Hohenau (Adelsgeschlecht)
Hohenau ist der Name eines erloschenen sachsen-meiningenschen Adelsgeschlechts. Es geht auf Rosalie Gräfin von Hohenau, geborene von Rauch (1820–1879) zurück. Sie war die zweite, morganatische Ehefrau von Prinz Albrecht von Preußen, des jüngsten Bruders von Kaiser Wilhelm I. und König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen.
Geschichte
Nach seiner Scheidung von seiner ersten Ehefrau Marianne Prinzessin von Oranien-Nassau 1849 heiratete Prinz Albrecht von Preußen, Sohn von König Friedrich Wilhelm III. von Preußen und dessen Ehefrau Luise Prinzessin von Mecklenburg-Strelitz, 1853 in zweiter, nicht-standesgemäßer, d. h. morganatischer Ehe Rosalie von Rauch. Rosalie von Rauch war die frühere Hofdame der Prinzessin Marianne und die Tochter des preußischen Kriegsministers und Generals der Infanterie Gustav von Rauch und dessen zweiter Ehefrau Rosalie, geborene von Holtzendorff.
Die vehement ablehnende persönliche, religiöse und religionspolitische Haltung von König Friedrich Wilhelm IV., dem ältesten Bruder des Bräutigams, verbot eine Eheschließung von Prinz Albrecht und Rosalie von Rauch auf preußischem Territorium. Darüber hinaus standen die Hausgesetze des königlichen Hauses Hohenzollern einer Aufnahme Rosalie von Rauchs in die Familie ihres Ehemannes entgegen.
Nach Fürsprache vor allem von Zarin Alexandra Fjodorowna von Russland, der Schwester des preußischen Königs, erfolgte die Hochzeit von Albrecht und Rosalie im Herzogtum Sachsen-Meiningen. Dort lebte Albrechts älteste Tochter Charlotte, die mit dem Erbprinzen und späteren Herzog Georg II. von Sachsen-Meiningen verheiratet war. Vor der Hochzeit erhob der Herzog Rosalie von Rauch zur Gräfin von Hohenau. Ihr neu geschaffener Familienname Hohenau wirkt wie eine Anspielung auf den Namen der Hohenzollern.
Die Trauung hatte trotzdem nach strengen Vorgaben aus Berlin ohne jedes Aufsehen zu erfolgen und fand im kleinsten Kreis am 13. Juni 1853, einem werktäglichen Montag, in der Dorfkirche von Schweina statt, wo die sachsen-meiningenschen Herzöge mit Burg Altenstein ihre Sommerresidenz unterhielten. Zeitungen war jegliche Berichterstattung über die Hochzeit untersagt.
Auch die beiden Söhne von Albrecht und Rosalie, Wilhelm Graf von Hohenau (1854–1930) und Friedrich Graf von Hohenau (1857–1914), gehörten nicht dem preußischen Königshaus an, nicht zuletzt um dynastische Erbansprüche gegenüber dem regierenden Haus Hohenzollern auszuschließen. Beiden wurde jeweils wenige Monate nach ihrer Geburt der sachsen-meiningensche Grafenstand zuerkannt. Die preußische Anerkennung des Grafenstandes der Hohenaus gewährte König Wilhelm 1862, der Nachfolger des 1861 verstorbenen Friedrich Wilhelms IV. und spätere deutsche Kaiser.
Beide Hohenau-Brüder und deren Söhne dienten in der preußischen Armee. Als Offiziere gehörten sie renommierten Kavallerieregimentern an. Pferdepassion ließ Albrechts und Rosalies Enkel Wilhelm Graf von Hohenau (1884–1957) zu einem der erfolgreichsten deutschen Turnier- und Rennreiter werden, u. a. mit dem Gewinn der Bronzemedaille im Mannschafts-Springreiten bei den Olympischen Spielen 1912 in London.
Dessen Tochter Charlotte Gräfin von Hohenau (1917–2016) teilte die ausgeprägte Passion ihres Vaters. Der Reit- und Fahrschule für Kellinghusen und Umgebung e.V. ernannte die "Pferdefrau alter Schule" zu seinem Ehrenmitglied. Mit ihr ist das letzte Familienmitglied der Hohenau verstorben und das Adelsgeschlecht erloschen.
Schloss Albrechtsberg
Auf Anweisung des preußischen Königs hatte das Ehepaar Albrecht Prinz von Preußen und Rosalie Gräfin von Hohenau seinen gemeinsamen Wohnsitz außerhalb der preußischen Grenzen zu nehmen. Die Wahl fiel auf Dresden.
Um dem hohen Repräsentationsanspruch eines königlichen Prinzen zu genügen, ließ Albrecht von Preußen in den Loschwitzer Elbhängen das royale Schloss Albrechtsberg mit prachtvoller Terrassenanlage und Wasserspielen im preußisch-spätklassizistischen Stil erbauen und benannte es nach sich selbst. Als Architekt wählte er den Schinkel-Schüler Adolph Lohse. Erben von Schloss Albrechtsberg wurden die beiden Söhne von Prinz Albrecht und Rosalie Hohenau. 1925 veräußerten Hohenaus Schloss Albrechtsberg an die Stadt Dresden, der es seitdem gehört.
Neben Schloss Albrechtsberg erwarben Hohenaus das Rittergut Kreuzwald in Oberschlesien, das sie bis zu ihrer Vertreibung 1945 besaßen.
Rosalie Gräfin von Hohenau und ihre Söhne sowie einige weitere Familienangehörige wurden im Mausoleum von Schloss Albrechtsberg bestattet. Mit Öffnung des Parks für die Öffentlichkeit wurden 1950 die sterblichen Überreste der Gräfin Hohenau und ihrer dort bestatteten Nachkommen in eine Gruft auf dem Dresdner Waldfriedhof Weißer Hirsch umgebettet. Das Hohenausche Familiengrab auf dem Weißen Hirsch wurde 1968 aufgelöst.
Wappen
Mit sechs silbernen Rosen in seinem Schild nimmt das Wappen der Hohenau Bezug auf den Vornamen von Rosalie Gräfin von Hohenau, auf die die Familie nach ihrer morganatischen Eheschließung mit Albrecht Prinz von Preußen zurückgeht. Das Wappenschild zeigt von rechts oben nach links unten sieben schrägrechts gestellte Teile, und zwar im Wechsel in Silber und Blau. In den blauen Teilen finden sich von rechts oben nach links unten nacheinander zwei, drei und schließlich eine Rose.
Schildhalter ist rechts ein vorwärts sehender goldener Löwe, links ein einwärts sehender wilder Mann, der in seiner Linken eine Keule hält.
Bekannte Namensträger
- Rosalie Gräfin von Hohenau, geborene von Rauch (1820–1879)
- Generalleutnant Wilhelm Graf von Hohenau (1854–1930)
- Major Friedrich Graf von Hohenau (1857–1914)
- Rosalie Gräfin von Hohenau, geborene von Rauch (1820–1879), Hofdame der Prinzessin Marianne von Preußen, Prinzessin von Nassau-Oranien, zweite, morganatische Ehefrau des Generaloberst Albrecht Prinz von Preußen
- Wilhelm Graf von Hohenau (1854–1930), preußischer Generalleutnant
- Friedrich Graf von Hohenau (1857–1914), preußischer Major a. D.
- Wilhelm (Willi) Graf von Hohenau (1884–1957), Major a. D., Gewinner der Bronzemedaille im Mannschafts-Springreiten bei den Olympischen Spielen 1912
Literatur
- Ernst Heinrich Kneschke: Neues allgemeines deutsches Adels-Lexicon. Band 4, Verlag Friedrich Voigt, Leipzig 1863, S. 420.
- Gothaisches Genealogisches Taschenbuch der Gräflichen Häuser. Verlag Justus Perthes, Gotha 1862, 1865 und 1921, S. 379f. (1865), S. 418f. (1921).
- Genealogisches Handbuch des Adels – Gräfliche Häuser B. Band I, Verlag C.A. Starke, Glücksburg (Ostsee) 1953, S. 169f.
- Adelslexikon in der Reihe Genealogisches Handbuch des Adels. Band V, Verlag C.A. Starke, Limburg (Lahn) 1984, S. 36.
- Hans Zeidler und Heidi Zeidler: Der vergessene Prinz. Geschichte und Geschichten um Schloß Albrechtsberg. Verlag der Kunst, Dresden 1995, S. 76ff., 99ff., 195f., 202f.
- Gorch Pieken, Cornelia Kruse: Preußisches Liebesglück. Propyläen Verlag, Berlin 2000, S. 17, 69ff., 80ff.
- Silke Marburg: Europäischer Hochadel: König Johann von Sachsen (1801–1873) und die Binnenkommunikation einer Sozialformation. Akademie Verlag, Berlin 2008, S. 169 f.
- Daniel Schönpflug: Die Heiraten der Hohenzollern. Verwandtschaft, Politik und Ritual in Europa 1640–1918. Verlag Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2013, S. 104.
Weblinks
- Bernhard Peter: Wappen bei morganatischen Ehen (1). In: Heraldik – die Welt der Wappen. Eigene Webseite, 2012, abgerufen am 28. September 2014 (viele ausführlich erklärte Beispiele).