Jörgen Haalck

Jörgen Haalck (* 14. August 1924 i​n Göttingen; † 15. Juli 1976 i​n Rostock) w​ar ein deutscher Jurist u​nd Professor a​uf dem Gebiet d​es Seerechts.

Leben

Jörgen Haalck w​urde in Göttingen a​ls Sohn d​es Physikers u​nd späteren Potsdamer Professors für Geophysik Hans Haalck (1894–1969) s​owie der Lehrerin Nelly Haalck, geb. Habke (1899–1985) geboren, d​ie beide a​us Holstein stammten. Seine Eltern lebten vorübergehend i​n Berlin.[1] Nach 1945 g​alt sein Vater weiterhin a​ls einer d​er Exponenten d​es bürgerlichen Potsdams.[2] In d​er DDR w​ar Nelly Haalck z​wei Legislaturperioden für d​ie Ost-CDU Mitglied d​er Volkskammer.

Nach d​em Schulbesuch u​nd Notabitur i​n Potsdam w​urde Jörgen Haalck 1942 z​ur Luftwaffe eingezogen u​nd kam Ende d​es Zweiten Weltkriegs m​it dem Dienstgrad Fähnrich i​n amerikanische Gefangenschaft. Sein Abitur l​egte er n​ach der Entlassung a​us der Kriegsgefangenschaft i​n Plön/Holstein 1947 nachträglich a​b und kehrte v​on dort 1948 n​ach Potsdam zurück. In seinem späteren Lebenslauf v​on 1972 erwähnt J. Haack, d​ass er m​it seinen Verwandten i​n der BRD, d​ie aus Westholstein stammen, n​och briefliche Kontakte "in beschränktem Umfang" pflegt.[3] Vor Aufnahme d​es Studiums d​er Rechtswissenschaften 1948 a​n der Humboldt-Universität z​u Berlin w​ar Haalck einige Monate Praktikant a​m damaligen Amts- u​nd Landgericht i​n Potsdam. Im Jahre 1952 schloss Haalck s​ein Jura-Studium m​it dem ersten Staatsexamen a​b und studierte anschließend b​is 1955 i​n einem Zusatzstudium Archivwissenschaften[4] ebenfalls a​n der Humboldt-Universität. Seine Mitgliedschaft i​n der Ost-CDU v​on 1949 b​is 1952 begründete Haalck m​it den gesellschaftlichen (ehrenamtlichen) Aktivitäten seiner Mutter i​m CDU-Hauptvorstand u​nd als Abgeordnete für d​iese Blockpartei.[5]

Zunächst arbeitete Haalck als wissenschaftlicher Mitarbeiter und Archivar im Landeshauptarchiv in Potsdam. Er nahm 1957 eine Justitiartätigkeit im Schwermaschinenbau in (Ost-)Berlin[6] auf, wo seine Ehefrau – eine Juristin –, mit der er seit 1955 verheiratet war, beruflich wirkte und wohnte. Aus der Ehe gingen drei Kinder hervor. Im Jahre 1957 promovierte Jörgen Haalck über die Gutachter- und Urteilstätigkeit im Norddeutschen Bund an der Friedrich-Schiller-Universität Jena.[7] Auf Grund von Umstrukturierungsmaßnahmen der volkseigenen Industrie wurde Haalck 1958 nach Rostock versetzt und konnte einen Lehrauftrag an der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der dortigen Universität wahrnehmen. Oberassistent wurde Haalck an dieser Universität 1959 und 1965 zum Professor mit Lehrauftrag sowie Leiter des Wirtschaftswissenschaftlichen Instituts berufen, nachdem er 1963 in die SED aufgenommen worden war; sein SED-Partei-Aufnahmeantrag von 1958 war bis dahin zurückgestellt worden. Die Habilitationsschrift mit dem Thema Der Rechtsstatus der Territorialgewässer im demokratischen Völkerrecht schrieb er gemeinsam mit Gerhard Reintanz.[8] Dr. jur. habil. Jörgen Haalck[9] lautete von nun an sein höchster akademischer Grad, der 1969 in der DDR durch die Promotion B abgelöst beziehungsweise durch den wissenschaftlichen Grad Dr. sc. jur. ersetzt wurde. Zusammen mit Gerhard Reintanz von der Universität Halle-Wittenberg besuchte Jörgen Haalck 1966 – zu jener Zeit an der Universität Rostock tätig – die Hamburger Forschungsstelle für Völkerrecht und ausländisches öffentliches Recht und lernte am dortigen Institut den damaligen Assistenten Dieter Schröder kennen. Nach der Wiedervereinigung erinnerte sich Schröder an Haalck öffentlich gern.[10] Haalck und Reintanz nahmen auch in Hamburg im Februar 1966[11] an einer Tagung des Deutschen Vereins für Internationales Seerecht (DVIS), der deutschen Landesgruppe des CMI teil. Von 1969 bis 1972 wirkte Jörgen Haalck als ordentlicher Professor[12] mit Lehrauftrag für Seerecht an der Rostocker Universität und war ab 1973 Wissenschaftsbereichsleiter „Seerecht“ an der Ingenieurhochschule für Seefahrt Warnemünde/Wustrow. Schließlich übernahm Haalck die Leitung dieser Ingenieurhochschule.[13]

Neben seiner hauptberuflichen Lehrtätigkeit w​ar Jörgen Haalck Präsident d​er Gesellschaft für Seerecht d​er DDR.[14] Eine Gedenkschrift für Jörgen Haalck 1924–1976 veröffentlichte d​iese Gesellschaft z​wei Jahre n​ach seinem Tode.[15] Er wirkte a​uch mehrmals turnusgemäß a​ls Präsident d​es Internationalen Seeschiedsgerichts (ISG) i​n Gdynia, dessen Präsidium e​r seit 1962 angehörte.[16] Gesellschaftlich (ehrenamtlich) engagierte s​ich Jörgen Haalck a​b 1962 weiter i​n der Deutsch-Arabischen Gesellschaft[17] i​n der DDR, i​n der e​r Mitglied d​es Präsidiums u​nd Vorsitzender d​es Bezirkskomitees Rostock war. In diesen Funktionen konnte e​r mehrfach a​n Reisen i​n arabische Länder teilnehmen.[18] Seine letzte Ruhestätte f​and Prof. Dr. sc. jur. Jörgen Haalck a​uf dem Neuen Friedhof Rostock.[19]

Schriften (Auswahl)

  • Die Gutachter- und Urteilstätigkeit der Rostocker Juristenfakultät in ihrem äußeren Verlauf. Dissertation, Universität Jena, 1957
  • Ein Kammergerichtsprozeß aus dem 17. Jahrhundert. Ein Beitrag zur Lage der märkischen Bauern im Verhältnis zu ihrer Grundherrschaft. In: Märkische Heimat, Jahrgang 2, 1957, S. 203–206
  • Zur Spruchpraxis der Juristenfakultät Frankfurt an der Oder (Zum 65. Geburtstag von Rudolf Lehmann). In: Heimatkunde und Landesgeschichte, Weimar (1958), S. 151–169
  • Die Territorialgewässer der DDR gemeinsam mit Gerhard Reintanz. In: Neue Justiz, 16, 1962, S. 372 ff.
  • Der Rechtsstatus der Territorialgewässer im demokratischen Völkerrecht. Habilitationsschrift zusammen mit Gerhard Reintanz, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Halle (Saale), 1963
  • Die Hexenverfolgung in der Rostocker Juristenfakultät. Eine Studie zur Universitätsgeschichte. Mitautor: Norbert Trotz, geb. 1940. In: Wissenschaftliche Zeitschrift der Universität Rostock. Ges. u. Sprachwiss. Reihe Jahrgang 13. 1964 H. 2/3, S. 227–237
  • Rostocker Hexenprozesse des 16. Jahrhunderts. In: Rostocker Beiträge. Regionalgeschichtliches Jahrbuch der mecklenburgischen Seestädte. Band 1, 1966. Redaktion: Ulrich Bentzien, Anneliese Düsing, Johannes Lachs u. a. Hinstorff Verlag, Rostock 1967.
  • Internationales Seerecht – Leitfaden für Seeoffiziere. Autoren: Haalck, Prof. Dr. J./Reintanz, Prof. Dr. G. unter Mitarbeit von Kapitän zur See Dr. F. Elchlepp, Berlin, 1972
  • Der völkerrechtliche Grundsatz der Freiheit der Meere und seine Bedeutung für den Kampf um den Frieden. In: Staat und Recht, Nr. 3/1962, S. 494–507
  • Zur Immunität der staatlichen Seeschiffe. In: Wissenschaftliche Zeitschrift der Universität Rostock, Gesellschafts- und sprachwissenschaftliche Reihe, Nr. 1–2/1962 S. 143–150
  • Die Rechtsstellung der Seeschiffe im internationalen Verkehr. In: Marinewesen, Nr. 8/1966, S. 931–940
  • Um die Freiheit des Meeres. In: Jahrbuch der Schiffahrt, Jahrgang 1967, S. 8–12
  • Seeverkehr und Souveränität. In: Staat und Recht, Nr. 7/1967, S. 1077–1090
  • Entwicklung und Aufgabenbereich des Instituts für Seerecht. In: Wissenschaftliche Zeitschrift der Wilhelm-Pieck-Universität Rostock, Bd. 16, Nr. 1–2/1967, S. 31–32
  • Geschichte der Juristischen Fakultät der Universität Rostock. In: Wissenschaftliche Zeitschrift der Universität Rostock, Gesellschafts- und sprachwissenschaftliche Reihe 17 (1968), S. 591–620
  • Der Meeresboden im Lichte der modernen Seerechtsentwicklung. In Seewirtschaft, Heft 2 aus 1972, S. 138–141
  • V. Internationaler Arbitragekongreß In New Delhi. In: Seewirtschaft, Heft 3 aus 1975, S. 138
  • Die wachsende Bedeutung der internationalen Seeschiedsgerichtsbarkeit, zusammen mit Heinz Strohbach. In: Seewirtschaft, Heft 12 aus 1975, S. 723–726 (Teil I), Teil II in Heft 1 aus 1976, S. 30–31
  • Zur Arbeit der Fischereiorganisationen im atlantischen Raum, zusammen mit Heidemarie Richter. In: Seewirtschaft, Heft 3 aus 1976, S. 178–180

Literatur

  • Grete Grewolls: Wer war wer in Mecklenburg und Vorpommern. Das Personenlexikon. Hinstorff Verlag, Rostock 2011, ISBN 978-3-356-01301-6, S. 3685–3686.

Einzelnachweise

  1. Haalck, Hans, Dr. phil., Physiker, Berlin-Steglitz/Lichterfelde, Heinersdorfer Str. 16; Berliner Adressbücher Ende der 1920er Jahre
  2. Wolfgang R. Dick, Klaus Fritze (Hrsg.): 300 Jahre Astronomie in Berlin und Potsdam. Eine Sammlung von Aufsätzen aus Anlaß des Gründungsjubiläums der Berliner Sternwarte. Acta Historica Astronomiae, Band 8. Frankfurt am Main 2000, ISBN 3-8171-1622-5, S. 158
  3. Lebenslauf vom 22. Februar 1972, S. 1
  4. Haalck. In: Grete Grewolls: Wer war wer in Mecklenburg-Vorpommern. Ein Personenlexikon. Bremen/Rostock 1995, ISBN 3-86108-282-9
  5. Maschinenschriftlicher Lebenslauf Jörgen Haalck vom 22. Februar 1972 Bl. 1
  6. Haalck Jürgen. In: Fernsprechbuch für Gross-Berlin (DDR), 1959, Teil III, S. 82. „Dr. Niederschöneweide, Hainstr. 55“.
  7. Die Gutachter- und Urteilstätigkeit der Rostocker Juristenfakultät in ihrem äußeren Verlauf. Dissertation, Universität Jena, 1957; DNB 480691916
  8. Halle (Saale), Juristische Fakultät, Habilitationsschrift vom 14. November 1963; DNB
  9. Haalck, Jörgen. In: Kürschners Deutscher Gelehrten-Kalender, 1970. 11. Ausgabe. Verlag Walter de Gruyter, Berlin, Band A–M, S. 940
  10. Dieter Schröder: 10 Jahre Institut für Politik- und Verwaltungswissenschaften. Ehrenpromotion von Prof. Dr. Dieter Schröder. In: Rostocker Informationen zu Politik und Verwaltung, Heft 17, Hrsg. Universität Rostock Institut für Politik- und Verwaltungswissenschaften 2002, S. 51; Prolog von Dieter Schröder (Memento vom 4. März 2016 im Internet Archive) (PDF) abgerufen am 25. Juni 2014
  11. Reiseverkehr zwischen der DDR und der BRD. – Einzelnes. Bundesarchiv, Bestellsignatur DC 20/18470; abgerufen 6. August 2014
  12. Grewolls, Grete (* 1946): Wer war wer in Mecklenburg-Vorpommern?, Bremen/Rostock 1995, S. 171; ISBN 3-86108-282-9
  13. Antje Krause, Hans-Jürgen Mende, in: Neuer Friedhof Rostock. Bemerkenswerte Grabstätten. Rostock, 2012, S. 47
  14. Jörgen Haalck, Rudi Frenzel: In Sachen Seerecht: Die Gesellschaft für Seerecht der DDR. In: Marinekalender 1975, Berlin, 1974, S. 45–48
  15. Eine Gedenkschrift für Jörgen Haalck 1924-1976. In: Beiträge zum Seerecht. Hrsg. Gesellschaft für Seerecht der DDR, Ostsee Druck (1978); DNB 790682990
  16. Jörgen Haalck. In: Catalogus Professorum Rostochiensium, abgerufen am 12. August 2013. Das „Internationale Schiedsgericht für die See- und Binnenschiffahrt (ISG)“ wurde 1959 in Gdynia (Polen) gegründet; Näheres in transpress Lexikon Seefahrt. 3. Auflage, Berlin 1981, S. 235
  17. Die Gründungskonferenz dieser Gesellschaft fand am 10. Oktober 1958 in Berlin statt; ADN-Nachricht in Tageszeitung NEUE ZEIT, 10. Oktober 1958, Ausgabe B, S. 2
  18. Lebenslauf vom 22. Februar 1972, S. 3
  19. Krause, Antje und Mende, Hans-Jürgen in: Neuer Friedhof Rostock. Bemerkenswerte Grabstätten, Rostock, 2012, S. 46/47: Kurzbiografie J. Haalck mit Abb. des Grabsteins, auf dem abweichend zur Broschüre richtigerweise der Vorname Jörgen nicht mit "ü" steht; ISBN 978-3-00-036945-2
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