K9 Thunder
Die K9 Thunder ist eine in Südkorea entwickelte Panzerhaubitze. Das dazugehörige Ladefahrzeug wird als K10 Ammunition Resupply Vehicle (ARV) bezeichnet.
K9 Thunder | |
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Allgemeine Eigenschaften | |
Besatzung | 5 (Kommandant, Fahrer, Richtschütze, 2 Ladeschützen) |
Länge | 12 m |
Breite | 3,4 m |
Höhe | 2,73 m |
Masse | K9: 47 Tonnen T-155: 56 Tonnen |
Panzerung und Bewaffnung | |
Panzerung | Panzerstahl |
Hauptbewaffnung | Hyundai WIA CN98 155-mm-Haubitze L/52 |
Sekundärbewaffnung | 12,7-mm-K6 MG |
Beweglichkeit | |
Antrieb | 8-Zylinder-Diesel MTU MT 881 Ka-500 735 kW (1000 PS) |
Federung | hydropneumatisch |
Geschwindigkeit | 67 km/h |
Leistung/Gewicht | 16 kW/t |
Reichweite | 480 km |
Entwicklung
Die K9 entstand aufgrund einer Forderung der südkoreanischen Streitkräfte. Diese wollten mit einer neuen Panzerhaubitze die M109A2-Panzerhaubitze ersetzen. Der Entwicklungsauftrag der K9 wurde Hanwha Defense bzw. Samsung Techwin zugesprochen. Die Entwicklung des Geschützes begann 1989. Im Jahre 1994 wurde der erste Prototyp vorgestellt. Der Vertrag zur Serienfertigung von 1136 Fahrzeugen wurde am 22. Dezember 1998 unterzeichnet und die ersten Einheiten wurden 1999 ausgeliefert.[1]
Technik
Fahrzeug
Der Aufbau der K9 entspricht dem einer klassischen Panzerhaubitze mit einer Fahrzeugwanne und einem Waffenturm. Der Motor befindet sich im Wannenbug links. Die Konstruktion der K9 besteht aus geschweißten Panzerstahlplatten mit einer Materialstärke von maximal 19 mm. Diese bieten Schutz vor 14,5×114-mm-Munition und Splittern von 155-mm-Artilleriegranaten. Das Laufwerk ist ein Stützrollenlaufwerk mit 6 Lauf- und 3 Stützrollen je Seite. Die Kette ist eine Verbinderkette, die mit Gummipolstern ausgestattet werden kann. Zum Einsatz kommt ein hydropneumatisches Fahrwerk. Der Fahrerplatz befindet sich vorne rechts neben dem Motor. Der Rest der Besatzung ist im hinteren Teil des Fahrzeuges im Bereich des Waffenturmes untergebracht. Das Auf- und Absitzen der Besatzung erfolgt durch eine Tür im Wannenheck. Die Fahrzeuge K9, K10 und K77 verfügen über ABC-Schutz. Zur Selbstverteidigung ist auf dem Turmdach auf einer Drehlafette ein K6-Maschinengewehr mit 500 Schuss montiert.[2]
Die K9 erreicht auf der Straße eine maximale Fahrgeschwindigkeit von 67 km/h und hat eine Reichweite von bis zu 480 km. Das Artilleriesystem ist geländegängig und kann Steigungen von bis zu 60 % überwinden. Die maximal zulässige Querneigung liegt bei 30 %. Das Fahrzeug kann Gewässer mit einer maximalen Tiefe von 1,5 m und Gräben von bis zu 2,8 m Breite überwinden. Die Bodenfreiheit beträgt über 41 cm.[3]
Im September 2020 entschied die südkoreanische DAPA (Defense Acquisition Program Administration), den deutschen Motor MTU MT 881 Ka-500 durch einen aus heimischer Produktion zu ersetzen. Die Vereinigten Arabischen Emirate zeigten Interesse für die K9 Thunder, allerdings konnte Hanwha Defense die mit einem aus Deutschland gelieferten Motor ausgerüstete Artilleriewaffe wegen der Ablehnung der deutschen Bundesregierung nicht in die Emirate exportieren.[4]
Geschütz
Als Geschütz kommt eine Weiterentwicklung der 155-mm-Haubitze KH-179 mit 52 Kaliberlängen (L/52) zum Einsatz. Der Seitenrichtbereich des Geschützes beträgt 360°. Der Höhenrichtbereich liegt bei −2,5 bis +70°. Bei der Rohrwiege sind am Geschützrohr zwei hydropneumatische Rohrbremsen und Rohrvorholer montiert. Etwa in Rohrmitte ist ein Rauchabsauger installiert. Am Rohrende ist eine Mehrkammer-Mündungsbremse angebracht, die den Rückstoß mindert. Die Ladungskammer hat ein Volumen von 23 Litern und verfügt über einen Schraubenverschluss. Geschütz und Geschosse erfüllen die Vorgaben des Joint Ballistics Memorandum of Understanding (JBMOU) der NATO. Im Waffenturm sind in zwei Magazinen 48 Geschosse und die dazugehörigen Treibladungen untergebracht. Das Geschütz ist mit einem halbautomatischen Ladesystem ausgerüstet. Das Ladesystem führt die Geschosse zu und setzt sie im Rohr an; die Treibladungen legt ein Bediener ein. Die Treibladungsanzünder werden automatisch in den Verschlussblock zugeführt.[1][5]
Mit dem Ladesystem können innerhalb von 10 Sekunden 3 Schuss abgefeuert werden. Danach können weitere 6–8 Schuss innerhalb einer Minute abgefeuert werden. Somit kann eine Batterie mit vier K9 innerhalb einer Minute über 1,6 Tonnen Munition ins Ziel bringen. Für anhaltendes Feuer ist aufgrund der thermischen Belastung des Rohres die Schussfolge auf 2–3 Schuss pro Minute begrenzt. K9 kann mehrere Geschosse nacheinander so abfeuern, dass alle Geschosse gleichzeitig im Ziel eintreffen (MRSI).[1][5][6]
Munition
K9 verwendet getrennt geladene Munition mit variablen Treibladungsbeuteln (Zonenladungen). Das heißt, das Geschoss und die Treibladung werden nacheinander geladen. Primär kommt das von der Poongsan Corporation entwickelte modulare K676/K677-Treibladungssystem zum Einsatz. Dieses besteht aus kombinierbaren Ladungsbeuteln. Daneben können auch die NATO-Standard-Treibladungen sowie die DM72-Treibladungen verwendet werden. Mit der K9 werden Geschosse von Poongsan Corporation angeboten. Daneben kann die K9 nahezu die gesamte 155-mm-NATO-Munition verschießen.[6]
Die südkoreanischen K9 verwenden die folgende Munition von der Poongsan Corporation:
Name | Geschosstyp | Gewicht | Füllung | Schussdistanz |
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KM107 (M107) | Sprenggranate | 41,6 kg | 6,6 kg TNT | 18,8 km |
K307 (HE-ER BB) | Sprenggranate mit Base Bleed | 46,4 kg | TNT | 41 km |
K310 | Cargogeschoss mit Base Bleed | 46,8 kg | 49 Hohlladungs-Bomblets | 36 km |
KM549A1 (M549A1) | Sprenggranate mit Raketenantrieb | 42,7 kg | TNT | 30,1 km |
K315 (HE-ER RA/BB) | Sprenggranate mit Base Bleed und Raketenantrieb | 47,6 kg | 4,6 kg TNT | 56 km |
Ebenso stehen für die K9 Nebelgeschosse, Leuchtgeschosse sowie Exerzier- und Übungsgeschosse zur Verfügung. Weiter kann die K9 auch Extended-Range-Full-Bore-Geschosse verschießen. So wurden bei Tests mit M9703-V-LAP-Geschossen von Rheinmetall und Denel-Munition Schussdistanzen von rund 60 km erreicht.
Versorgungsfahrzeug
Das K10-Versorgungsfahrzeug wurde zur Aufmunitionierung des K9-Geschützes entwickelt und basiert auf dessen Chassis. Der Nachladeprozess ist vollautomatisiert, kein Soldat muss sich feindlichem Feuer oder ABC-Gefahr aussetzen. Das K10 ARV besitzt dazu eine Art „Rüssel“, der in das Heck der K9-Haubitze gesteckt wird. Über diese Rampe wird die Munition in die Haubitze transportiert. Dazu wählt ein automatischer Mechanismus im K10 die Granaten und Treibladungen aus und legt sie auf die Förderrampe. Diese befördert die Munition dann in die Haubitze. Dort wird sie von einer weiteren Automatik in das Munitionslager gesteckt. Das K10-Versorgungsfahrzeug kann 104 Geschosse und 504 Treibladungen mitführen.[10]
Batterie-Kommandoposten
Der Batterie-Kommandoposten K77 basiert auf dem gleichen Chassis wie die K9. K77 dient als Feuerleitstand für den autonomen oder verbundenen Einsatz. Das Fahrzeug wiegt 20 Tonnen und die Bedienung besteht aus sechs bis zehn Personen.[6]
Varianten
- K9 Thunder: 1. Serien- und Exportversion aus dem Jahr 1999.
- K9A1 Thunder: 2. Serien- und Exportversion aus dem Jahr 2018. Mit verbessertem Feuerleitsystem, neuem Navigationssystem mit INS und GPS, V0-Messanlage, Frontinfrarotkamera, Heckkamera und Hilfstriebwerk am Waffenturm. Reduzierte Besatzung von vier Personen.[6]
- K9A2 Thunder: Prototyp mit vollautomatischem Waffenturm und einer Besatzung von drei Personen. Hartverchromte Innenseite des Geschützrohres. Größere Schusskadenz sowie CRT (Composite rubber tracks).
- K9A3 Thunder: Projekt mit vollautomatischem Waffenturm und einem Geschütz mit 58 Kaliberlängen (L/58) sowie mit autonomer Fähigkeit (MUM-T(Manned-Unmanned-Teaming)).
Einsätze
Bürgerkrieg in Syrien
Die türkischen Streitkräfte setzten die K9-Ausführung T-155 Fırtına Ende 2007 bis Januar 2008 zum Beschuss von PKK-Stellungen im Norden Iraks ein.[11] Einige der Geschütze werden seit Februar 2016 an der syrisch-türkischen Grenze eingesetzt, um Positionen der kurdischen PYD und der Terrororganisation „IS“ zu beschießen.[12][13] Die Fahrzeuge unterstützten vom Grenzgebiet aus die türkische Militäroffensive in Nordsyrien 2016/17. Dabei soll es PYD-Kämpfern gelungen sein, mehrere T-155 mit Panzerabwehrlenkwaffen zu zerstören.[14] Des Weiteren wurden Fırtına-Haubitzen bei der Schlacht um Mossul im Irak eingesetzt.[15][16]
Bombardement von Yeonpyeong 2010
Die südkoreanischen K9 erlebten ihre Feuertaufe während des Bombardements von Yeonpyeong am 23. November 2010. Auf der Insel waren zu Beginn sechs Panzerhaubitzen stationiert. Drei davon verschossen ungefähr 80 Granaten auf nordkoreanische Stellungen. Zwei K9 waren durch vorhergegangenen nordkoreanischen Beschuss kampfunfähig und eine Haubitze hatte eine Ladehemmung.[17]
Export
Die K9 entwickelte sich für Hanwha Defense überraschend zu einem gefragten Exportmodell. Mit einem Stückpreis von rund 3,8 Millionen USD ist die K9 preiswerter als vergleichbare Panzerhaubitzen aus Europa oder den Vereinigten Staaten. So kann Hanwha Defense neben den bestehenden Exportkunden Tests und Evaluationen in Ägypten, Malaysia, Spanien sowie weiteren Staaten vermelden.[18][19][20][21][22]
- Ägypten: Bestellung von 200 K9 und K10 im Wert von 1,7 Mrd. US-Dollar.[23]
- Australien: Die australische Regierung hat sich im September 2020 im Rahmen des Land-8116-Programms für die Beschaffung von 30 K9A1 Thunder sowie 15 K10 entschieden. Das Auftragsvolumen beträgt rund 850 Millionen USD. Lokale Bezeichnung AS9 Huntsman.[24][10]
- Estland: 12 gebrauchte K9 von der südkoreanischen Armee im Jahr 2018 bestellt. Im Jahr 2020 weitere 12 K9 bestellt.[25][26]
- Finnland: 48 gebrauchte K9 von der südkoreanischen Armee.[27] Auslieferung ab 2017. Lokale Bezeichnung K9 Moukari. Bestellung von 10 weiteren K9 in 2021.
- Indien: 100 Stück werden von Larsen and Toubro Limited (L&T) produziert.[28][29][30] Bestellung von weiteren 200 Stück in 2022.[31] Lokale Bezeichnung lautet K9 Vajra-T.
- Norwegen: 24 K9A1 und 6 K10 mit der Option auf weitere 24 K9. Auslieferung ab 2019. Lokale Bezeichnung K9 Vidar.
- Polen: 120 K9-Chassis für AHS Krab
- Südkorea: K9 – 1200+ Stück und K10. Werden nachgerüstet auf den Stand K9A1.[32]
- Türkei: Die Türkei produzierte 300 K9 in Lizenz (die ersten acht Fahrzeuge wurden in Südkorea produziert). Gegenüber dem Ursprungsmodell verfügen diese Modelle über ein in der Türkei entwickeltes Feuerleitsystem sowie über einen abgeänderten Waffenturm. Lokale Bezeichnung T-155 Fırtına.
Weblinks
- Bilder der K9 auf naver.com
Einzelnachweise
- Army-Guide.com: K9 THUNDER.
- K9 Thunder self-propelled howitzer tracked armoured Samsung South Korea Korean Army technical data. In: army-guide.com. Army-Guide, abgerufen am 7. November 2017 (englisch).
- K9 155-mm self-propelled howitzer. In: military-today.com. Military Today, abgerufen am 7. November 2017 (englisch).
- South Korea wants to boost the notoriety of its K9 155mm self-propelled howitzer. In: armyrecognition.com. Army Recognition, 15. September 2020, abgerufen am 17. September 2020 (englisch).
- Truppendienst.eu: Aus heiterem Himmel.
- Hanwha-Defense.co.kr: K9 Thunder self-propelled howitzer.
- Ares Global.com: Ammunition.
- Edepro.com: 155mm Hybrid Rocket Assist – Base Bleed Artillery Projectile.
- Aerospace Sciences & Aviation Technology: Ballistic analysis of a projectile provided with base bleed unit.
- Hanwha to build self-propelled howitzers in Geelong. In: australiandefence.com.au. Australien Defence Magazine, 3. September 2020, abgerufen am 6. September 2020 (englisch).
- Staatssekretariat für die Verteidigungsindustrie: Weapon systems & Ammunition (Memento vom 31. März 2010 im Internet Archive) (PDF; 1,8 MB) abgerufen am 3. März 2010
- Turkish artillery starts shelling PYD positions west of the Euphrates. Daily Sabah, 17. November 2016.
- Türkische Artillerie greift offenbar IS und Kurden an. Spiegel.online 22. August 2016
- Southfront.org: Pro SDF-Sources Circulate old photo of destroyed Turkish howitzer as alleged result of recent clashes in northern syria.
- Türkei greift mit Artillerie in Mossul-Offensive ein. Spiegel.online, 24. Oktober 2016.
- Turkey plays game-changer role in Mosul operation. Daily Sabah, 17. Oktober 2016.
- Lee Tae-hoon: Extent of NK damage remains uncertain. The Korea Times, 26. November 2010, abgerufen am 26. November 2010 (englisch).
- Rethink of Defence projects to save billions, ABC Online. 3. Mai 2012.
- L&T, Samsung join hands for India's Howitzer artillery. In: The Times Of India, 29. März 2012.
- Denmark restarts artillery purchase. 26. November 2015.
- Norway downselects artillery contenders. 4. Februar 2016. Archiviert vom Original am 25. Oktober 2016 Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis..
- Jun Ji-hye: Hanwha in talks with 7 nations to sell K-9 howitzers. In: koreatimes.co.kr. The Korea Times, 15. Juni 2016, abgerufen am 15. Juni 2016 (englisch).
- Egypt buys K9 howitzers from South Korea. Defenceweb, 2. Februar 2022, abgerufen am 2. Februar 2022 (englisch).
- Korean Investors.com: Hanwha Defense named preferred supplier of howitzers to Australia.
- Allgemeine Schweizerische Militärzeitschrift: April 2017, Seite 41, Estland – Neue Haubitzen, abgerufen am 8. Mai 2017
- Koreatimes.co.kr: K9 delivery remains undaunted amid COVID-19 crisis.
- Nicholas de Larrinaga: Finland buys K9 howitzers from South Korea. DefenceNews, 15. Mai 2017, abgerufen am 15. Mai 2017 (englisch).
- Indian Army Inducts Two New Artillery Systems. Abgerufen am 20. Februar 2020.
- Vivek Raghuvanshi: India’s Larsen & Toubro to deliver 100 howitzers to Indian Army. IHS Jane’s Defence Weekly, 9. Oktober 2015, abgerufen am 20. Juni 2016 (englisch).
- Indian Army will induct 145 M777 towed howitzers and 100 K9 self-propelled howitzers in 2020. armyrecognition.com, 6. Januar 2020, abgerufen am 11. Januar 2020 (englisch).
- What’s behind a massive order for Made-in-India howitzers. India Today, 23. Januar 2022, abgerufen am 25. Januar 2022 (englisch).
- Sebastien Roblin: Meet the K-9 Thunder: South Korea’s Giant Artillery Gun (Aimed at North Korea). The National Interest, 26. Oktober 2019, abgerufen am 11. Januar 2020 (englisch).