Karl Neuhof
Karl Neuhof (* 25. November 1891 in Friedberg (Hessen); † 15. November 1943 im KZ Sachsenhausen ermordet) war ein deutscher Getreidegroßhändler,[1] Kommunist und antifaschistischer Widerstandskämpfer.
Leben
Neuhof kehrte aus dem Ersten Weltkrieg mit zwei Verwundungen und dem Eisernen Kreuz, das ihm Kaiser Wilhelm II. persönlich überreichte, als Kriegsgegner zurück. Doch zur Niederschlagung des Putsches von Kapp und Lüttwitz griff er nochmals zur Waffe, um sich aktiv an den Auseinandersetzungen im Ruhrgebiet zu beteiligen.[2] Unmittelbar nach Kriegsende trat er aus dem Judentum aus.[3]
1921 zog er von Friedberg nach Berlin. Er arbeitete als Großhändler für Getreide Ex- und Import bei der jüdischen Firma Neufeldt & Co. 1923 heiratete er Gertrud Jaffke (1901–1987). Seit 1926 gehörte er der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD), der Roten Hilfe Deutschlands (RHD) und dem Arbeitersportverein „Fichte“ an. Er wohnte mit seiner Familie in Berlin-Frohnau und war Mitglied der KPD-Ortsgruppe Glienicke/Nordbahn. Zusammen mit seiner Ehefrau beteiligte er sich an einer Erwerbslosenküche.
Ab 1933 kam es bei Neuhofs zu Hausdurchsuchungen. Er wurde arbeitslos und arbeitete später als Hucker auf dem Bau. Zuletzt musste er Zwangsarbeit in der sogenannten 'Judenkolonne' der Farbenfabrik Warnecke und Böhm in Weißensee leisten.[4]
Im Spätherbst 1942 und am 13. Januar 1943 stand sein alter Freund Wilhelm Beuttel, Instrukteur des ZK der KPD, vor Neuhofs Wohnung in Berlin-Frohnau und suchte eine Unterkunft für seine illegale Arbeit in Deutschland. Das Ehepaar Neuhof gewährte ihm Unterschlupf, obwohl es selbst gefährdet war. Am 10. Februar 1943 wurden Wilhelm Beuttel und das Ehepaar Neuhof verhaftet. Bis zum 27. Mai 1943 saß Karl Neuhof im Polizeigefängnis Lehrter Straße, anschließend in der Untersuchungshaftanstalt Moabit.[5] Mit einer Zwischenverlegung in das Polizeipräsidium Alexanderplatz[6] wurde Neuhof im Oktober 1943 ins KZ Sachsenhausen eingeliefert und als Widerstandskämpfer jüdischer Abstammung ohne Urteil am 15. November 1943 erschossen. Gertrud Neuhof wurde ins KZ Ravensbrück eingeliefert. Sie überlebte in den Maitagen 1945 den Todesmarsch und wurde von der Roten Armee befreit.
Peter Neuhof (* 1925), der Sohn von Karl und Gertrud Neuhof, wurde ebenfalls verhaftet und erhielt den Nachlass seines Vaters mitsamt dem Tagebuch und den erhaltenen Briefen.[7] 2006 veröffentlichte er die Geschichte seiner Familie.
Karl Neuhofs Schwester Antonie Maurer (1895–1945) starb im KZ Uckermark. Seine Mutter Helene Neuhof starb 1942 82-jährig im Konzentrationslager Theresienstadt.
Rezeption & Ehrungen
Karl Neuhof war Namensgeber einer Polytechnischen Oberschule in Glienicke/Nordbahn von Dezember 1959 bis zur Wende. Der Gedenkstein vor dem Schulgebäude erinnert heute noch an den Widerstandskämpfer.
Am 8. November 2000 wurde eine Bronzetafel, u. a. mit dem Namen von Karl Neuhof zur Erinnerung an Juden in Frohnau, auf dem Vorplatz der Johanneskirche, Zeltinger Platz 17, errichtet. Sie trägt u. a. die Inschrift: "Jüdische Nachbarn / 1933–1945 / verfolgt / vertrieben / ermordet / vergessen?"[8]
Am 17. März 2011 wurde vor dem Haus Zeltinger Str. 65 in Berlin-Reinickendorf ein Stolperstein für ihn verlegt.[9]
Öffentliche Erwähnungen zur Geschichte von Karl Neuhof und seiner Familie finden sich unter anderm in der Gedenkstätte Stille Helden[10].
Literatur
- Luise Kraushaar: Deutsche Widerstandskämpfer 1933 bis 1945. Biographien und Briefe. Herausgegeben vom Institut für Marxismus-Leninismus beim Zentralkomitee der SED. Band 1, Dietz Verlag, Berlin (Ost) 1970, DNB 456423494, S. 532.
- Hans-Joachim Fieber u. a.: Widerstand in Berlin gegen das NS-Regime 1933 bis 1945. herausgegeben von der Geschichtswerkstatt der Berliner Vereinigung ehemaliger Teilnehmer am antifaschistischen Widerstand, Verfolgter des Naziregimes und Hinterbliebener (BV VdN) e.V. Band 5: L bis O. trafo-Verlag, Berlin 2004, ISBN 3-89626-355-2, S. 273f.
- Peter Neuhof: Als die Braunen kamen. Eine Berliner jüdische Familie im Widerstand. Pahl-Rugenstein, Bonn 2006, ISBN 3-89144-356-0.
- Hans-Rainer Sandvoß: Widerstand aus der Arbeiterbewegung in Berlin von 1933 bis 1945. Lukas-Verlag, Berlin 2007, ISBN 978-3-936872-94-1, S. 474–475.
- Hans-Rainer Sandvoß: Widerstand in Pankow und Reinickendorf. (= Widerstand 1933–1945. Heft 6). hg. v. d. Gedenkstätte Deutscher Widerstand. Berlin 1992, DNB 930072235, S. 137–140 und S. 214f.
Weblinks
Einzelnachweise
- Peter Neuhof: Eine Jugend im Schatten der Verfolgung. Zeitzeugen im Gespräch – Erfahrungen und Schicksale deutscher Juden im Nationalsozialismus (mit Video-Mitschnitt des Zeitzeugengesprächs vom 3. Dezember 2018); Jüdisches Museum Berlin 2018.
- Peter Neuhof: Als die Braunen kamen. Eine Berliner jüdische Familie im Widerstand. Bonn 2006, S. 17.
- Peter Neuhof: Es waren so unwahrscheinliche Glücksumstände, dass ich in dieser fürchterlichen Zeit überlebt habe. In: Berliner VVN-BdA (Hrsg.): "Fragt uns, wir sind die Letzten". Erinnerungen von Verfolgten des Nationalsozialismus und Menschen aus dem antifaschistischen Widerstand. Eine Interviewbroschüre. Teil 4. Berlin 2013, S. 25–35, hier S. 26. Volltext
- Peter Neuhof: Als die Braunen kamen. Eine Berliner jüdische Familie im Widerstand. Bonn 2006, S. 9.
- Peter Neuhof: Als die Braunen kamen. Eine Berliner jüdische Familie im Widerstand. Bonn 2006, S. 188.
- Peter Neuhof: Als die Braunen kamen. Eine Berliner jüdische Familie im Widerstand. Bonn 2006, S. 206.
- Hans Wolf: Peter Neuhof: Bewegende Zeugnisse einer schlimmen Zeit. Peter Neuhof liest aus seinem Buch >>Als die Braunen kamen<<. In: Wetterauer Zeitung. 21. November 2007, abgerufen am 23. November 2016 (auf der Webseite Friedberger Geschichtsverein e.V.).
- Juden in Frohnau. In: gedenktafeln-in-berlin.de. Abgerufen am 6. Januar 2018.
- AG Stolpersteine Reinickendorf: Angaben zum Stolperstein für Karl Neuhof. In: Koordinierungsstelle Stolpersteine Berlin. Abgerufen am 3. Januar 2018.
- Versteckt im Brotwagen. In: Gedenkstätte Stille Helden. Gedenkstätte Deutscher Widerstand, abgerufen am 5. Januar 2018.