Herrenhaus Blankensee
Das Herrenhaus Blankensee auch Sudermanns Refugium ist ein Gutshaus in Blankensee, einem Ortsteil der Stadt Trebbin im Landkreis Teltow-Fläming im Land Brandenburg. Das Herrenhaus gilt als typisches Bauwerk des märkischen Barock und ist mit seiner Einheit von Haus und Park beispielhaft für die Herrenhausanlagen im 18. und 19. Jahrhundert in der Mark Brandenburg.
Lage
Blankensee liegt in der Nuthe-Nieplitz-Niederung und wird von der Nieplitz in Süd-Nord-Richtung durchflossen. Sie verbindet den südlich gelegenen Blankensee mit dem nördlich gelegenen Grössinsee und durchquert dabei die Gemarkung des Herrenhauses. Westlich liegt dabei der historische Ortskern auf einem Talsandhügel, östlich der Nieplitz das Schloss und Gut.
Geschichte
Aus archäologischen Grabungen ist eine Besiedlung der Region mit Slawen aus dem 9./10. Jahrhundert nachgewiesen. Im Zuge der Deutschen Ostsiedlung in der Mitte des 12. Jahrhunderts entstand an Stelle der Burg eine frühdeutsche Burganlage. Diese wurde ausweislich zweier Kirchenbucheintragungen in den Jahren 1615 und 1655 durch Brände schwer beschädigt. Die Region befand sich dieser Zeit im Besitz derer von Thümen. Ein Mitglied dieser Adelsfamilie, der sächsischen Kreishauptmann Christian Wilhelm von Thümen, ließ von 1739 bis 1741 ein barockes Schloss auf den Fundamenten der alten Burg errichten. Aus dem Jahr 1804 sind erstmals Anbauten am Gebäude überliefert. Der Eingang zum Hof war dabei von einem Gärtnerhaus, einem Waschhaus, einem Brauhaus, einem Pferdestall sowie einer Wagenremise umgeben. Um die vorletzte Jahrhundertwende war die Begüterung des Thümschen Winkels mit Stangenhagen, Blankensee, Glau und Schönhagen, alles Rittergüter, etwa 2775 ha groß.[1]
Der letzte derer von Thümen, Viktor Arthur von Thümen (1842–1929) auf Stangenhagen, musste das Gut einschließlich 10.000 Morgen Wald, Acker und Wiese im Jahr 1902[2] für 2,25 Millionen Mark an die Deutsche Ansiedlungsgesellschaft verkaufen. Diese bot dem Schriftsteller Hermann Sudermann (1857–1928), der neben diesem Landsitz eine Stadtwohnung in Berlin unterhielt, das Gut zum Kauf an. Sudermann plante, in Blankensee eine Siedlung für wohlhabende Bürger aus Berlin zu errichten. Zu dieser Zeit waren Teile der Hofgebäude bereits abgetragen. Nach dem Kauf 1902 beauftragte Sudermann den Berliner Architekten Otto Stahn mit dem Umbau. Stahn errichtete auf der Parkseite einen Söller, 1903 einen Westflügel mit einer Küche und einem Gärtnerhaus sowie 1904 einen Rundtempel im Park und eine Loggia. 1927 – ein Jahr vor Sudermanns Tod – entstanden der italienische Garten sowie der eingeschossige, vierachsige Ostflügel. 1928 übernahm sein Stiefsohn, Rolf Lauckner, die Leitung der Stiftung, die vornehmlich mittellosen Schriftstellern eine Urlaubsmöglichkeit anbot. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurde die Stiftung nicht enteignet. Allerdings sind Plünderungen bekannt. Das Gebäude wurde kurzfristig für Umsiedler und Flüchtlinge genutzt. Anschließend wurde es von 1957 bis 1959 zu einer Schule umgebaut und von Schülern aus Glau, Schönhagen, Stangenhagen und Mietgendorf nach der dortigen Auflösung der Dorfschulen besucht. Die Sudermann-Stiftung stellte der zehnklassigen Oberschule die Räume kostenfrei zur Verfügung; den Unterhalt übernahm die Gemeinde. Bei dem Umbau wurden bis auf den Mittelrisalit alle weiteren Fassadenelemente entfernt. 1985 bezog die Schule ein neues Gebäude in der Nähe des Blankensees. Bis zur Wende wurde das Herrenhaus als Kindergarten, Versammlungsraum und Betriebsurlaubsheim genutzt; auch hatte der Bürgermeister dort seinen Sitz.
Nach 1990 kümmerten sich die Stiftung sowie die Denkmalbehörde um das Gebäude sowie den Park. Es wurde 1994 in die Brandenburgischen Schlösser überführt, die von 1994 bis 1998 eine umfassende Sanierung durchführen. Dabei entstand auch ein neuer Ostflügel nach Plänen des Bonner Architekten Karl-Heinz Schommer. Er entwarf bewusst einen neuen Baukörper, der sich architektonisch deutlich abhob. Ebenso wurden die historischen Faschen an den Fenstern wiederhergestellt, die beim Umbau zu einer Schule in den 1950er Jahren beseitigt wurden. Von 1998 bis 2004 nutzte die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften das Schloss als Tagungsstätte. Sie richtete ein Gedenkzimmer für Sudermann ein. Seit dem 1. Januar 2016 werden die Räume des Schlosses für Firmenveranstaltungen, Tagungen, Seminare und Privatfeiern (z. B. Hochzeiten) angeboten. Während der Park frei zugänglich ist, kann das Schloss nur bei geführten Rundgängen zur Besichtigung des Sudermann-Zimmers betreten werden.
Baubeschreibung
Das Haupthaus verfügt über einen rechteckigen Grundriss und wurde auf einem hohen, verputzten Sockel errichtet. Es verfügt über neun Achsen und zwei Geschosse. Die Front wird von einer Kolossalordnung mit darüber angeordneten Mittelrisalit dominiert. Zum Portal führt eine Freitreppe mit Balustraden, die mit zwei großen Putten verziert sind. Oberhalb des Eingangs ist ein Balkon mit einem schmiedeeisernen Gitter. Auf der Parkseite befindet sich ebenfalls eine Freitreppe.
Schlosspark
Sudermann stattete den ursprünglich 1832 nach Entwürfen von Peter Joseph Lenné gestalteten Schlosspark mit Statuen aus, die er von seinen Reisen mitbrachte. Geschwungene Brücken über mehrere Seitenarme der Nieplitz, italienischer Garten, Marmorbänke, kleine Tempel sowie Götter und Göttinnen mitten in einem dichten Baumbestand machen aus dem heute sogenannten Sudermann-Park ein verwunschenes südländisches Refugium in märkischer Idylle. Sudermann beschrieb die Atmosphäre im Park mit folgenden Worten:
… aus dessen Innern hie und da ein Leuchten kam von Säulen und Brücken und weißem weinumsponnenem Mauerwerk … Aus dem Hintergrunde, von einem Hügel her, den Schwarztannen düster umragten, schaute feierlich ein Rundtempelchen mit toskanischen Säulen und grünschillerndem Dache …
Noch ohne Sudermanns Rundtempelchen und Skulpturen stellte sich der Park rund 50 Jahre zuvor Theodor Fontane auf seinen Wanderungen durch die Mark Brandenburg mit Elsbruch und zwei Seen noch deutlich ursprünglicher dar:
Am schönsten gelegen ist das Herrenhaus. In Front ein Elsenbruch, an den Flügeln zwei breite Seespiegel, und zwischen Schloss und Park ein Wasserlauf, der diese beiden Seeflächen verbindet, – das ist in großen Zügen die Szenerie.
Damals, 1832, wie auch heute im 21. Jahrhundert trennten drei Arme der Nieplitz den 4,5 Hektar großen Park in drei Bereiche auf. Sie wurden im Norden durch eine Querachse mit zwei Brücken miteinander verbunden. Ursprünglich verliefen die Wege geradlinig; im südwestlichen Teil gab es ein Bassin. Lenné kreierte daraus einen landschaftlich geprägten Park mit geschwungenen Wegen sowie einer Uferallee, die entlang der Nieplitz führt. Den Fluss nutzte Lenné außerdem, um aus dem Bassin eine Ausweitung der Nieplitz zu formen. Es entstanden zwei Inseln, die er durch Brücken miteinander verband. So entstand ein Lennéscher Park, ein italienischer Garten sowie der als Götterpark bezeichnete Bereich mit Skulpturen im östlichen Bereich. Von Westen her bestand ein Zugang über ein schmiedeeisernes Tor. Auf dem Hauptweg, auch Kaiserallee genannt, ließ Sudermann sechs Büsten aus dem 17. bis 19. Jahrhundert aufstellen, die Imperatoren zeigen. Im Lennéschen Parkteil stehen zwei barocke Skulpturen, Pomona und Flora. Sie wird durch Venus ergänzt, die im südwestlichen Bereich am gleichnamigen Venusteich steht. Im Nordosten platzierte Lenné einen achtsäuligen Rundtempel mit einem Brunnenbecken, begleitet von Helena und Hermione. Vor dem Brunnenbecken stehen auf der Jahreszeitenwiese vier Skulpturen der vier Jahreszeiten sowie Chronos. Der jüngste Teil des Parks entstand im Norden. Dort legte Lenné 1927 den italienischen Garten mit drei Stauen an, die in einer Kulissenwand stehen. Im davor errichteten Parterre stehen acht halbhohe Säulen mit Büsten und Vasen, seitlich eine Marmorbank. Die überwiegende Anzahl der Skulpturen brachte Sudermann von seinen Italienreisen mit. Die Flora, die Pomona und der Voltumna sind Werke des Bildhauers Johann Peter Benkert und waren ursprünglich 1750 für das Knobelsdorffhaus in Potsdam angefertigt worden. Dort brach jedoch an einer der Figuren ein Arm ab, woraufhin sie vom Gebäude entfernt und von Sudermann für 200 Mark erworben wurden.
Literatur
- Karl von Thümen: Geschichte des Geschlechts von Thümen. 3 Bände. Liegnitz 1889; mit Nachträgen, Liegnitz 1912.
- Angelika Fischer, Bernd Erhard Fischer: Blankensee: Sudermanns Schloß und Park. Eine Spurensuche. arani-Verlag, Berlin 1991, ISBN 3-7605-8628-7.
- Christa Heese: Blankensee (Schlösser und Gärten der Mark). Hrsg. Freundeskreis Schlösser und Gärten der Mark. Deutsche Gesellschaft e. V., Berlin 2003.
- Hiltrud und Carsten Preuß: Die Guts- und Herrenhäuser im Landkreis Teltow-Fläming. Lukas Verlag für Kunst- und Geistesgeschichte, 2011, ISBN 978-3-86732-100-6, S. 244.
Weblinks
- Eintrag zur Denkmalobjektnummer 09105271 in der Denkmaldatenbank des Landes Brandenburg
- Brandenburgische Schlösser GmbH: „Blankensee“
Einzelnachweise
- Paul Ellerholz, E. Kirstein, Traug. Müller, W. Gerland, Georg Volger: Handbuch des Grundbesitzes im Deutschen Reiche, I., Das Königreich Preussen, I. Lieferung, Provinz Brandenburg. Nach amtlichen und authentischen Quellen bearbeitet. Mit Angaben sämtlicher Güter; ihrer Qualität; ihrer Grösse und Culturart; ihres Grundsteuerreinertrages; ihrer Besitzer; Pächter, Administratoren, etc. 3. Auflage. R. Stricker Nicolaische Verlags-Buchhandlung, Berlin 1896, S. 206–207 (digi-hub.de [abgerufen am 15. August 2021]).
- Walter v. Hueck: Genealogisches Handbuch der Adeligen Häuser / A (Uradel), 1975. In: Deutsches Adelsarchiv e. V: (Hrsg.): GHdA Gesamtreihe von 1951 bis 2015. XIII der Reihe A, Nr. 60. C. A. Starke, Limburg an der Lahn 1975, S. 491 (d-nb.info [abgerufen am 15. August 2021]).