Jean (Luxemburg)
Jean von Nassau (* 5. Januar 1921 auf Schloss Berg in Colmar-Berg; † 23. April 2019 in Luxemburg[1][2]) war von 1964 bis 2000 Großherzog von Luxemburg, Herzog von Nassau. Im deutschsprachigen Raum wurde er auch Johann genannt.
Leben
Kindheit und Jugend
Prinz Jean wurde als ältester Sohn der Großherzogin Charlotte von Luxemburg und des Prinzen Felix von Bourbon-Parma geboren.
Ab 1934 besuchte der Prinz ein privates katholisches Internat der Benediktiner im englischen Ampleforth und wurde am 5. Januar 1939 nach Vollendung des 18. Lebensjahres zum Erbgroßherzog ernannt. Während des Zweiten Weltkriegs befand sich die großherzogliche Familie zusammen mit der Regierung im Exil in Kanada und Großbritannien.[3]
Nachdem Erbgroßherzog Jean an der kanadischen Universität Laval (Québec) studiert hatte, trat er am 29. November 1942 in das britische Regiment der „Irish Guards“ ein und war als Offizier an der Befreiung des Kontinents beteiligt. Am 11. Juni 1944 landete er in der Normandie und beteiligte sich an der Schlacht um Caen und der Befreiung Brüssels. Am 10. September 1944, dem Tag der Befreiung der Stadt Luxemburg, wurde Erbgroßherzog Jean nach Luxemburg abkommandiert, wo er am Nachmittag von der Bevölkerung begeistert empfangen wurde.
Am 13. September 1944 kehrte er zu seiner Einheit zurück und nahm an der Operation Market Garden um Arnheim und der Abwehr der deutschen Ardennenoffensive teil. Ende Januar 1945 war er an der Eroberung des Reichswaldes nordwestlich von Wesel beteiligt und blieb bis zum Ende der Kampfhandlungen bei den alliierten Truppen in Deutschland.[4]
Ehe und Familie
Erbgroßherzog Jean heiratete am 9. April 1953 in der Kathedrale von Luxemburg die über 6 Jahre jüngere belgische Prinzessin Joséphine Charlotte, Tochter des belgischen Königs Leopold III. und dessen erster Gattin Astrid von Schweden, sowie Schwester der beiden belgischen Könige Baudouin I. und Albert II., welche am 10. Januar 2005 77-jährig nach einem langen Krebsleiden starb. Aus dieser Ehe gingen fünf Kinder hervor:
- der seit 2000 regierende Großherzog und ehemalige Erbgroßherzog Henri (* 1955), der fünf Kinder und fünf Enkel hat
- Prinzessin Marie-Astrid (* 1954), (⚭ Carl Christian Erzherzog von Österreich), die fünf Kinder und drei Enkel hat
- Prinzessin Margaretha (* 1957), (⚭ Nikolaus von Liechtenstein), die vier Kinder bekam, wovon eins verstorben ist
- Prinz Jean (* 1957), der vier Kinder hat
- Prinz Guillaume (* 1963), der vier Kinder hat
Offizielle Aufgaben
Als Erbgroßherzog
Am 28. April 1961 ernannte Großherzogin Charlotte Erbgroßherzog Jean zu ihrem Statthalter, wodurch er stellvertretend für seine Mutter die Amtsgeschäfte des luxemburgischen Staatsoberhauptes wahrnahm.
Nach der Abdankung seiner Mutter am 12. November 1964 bestieg Großherzog Jean den Thron und leistete am gleichen Tag den von der Verfassung vorgeschriebenen Eid vor der Abgeordnetenkammer.[5]
Die Zeit als Großherzog
Großherzog Jean übte sein Amt mit äußerster Diskretion aus, um seine Rolle als überparteiliche Symbolfigur der Einheit und Unabhängigkeit des Staates nicht zu gefährden.
Während seiner Amtszeit entwickelte sich Luxemburg von einem Industrie- und Agrarland, dessen Wohlstand besonders auf der Stahlindustrie basierte, zu einem modernen Dienstleistungszentrum (siehe auch: Wirtschaftsgeschichte Luxemburgs). So siedelten sich ab Ende der sechziger Jahre die ersten internationalen Banken in Luxemburg an und östlich des historischen Stadtkerns der Hauptstadt wurde ein 350 Hektar großes Areal für Einrichtungen der Europäischen Gemeinschaft/ Europäischen Union erschlossen, auf dem sich heute beispielsweise das Europäische Parlament oder der Gerichtshof der Europäischen Union befinden. Dieser neue Stadtteil, der sich durch eine hypermoderne Architektur auszeichnet, heißt Kirchberg und ist nicht weit entfernt vom Findel, dem internationalen Flughafen von Luxemburg.
Abdankung und letzte Jahre
Großherzog Jean, unter dessen Amtszeit Luxemburg 1989 den hundertfünfzigsten Jahrestag der völkerrechtlich verbindlichen Anerkennung seiner Unabhängigkeit und den hundertsten Jahrestag der Thronbesteigung des Hauses Nassau-Weilburg feierte, übertrug im März 1998 die laufenden Amtsgeschäfte an Erbgroßherzog Henri, um schließlich am 7. Oktober 2000 auf die Krone des Großherzogtums zu verzichten.[6] Nach seiner Abdankung zog er aus Schloss Berg in das Schloss Fischbach um, das einst seine Mutter bewohnt hatte.
Kurz vor Ostern 2019 wurde er wegen Lungenentzündung ins Krankenhaus gebracht, erholte sich aber nicht mehr und verstarb am Dienstag nach Ostern im Alter von 98 Jahren.[7] Das feierliche Requiem in der Kathedrale von Luxemburg mit anschließender Beisetzung in der Krypta fand am 4. Mai 2019 statt.
Titel
Sein vollständiger Name lautet Jean Benoît Guillaume Robert Antoine Louis Marie Adolphe Marc d’Aviano von Nassau. In seiner Amtszeit führte er die Titel „Seine Königliche Hoheit Jean, Großherzog von Luxemburg, Herzog von Nassau, Prinz von Bourbon-Parma, Pfalzgraf bei Rhein, Graf zu Sayn, Königstein, Katzenelnbogen und Diez, Burggraf von Hammerstein, Herr von Mahlberg, Wiesbaden, Idstein, Merenberg, Limburg und Eppstein“.[8]
Vorfahren
Ahnentafel Jean, Großherzog von Luxemburg (1964–2000) | ||||||||
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Ururgroßeltern |
Herzog |
Charles Ferdinand de Bourbon, |
König |
Erbprinz |
Herzog |
Prinz |
König |
Erbprinz |
Urgroßeltern |
Herzog |
König |
|
König | ||||
Großeltern |
Herzog Robert I. (Parma) |
| ||||||
Eltern |
Prinz Felix von Bourbon-Parma (1893–1970) | |||||||
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Literatur
- Marc Thill, Jean-Paul Schneider, Wolf von Leipzig: Hommage Grand-Duc Jean. 1921-2019. Editions Saint-Paul, Luxemburg 2019, ISBN 978-99959-2-041-8.
Weblinks
Einzelnachweise
- https://www.bunte.de/royals/royals-weltweit/grossherzogtum-luxemburg/jean-von-luxemburg-das-grossherzogtum-trauert-der-ex-monarch-ist-tot.html
- Veröffentlichung der offiziellen Todesnachricht durch den amtierenden Großherzog Henri
- Regierung des Großherzogtum Luxemburg (Hrsg.): Die großherzogliche Familie von Luxemburg. 2003, ISBN 2-87999-017-3, S. 24 (public.lu [PDF; abgerufen am 25. September 2019]).
- Regierung des Großherzogtum Luxemburg (Hrsg.): Die großherzogliche Familie von Luxemburg. 2003, ISBN 2-87999-017-3, S. 25 (public.lu [PDF; abgerufen am 25. September 2019]).
- Regierung des Großherzogtum Luxemburg (Hrsg.): Die großherzogliche Familie von Luxemburg. 2003, ISBN 2-87999-017-3, S. 26 (public.lu [PDF; abgerufen am 25. September 2019]).
- Biografie von Großherzog Henri auf monarchie.lu (französisch)
- Grand Duke Jean Passes away
- Jean Grand-Duc de Luxembourg. Editions Luxnews 1986, .
Vorgängerin | Amt | Nachfolger |
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Charlotte | Großherzog von Luxemburg 1964–2000 | Henri |