Herbstmeister
Herbstmeister ist ein Begriff im Mannschaftssport (zumeist Fußball), der in Hin- und Rückrunde innerhalb einer Saison oder Spielzeit ausgetragen wird und den Ersten im Klassement nach Abschluss der Hinrunde mit diesem inoffiziellen Titel bezeichnet.
Deutschland
Fußball
Herbstmeister ist die inoffizielle Titelbezeichnung im Ligasystem in Deutschland, für die Mannschaft, die nach Abschluss der Hinrunde den ersten Platz belegt, unabhängig davon ob ausgefallene Spielpaarungen oder Spieltage im Folgejahr einer Saison (d. h. Kalenderjahr übergreifend) nachgeholt wurden/werden mussten. Das Auffangen einer möglichen Verzerrung des Klassements und die Wahrung der Chancengleichheit setzt voraus, dass jede Mannschaft gegen jede gespielt haben muss. Von den 57 bisher beendeten Saisonen gab es 12 mit Verlegungen von einer und mehr Spielpaarungen, die jedoch keinen Einfluss auf die Vergabe des inoffiziellen Titel Herbstmeister hatten. In vier der 12 Saisonen musste die Entscheidung darüber erst im Folgejahr der jeweiligen Saison abgewartet werden.
So wurde Borussia Mönchengladbach erst am 22. Januar 1975 Herbstmeister, da die nachgeholte Begegnung MSV Duisburg – 1. FC Köln 1:1 endete und die am 18. Januar 1975 nachgeholte Begegnung Fortuna Düsseldorf – Kickers Offenbach 3:2. Im Siegfalle der Offenbacher Kickers wären diese mit einem Punkt Vorsprung Herbstmeister geworden.[1] Drei weitere Beispiele: Die am 9. März 1982 nachgeholte Begegnung 1. FC Kaiserslautern – 1. FC Köln endete 1:1; bei einer Kölner Niederlage mit zehn Toren Unterschied wäre der punktgleiche und in der Tordifferenz um ein Tor bessere FC Bayern München Herbstmeister geworden. Die zweite Begegnung Karlsruher SC – Hamburger SV (2:2) am selben Tag hatte keinen Einfluss auf den inoffiziellen Titel.[2] Die am 17. Februar 1988 nachgeholte Begegnung Werder Bremen – FC Schalke 04 (5:0) bedeutete ebenfalls die Herbstmeisterschaft für die Bremer; bei einer 0:1-Niederlage wäre erneut der FC Bayern München aufgrund der besseren Tordifferenz Herbstmeister geworden.[3] Letztgenannter Verein (erstmals als Wintermeister tituliert) wurde erst am 22. Januar 2017 Herbstmeister, da er sein Bundesligaspiel zwei Tage zuvor beim SC Freiburg mit 2:1 gewonnen hatte und somit von RB Leipzig, der ein Tag später daheim gegen Eintracht Frankfurt mit 3:0 gewonnen hatte, nicht mehr von Platz 1 verdrängt werden konnte. Die beiden Spielpaarungen Bayer 04 Leverkusen – Hertha BSC (3:1) und 1. FSV Mainz 05 - 1. FC Köln (0:0) hatten daher keine Bedeutung.[4]
Die Bezeichnung geht wohl mit dem kalendarischen Winteranfang auf der Nordhemisphäre am 21. oder 22. Dezember einher. Von den 57 Saisonen wurden 41 Hinrunden vollständig vor dem 21. Dezember e. J. abgeschlossen, davon drei bereits im November (89/90, 93/94, 97/98). Lediglich vier Hinrunden wurden mit dem 17. Spieltag regulär am 21., 22. oder 23. Dezember vollständig abgeschlossen (14/15 (21.), 13/14 und 19/20 (22.) sowie 18/19 (23.)).
Zudem sah der Rahmenkalender von Beginn an eine Winterpause vor, da es bei Minustemperaturen nur unter schwierigen Bedingungen möglich war, Fußballspiele in den Stadien auszutragen, die Rasenheizung erst 1972 als technische Einrichtung nach und nach Einzug fand und nicht zuletzt wegen des Verletzungsrisikos und der Erholung – auch dem Weihnachtsfest Rechnung tragend – der Spieler.
Die Bezeichnung Wintermeister (gelegentlich auch Weihnachtsmeister) wurde von den Medien erstmals mit Beginn der Winterpause der Saison 2016/17 geschaffen[5][6] und wird der Mannschaft zuteil, die am letzten vollständig absolvierten Spieltag und vor Abschluss der Hinrunde Tabellenführer ist. Diese Bezeichnung trifft mit dem 21. Dezember 2016 (16. Spieltag)[7] und dem 20. Dezember 2020 (13. Spieltag)[8] auf den FC Bayern München zu, der jeweils auch Herbstmeister wurde. 2020/21 ist der Grund für die wenigen Spieltage vor der Winterpause, dass die Saison rund einen Monat später als gewöhnlich begann, nachdem die Vorsaison wegen der COVID-19-Pandemie erst am 27. Juni 2020 beendet werden konnte.
Männer
In der deutschen Fußball-Bundesliga werden etwa zwei von drei Herbstmeistern auch Meister der jeweiligen Saison.[9]
In den bislang 58 abgelaufenen Saisonen wurden 16 unterschiedliche Mannschaften Herbstmeister; am häufigsten der FC Bayern München (24 x), gefolgt von Werder Bremen (6 x) und Borussia Mönchengladbach bzw. Borussia Dortmund (je 4 x).
Mit Eintracht Frankfurt, dem FC Schalke 04, Bayer 04 Leverkusen und RB Leipzig sind vier Herbstmeister noch nie Deutscher Meister geworden.
Nachfolgend sind alle Herbstmeister und späteren Deutschen Meister aufgelistet; 39 Mal wurde der Herbstmeister auch Deutscher Meister. Das „Gesetz der Serie“, das der Herbstmeister auch der künftige Deutsche Meister sein wird, hatte in der Saison 1970/71 erstmals Borussia Mönchengladbach durchbrochen, am häufigsten der FC Bayern München (9 Mal).
Frauen
In der deutschen Frauen-Bundesliga, die seit der Saison 1997/98 bundesweit und nicht mehr in Nord- und Südgruppe ausgetragen wird, wurde in 20 Spielzeiten (davon die ersten elf in Folge) der Herbstmeister auch Meister. In der Saison 2008/09 wurde erstmals der FC Bayern München Herbstmeister und zugleich der erste Verein, der am Saisonende nicht den Titel gewann. Dies widerfuhr auch dem 1. FFC Frankfurt 2013/14, dem VfL Wolfsburg 2014/15 und dem 1. FFC Turbine Potsdam 2016/17.
Österreich
In der österreichischen Fußball-Bundesliga wird der Herbstmeister offiziell mit dem Herbstmeisterpokal geehrt.[10]
Weblinks
Einzelnachweise
- Spieltag 17 1974/75
- Spieltag 17 1981/82
- Spieltag 17 1987/88
- Spieltag 17 2016/17
- Wintermeister Bayern fertigt Leipzig ab, auf abendblatt.de, abgerufen am 21. Januar 2017.
- Bayern München ist „Wintermeister“ auf Tagesschau.de
- Spieltag 16 2016/17
- Spieltag 13 2020/21
- Meister und Herbstmeister (Memento vom 11. Dezember 2011 im Internet Archive)
- Die SV Ried ist Herbstmeister: „Ein Titel für die Ewigkeit“, Artikel der Oberösterreichische Nachrichten vom 29. November 2010.