Polizeipräsidium Alexanderplatz
Das Polizeipräsidium Alexanderplatz ist der ehemalige Sitz der Berliner Polizeipräsidenten und Teil der Zentralverwaltung der Berliner Polizei am Alexanderplatz.
Polizeipräsidium Alexanderplatz | |
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Alexanderplatz (v. l. n. r.: Lehrervereinshaus, | |
Daten | |
Ort | Berlin |
Baumeister | Hermann Blankenstein |
Baujahr | 1886–1890 |
Koordinaten | 52° 31′ 10,9″ N, 13° 24′ 55,2″ O |
Besonderheiten | |
Abriss in den 1950er Jahren |
Unter dieser Bezeichnung sind zwei Gebäude bekannt geworden:
- 1890–1945 Polizeipräsidium Alexander-/Dircksenstraße
- 1945–1990 Polizeipräsidium Keibelstraße (für Ost-Berlin)
Seit 1990 befindet sich das Gesamtberliner Polizeipräsidium am Platz der Luftbrücke, im Gebäude Alexanderplatz sind weiterhin Teile der Polizeiverwaltung untergebracht.
Polizeipräsidium Alexander-/Dircksenstraße
Geschichte
Das Polizeipräsidium Berlin Alexanderplatz ist in der deutschen bzw. preußischen Geschichte wegen seiner auffälligen Backsteinfassade auch als Rote Burg bekannt. Bereits 1885 plante die Reichshauptstadt diese Einrichtung als „deutsches Scotland Yard“.[1] 1886–1890 wurde der Ursprungsbau unter der Leitung des Berliner Stadtbaurates Hermann Blankenstein errichtet. Dieser Bau war damals neben dem Berliner Stadtschloss das größte Gebäude Berlins. Im Jahr 1900 folgte eine Erweiterung unter der Leitung von Paul Thoemer. 1933 wurde der Komplex Sitz der Berliner Gestapo. Im Zweiten Weltkrieg erlitt das Gebäude in den Jahren 1944 und 1945 bei alliierten Luftangriffen und der Schlacht um Berlin schwere Schäden und wurde nicht wiederaufgebaut. 1957 wurden die letzten Reste abgetragen, sodass ein Parkplatz entstand. Seit 2007 befindet sich auf dem Areal das Einkaufszentrum Alexa.
Gebäude und Organisation
Bereits 1896 verfügte das Präsidium über einen Erkennungsdienst, eine Bertillonsche Messkartei, ein Vermissten- und Vergehensregister und ab 1899 über ein eigenes Fotoatelier.[2] Der Polizeipräsident von Berlin war in Preußen mit der praktischen Führung sämtlicher polizeilichen und angegliederten Verwaltungsstrukturen beauftragt. Im Gebäude am Alexanderplatz befanden sich also nicht nur kommunale Polizeistrukturen, sondern auch Spezialabteilungen wie zum Beispiel die preußische Zensurbehörde. Die Aufgabenverteilung der Berliner Polizei war somit der Standard für Preußen und das spätere Deutsche Reich.
„Das auf drei Seiten freistehende Gebäude mißt an der Alexanderstraße, in der im ganzen geradlinigen Front 196 m, am Alexanderplatz 92 m und schließt sich an der dritten freien, der Stadtbahn zugewendeten Front den Krümmungen des Viadukts an. Es umschließt acht unbedeckte Höfe, die – soweit Büroräume an ihnen liegen – eine Breite von mindestens 17,50 m und eine Länge von 53 bis 60 m haben, und einen glasüberdeckten Mittelhof, der einen gegen Wetter geschützten Raum zum Verladen der Akten bzw. zu Versammlungen der Schutzmannschaft bildet und gleichzeitig eine Durchfahrt quer durch das Gebäude in annähernder Verlängerung der Kaiserstraße schafft.
Außer den verschiedenen Abteilungen der Polizeiverwaltung: Regierungsabtheilung (I), Gewerbeabtheilung (II), Bauabtheilung (III), der Kriminal- und Sittenpolizei (IV), dem Paßbüro und Gesindeamt (V), der Abteilung für Übertretungen (VI) und der Politischen Polizei ist in dem Gebäude noch das Zentralbüro, das Formularmagazin, die Polizei-Hauptkasse, die Sanitätskommission, ferner das Kommandobüro und die Reserve- und berittene Abteilung der Schutzmannschaft mit den notwendigen Stallungen und einer bedeckten Reitbahn, die Zentral-Telegraphenstation, das Polizeigefängnis mit den zugehörigen Verwaltungs- und Wirtschaftsräumen und endlich fünf Dienstwohnungen für den Polizei-Präsidenten und vier Oberbeamte sowie neun Dienstwohnungen für Unterbeamte untergebracht. Zur Bewältigung dieses Raumbedürfnisses war außer dem Kellergeschoß die Anlage von vier Stockwerken geboten. Die Wohnung des Polizei-Präsidenten und des Ober-Regierungsrats nehmen die Alexanderplatz-Front des Hauptgeschosses ein.
Drei Frontgebäude, vier Querflügel und zwei Zwischenflügel nehmen die Verwaltungsräume und die Dienstwohnungen auf, während ein besonderer fünfter Querflügel das Polizeigewahrsam für aufgegriffene Personen, und in fünf übereinanderliegenden Obergeschossen, wovon die drei oberen für Einzelhaft eingerichtet sind, die polizeilichen Gefängnisse für Männer enthält. Das Frauengefängnis nebst einer Wohnung für die Oberaufseherin liegt im vierten Stockwerk des Frontbaues an der Stadtbahn. Im ganzen gewähren die Gefängnisse Raum für 328 Männer und 94 Frauen. Die Stallungen und Wachtlokale für die berittene Schutzmannschaft schließen an den Gefängnisflügel als zwei besondere zweigeschossige Zwischenbauten mit dazwischen liegender glasüberdeckter Reitbahn an.“[3]
Polizeipräsidium Neue Königstraße/Keibelstraße
Geschichte
Das zweite Polizeipräsidium am Alexanderplatz, heute das Gebäude Bernhard-Weiß-Straße 6, wurde 1930–1931 für das Warenhaus-Unternehmen Rudolph Karstadt AG in der Neuen Königstraße errichtet[4] (siehe auch Vorgeschichte des Ortes). Da es sich schnell für ein Kaufhaus oder Lagergebäude als zu groß erwies, verkaufte Rudolph Karstadt das repräsentative Haus im Jahr 1934 für 15 Millionen Mark (kaufkraftbereinigt in heutiger Währung: rund 70 Millionen Euro) an das Reichsfinanzministerium. Danach zog hier das Statistische Reichsamt ein, das u. a. die jüdischen Einwohner Berlins statistisch erfasste und zentrale Informationen für die Kriegsführung sammelte.[5]
Der Bau erlitt am Ende des Zweiten Weltkriegs Zerstörungen und wurde ab 1947 wiederhergestellt. Der Sitz des Berliner Polizeipräsidenten befand sich bis zur Spaltung der Berliner Polizei im Jahr 1948 an wechselnden Orten im Sowjetischen Sektor der Viersektorenstadt Berlin. Als im Juli 1948 der demokratisch gewählte Magistrat Schroeder den 1945 von der SMAD eingesetzten Polizeipräsidenten Paul Markgraf (KPD, ab 1946 SED) wegen erheblicher Pflichtverletzungen suspendiert hatte, verblieb dieser mit sowjetischer Billigung im Amt und nahm seinen Sitz im bezugsfertigen Karstadt-Gebäude. Der vom Magistrat eingesetzte Polizeipräsident Johannes Stumm verlegte das Präsidium in die Friesenstraße im Amerikanischen Sektor. Mit der Spaltung der Berliner Polizei begann im Sommer 1948 die Spaltung Berlins.
Nutzung
Das ehemalige Kaufhaus diente bis 1990 als Zentralverwaltung der Volkspolizei in Ost-Berlin. Im Hof entstand 1951 die Untersuchungshaftanstalt UHA II. Deren Bau erstreckt sich über acht Etagen und verfügte über 100 Gefängniszellen. Die Verwaltung Groß-Berlin der Staatssicherheit verfügte im Gebäude über einen „ständig besetzten Stützpunkt“, der auch die UHA II nutzte.[6] Nach 1990 fanden in dem Gefängnisbau mindestens zwei Filmaufnahmen statt (für Männerpension und Das Leben der Anderen), weitere Nutzungen gab es bis 2007 nicht. Dann übernahm die Berliner Immobilien Management GmbH (BIM) die gesamte Immobilie und konnte sie für 47 Millionen Euro komplett sanieren.
In den ehemaligen Karstadt-Bau zog die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft ein. In mehreren Etagen in der Keibelstraße fanden neue Polizeidienststellen (Abschnitt 57) Platz, Hauptnutzer ist jedoch die BIM. Das erste Stockwerk wurde in Abstimmung mit dem Denkmalschutzamt im Jahr 2018 zum Lernort Keibelstraße umgestaltet und am 18. Februar 2019 eröffnet. Schüler der Altersgruppen 15–20 Jahre können die Zellen und die Ausstellung besichtigen und sich mit der Geschichte des Ortes sowie dem Schicksal einiger Gefangener (wie Norbert Bisky, Michael Brack oder Toni Krahl) intensiv beschäftigen.[7]
Die Hauptadresse des Gebäudes wechselte mehrfach. Erbaut wurde es an der Neuen Königstraße, diese wurde 1966 in Hans-Beimler-Straße und 1995 in Otto-Braun-Straße umbenannt. Durch den Bau eines Hotelkomplexes zwischen Straße und Gebäude wurde ein Teil der Straße abgetrennt und erhielt 2011 einen eigenen Namen, so wurde die Otto-Braun-Straße 27 zur Bernhard-Weiß-Straße 6. Die Eingänge an der rückwärtigen Seite des Gebäudes gehören unverändert zur Keibelstraße.
Weblinks
- Geschichte des Orts. Information zur Geschichte des Präsidiums der VP auf der Website Lernort Keibelstraße.
Einzelnachweise
- Jürgen Thorwald: Die Stunde der Detektive. Werden und Welten der Kriminalistik. Droemer Knaur, Zürich und München 1966, S. 31–33.
- Jürgen Thorwald (1966), S. 33 f.
- Berlin und seine Bauten mit 2150 Abbildungen im Text, 18 Lichtdrucktafeln, 1 Stichtafel und 4 Anlagen / bearb. und hrsg. vom Architekten-Verein zu Berlin und der Vereinigung Berliner Architekten. 1896, Band II und III, S. 125 ff.
- Keibelstraße 29–36. In: Berliner Adreßbuch, 1935, Teil 4, S. 397 (Karstadt, R. (A.G.) und Rettungsstelle).
- Historisches: Zum Gebäude an der Otto-Braun-Straße/Keibelstraße. berlin.de; abgerufen am 19. Februar 2019.
- Anne Kaminsky (Hrsg.): Orte des Erinnerns. Gedenkzeichen, Gedenkstätten und Museen zur Diktatur in SBZ und DDR. 2., überarbeitete und erweiterte Auflage. Links, Berlin 2007, ISBN 978-3-86153-443-3, S. 114.
- Martin Klesmann: Plan für einen schwierigen Ort. In: Berliner Zeitung, 19. Februar 2019, S. 11; Ehemaliges DDR-Gefängnis öffnet als Lernort.