Hotel Bellevue (Dresden)
Das Hotel Bellevue („schöne Aussicht“) ist ein Hotel der Bilderberg Hotels in Dresden. Es liegt in der Inneren Neustadt und firmiert seit 2020 als Bilderberg Bellevue Hotel Dresden.[1] Sein Standort am Neustädter Elbufer gegenüber der Dresdner Altstadt wurde durch den Canaletto-Blick bekannt. Die nach dem Maler Bernardo Bellotto, genannt Canaletto, benannte Aussicht zeigt das Dresdenpanorama mit dem Blick auf Brühlsche Terrasse, Frauenkirche, Kunstakademie mit Katholischer Hofkirche und Semperoper. Das barocke Mittelgebäude des Hotels wurde von den Baumeistern George Bähr und Matthäus Daniel Pöppelmann gestaltet.
Bilderberg Bellevue Hotel Dresden | |
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Rechtsform | GmbH |
Gründung | 1985 |
Sitz | Dresden |
Leitung | Bilderberg Hotels |
Mitarbeiterzahl | 130[1] |
Branche | Hotellerie |
Website |
Seit 2020 stehen sowohl der Alt- als auch der Neubau unter Denkmalschutz. Bei dem Altbau „handle sich um das wohl bedeutendste der wenigen noch erhaltenen barocken Bürgerhäuser Dresdens“. Auch die nachträglich entstanden Hotelflügel seien als „Beispiele der ostdeutschen Postmoderne“ schützenswert. Insgesamt stellt das Hotel „eine der bedeutsameren Hotelanlagen der 1980er-Jahre“ dar, „die sich aus dem Durchschnitt dieser Zeit heraushebe und die Elbansicht der Inneren Neustadt entscheidend mitpräge“[2]
Das heutige Hotel nimmt seinen in Dresden traditionsreichen Namen auf von dem gleichnamigen bis zu seiner Zerstörung im Zweiten Weltkrieg führenden Haus auf dem gegenüber liegenden Elbufer. Dieses 1853 bis 1945 bestehende Hotel Bellevue befand sich neben dem Italienischen Dörfchen.
Geschichte
Das Haus ist der einzige erhaltene Gebäudekomplex der einst wegen der besonderen Pracht ihrer barocken Bürgerhäuser, mit Blick auf Elbe und Altstadt auf der Gartenseite, berühmten Großen Meißner Gasse. Die Fassade des Gebäudes Nr. 15 entstand zwischen 1723 und 1727 und ist ein typisches Beispiel der ersten Phase der Dresdner Barockarchitektur.
Der im Barockstil entworfene Gebäudeteil war Teil der geschlossenen Bürgerhausbebauung an der Großen Meißner Straße. George Bähr fertigte die Pläne an. Für das vordere Gebäude zeichnete Johann Georg Gebhart in den Jahren 1723/24 verantwortlich. Das Haus wurde bis zum Jahre 1733 als Wohn-, Brau- und Malzhaus genutzt. Während die Pilastergliederung sich an die Fassadenordnung der Adelspaläste anlehnt, äußert sich in der Fülle unterschiedlichen Zierrats bürgerliches Schmuckbedürfnis.[3]
Der Sächsische Hof erwarb das Haus dann mit dem Ziel, es zu einer Kanzlei umzubauen. Die Entwürfe für den Umbau aus dem Jahre 1734 stammen von Matthäus Daniel Pöppelmann, dem Architekten des Dresdner Zwingers. Umgesetzt wurden dessen Pläne von Andreas Adam. Mit der Nutzung als Kanzlei ab dem Jahre 1733 hatte das Gebäude seine endgültige Baugestalt erreicht. Das Barockgebäude wurde ab 1736 vornehmlich zum Sitz von Ministerien. Dieser Umstand trug dem Haus die Bezeichnung „Kollegienhaus“ oder „Die Regierung“ ein. Anders als die eher schmale Fassade suggeriert, handelt es sich um eine große Doppelhofanlage. Architektonisch handelt es sich um die kompositorische Vereinigung von ursprünglich zwei getrennten Häusern, einem bürgerlichen Stadt- und Brauhaus mit Innenhof und dem 1734 von Pöppelmann hinzugefügten Querbau zur Elbe hin, der durch einen Seitenflügel mit dem Altbau verbunden wurde; hierdurch erhielt das Haus seine Doppelhofanlage.
August der Starke konzentrierte sich städtebaulich mit dem Auftrag für das Japanische Palais auf die Neustädter Elbseite. Die Aufwertung der Dresdner Neustadt hatte die Funktion, einen Gegenpol zur Dresdner Altstadt zu bilden. Damit fügte sich die Wahl der Nr. 15 zum Kanzlei-Gebäude ebenfalls in den Plan ein, die Neustädter Seite als Verwaltungssitz zu profilieren. Bis 1904 beherbergte die Nr. 15 das Justizministerium. Das staatliche Gebäude diente danach unter anderem als Landesregierung, Landesdirektion, Kreishauptmannschaft und Oberrechnungskammer.[4]
Die Zerstörung Dresdens im Zweiten Weltkrieg durch die anglo-amerikanischen Bombardierungen vom 13.–15. Februar 1945 überstand das Gebäude Nr. 15 als eines der wenigen in Dresden unbeschadet. Die umliegenden Ruinen wurden in der Folgezeit entfernt. 1950 sollte auch die Nr. 15 abgerissen werden. Bürgerproteste konnten die geplante Sprengung im Jahre 1950 verhindern.[5] Das Barockgebäude wurde nach seiner Rettung als alleinstehender Bau bis zu Beginn der 1980er Jahre in unterschiedlichen Funktionen genutzt. Unter anderem wurde es Sitz des Familienunternehmens „Heckers Sohn“. Neben der Eisenwarenhandlung am Hauptsitz Nr. 15 unterhielt das Unternehmen weitere Filialen in der Stadt.
Trotz der Nutzung wurde dem Haus keine Pflege zuteil und es verfiel. Daher sollte das Gebäude Anfang der 1980er Jahre zugunsten eines neuen Hotelkomplexes weichen. Eine Bürgerinitiative, die sich aus Denkmalpflegern (unter der Leitung von Hans Nadler), Architekten und aufgebrachten Bürgern zusammensetzte, konnte den Abriss buchstäblich in letzter Minute verhindern. Beschlossen wurde die Eingliederung der barocken Bausubstanz als Mittelbau in eine neu zu entwerfende Hotelkonstruktion. Die bereits angebrachten 2000 Sprenglöcher wurden in ihm für die Isolierung gegen die aufsteigende Bodenfeuchtigkeit genutzt.[6]
Interhotel
Die japanische Kajima Corporation (verantwortlicher Architekt: Takeshi Inoue) erhielt den Auftrag für einen Neubau ohne Berücksichtigung des Barockgebäudes. Nach der Entscheidung zum Erhalt des Barockgebäudes, den der Denkmalpfleger Hans Nadler mit Beharrlichkeit durchsetzen konnte, wurde der Neubau umgeplant und der Altbau integriert. Zwischen 1982 und 1985 fand der Um- und Neubau statt; es wurde zugleich mit der Wiedereröffnung der Dresdner Semperoper am 13. Februar 1985 eingeweiht und zum ersten Haus am Platze.[7] Ausdrückliches Ziel war es, den internationalen Standards der Touristenbranche auch in der DDR zu genügen. Eine weitere Funktion lag im Erwerb von Zahlungsmitteln in frei konvertierbaren Währung. Das Hotel wurde zum „Devisenhotel“, in dem ausschließlich mit westlicher Währung gebucht werden konnte. Der Bau galt zudem als Maßnahme der innerstädtischen Belebung. Städtebaulich und stadthistorisch sollte dies der Aufwertung der Dresdner Neustadt Rechnung tragen. An Planung und Bau waren neben verschiedenen Volkseigenen Baukombinaten und einer schwedischen Baufirma auch die Abteilung N (Nachrichten), Abteilung 26 (Telefonüberwachung) und Abteilung VI der Bezirksverwaltung Dresden des MfS mit einbezogen.
Mit der Neukonstruktion wurden internationale Hotelstandards mit der Schaffung eines Wellness- und Kongressbereichs erreicht. Auf der Fläche des Hotelumlands erfolgte die Anlage eines Gartens mit zeitgenössischen und neobarocken Elementen. Dazu gehörten auch japanischer Tradition gepflanzte Kirschbäume. Die Komposition der Parkanlage wurde der Öffentlichkeit unabhängig von der Hotelnutzung zugänglich gemacht. Sie galt als gelungenste Anlage im Garten- und Landschaftsbau der DDR.
Zielgruppe des Interhotels waren vornehmlich Gäste aus dem westlichen Ausland. DDR-Bürgern war die Übernachtung für gewöhnlich nicht möglich; Ausnahmen bestanden für repräsentative Größen aus Politik, Sport und Kultur. Da die Interhotels der Abteilung Touristik des Ministeriums für Staatssicherheit unterstellt waren, bestimmten Vorgaben der Staatssicherheit die zusätzliche technische Ausstattung des Hotels. Im Erdgeschoss des Hotels befand sich ein Intershop.
Die Mitarbeiter der Abteilung 26 des MfS erhielten eine ständige Präsenz in einem offiziell als „Notvermittlungsraum“ bezeichneten Kellerraum, zu dem nur sie exklusiven Zutritt hatten und in dem die Überwachung des Telefonverkehrs ungestört stattfinden konnte. Zur Ausstattung dieses Raumes gehörte u. a. eine Fangschaltung, die die Anschlüsse der eingehenden Anrufe identifizieren konnte, sowie automatisierte Tonbandgeräte, mittels derer ein- und ausgehende Gespräche in den Gäste- und Dienstzimmern sowie in den Sprechkabinen des Hotels aufgezeichnet wurden. Ein in der 1. Etage des Hotels befindlicher Monitorraum diente offiziell zwar nur der im gesetzlichen Rahmen erlaubten Sicherung der öffentlichen Räume des Hotels, wurde von der Abteilung VIII jedoch regelmäßig als Basis für Einsätze und zur Gewinnung verwertbarer Informationen genutzt.
Weiterhin gab es häufig Anträge innerhalb des MfS für eine als „Maßnahme B“ getarnte Bezeichnung für die Überwachung von Personen in ihren Hotelzimmern mittels verborgener Mikrofone auszuführen. Als „Maßnahme D“ wiederum wurde das in einigen Hotelzimmern mögliche Ausspähen von Privat- und Intimsphäre durch verborgene Kameras bezeichnet.
Ab dem Jahre 1992 befand sich das einzige Dresdner Casino im Hotel. Bis zu seiner Eröffnung war die Jupiter-Bar Attraktion des Hotels; sie wurde mit Eröffnung des Casinos geschlossen.
Ebenfalls nicht für die Öffentlichkeit zugänglich war das Buri-Buri-Restaurant des Hotels mit 46 Plätzen. Als einziges Restaurant mit polynesischer Küche in Dresden erfreute es sich unter Hotelgästen großer Beliebtheit. In den letzten Jahren der DDR wurde es auch öffentlich zugänglich, jedoch war dabei mit sechsmonatiger Wartezeit für Tischreservierungen zu rechnen. Im April 1997 nahm das Buri-Buri seine letzte Reservierung entgegen.
Nutzung nach der Politischen Wende
Nach der politischen Wende im Jahre 1989 blieb das Hotel Bellevue zunächst Teil der Interhotelkette. Das Hotel Bellevue war zum Ende des Jahres 1989 mehrfach Ort politischer Begegnungen. Genannt sei das Treffen zwischen dem Bundeskanzler Helmut Kohl in Begleitung seines Kanzleramtsministers Rudolf Seiters und dem Ministerpräsidenten der DDR, Hans Modrow. 1989 fanden im Rahmen der Verhandlungen zur Wiedervereinigung ebenfalls weitere Treffen zwischen Helmut Kohl und Hans Modrow im Hotel statt.
Zwischen 1992 und 1996 gehörte es zur Maritim Hotelgesellschaft. Ab dem Jahre 1996 übernahm die Interhotel-Kette erneut die Hotelleitung. In den Jahren 2000 bis 2006 war Interhotel Franchisenehmer bei „Starwood Hotels & Resorts“. Das Hotel Bellevue war zwischen 2000 und 2019 ein Westin-Hotel unter dem Namen The Westin Bellevue Dresden. Die Blackstone Group übernahm 2006 die Interhotel-Kette als Investor.
Nach den 1990er Jahren erfolgten im Bellevue weiterhin politische Großveranstaltungen. Vom 6. bis zum 8. Mai 2007 tagten die Arbeitsminister der G8-Staaten unter Vorsitz des Arbeitsministers Franz Müntefering im großen Konferenzsaal.
Beim Elbhochwasser im August 2002 war das Hotel wegen seiner unmittelbaren Nähe zum Flussufer stark betroffen. Der Pegelstand stieg auf 9,42 m. Besonders die zum Garten gelegenen Konferenzräume sowie Terrassen und das Gourmet-Restaurant Canaletto wurden stark in Mitleidenschaft gezogen. Während der sechsmonatigen Renovierungsarbeiten blieb das Hotel geschlossen. Im Frühjahr 2003 wurde der Betrieb trotz der bis Ende 2004 dauernden Renovierungs- und Umgestaltungsarbeiten wieder aufgenommen. Im Businessbereich entstand eine tageslichtgeöffnete Konferenzfläche mit 22 Konferenzräumen. Das 340-Zimmer-Haus umfasst nun 14 Suiten, sieben Junior-Suiten, sechs Deluxe-Suiten und eine Präsidentensuite. Die Deluxe-Suiten gestaltete der Hotelarchitekt Tassilo Bost. Der Berliner Architekt erhielt für seine Arbeit an der Innenausstattung 2004 den „Best Guestroom Design Award“. Robbie Williams wählte 2006 die Präsidentensuite des Hotels für vier Nächte als Unterkunft während seines Dresdner Konzertaufenthalts.
Die Terrasse des Restaurants „Canaletto“ gibt den gleichnamigen Blick über die Elbe frei.
Im Atrium des barocken Flügels befindet sich die Küche des Restaurants „Canaletto“. Daneben gehört zum Hotel der Weinkeller „Vinothek“ und der Biergarten „Elbsegler“ am Elbufer. Um künftigen Hochwasserschäden vorzubeugen, wurde eine Flutschutzwand, die gegen Hochwasser bis zur Höhe von 9,70 m schützt und innerhalb von 24 Stunden aufgebaut werden kann, errichtet.
Im November 2019 wurde bekanntgegeben, dass die niederländische Bilderberg-Gruppe das Hotel zum 1. Januar 2020 übernehmen wird und das Hotel ab 1. Januar 2020 als Bilderberg Bellevue Hotel Dresden auftritt. Es ist das erste Hotel der Gruppe in Deutschland. Eine Zimmerrenovierung wird bis Mitte 2020 umgesetzt. Die Gesamtinvestitionen betragen 10 Millionen Euro.[1]
Gäste
Helmut Kohl war zu DDR-Zeiten mehrmals zu Gast im „Bellevue“. Zeitzeugen berichten, er habe stets Pellkartoffeln bestellt, die die Köche erst einkaufen mussten, da es ausschließlich geschälte Kartoffeln gab.
Weblinks
- Baugeschichte
- Website des Hotels
- BStU, Themenbeitrag: Überwachungsmaßnahmen des MfS im Hotel "Bellevue" in Dresden
- Bundeszentrale für politische Bildung (BpB, Hrsg.): Tanja Scheffler: Vom schnellen Scheitern der sozialistischen Städtebaukonzepte. Der Weg zurück zur historischen Stadt – Die Große Meißner Straße 15 und das Hotel „Bellevue“ (Auf der Webseite der BpB)
Fußnoten
- Nora Domschke: Warum Hotel Bellevue bald anders heißt. In: Sächsische Zeitung. 27. November 2019 (kostenpflichtig online [abgerufen am 28. November 2019]).
- Sandro Rahrisch: Dresdner Hotel Bellevue ist jetzt ein Denkmal. In: Sächsische Zeitung. 15. September 2020 (kostenpflichtig online [abgerufen am 15. September 2020]).
- Hagen Bächler und Monika Schlechte: Führer zum Barock in Dresden, Dortmund 1991, S. 106
- Georg Dehio: Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler. Dresden bearb. v. Friedrich Kobler, Heinrich Magirius, Mathis Nitzsche und Hartmut Ritschel. Deutscher Kunstverlag, München/Berlin 2005, ISBN 3-422-03110-3, S. 123.
- Geschichte des historischen Bellevue Hotels Dresden - Bilderberg Dresden. 10. Januar 2020, abgerufen am 23. April 2020 (deutsch).
- Ralf Hübner: Das Hotel mit dem schönen Blick. In: Sächsische Zeitung vom 16./17. März 2019, S. 20.
- http://www.das-neue-dresden.de/hotel-bellevue-1985.html