nach Südtirol, Italien, Deutschland, Frankreich und England.
1848 gründete er den „Gutenberg-Verein“, eine Gewerkschaft zur Verbesserung der Situation der Druckereiarbeiter. Er war Mitglied der liberalen Partei und mit vielen Führern der Revolution befreundet. All dies brachte ihn 1851 sogar vor ein Kriegsgericht. Von 1852 bis 1855 führte er mit dem deutschen Reisenden und Geographen Moritz Wagner eine Forschungsreise durch Nord-, Mittel- und Südamerika durch. Als er 1855 von seiner Reise mit großer wissenschaftlichen Ausbeute nach Wien zurückkehrte, wurde er wieder vor ein Kriegsgericht wegen „unbefugter Abwesenheit“ zur Verantwortung gezogen und zu einer Strafe von 6 Wochen Arrest verurteilt, die jedoch in 8 Tage Hausarrest umgewandelt wurde.
Von 1857 bis 1859 beteiligte sich der Vorbestrafte auf Betreiben des damaligen Finanzministers, und mit Berufung durch Erzherzog Ferdinand Max, an der Novara-Expedition als Expeditionsschreiber und (dem Kapitän Bernhard von Wüllerstorf-Urbair untergeordneter) Handelsdelegierter. Nach seiner Rückkehr wurde er in den Ritterstand erhoben und 1866 zum Ministerialrat im Handelsministerium ernannt. 1869 begleitete er die österreichische Expedition nach Ostasien, von 1872 bis 1875 war er österreichischer Generalkonsul in Smyrna, von 1875 bis 1878 in London, von 1878 bis 1884 in Leipzig und von 1884 bis 1896 in Genua. Er war korrespondierendes Mitglied des Thüringisch-Sächsischen Vereins für Erdkunde[1].
1896 trat er in den Ruhestand. Nach seinem Tod am 19. Februar 1903 in Görz wurde er auf eigenen Wunsch ins Krematorium Gotha überführt und dort am 25. Februar feuerbestattet, seine Urne später auf dem Evangelischen Friedhof Matzleinsdorf in Wien beigesetzt.
Seinen Förderer Erzherzog Ferdinand Max warnte er als guter Kenner des Landes vor dem mexikanischen Abenteuer. Von Alexander von Humboldt und Justus von Liebig wurden die Publikationen seiner Reisen sehr geschätzt.
Ehrungen
- Komturkreuz des Franz-Joseph-Ordens (Österreich-Ungarn)
- Ritterkreuz des Leopold-Ordens (Österreich-Ungarn)
- Orden der Eisernen Krone III. Klasse (Österreich-Ungarn)
- 1857 wurde nach ihm die Flamingoblume aus der Familie der Aronstabgewächse Anthurium scherzerianum benannt
- 1862 korr. Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften[2]
- 1874 Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina[3]
- 1901 korr. Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
- Ehrenmitglied der Royal Geographical Society in London
- Königlicher Kronen-Orden (Königreich Preußen)
- Orden vom Heiligen Michael (Königreich Bayern)
- Offizierskreuz des Leopoldsordens (Königreich Belgien)
- Offizierskreuz des Ordens der Krone (Königreich Italien)
- Medjidie-Orden II. Klasse (Osmanisches Reich)
- Komturkreuz des Ordens der Rose (Kaiserreich Brasilien)
- Offizierskreuz des Guadalupe-Ordens (Kaiserreich Mexiko)
- Orden der Krone II. Klasse (Königreich Siam)
Schriften
- Reisen in Nordamerika, 3 Bände, 1854, (mit M. Wagner)
- Die Republik Costarica, 1856, (mit M. Wagner)
- Wanderungen durch mittelamerikanische Freistaaten, 1857
- Reise der österreichischen Fregatte Novara um die Erde, beschreibender Teil, 3 Bände, Wien 1861–62
- Reise der österreichischen Fregatte Novara um die Erde, statistisch-kommerzieller Teil, 2 Bände, 1864
- Aus dem Natur und Völkerleben im tropischen Amerika, 1864
- Fachmännische Berichte über die österreichisch-ungarische Expedition nach Siam, China und Japan, 1872
- Smyrna. Mit besonderer Rücksicht auf die geographischen, wirthschaftlichen und intellectuellen Verhältnisse von Vorder-Kleinasien, Wien 1873
- Weltindustrien, 1880
- Das wirtschaftliche Leben der Völker, 1886
Literatur
- Constantin von Wurzbach: Scherzer, Karl Ritter von. In: Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich. 29. Theil. Kaiserlich-königliche Hof- und Staatsdruckerei, Wien 1875, S. 227–238 (Digitalisat).
- J. Dörflinger: Scherzer Karl von. In: Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950 (ÖBL). Band 10, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 1994, ISBN 3-7001-2186-5, S. 93 f. (Direktlinks auf S. 93, S. 94).
- Roswitha Karpf: Scherzer, Karl Ritter von. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 22, Duncker & Humblot, Berlin 2005, ISBN 3-428-11203-2, S. 706 f. (Digitalisat).
- Franz Bornmüller: Biographisches Schriftsteller-Lexikon, 1882, S. 643 (online)
- Pantzer, Peter; Österreichs erster Handelsdelegierter in Japan: das Japan-Tagebuch des Karl Ritter von Scherzer 1869; München 2019 (iudicium); ISBN 9783862051205
Weblinks
Einzelnachweise
- Verzeichnis der Mitglieder des Thüringisch-Sächsischen Vereins für Erdkunde am 31. März 1885 (Memento vom 1. Dezember 2017 im Internet Archive)
- Mitgliedseintrag von Karl von Scherzer (mit Bild) bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, abgerufen am 21. Juni 2016.
- Mitgliedseintrag von Karl von Scherzer bei der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, abgerufen am 21. Juni 2016.