Karl Steinhoff (Politiker)
Karl Steinhoff (eigentlich Carl) (* 24. November 1892 in Herford; † 19. Juli 1981 in Wilhelmshorst) war ein deutscher Politiker, Jurist und Hochschullehrer, Mitglied der SPD, ab 1946 der SED. Nach dem Zweiten Weltkrieg war er von 1946 bis 1949 der erste Ministerpräsident der Provinz Brandenburg bzw. danach des Landes Brandenburg sowie von 1949 bis 1952 der erste Minister des Inneren der DDR.
Leben
Steinhoff studierte 1910–1921 Rechtswissenschaften an den Universitäten Freiburg im Breisgau, München, Königsberg, Berlin und Münster und wurde 1921 zum Dr. jur. promoviert. Im Jahr 1923 trat Steinhoff in die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) ein. Bis 1923 war er im Reichsministerium des Inneren und für Justiz, bis 1924 als Legationssekretär der Sächsischen Gesandtschaft in Berlin, bis 1926 als Regierungsrat in der Amtshauptmannschaft Zittau, bis 1928 als Landrat in Zeitz, danach in Gumbinnen als Regierungs-Vizepräsident im Regierungsbezirk Gumbinnen und in Königsberg als Vize-Oberpräsident der Provinz Ostpreußen tätig.
Beim Preußenschlag 1932 beurlaubt, entließen ihn im Folgejahr im Zuge ihrer Machtergreifung die Nationalsozialisten endgültig aus dem Staatsdienst. In den Jahren 1940 bis 1945 war Steinhoff Syndikus einer Kartonagengroßhandlung in Berlin. Die Sowjetische Militäradministration (SMAD) setzte ihn 1945 als Präsidenten der Provinzialverwaltung Mark Brandenburg ein (ab 1946 Ministerpräsident der Provinz bzw. des Landes Brandenburg). Die Zwangsvereinigung von SPD und KPD zur SED im Jahr 1946 befürwortete Steinhoff im Glauben, eine Einigkeit von SPD und KPD hätte eine Machtergreifung Hitlers verhindert. „Auf der letztlich gescheiterten gesamtdeutschen Ministerpräsidentenkonferenz 1947 hat er beherzt für die deutsche Einheit gestritten.“[1] Als Ministerpräsident der damaligen Mark Brandenburg sprach er sich 1947 für die Gründung einer deutschen Zentralverwaltung aus.[2] Nach Gründung der DDR war Steinhoff bis 1952 ihr erster Innenminister. Er unterzeichnete im Juli 1951 eine Verordnung des von ihm geleiteten Innenministeriums, wonach der Verkehr von Kraftfahrzeugen, „die in der DDR oder im demokratischen Sektor von Berlin zugelassen“ waren, „zwischen dem Gebiet der DDR und dem demokratischen Sektor von Groß-Berlin durch die Westsektoren ... ab sofort verboten“ wurde.[3]
Er entwickelte 1951 ein Fünf-Punkte-Programm und sprach sich darin für neue Organisationsformen in der Verwaltung aus sowie für die „Sicherung der demokratischen Gesetzlichkeit“.[4] Aus „Gesundheitsgründen“[5] trat er am 9. Mai 1952 zurück. Die fristlose Kündigung hatte Walter Ulbricht veranlasst.
Steinhoff war Abgeordneter des Landtags Brandenburg und von 1948 bis 1954 Mitglied des Deutschen Volksrates und der aus ihr hervorgegangenen Volkskammer. In der SED war er von 1949 bis 1954 Mitglied des Zentralkomitees, wobei er dem Politbüro der SED bis 1950 als Kandidat angehört hatte. Von 1949 bis 1955 war er Professor für Verwaltungsrecht an der Humboldt-Universität zu Berlin. Er war ein der beiden Gutachter der „Inaugural-Dissertation zur Erlangung eines Doktors der Rechtswissenschaft der Juristischen Fakultät der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg“ des Verwaltungsjuristen Rudolf Hieblinger unter dem Dekanat von John Lekschas.[6] Steinhoff wirkte im Friedensrat der DDR im Bezirk Potsdam mit.
Ehrungen
Steinhoff erhielt den Vaterländischen Verdienstorden (1962)[7], die Ehrenspange zum Vaterländischen Verdienstorden (1967)[8] und den Karl-Marx-Orden (1972).[9]
Grab
Begraben wurde Steinhoff ebenso wie seine Frau Margarete, eine Schwester des Architekten Karl Tobisch-Labotýn, auf dem Friedhof der evangelischen Kirchengemeinde in Wilhelmshorst, heute ein Ortsteil von Michendorf.
Werke
- Alfredo Panzini, Francesco Pastonchi: Italienische Novellen. Übersetzt von Carl Steinhoff. Märkischer Verlag, Wilhelmshorst 1997, ISBN 3-931329-02-X (mit Lebenslauf verfasst von Steinhoffs Sohn Rudolf sowie Beitrag von Hans-Joachim Schreckenbach über die Lage in Brandenburg von 1945 bis 1949)
Literatur
- Lutz Maeke: Carl Steinhoff: Erster DDR-Innenminister. Wandlungen eines bürgerlichen Sozialisten. Wallstein, Göttingen 2020, ISBN 978-3-8353-3476-2 (Veröffentlichungen zur Geschichte der deutschen Innenministerien nach 1945, 5).
- Elke Reuter, Helmut Müller-Enbergs: Steinhoff, Karl (Carl). In: Wer war wer in der DDR? 5. Ausgabe. Band 2. Ch. Links, Berlin 2010, ISBN 978-3-86153-561-4.
- Rudolf Steinhoff: Carl Steinhoff. Die Biografie. edition ost, Berlin 2012, ISBN 978-3-360-01834-2.
Weblinks
- Literatur von und über Karl Steinhoff im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Carl Steinhoff war erster Ministerpräsident (Memento vom 6. Februar 2013 im Webarchiv archive.today)
- Vielleicht war er ein Demokrat im Herzen (Memento vom 11. Februar 2013 im Webarchiv archive.today)
- Nachlass Bundesarchiv NY 4536
Einzelnachweise
- Tomas Morgenstern: Der vergessene Landesvater. neues-deutschland.de, 7. November 2015, abgerufen am 17. August 2017.
- ADN-Meldung, abgedruckt in Neues Deutschland, 15. Mai 1947, S. 2
- ADN-Meldung, abgedruckt in Neue Zeit, 21, Juli 1951, S. 1
- Neues Deutschland, 3. Februar 1951, S. 2
- ADN-Meldung, abgedruckt in Berliner Zeitung, 14. Mai 1952, S. 1
- Titelblatt der Dissertation von Rudolf Hieblinger, verteidigt am 19. April 1959
- Neues Deutschland, 18. Dezember 1962, S. 4
- Überreichung durch Gerald Götting, Neues Deutschland, . Dezember 1967, S. 1. u. 2
- Nachruf in Neues Deutschland, 22. Juli 1988, S. 2