Kaliumantimonyltartrat
Kaliumantimonyltartrat, auch Brechweinstein (auch kurz Tartrat bzw. Tartarus, früher auch Stibium-Kalium-tartaricum, genannt), ist eine gesundheitsschädliche, namentlich brechreizerregend wirkende chemische Verbindung. Sie wird durch Sättigen von gereinigtem Weinstein mit Antimonoxid erhalten und bildet farblose, durchsichtige, glänzende Kristalle, die an der Luft bald undurchsichtig und weiß werden. Es ist ein Salz der Weinsäure.
Strukturformel | ||||||||||||||||||||||
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Allgemeines | ||||||||||||||||||||||
Name | Kaliumantimonyltartrat | |||||||||||||||||||||
Andere Namen |
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Summenformel | K2Sb2C8H4O12· 3 H2O | |||||||||||||||||||||
Kurzbeschreibung |
farblose, süßlich schmeckende Kristalle[1] | |||||||||||||||||||||
Externe Identifikatoren/Datenbanken | ||||||||||||||||||||||
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Eigenschaften | ||||||||||||||||||||||
Molare Masse | 667,85 g·mol−1 | |||||||||||||||||||||
Aggregatzustand |
fest | |||||||||||||||||||||
Dichte |
2,6 g·cm−3[2] | |||||||||||||||||||||
Schmelzpunkt | ||||||||||||||||||||||
Löslichkeit | ||||||||||||||||||||||
Sicherheitshinweise | ||||||||||||||||||||||
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MAK |
nicht festgelegt, da krebserzeugend[2] | |||||||||||||||||||||
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen. |
Im 16. Jahrhundert stellte Paracelsus durch Kalzination von mit Weinsteinlösung versetztem Antimonoxid Brechweinstein her und setzte diesen als Ätzmittel und als Wundtrank bei Geschwüren ein.[4]
Verwendung
Kaliumantimonyltartrat wurde früher in Dosen von 20–30 mg als Brechmittel verabreicht, das ca. 10 min nach Einnahme Übelkeit und Erbrechen hervorruft. Im Verdauungstrakt stimuliert es enterochromaffine Zellen zur Sekretion von Serotonin, das wiederum über 5-Hydroxytryptamin-Typ-3-Rezeptoren Erbrechen induziert.[5]
Eine bekannte Arznei war ein auf Basis von Kaliumantimonyltartrat (früher als Tartarus stibiatus[6] bezeichnet) zubereiteter Brechwein (aqua benedicta rulandi oder „Rulandswasser“ nach Martin Ruland dem Älteren), der sich bis ins 19. Jahrhundert in Arzneibüchern fand.[7][8]
In der Textil- und Leder-Industrie wird Brechweinstein als Beizmittel gebraucht.
Toxikologie
Wegen seiner Giftigkeit sollte Brechweinstein nicht mehr in der Humanmedizin verwendet werden. Eine Einzeldosis von 200 bis 1200 mg kann tödlich sein. Die Giftigkeit beruht vor allem auf der Freisetzung von Antimon. Dieses erzeugt ähnliche toxische Symptome wie Arsen. Es bindet an Thiol-Gruppen von Enzymen und inaktiviert sie. Besonders betroffen ist die Pyruvat-Dehydrogenase, was zu einer Störung der ATP-Produktion führt. Besonders betroffen ist der Magen-Darmtrakt, die Leber[9], die Nieren, das Herz[10] und das Nervensystem. Vergiftungen kommen vor, weil Brechweinstein in manchen Entwicklungsländern noch immer bei Alkoholikern zur Brechreizauslösung oder zur Bekämpfung tropischer Parasiten verwendet wird.[11]
Einzelnachweise
- Eintrag zu Brechweinstein. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 22. Dezember 2014.
- Eintrag zu Kaliumantimonyltartrat in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 1. Februar 2016. (JavaScript erforderlich)
- Nicht explizit in Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 (CLP) gelistet, fällt aber mit der angegebenen Kennzeichnung unter den Gruppeneintrag antimony compounds, with the exception of the tetroxide (Sb2O4), pentoxide (Sb2O5), trisulphide (Sb2S3), pentasulphide (Sb2S5) and those specified elsewhere in this Annex im Classification and Labelling Inventory der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA), abgerufen am 1. Februar 2016. Hersteller bzw. Inverkehrbringer können die harmonisierte Einstufung und Kennzeichnung erweitern.
- Friedrich Dobler: Die chemische Fundierung der Heilkunde durch Theophrastus Paracelsus: Experimentelle Überprüfung seiner Antimonpräparate. In: Veröffentlichungen der Internationalen Gesellschaft für Geschichte der Pharmazie, Neue Folge, 10, 1957, S. 76–86, hier: S. 84.
- Wendy Macías Konstantopoulos, Michele Burns Ewald, Daniel S. Pratt: Case 22-2012: A 34-Year-Old Man with Intractable Vomiting after Ingestion of an Unknown Substance. In: New England Journal of Medicine. 367, 2012, S. 259–268.
- Axel W. Bauer: Therapeutik, Therapiemethoden. In: Werner E. Gerabek, Bernhard D. Haage, Gundolf Keil, Wolfgang Wegner (Hrsg.): Enzyklopädie Medizingeschichte. De Gruyter, Berlin/ New York 2005, ISBN 3-11-015714-4, S. 1388–1393; hier: S. 1389.
- Robley Dunglison: Medical lexicon: A Dictionary of Medical Science. Blanchard & Lea, Philadelphia 1856, S. 906 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- Louis Posner: Handbuch der klinischen Arzneimittellehre. Hirschwald, Berlin 1866, S. 517 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- G J Zhang, Z Ye: Cardiac dysfunction and toxic hepatitis from a single injection of superhigh dose of potassium antimony tartrate mistaken for glucose solution. In: Zhonghua Nei Ke Zazhi. Band 10, 1962, S. 535 - 536.
- S Sundar, J D Berman, P M Rainey, N K Agrawal, R Srivastava: A cluster of cases of severe cardiotoxicity among kala-azar patients treated with a high-osmolarity lot of sodium antimony gluconate. In: The American Journal of Tropical Medicine and Hygiene. Band 59, Nr. 1, 1. Juli 1998, ISSN 0002-9637, S. 139–143, doi:10.4269/ajtmh.1998.59.139 (ajtmh.org [abgerufen am 11. Februar 2021]).
- Wendy Macías Konstantopoulos, Michele Burns Ewald, Daniel S. Pratt: Case 22-2012: A 34-Year-Old Man with Intractable Vomiting after Ingestion of an Unknown Substance. In: New England Journal of Medicine. Band 367, Nr. 3, 19. Juli 2012, ISSN 0028-4793, S. 259–268, doi:10.1056/NEJMcpc1111580 (nejm.org [abgerufen am 11. Februar 2021]).