Ida (Essen)
Ida (* unbekannt; † am 16. Juli eines unbekannten Jahres, möglicherweise 971) war Äbtissin des Stifts Essen im 10. Jahrhundert. Sie stammte wahrscheinlich aus dem Herrschergeschlecht der Liudolfinger. Ihre genauen Regierungsdaten sind unbekannt. Ida ist die erste Essener Äbtissin, der ein Objekt des Essener Domschatzes zugeordnet werden kann, und Namensgeberin für die Idasäule im Essener Münster.
Quellenlage
Ida ist als Essener Äbtissin durch die Stifterinschrift des von ihr gestifteten Kreuzes sowie durch mehrere nekrologische Eintragungen belegt. Im frühneuzeitlichen Brüsseler Äbtissinnenkatalog, einer nach dem Fundort benannten Äbtissinnenliste, wird Ida im 12. Jahrhundert geführt; der Essener Kanoniker Hiltrop, der im 16. Jahrhundert einen Äbtissinnenkalender aufstellte, setzte sie mit dem Sterbejahr 971 als fünfte Äbtissin an.[1] Das Todesdatum ist belegt im Merseburger Nekrolog als „Ida abbatissa“ zum 17. Juli sowie im Essener Nekrolog als „Yda“ zum 16. Juli. Weitere nekrologische Eintragungen finden sich zum 16. Juli im Nekrolog des Stifts Borghorst sowie in den Memorialeinträgen eines Essener Sakramentars aus dem späten 10. Jahrhundert. Die im Datum abweichende Angabe in Merseburg war vermutlich ein Übermittlungs- oder Schreibfehler.
Die wichtigste Quelle zum Ida-Kreuz, ihrem bekanntesten Werk, sind neben den erhaltenen Fragmenten die Urkunde über die Einlegung der in diesem geborgenen Reliquien in das gotische Kreuz, durch das das Ida-Kreuz ersetzt wurde. Dieses Kreuz, aus dessen Größe Rückschlüsse auf die Größe des Ida-Kreuzes gezogen werden, ist in der Domschatzkammer erhalten und dient heute dem Essener Domkapitel als Kapitelskreuz.
Leben und Wirken
Idas Geburtsjahr, Geburtsort, Abstammung und exakte Amtszeit sind nicht bekannt. Einen Rückschluss auf Idas Herkunft erlaubt ihr Eintrag im Merseburger Nekrolog, in dem der Historiker Gerd Althoff die Familienmemoria der Liudolfinger erkannt hat.[2] Ida gehörte, worauf auch ihr Name, einer der liudolfingischen Leitnamen, hindeutet, zur liudolfingschen Familie, oder war dieser zumindest so eng verbunden, dass sie als Mitglied des familiären Bündnis- und Paktsystems in das familiäre Totengedenken der Liudolfinger aufgenommen wurde. Idas Abstammung dürfte ursächlich für ihr Äbtissinnenamt gewesen sein, wobei unerheblich ist, ob sie vom Konvent gewählt wurde, wie es die Institutio Sanctimonialium von 816 eigentlich vorsah, oder vom weltlichen Herrscher eingesetzt wurde. Eine Äbtissin mit enger Beziehung zum Herrscherhaus erhöhte das Ansehen der Gemeinschaft, so dass sowohl der Herrscher als auch das Stift profitierten.[3] Keine der vorhandenen Quellen enthält eine Jahresangabe, daher ist Idas Abbatiat nicht exakt datierbar. Da die früheste nekrologische Eintragung von der anlegenden Hand des in Essen geschriebenen Sakramentars D 2 der Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf stammt, das in das ausgehende 10. Jahrhundert datiert wird, und die bis ins 11. Jahrhundert amtierende Äbtissin Mathilde erstmals am 23. Juli 973 als Äbtissin belegt ist, muss Ida eine Vorgängerin Mathildes gewesen sein. Aufgrund welcher Quelle Hiltrop das Todesjahr 971 annahm, ist unbekannt; Hiltrop hatte jedoch als Essener Kanoniker Zugang zu im 16. Jahrhundert möglicherweise noch vorhandenen Quellen. Daher geht man davon aus, dass Ida Mathildes direkte Vorgängerin war. Da die Essener Stiftskirche während des Abbatiats der Äbtissin Hathwig 946 abbrannte, das von Ida gestiftete Kreuz aber bis ins 15. Jahrhundert erhalten blieb, amtierte Ida wahrscheinlich nach Hathwig. Ob zwischen Hathwig und Ida noch Agana Äbtissin war, ist fraglich; Fremer plädierte aufgrund von Auffälligkeiten in der nekrologischen Überlieferung dafür, Agana als Vorgängerin Hathwigs anzusehen.[4] In jedem Fall kann Ida nur ein eher kurzes Abbatiat gehabt haben: 966 schenkte Otto I. dem Essener Stift den Oberhof Ehrenzell, wobei auffällig ist, dass in der Urkunde keine Äbtissin genannt ist. Dieses Fehlen wird zum Teil dahin interpretiert, dass der Äbtissinnenstuhl zu diesem Zeitpunkt vakant war.
Details zu Idas Amtsführung, die über die Stiftung des Ida-Kreuzes hinausgehen, sind nicht bekannt. Ihr Abbatiat fällt in die Blütezeit des Essener Stifts, die unter Äbtissin Hathwig begann und spätestens mit Äbtissin Suanhild endete. Nach dem Stiftsbrand 946 hatte Hathwig mit dem Wiederaufbau der Stiftsbibliothek begonnen und dazu ein Skriptorium begründet, in dem die Stiftsdamen mit großem Fleiß Handschriften produzierten. Das Essener Skriptorium war bis in die Amtszeit von Idas Nachfolgerin Mathilde aktiv, in jedem Fall also auch während Idas Abbatiat. Daneben wird das Stift Essen unter Ida die Aufgaben jedes sächsischen Frauenstifts erfüllt haben: Als Stätte des Gebetsgedenkens für die Stifter und Familienangehörige zu dienen und eine Ausbildungsstätte für die Töchter von Adelsfamilien zu sein. Das Stift Borghorst, dessen erste Stiftsdamen einschließlich der Äbtissin aus dem Stift Essen kamen, wurde 968 gegründet, also möglicherweise während Ida in Essen Äbtissin war.
Idas bekanntestes Werk war das Ida-Kreuz, das bis in die Essener Neuzeit als Triumphkreuz auf der Idasäule im Münster angebracht war. Die Inschrift des Kreuzes, die sie als Auftraggeberin nennt, diente ihrer Memoria.
Das Ida-Kreuz
Das Ida-Kreuz gehörte zur Ausstattung des nach der Brandkatastrophe von 946, bei der die Essener Stiftskirche abbrannte, durch die Äbtissin Hathwig wieder aufgebauten Essener Münsters. Es stand auf der heute als „Idasäule“ bezeichneten Kreuzsäule hinter dem Kreuzaltar der Kirche. Das Kreuz wurde im 15. Jahrhundert von der Säule heruntergenommen – möglicherweise war es zu diesem Zeitpunkt bereits durch den Brand des Münsters 1275 und einen Gewölbeeinsturz beschädigt – und durch ein moderneres Kreuz ersetzt. Vom Ida-Kreuz, dessen genaues Aussehen unbekannt ist, sind zwei Fragmente erhalten geblieben: die Inschriftenplatte und das Verkündigungs-Fragment. Von einem dritten Fragment, dem Magier-Fragment, das möglicherweise zum Kreuz gehörte, existierte Anfang des 20. Jahrhunderts noch ein Gipsabguss, der inzwischen verschollen ist. Bis 2008, als bei Untersuchungen festgestellt wurde, dass das Material nicht dem der anderen Fragmente entsprach, wurde auch ein in der Domschatzkammer erhaltenes Fragment einer Himmelfahrts-Szene (Essener Domschatzkammer Inv.-Nr. 10) als Fragment des Kreuzes angesehen.
Dass Ida das Ida-Kreuz stiftete, galt zeitweise als fraglich; Klaus Gereon Beuckers sah 1993 die Kölner Äbtissin Ida des Stiftes St. Maria im Kapitol als Stifterin des Kreuzes an. Ida war über ihre Schwester, die Äbtissin Theophanu dem Stift Essen verbunden. Aufgrund neuerer Erkenntnisse zur Inschriftenplatte und zu den Reliquien, die sich ursprünglich im Ida-Kreuz befanden, wird diese These nicht mehr vertreten.
Die Inschriftenplatte
Die Inschriftenplatte des Ida-Kreuzes (Essener Domschatz Inv.-Nr. 9) besteht aus zwei Teilstücken, die zusammen 15 cm hoch und 53,5 cm breit sind. Das Material ist vergoldetes Kupferblech. Die getriebene Inschrift „ISTAM CRUCEM (I)DA ABBATISSA FIERI IUSSIT“ (dt.: Dieses Kreuz ließ die Äbtissin Ida fertigen) ist in Kapitalis ausgeführt, in der allerdings das E aus der Unziale stammt, wobei der Buchstabenabstand nicht gleichmäßig ist. Am rechten Rand befindet sich ein abgeschnittenes Lilienornament. Die Platte weist Ausbrüche auf, unter anderem fehlt der erste Buchstabe des Stifternamens. Bereits Georg Humann hat unter der Annahme, dass die Platte einst auch am linken Rand ein Lilienornament aufwies und die Inschrift mittig platziert wurde, den Stifternamen zu Ida ergänzt. Die Epigraphikerin Sonja Hermann datiert die Inschriftenplatte aufgrund einzelner Merkmale wie der Proportionen der Buchstaben und Details bei der Ausführung der Buchstaben M und R eher in das 10. Jahrhundert.[5]
Das Verkündigungs-Fragment
Ein Relieffragment, das die Verkündigung an Maria zeigt, wird als weiteres Fragment des Ida-Kreuzes angesehen. Das Fragment (Essener Domschatzkammer Inv.-Nr. 11) ist in Kupfer getrieben und vergoldet, es entspricht damit der Inschriftentafel. Es misst 14,8 cm in der Höhe und ist noch 9,5 cm breit. Vermutlich war das Blech ursprünglich querrechteckig und zwei- oder dreimal breiter.[6] Neben der ähnlichen Höhe und dem identischen Material wird die Ähnlichkeit des Fußes des Schreibpultes zum Lilienornament der Inschriftenplatte als Indiz für Herkunft vom gleichen Gegenstand angesehen. Wegen des Schreibpultes mit dem aufgeschlagenen Buch wurde das Fragment lange als Evangelistendarstellung angesehen; da die sitzende Figur allerdings einen Schleier auf dem Kopf trägt, hat sich die Interpretation als Maria durchgesetzt. Das Relief steht in der Tradition karolingischer Buchmalerei aus Reims und der Hofschule Karls des Großen.
Das verschollene Magier-Fragment
Ein weiteres Fragment des Ida-Kreuzes war möglicherweise eine Tafel, die die drei Weisen aus dem Morgenland zeigt, die den Stern von Betlehem freudig begrüßen (Mt 2,10 ). Als Argument für die Zugehörigkeit zum Ida-Kreuz werden die ellipsenförmigen Strahlen des Sterns angesehen. Am Ständer des Lesepultes am Verkündigungsfragment sind gleichförmige Elemente zu finden. Auch entsprach die Breite des Fragments etwa der Höhe der beiden anderen Fragmente, so dass es möglich wäre, dass das Fragment am senkrechten Kreuzbalken des Ida-Kreuzes angebracht war.
Das Fragment selbst war bereits zur Zeit Georg Humanns verschollen, so dass über das Material keine Aussage getroffen werden kann. Der abgebildete Abguss ist inzwischen ebenfalls verschollen, vermutlich aufgrund eines Bombentreffers in die Münsterschatzkammer im Zweiten Weltkrieg. Die Zuordnung zum Ida-Kreuz ist nicht sicher, da es im Essener Domschatz ein weiteres Fragment einer Treibarbeit gibt, die aufgrund des Materials (vergoldetes Messingblech) nicht zum Idakreuz gehört haben kann. Auch dieses Fragment (Essener Domschatzkammer Inv.-Nr. 10) zeigt eine Szene aus dem Lebensweg Christi, so dass es bis 2008, als die Materialabweichung erkannt wurde, ebenfalls als Fragment des Ida-Kreuzes angesehen wurde. Hermann Schnitzler[7] und schon Georg Humann[8] sahen in Details eine größere Nähe des Magier-Fragmentes zu diesem Fragment.
Rekonstruktionsversuch
Klaus Gereon Beuckers[9] versuchte 1993, ausgehend von der Annahme, dass alle vier Fragmente zum Ida-Kreuz gehörten, eine Rekonstruktion des Kreuzes. Weiter nahm Beuckers an, dass das gotische Kapitelskreuz, das das Ida-Kreuz auf der Kreuzsäule ersetzte, mindestens dieselbe Größe wie das Ida-Kreuz hatte. Das Kapitelskreuz misst 125 cm in der Höhe und 107 cm in der Breite, der Korpus selbst ist 65 cm hoch. Beuckers nahm an, dass die Inschriftentafel auf der Rückseite des Kreuzes mittig auf dem waagrechten Kreuzbalken angebracht war. An den Enden der rückwärtigen Kreuzbalken befanden sich nach Beuckers Treibarbeiten mit den vier Evangelisten, darunter das Verkündigungsfragment, das Beuckers als Evangelistenfragment ansah. Die rekonstruierte Breite der Inschriftenplatte zuzüglich der doppelten Breite des „Evangelistenfragments“ betrug circa 104 cm, was etwa der Breite des waagrechten Kreuzbalkens des Nachfolgekreuzes entspricht. Die Vorderseite des Kreuzes hatte nach der Rekonstruktion ein christologisches Programm. Sie dominierte der Korpus, der vermutlich eine Treibarbeit war, und die über eine Reliquiendeposit verfügte. Unter dem Korpus befand sich nach dieser Rekonstruktion das Magierfragment, über dem Korpus das Himmelfahrtsfragment. Die Höhe der beiden Fragmente zuzüglich der Höhe des Korpus des Nachfolgekreuzes ergibt die Höhe des gotischen Kreuzstamms, so dass insgesamt das Ida-Kreuz in der Größe seinem Nachfolger entsprach.
Bei dem Kreuz, das auf dem um 1560 geschaffenen Epitaph der Essener Äbtissin Katharina von Tecklenburg (1517–1560) abgebildet war, erkannte Beuckers in der Zeichnung des Oberkörpers einen auffälligen Stilbruch: Die Zeichnung des Oberkörpers mit herabgesunkenem Kopf über einer fleischigen Brust mit vorgewölbtem Bauch weise Ähnlichkeiten zum im ausgehenden 10. und 11. Jahrhundert stilbildenden Gerokreuz auf. Aufgrund des Stilbruchs nahm Beuckers an, dass der Künstler des Epitaphs ein in Essen real vorhandenes Kreuz abbilden wollte, das dann das im Unterkörper bereits umgearbeitete Ida-Kreuz gewesen sein müsste. Nach dieser These wäre der Korpus des gotischen Kapitelskreuzes identisch mit dem durch zahlreiche Überarbeitungen und Reparaturen überformten Korpus des Ida-Kreuzes.
Diese Rekonstruktion des Ida-Kreuzes ist aufgrund des Fortschrittes der Forschung in einzelnen Punkten überholt, so verwendete Beuckers noch das inzwischen als im Material abweichend erkannte Himmelfahrtsfragment, und interpretierte das Verkündigungsfragment mit der älteren Literatur als Evangelistendarstellung. Die Anbringung der Inschriftenplatte auf der Rückseite des waagrechten Kreuzbalken ist sicher, da sie auf der Vorderseite die Urkunde vom Korpus, dessen Existenz urkundlich belegt ist, verdeckt worden wäre. Die Verkündigungsdarstellung erlaubt den Schluss, dass die Vorderseite tatsächlich ein christologisches Programm hatte, das möglicherweise die Verkündigung, das Erscheinen Christi als Leitstern der Magier (falls das Magierfragment zum Kreuz gehörte) und das durch den Korpus abgebildete Leiden Christi umfasste. Dieses Programm wäre sinnvoll durch eine Darstellung der Himmelfahrt abgeschlossen worden.
Deponierte Reliquien
Das Ida-Kreuz enthielt wie viele mittelalterliche Großskulpturen deponierte Reliquien. Aufgrund einer Urkunde aus dem Jahr 1413, als das Kreuz von der Säule genommen und geöffnet wurde, ist bekannt, welche Reliquien sich damals im Kreuz befanden. Es handelte sich um Christus-Reliquien, nämlich Erde vom Hügel Golgatha, Splitter vom Heiligen Kreuz und Reste der Gewänder Christi. Nach Reparatur oder Austausch des Kreuzes und Ausbesserungen am Gewölbe der Essener Stiftskirche fügte man 37 Jahre später weitere Reliquien hinzu, nämlich Splitter der Dornenkrone und der Geißelsäule, Teile der Steine, die das Heilige Kreuz verankert hatten sowie Steine aus dem Heiligen Grab. Die Inschrift am Kreuzaltar selbst war in daktylischen Hexametern verfasst.
Die Reliquien wurden aus dem Ida-Kreuz in das neuere gotische Kreuz umdeponiert, inzwischen aber entnommen und befinden sich in der Domschatzkammer. Eine Untersuchung der Stoffumhüllungen (Essener Domschatzkammer Inv.-Nr. 69a 1.1 und 2.1) ergab, dass die Reliquien in bereits im Mittelalter extrem wertvolle und seltene Seidenstoffe gehüllt waren. Es handelte sich um Abschnitte persischer und sogdrischer Seide, die im 8. und 9. Jahrhundert über Byzanz nach Europa gelangt waren. Die beiden größten Stücke messen 19 cm × 27 cm beziehungsweise 19 cm × 43 cm. Das eine Stück, das der Webtechnik nach aus dem 11. Jahrhundert stammt und ursprünglich zu einem Gewand gehörte, zeigt Ton in Ton Greifen in Vierpässen zwischen dichtem Rankenwerk. Das zweite Seidenstück besteht aus einem hauchdünnen Seidenschleier, dessen Ränder Streifen aus echtem Gold und Silber zieren. Zu diesem sicher schon damals sehr kostbaren Stoff existieren keine Vergleichsstücke.[10]
Die Idasäule
Die Idasäule diente als Sockel für das Ida-Kreuz. Sie besteht aus einer 46,5 cm hohen Plinthe mit attischer Basis aus Sandstein, einer 91 cm hohen kannelierten Trommel aus Sandstein, der 319 cm hohen, sich verjüngenden Säule aus bräunlich-gelbem Marmor sowie dem 65 cm hohen korinthischen Kapitell aus zwei Kalksteinplatten. Die Trommel und die Säule selbst sind antike Spolien, das Kapitell wurde im 10. Jahrhundert gefertigt. Die untere Platte des Kapitells zeigt zwei Blattkränze sowie Caulesschäfte, die mit einer Leiste abschließen. Die ausladende obere Platte ist mit Hüllkelchen verziert, die über den Kaulisschäften emporwachsen. Hinter diesen befinden sich Volutenstengel mit einer Lochverzierung, hinter denen die mit einer Lochreihe abschließende Kalathosvorrundung erscheint. Die Deckplatte ist stark eingezogen und mit einem Eierstab verziert. Stilistisch verwandt sind Kapitelle der Michaelskapelle in Fulda, sowie die später entstandenen Kapitelle in der Krypta des Essener Münsters und auf der Empore des Westbaus, sowie Kapitelle in der Ludgeridenkrypta der Abteikirche Werden und in der Werdener Luciuskirche.[11]
Durch archäologische Grabungen im kriegszerstörten Münster wurden die Fundamente des ehemaligen Kreuzaltars im Langhaus aufgedeckt. Diese maßen ca. 1,40 m in der Breite, aber 2,80 m in der Tiefe, so dass sie zugleich auch als Fundament für die Kreuzsäule dienten.[12] Wann nach dem Brand von 946 der Kreuzaltar errichtet wurde, ist nicht bekannt; es ist daher möglich, dass die Säule bereits unter Hathwig aufgestellt wurde und Ida nur das Kreuz stiftete. Die Säule ist das älteste Ausstattungselement des Essener Münsters. Verbindungen von Kreuzaltar mit einer Kreuzsäule sind in der ottonischen Kunst nicht ungewöhnlich, das bekannteste Beispiel ist die Hildesheimer Bernwardsäule. Die Idasäule stand bis 1755, als die Äbtissin Franziska Christine von Pfalz-Sulzbach die Innenausstattung des Münsters barockisieren und dabei den Kreuzaltar nebst Säule abbrechen ließ, an der ursprünglichen Stelle. Danach lag sie bis 1852 zerbrochen teilweise im Kreuzgang, teilweise im Untergeschoss der Schatzkammer. 1852 ließ sie der Pfarrer der Münsterpfarrei wieder zusammensetzen und neben dem Eingang zur Krypta aufstellen. Im Zuge der Regotisierung des Münsters wurde sie 1878 in den Westchor versetzt. Im Zweiten Weltkrieg wurde die Säule an diesem Ort beschädigt. Nach dem Wiederaufbau des Münsters wurde die Säule im Ostchor des Münsters hinter dem Altar aufgestellt und mit einem modernen Kreuz, das die Bildhauerin und Benediktinerin Lioba Munz schuf, gekrönt.
Memoria
Idas Todesjahr ist wie das vieler mittelalterlicher Personen nicht verzeichnet, da es im Rahmen des Totengedenkens nur auf den jährlich wiederkehrenden Todestag ankam. Idas Todestag, der 16. Juli, ist in mehreren Nekrologen von Klöstern und Stiften verzeichnet. In Essen wurde Ida ausweislich des um das Jahr 1300 entstandenen Essener Nekrologs alljährlich mit vier Messen und Illumination ihres Grabes, das sich wahrscheinlich im Mittelschiff der Stiftskirche vor dem Altar befand, gedacht. Der Umfang des Gedenkens entspricht dem ihrer Nachfolgerin Mathilde und deutet darauf hin, dass Ida im Stift Essen noch an der Schwelle zum 14. Jahrhundert als eine der bedeutenderen frühen Äbtissinnen angesehen wurde. Ida wurde ferner am 17. November gedacht, an dem die Scholastikerin des Stifts einen Denar und eine Kerze an die St. Quintins-Kapelle zu geben hatte, wo die Kerze eine ganze Nacht zur Erinnerung an die Äbtissinnen Ida, Agana und alle Verstorbenen brennen sollte.
Literatur
- Walter Zimmermann: Das Münster zu Essen., Düsseldorf 1956, S. ?.
- Hermann Schnitzler: Nachträge zur spätkarolingischen und frühottonischen Goldschmiedekunst, in: Festschrift für Peter Metz, Berlin 1965, S. ?.
- Alfred Pothmann: Die Äbtissinnen des Essener Stifts. In: Münster am Hellweg, Mitteilungsblatt des Vereins für die Erhaltung des Essener Münsters. Essen 1987, S. 5–11.
- Klaus Gereon Beuckers: Das ottonische Kreuz vom Kreuzalter der ehemaligen Essener Damenstiftskirche, In: Das Münster am Hellweg, 1994, S. 24ff.
- Birgitta Falk (Hrsg.): Gold vor Schwarz – Der Essener Domschatz auf Zollverein, Katalog zur Ausstellung, Klartext Verlag Essen 2008. ISBN 978-3-8375-0050-9, S. 56–57.
- Tobias Nüssel: Überlegungen zu den Essener Äbtissinnen zwischen Wicburg und Mathilde In: Das Münster am Hellweg, Jahrbuch des Vereins für die Erhaltung des Essener Münsters-Münsterbauverein e.V., Essen 2010, S. 7–31
Einzelnachweise
- Ribbeck: Ein Essener Necrologium, Essener Beiträge, 1900, S. 96 Anm. 4.
- Althoff, Adels- und Königsfamilien, S. 293.
- Ludger Körntgen: Zwischen Herrschern und Heiligen, in: Herrschaft, Liturgie und Raum, Essen 2002, S. 16–17.
- Fremer, Abtissin Theophanu, S. 39.
- Sonja Hermann: Inschriftenplatte vom Ida-Kreuz, in: Katalog Gold vor Schwarz, Essen 2008, S. 56–57.
- Birgitta Falk: Relieffragment mit der Verkündigung an Maria, in: Katalog Gold vor Schwarz, Essen 2008, S. 58
- Schnitzler, Nachträge zur spätkarolingischen und frühottonischen Goldschmiedekunst, S. 107
- Humann, Die Kunstwerke der Münsterkirche zu Essen, S. 293
- Beuckers, Das ottonische Kreuz, MaH 1994, 24ff.
- Annemarie Stauffer: Reliquienhüllen aus dem Kapitelkreuz, in: Katalog Gold vor Schwarz, Essen 2008, S. 230.
- Zimmermann: Das Münster zu Essen, S. 194–195.
- Zimmermann: Das Münster zu Essen, S. 86.