Karl-Tauchnitz-Straße
Die Karl-Tauchnitz-Straße ist eine Straße im Musikviertel in der Südwestvorstadt von Leipzig. Sie wurde nach dem Leipziger Verleger und Theologen Carl Christian Philipp Tauchnitz (1798–1884) benannt und gilt als eine „wichtige Verbindungsstraße“.[1]
Karl-Tauchnitz-Straße | |
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Nördlicher Abschnitt der Karl-Tauchnitz-Straße westwärts (um 1900) | |
Basisdaten | |
Ort | Leipzig |
Ortsteil | Zentrum-Süd, Musikviertel |
Angelegt | Ende des 19. Jh. |
Hist. Namen | Carl-Tauchnitz-Straße |
Querstraßen | Friedrich-Ebert-Straße, Wilhelm-Seyfferth-Straße, Grassistraße, Ferdinand-Rhode-Straße, Edvard-Grieg-Allee, Beethovenstraße, Anton-Bruckner-Allee, Mozartstraße, Haydnstraße, Telemannstraße |
Bauwerke | Sächsische Akademie der Wissenschaften, Galerie für Zeitgenössische Kunst |
Nutzung | |
Nutzergruppen | ÖPNV |
Technische Daten | |
Straßenlänge | 1.596 m |
Lage
Die Karl-Tauchnitz-Straße liegt in den beiden Leipziger Ortsteilen Zentrum-Süd (ungerade Hausnummern) und Zentrum-West (gerade Nummern). Sie ist 1.596 Meter lang und verläuft bogenförmig von Nord nach Süd um das Musikviertel. Die Straße beginnt an der früheren Karl-Tauchnitz-Brücke an der Südwestecke des Innenstadtrings und führt zunächst nach Westen. Sie kreuzt die Friedrich-Ebert-/Wilhelm-Seyfferth-Straße, dann münden südlich Grassistraße und Ferdinand-Rhode-Straße ein. Am Kreisverkehr zur Edvard-Grieg-Allee, Beethovenstraße und Anton-Bruckner-Allee biegt die Karl-Tauchnitz-Straße nach Süden ab, danach münden östlich Mozartstraße, Haydnstraße und schließlich die Telemannstraße gegenüber dem westlich abgehenden Rennbahnweg ein, bis die Straße an der Kreuzung zur Wundtstraße endet und gegenüber als Mahlmannstraße weitergeführt wird. Im nördlichen Teil grenzt die Karl-Tauchnitz-Straße an den Johannapark. Im mittleren Abschnitt an den Clara-Zetkin-Park, vormals König-Albert-Park. Am südlichen Abschnitt der Karl-Tauchnitz-Straße liegt die Galopprennbahn Scheibenholz. Damit hat die Straße eine herausragende Lage, da sie fast in ihrer ganzen Länge an Parklandschaften angrenzt.
Geschichte
Die Straße wurde 1877 im Zuge der Planung und Erschließung des Musikviertels als (Halb-)Ringstraße konzipiert und ab 1880 als mit „Straße 1“ bezeichnete Platanen-Allee angelegt. 1885 wurde ihr der Namen „Carl-Tauchnitz-Straße“ gegeben, seit 1901 heißt sie „Karl-Tauchnitz-Straße“. Die Einmündung zur heutigen Friedrich-Ebert-Straße (ehem. Weststraße) bestand ursprünglich nicht. An dieser Stelle war noch ein nahtloser Übergang ohne Straßenquerung zum Johannapark gegeben. Die Einmündung entstand erst infolge der Luftangriffe auf das Musikviertel und die Westvorstadt im Zweiten Weltkrieg, als hier die Häuser Nr. 12, 14 und 16 zerstört worden waren und man nachfolgend die Straße bis zum Westplatz von Trümmern und Ruinen beräumte und durchgehend für den Verkehr ausbaute. Damit verkürzte sich seit 1964 auch die Strecke der Straßenbahnlinie vom Innenstadtring bis zum Westplatz Richtung Plagwitz. Zuvor wurden 1962 die Platanen im nördlichen Teilstück bis zum Johannapark (Friedrich-Ebert-Straße) gefällt und die Fahrbahn für den Straßenbahn- und Autoverkehr auf Kosten der Bürgersteige und der Vorgärten verbreitert (vgl. Bilder oben).
Der südliche Abschnitt der Karl-Tauchnitz-Straße ab der Haydnstraße mit einer Vielzahl historistischer Villenbauten war durch die Bombardierung zwischen 1943 und 1945 fast komplett zerstört worden. 1947 diente der nördliche Abschnitt der Karl-Tauchnitz-Straße dem Abtransport des Trümmerschutts via Ferdinand-Rhode-Straße und Wundtstraße zum Fockeberg durch die Leipziger Trümmerbahn.[2] Im Zuge dessen landeten die Ruinen der Straße wie auch die des Musikviertels auf diesem Trümmerberg. Insgesamt sind fast zwei Drittel (19 von 32 Villen) der ursprünglichen Bebauung der Straße durch Kriegsschäden und Sprengung der Ruinen in den Nachkriegsjahren verloren gegangen.[3] Darunter etliche Bauwerke der für Leipzig bedeutenden Architekten Peter Dybwad, (1859–1921) Max Pommer (1847–1915) und Arwed Roßbach (1844–1902). Zu oben anführten Zahlen sind noch einige Villenbauten zu addieren, die zwar entlang der Karl-Tauchnitz-Straße standen, aber als Eckbauten die Hausnummern der Querstraßen (siehe Infobox) hatten.
Bebauung und Rezeption in der Kunstgeschichte
Der Leipziger Kunstverleger Julius Zeitler bezeichnete im „Leipziger Kalender“ von 1906 die Villen in der Karl-Tauchnitz-Straße als „Butterkistchen, Renaissanceattrappen und Tafelaufsatzvillen“.[4] Allein die schlichte Villa Nauhardt bildete seiner Meinung nach eine Ausnahme im Ensemble der Prachtbauten. So verfügte die Straße in der Vorkriegszeit über eine große Anzahl von Villen:
- Karl-Tauchnitz-Str. 1: (Villa Klinkhardt) von Max Pommer für R. J. Klinkhardt – heute Sächsische Akademie der Wissenschaften
- Karl-Tauchnitz-Str. 2: (Villa Nauhardt) von Emanuel von Seidl für O. Nauhardt – von 1984 bis 1999 Musikschule „Ottmar Gerster“
- Karl-Tauchnitz-Str. 3: (Villa Schunk) von Max Pommer für H. Schunck
- Karl-Tauchnitz-Str. 4: (Villa Göhring) vermutlich von Max Pommer für W. Göhring
- Karl-Tauchnitz-Str. 5: (Villa Richter-Bruhm) von Peter Dybwad für P. Richter-Bruhm (Kriegsverlust)
- Karl-Tauchnitz-Str. 6: (Villa Harck) von Max Pommer für Julius Harck; prominenter Bewohner Fritz von Harck
- Karl-Tauchnitz-Str. 7: von Max Pommer für Hugo Reißig – heute Klinik für kosmetische & plastische Chirurgie
- Karl-Tauchnitz-Str. 8: (Villa Reißig) von Max Pommer für Hermann Reißig – von 1955 bis 1993 Literaturinstitut „Johannes R. Becher“
- Karl-Tauchnitz-Str. 9 bzw. Grassistraße 2: (Villa Ullmann) von Max Bösenberg für J. Ullmann (Kriegsverlust)
- Karl-Tauchnitz-Str. 10: (Villa Rentsch-Röder) für J. Rentsch-Röder von Peter Dybwad
- Karl-Tauchnitz-Str. 11: (Villa Credner bzw. Villa Herfurth) für Hermann Credner von Carl Weichardt und Bruno Eelbo; prominenter Bewohner Julius Edgar Herfurth – heute Galerie für Zeitgenössische Kunst
- Karl-Tauchnitz-Str. 12: (Villa Schmidt-Reißig) von Max Pommer für M. Schmidt-Reißig (Kriegsverlust) – denkmalgeschützte Remise erhalten, heute Büro- und Wohngebäude, jetzt Hausnummer 10b
- Karl-Tauchnitz-Str. 13: (Villa Oelßner) von Max Pommer für W. Oelßner (Kriegsverlust)
- Karl-Tauchnitz-Str. 14: (Villa Ariowitsch) für J. Lustig (Bauherr) und Max Ariowitsch (Kriegsverlust)
- Karl-Tauchnitz-Str. 15: (Villa Wölker) von Max Pommer für M. Wölker (Kriegsverlust)
- Karl-Tauchnitz-Str. 16: (Villa Arndt Meyer) von Peter Dybwad für A. Meyer (Kriegsverlust)
- Karl-Tauchnitz-Str. 17: (Villa Girbardt) von Max Pommer für H. Girbardt; prominenter Bewohner Alfred Freyberg (Kriegsverlust)
- Karl-Tauchnitz-Str. 19: (Villa Gruner) von Arwed Roßbach für C. R. Gruner (Kriegsverlust)
- Karl-Tauchnitz-Str. 21: (Villa Giesecke) von Max Hasak für G. Giesecke – 1945 bis 1956 Sitz des Volkskommissariats für Außenhandel der UdSSR in der SBZ bzw. DDR
- Karl-Tauchnitz-Str. 23: (Villa Langbein) von Max Pommer für O. Langbein
- Karl-Tauchnitz-Str. 25: (Villa Lieberoth-Leden) von Curt Nebel für M. Lieberoth-Leden – 1946 Hotelrestaurant der sowjetischen Militärkommandantur, 1959 umgebaut zur Psychotherapieklinik der Universität Leipzig
- Karl-Tauchnitz-Str. 27: (Villa Nachod) von Max Pommer für F. Nachod (Kriegsverlust)
- Karl-Tauchnitz-Str. 29: (Villa Rehwoldt) von Arwed Roßbach für F. Rewoldt, Fabrikant (Kriegsverlust)
- Karl-Tauchnitz-Str. 31 bzw. Robert-Schumann-Straße 14: (Villa Reiter) für R. Reiter (Kriegsverlust)
- Karl-Tauchnitz-Str. 33: (Villa Cichorius) von Max Pommer für J. E. Cichorius; prominente Bewohner Alfred Kröner und Wilhelm Klemm (Gedenktafel)
- Karl-Tauchnitz-Str. 35: (Villa Swiderski/Reclam) von Arwed Roßbach; prominente Bewohner Rudolf Swiderski und Hans Heinrich Reclam (kriegsbeschädigt, 1947 gesprengt)
- Karl-Tauchnitz-Str. 37: (Villa Fritzsche) für Ernst Traugott Fritzsche (Kriegsverlust)
- Karl-Tauchnitz-Str. 39: (Villa Kirchner) von Max Pommer für E. Kirchner (Kriegsverlust)
- Karl-Tauchnitz-Str. 41: von Max Pommer für Oelschlegelsche Erben (Kriegsverlust)
- Karl-Tauchnitz-Str. 43: (Villa Friedberg) von Max Pommer für E. Friedberg (Kriegsverlust)
- Karl-Tauchnitz-Str. 45: für Rehwoldt, Verleger (Kriegsverlust)
- Karl-Tauchnitz-Str. 47: (Villa Schmidt) von Peter Dybwad für R. Schmidt (Kriegsverlust)
- Karl-Tauchnitz-Straße 16 (Villa Arndt Meyer)
- Karl-Tauchnitz-Straße 16, Grundrisse
- Karl-Tauchnitz-Straße 37 (Villa Fritzsche)
- Karl-Tauchnitz-Straße 37, Grundrisse
- Karl-Tauchnitz-Straße 43 (Villa Friedberg)
- Karl-Tauchnitz-Straße 43, Grundrisse
Literatur
- Gina Klank, Gernot Griebsch: Lexikon Leipziger Straßennamen. Hrsg. vom Stadtarchiv Leipzig, Verlag im Wissenschaftszentrum Leipzig, Leipzig 1995, ISBN 3-930433-09-5, S. 119.
- Musikviertel e. V. (Hrsg.): Wohn- & Bürgerhäuser im Leipziger Musikviertel. Sax Verlag, Beucha 2007, ISBN 978-3-86729-010-4, S. 42–52, S. 80–82 (Kriegsverluste).
- Landesamt für Denkmalpflege Sachsen (Hrsg.): Stadt Leipzig, Band 1, Südliche Stadterweiterung. (= Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland, Denkmale in Sachsen.) Verlag für Bauwesen, Berlin 1998, ISBN 978-3-345-00628-9, S. 268 ff.
Weblinks
Einzelnachweise
- Karl-Tauchnitz-Straße im Leipzig-Lexikon. Abgerufen am 12. Juni 2012.
- Wohn- & Bürgerhäuser im Leipziger Musikviertel. Musikviertel e. V. (Hrsg.), Sax Verlag, Beucha 2007, ISBN 978-3-86729-010-4, S. 61
- Wohn- & Bürgerhäuser im Leipziger Musikviertel. Musikviertel e. V. (Hrsg.), Sax Verlag, Beucha 2007, ISBN 978-3-86729-010-4, S. 79–82 (Angaben zu den Wohngebäuden)
- Peter Guth, Bernd Sikora: Jugendstil & Werkkunst. Architektur um 1900 in Leipzig. Leipzig 2005, ISBN 3-361-00590-6, S. 69.