Italienisch-Somaliland
Italienisch-Somaliland (italienisch Somalia Italiana) war eine italienische Kolonie auf dem Gebiet des heutigen Somalias. Es umfasste den Süden und die Mitte des Landes, während der Norden als Britisch-Somaliland Kolonie Großbritanniens war. Während der faschistischen Diktatur wurden aufständische Sultanate Somalilands von 1925 bis 1927 in einem brutalen Kolonialkrieg unter Gouverneur Cesare Maria De Vecchi zurückerobert.
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Von Italien erworbene Stützpunkte Sansibars und Italienisch-Somaliland innerhalb Somalias |
Entstehung
Nachdem bereits die Deutsch-Ostafrikanische Gesellschaft (DOAG) Ansprüche auf die gesamte Somaliküste zwischen Aluula und Buur Gaabo erhoben hatte, nahmen die Italiener ab 1888 Besitz von den somalischen Gebieten. Im Dezember 1888 schlossen sie einen Protektoratsvertrag mit dem Sultan von Hobyo gegen das Majerteen-Sultanat von Bargaal, im April 1889 einen Schutzvertrag auch mit dem Sultan von Bargaal. 1892 zwang Italien das Sultanat Sansibar, die an der somalischen Benadirküste unter sansibarischer Oberhoheit stehenden Hafenstädte Mogadischu, Merka, Warsheikh und Baraawe an Italien zu verpachten. Kismaayo fiel zunächst an Britisch-Ostafrika. 1893 kaufte Italien die Städte Merka, Warsheikh und Baraawe vollständig, 1905 schließlich auch Mogadischu.
In den ersten Jahren wurde Italienisch-Somaliland von privaten Kolonialgesellschaften verwaltet, die weitgehende Hoheitsrechte besaßen. Von 1893 bis 1895 oblag die Verwaltung der in Rom ansässigen Filonardi-Gesellschaft, von 1895 bis 1905 übernahm die Benadir-Gesellschaft diese Aufgabe. Weil die Benadir-Gesellschaft ihren vertraglichen Aufgaben bei der Bekämpfung der Sklaverei nicht nachkam, übernahm Italien die direkte Verwaltung des Protektorats.
1908 wurde Mogadischu Hauptstadt der neu eingerichteten italienischen Kolonie. Bis 1920 hatten die Briten in ihrem Somaliland-Protektorat den antikolonialen Aufstand des Mohammed Abdullah Hassan niedergeschlagen. 1924/25 wurde das Gebiet Oltre Giuba (samt Kismaayo) vom britischen Kenia an Italien übertragen und 1926 an Italienisch-Somaliland angegliedert.
Bevölkerung
Vor allem unter Mussolini verfolgten die Italiener eine repressive Kolonialpolitik. Die einheimische Bevölkerung – insbesondere die somalischen Bantu – wurde zu Zwangsarbeit gezwungen, die somalische Kultur erniedrigt. Durch Diffamierung und Assimilierung der Clanführer sollte das traditionell Clan-basierte gesellschaftliche System (siehe Clansystem der Somali) zurückgedrängt werden. Die Kolonialmacht errichtete Bananen-, Baumwoll- und Zuckerplantagen und gründete einige Siedlungen. Auch wurden in dem mehrheitlich muslimischen Land christliche Missionierungsversuche unternommen und in Mogadischu die Kathedrale von Mogadischu gebaut, dies jedoch mit wenig Erfolg. Die Wirtschaft wurde mit der Banca per l’Africa Orientale gefördert.
Verwaltung
Italienisch-Somaliland war in acht Kommissariate gegliedert, die wiederum aus je drei bis fünf Regentschaften bestanden. Die Kolonialtruppen bestanden aus regulären Landtruppen, einem Marinekommando, Gendarmerie (Carabinieri), Polizei (Zaptié) und irregulären Hilfstruppen. Soldaten und Unteroffiziere waren überwiegend Somali, Araber und Eritreer.
Verlust
Die Italiener überfielen 1935 von Somalia und Eritrea aus Äthiopien (Ogaden) (Abessinienkrieg). 1936 gliederten sie es ihrem Kolonialreich ein und bildeten aus Äthiopien, Eritrea und Italienisch-Somaliland die neue Kolonie Italienisch-Ostafrika. Die im Jahre 1941 siegreich dort einmarschierenden Briten gaben gleichwohl 1950 Italienisch-Somaliland an Italien als UN-Treuhandgebiet zurück. Am 1. Juli 1960 wurde Italienisch-Somaliland unabhängig und vereinigte sich sofort mit dem seit fünf Tagen unabhängigen Britisch-Somaliland zu Somalia.
Literatur
- Robert L. Hess: Italian Colonialism in Somalia. University of Chicago Press, Chicago IL u. a. 1966.
- Paolo Tripodi: The Colonial Legacy in Somalia. Rome and Mogadishu from Colonial Administration to Operation Restore Hope. Macmillan u. a., Basingstoke u. a. 1999, ISBN 0-333-76351-3.