Henritermierit
Henritermierit ist ein sehr selten vorkommendes Mineral aus der Gruppe der Granate innerhalb der Mineralklasse der „Silikate und Germanate“. Es kristallisiert im tetragonalen Kristallsystem mit der idealisierten chemischen Zusammensetzung Ca3Mn3+2[(SiO4)2(OH)4][1], ist also chemisch gesehen ein Calcium-Mangan-Hydrogranat. Strukturell gehört er wie die anderen Granate zu den Inselsilikaten.
Henritermierit | |
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Allgemeines und Klassifikation | |
Andere Namen |
IMA 1968-029 |
Chemische Formel | |
Mineralklasse (und ggf. Abteilung) |
Silikate und Germanate |
System-Nr. nach Strunz und nach Dana |
9.AD.25 (8. Auflage: VIII/A.08) 51.04.04.01 |
Kristallographische Daten | |
Kristallsystem | tetragonal |
Kristallklasse; Symbol | ditetragonal-dipyramidal; 4/m 2/m 2/m[3] |
Raumgruppe (Nr.) | I41/acd[2] (Nr. 142) |
Gitterparameter | a = 12,39 Å; c = 11,91 Å[2] |
Formeleinheiten | Z = 8[2] |
Zwillingsbildung | nach {101} |
Physikalische Eigenschaften | |
Mohshärte | nicht definiert |
Dichte (g/cm3) | gemessen: 3,34(2); berechnet: 3,40[4] |
Spaltbarkeit | keine |
Bruch; Tenazität | muschelig |
Farbe | „gewürznelkenbraun“ bis „aprikosenfarben“, zitronengelb bis hellgelb[4] |
Strichfarbe | weiß |
Transparenz | durchscheinend |
Glanz | Glasglanz |
Kristalloptik | |
Brechungsindizes | nω = 1,765 nε = 1,800[5] |
Doppelbrechung | δ = 0,035[5] |
Optischer Charakter | einachsig positiv |
Pleochroismus | schwach: ω = sehr hell gelb, ε = zitronengelb |
Da Henritermierit mit Grossular (Ca3Al2[SiO4]3[2]) eine lückenlose Mischkristallreihe bildet und deshalb meist ein geringer Anteil Mangan durch Aluminium ersetzt ist, wird die chemische Formel für Henritermierit allgemein auch mit Ca3(Mn3+,Al)2[(SiO4)2(OH)4][2] beschrieben. Daneben bildet das Mineral auch mit Katoit (Ca3Al2[(SiO4)>1,5((OH)4)<1,5][2]) und Hydro-Andradit Mischreihen. Aufgrund der Mischkristallbildung variiert die Farbe von Henritermierit von „Gewürznelkenbraun“ bis „Aprikosenfarben“ oder Zitronengelb bis Hellgelb.
Das Mineral entwickelt meist durchscheinende Kristalle mit kurzprismatischem oder pseudooktaedrischem Habitus, findet sich aber auch in Form körniger Mineral-Aggregate.
Etymologie und Geschichte
Entdeckt wurde Henritermierit im Tagebau „Tachgagalt“ in der marokkanischen Provinz Ouarzazate und beschrieben durch C. Gaudefroy, M. Orliac, F. Permingeat, A. Parfenoff, die das Mineral nach dem französischen Geologen Henri François Émile Termier (1897–1989) benannten.
Klassifikation
Die strukturelle Klassifikation der International Mineralogical Association (IMA) zählt den Henritermierit zur Granat-Obergruppe, wo er zusammen mit Holtstamit die Henritermierit-Gruppe mit 8 positiven Ladungen auf der tetraedrisch koordinierten Gitterposition bildet.[6] Formal gehört der Monteneveit ebenfalls in diese Gruppe, obwohl er strukturell und chemisch den Mineralen der Bitikleit-Gruppe näher steht.
Bereits in der mittlerweile veralteten, aber teilweise noch gebräuchlichen 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Henritermierit zur Mineralklasse der „Silikate und Germanate“ und dort zur Abteilung der „Inselsilikate (Nesosilikate)“, wo er zusammen mit Almandin, Andradit, Calderit, Goldmanit, Grossular, Hibschit, Holtstamit, Hydrougrandit, Katoit, Kimzeyit, Knorringit, Majorit, Morimotoit, Pyrop, Schorlomit, Spessartin, Uwarowit, Wadalit und Yamatoit (diskreditiert, da identisch mit Momoiit) die „Granatgruppe“ mit der System-Nr. VIII/A.08 bildete.
Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) verwendete 9. Auflage der Strunz'schen Mineralsystematik ordnet den Henritermierit ebenfalls in die Klasse der „Silikate und Germanate“ und dort in die Abteilung der „Inselsilikate (Nesosilikate)“ ein. Diese Abteilung ist weiter unterteilt nach der möglichen Anwesenheit weiterer Anionen sowie der Koordination der beteiligten Kationen, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung und seinem Aufbau in der Unterabteilung der „Inselsilikate ohne weitere Anionen; Kationen in oktahedraler [6] und gewöhnlich größerer Koordination“ zu finden ist, wo es zusammen mit Almandin, Andradit, Calderit, Goldmanit, Grossular, Holtstamit, Katoit, Kimzeyit, Knorringit, Majorit, Morimotoit, Pyrop, Schorlomit, Spessartin und Uwarowit die „Granatgruppe“ mit der System-Nr. 9.AD.25 bildet. Ebenfalls zu dieser Gruppe gezählt wurden die mittlerweile nicht mehr als Mineral angesehenen Granatverbindungen Blythit, Hibschit, Hydroandradit und Skiagit. Wadalit, damals noch bei den Granaten eingruppiert, erwies sich als strukturell unterschiedlich und wird heute mit Chlormayenit und Fluormayenit einer eigenen Gruppe zugeordnet.[6] Die nach 2001 beschriebenen Granate Irinarassit, Hutcheonit, Kerimasit, Toturit, Menzerit-(Y) und Eringait wären hingegen in die Granatgruppe einsortiert worden.
Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Henritermierit in die Klasse der „Silikate und Germanate“ und dort in die Abteilung der „Inselsilikatminerale“ ein. Hier ist er zusammen mit Holtstamit in der „Granatgruppe (Tetragonale Hydrogranate)“ mit der System-Nr. 51.04.04 innerhalb der Unterabteilung „Inselsilikate: SiO4-Gruppen nur mit Kationen in [6] und >[6]-Koordination“ zu finden.
Bildung und Fundorte
Henritermierit bildet sich in manganreichen Erzlagerstätten. An seiner Typlokalität „Tachgagalt“ wurde er in Form kleiner Körner gefunden, die die Lücken zwischen den Kristallen anderer Minerale auffüllten. Als Begleitminerale traten hier Calcit, Gaudefroyit, Hausmannit und Marokit auf.
Des Weiteren konnte das Mineral bisher (Stand: 2013) nur noch in der „N'Chwaning Mine“ nahe Kuruman und in der „Wessels Mine“ nahe Hotazel im Kalahari-Manganfeld in Südafrika gefunden werden, wo er mit Andradit, Baryt, Calcit, Hämatit, Hausmannit und Manganit vergesellschaftet auftrat.[4][7]
Kristallstruktur
Henritermierit kristallisiert tetragonal in der Raumgruppe I41/acd (Raumgruppen-Nr. 142) mit den Gitterparametern a = 12,39 Å und c = 11,91 Å sowie 8 Formeleinheiten pro Elementarzelle.[2]
Siehe auch
Literatur
- C. Gaudefroy, M. Orliac, F. Permingeat, A. Parfenoff: L'henritermiérite, une nouvelle espèce minérale, In: Bulletin de la Société Française de Minéralogie et de Cristallographie, Band 92 (1969), S. 185–190 (PDF 459,4 kB)
- T. Armbruster, T. Kohler, E. Libowitzky, A. Friedrich, R. Miletich, M. Kunz, O. Medenbach, J. Gutzmer: Structure, compressibility, hydrogen bonding, and dehydration of the tetragonal Mn3+ hydrogarnet, henritermierite, In: American Mineralogist, Band 86 (2001), S. 147–158 (PDF 410 kB)
- Maximilian Glas et al.: Granat. In: Christian Weise (Hrsg.): extraLapis. Band 9. Christian Weise Verlag, 1995, ISBN 3-921656-35-4, ISSN 0945-8492, S. 5.
- Friedrich Klockmann: Klockmanns Lehrbuch der Mineralogie. Hrsg.: Paul Ramdohr, Hugo Strunz. 16. Auflage. Enke, Stuttgart 1978, ISBN 3-432-82986-8, S. 669 (Erstausgabe: 1891).
Weblinks
Einzelnachweise
- IMA/CNMNC List of Mineral Names; Februar 2013 (PDF; 1,4 MB)
- Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. 9. Auflage. E. Schweizerbart'sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 541–542.
- Webmineral - Henritermierite
- Henritermierite, In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America, 2001 (PDF 72 kB)
- Mindat - Henritermierite
- Edward S. Grew, Andrew J. Locock, Stuart J. Mills, Irina O. Galuskina, Evgeny V. Galuskin and Ulf Hålenius: IMA Report - Nomenclature of the garnet supergroup. In: The American Mineralogist. Band 98, 2013, S. 785–811 (main.jp [PDF; 2,3 MB; abgerufen am 8. Juli 2017]).
- Fundortliste für Henritermierit beim Mineralienatlas und bei Mindat