Hellstein
Hellstein ist neben Schlierbach, Udenhain, Neuenschmidten, Spielberg und Streiberg einer von sechs Ortsteile der Gemeinde Brachttal im hessischen Main-Kinzig-Kreis.
Hellstein Gemeinde Brachttal | |
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Höhe: | 171 m ü. NHN |
Fläche: | 2,04 km² |
Einwohner: | 1038 (Mai 2011)[1] |
Bevölkerungsdichte: | 509 Einwohner/km² |
Eingemeindung: | 1. Juli 1970 |
Postleitzahl: | 63636 |
Vorwahl: | 06054 |
Geographie
Geographie
Hellstein liegt am Reichenbach der im Norden, aus Richtung Birstein kommend in das Gemeindegebiet eintritt und es im Süden wieder verlässt, um kurz danach in die Bracht zu münden.
Geschichte
Ortsname
Die älteste überlieferte Namensform des Ortes war Ellenstein (um 900) bzw. in der gleichen Zeit auch Elentenstein. Im Hochmittelalter finden sich die Formen Hellinstein (1323) und Helnsteyn (1384).[2] Danach verfestigt sich zunehmend die moderne Form Hellstein, die auch aus der Landschaft abgeleitet werden kann. Im Wald, am Ortsrand von Hellstein befindet sich eine alte Sandgrube. Dort wurde, bis ins 20. Jahrhundert hinein weißer Quarzsand, im größeren Maßstab abgebaut. Dieser Sand wurde zur Glasherstellung und als Scheuersand für die Holzfußböden in den Häusern genutzt. Auf den hellen (weißen) Sand ist möglicherweise auch der Ortsname Hellstein zurückzuführen.
Älteste Spuren und Mittelalter
Die älteste bekannte Erwähnung von Hellstein erfolgte um 900 n. Chr. unter dem Namen „Ellenstein“.[2]
Seit 1384 gehört Hellstein zur Grafschaft Isenburg.
Neuzeit
Durch eine Verwaltungsreform kam Hellstein zum Amt Spielberg. 1773 wurde der Pfarrsitz des Kirchenspiels von Udenhain nach Hellstein verlegt.[3] 1787 wurde das Amt Spielberg zum Gericht Spielberg im Amt Wächtersbach. 1816 gehörte das Amt Spielberg zum Kurfürstentum Hessen und ab 1866 zum Königreich Preußen in der Provinz Hessen-Nassau. Heute gehört Hellstein zum südhessischen Main-Kinzig-Kreis, im ehemaligen Landkreis Gelnhausen.[2]
Jüdisches Leben in Hellstein
In Hellstein gab es bis Ende 1938 eine Synagogengemeinde. Die Synagoge mit einem rituellen Bad und angeschlossener jüdischer Schule lag am Oberweg 2. Auch die Juden aus Schlierbach waren der Hellsteiner Synagogengemeinde angeschlossen. Verstorbene Juden aus Hellstein und den umliegenden Gemeinden wurden auf dem Friedhof in Birstein beigesetzt. Gemeindevorsteher waren in den 1930er Jahren Ludwig Moritz und Jonas Grünebaum. Nach der Pogromnacht vom 9. November 1938 verkaufte Jonas Grünebaum sein Haus in Hellstein. Er verließ als letzter Jude den Ort und zog nach Frankfurt. Später wurde die Familie verhaftet und deportiert. Seine Tochter Johanna Grünebaum (* 24. Dezember 1925) wurde 1942, er selber sowie seine Frau Else, geb. Steinberger, 1943 in Auschwitz ermordet. Ihrem Sohn Erich Grünebaum gelang die Flucht in die USA. Er hat dadurch als einziger der Familie Grünebaum überlebt. Auch die jüdische Familie Moritz aus Hellstein war in die USA geflohen.[4] 33 Mitbewohner Hellsteins fielen dem Naziterror zum Opfer. Der „Weiße Garten“, neben der Alten Schule, mit einer Gedenktafel erinnert an sie.
Wirtschaftsgeschichte
Nördlich von Hellstein befindet sich unterhalb des Sandkopfes (313,2 m NHN) die offen gelassene Sandgrube Hellstein. Die dort vorkommenden blütenweißen Sande, es sind Tertiärsedimente, sie „erreichen im Tagebaubereich eine Mächtigkeit von 45 m und können durch lokale Bohrbefunde um 22 m erweitert werden“.[5] Die Sande spielten über Jahrhunderte hinweg eine große wirtschaftliche Rolle für den Ort und die Region. Insbesondere die Waechtersbacher Keramik war seit 1832 ein wichtiger Abnehmer des wertvollen Produktes. Der industrielle Abbau erfolgte bis in die 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts.
Gebietsreform
Am 1. Juli 1970 entstand im Zuge der Gebietsreform in Hessen, durch den freiwilligen Zusammenschluss der selbstständigen Gemeinden Schlierbach, Hellstein und Neuenschmidten, die neue Gemeinde Brachttal[6]. Der Verwaltungssitz befindet sich in Schlierbach. Für Hellstein, wie für alle eingegliederten ehemals eigenständigen Gemeinden von Brachttal, wurde ein Ortsbezirk mit Ortsbeirat und Ortsvorsteher nach der Hessischen Gemeindeordnung gebildet.[7]
Einwohnerentwicklung
- 1529: 44 Häuser[2]
Hellstein: Einwohnerzahlen von 1834 bis 2011 | ||||
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Jahr | Einwohner | |||
1834 | 299 | |||
1840 | 299 | |||
1846 | 328 | |||
1852 | 336 | |||
1858 | 351 | |||
1864 | 350 | |||
1871 | 346 | |||
1875 | 396 | |||
1885 | 436 | |||
1895 | 400 | |||
1905 | 413 | |||
1910 | 452 | |||
1925 | 431 | |||
1939 | 424 | |||
1946 | 556 | |||
1950 | 568 | |||
1956 | 506 | |||
1961 | 505 | |||
1967 | 508 | |||
1970 | 515 | |||
1980 | ? | |||
1990 | ? | |||
2000 | ? | |||
2011 | 1.038 | |||
Datenquelle: Historisches Gemeindeverzeichnis für Hessen: Die Bevölkerung der Gemeinden 1834 bis 1967. Wiesbaden: Hessisches Statistisches Landesamt, 1968. Weitere Quellen: [2]; Zensus 2011[1] |
Religionszugehörigkeit
Quelle: Historisches Ortslexikon[2]
• 1885: | 383 evangelische (= 87,84 %), 6 katholische (= 1,38 %), 47 jüdische (= 10,78 %) Einwohner |
• 1961: | 441 evangelische (= 87,33 %), 57 katholische (= 11,29 %) Einwohner |
Politik
Ortsbeirat
Für Hellstein besteht ein Ortsbezirk (Gebiete der ehemaligen Gemeinde Hellstein) mit Ortsbeirat und Ortsvorsteher nach der Hessischen Gemeindeordnung.[7] Der Ortsbeirat besteht aus fünf Mitgliedern. Seit den Kommunalwahlen 2016 gehören ihm ein Mitglied der SPD, ein Mitglieder der CDU, ein Mitglieder dem Bündnis 90/Die Grünen und zwei Mitglieder der Freien Wähler an. Ortsvorsteher ist Markus Gleiß (FWB).[8]
Sehenswürdigkeiten und Kultur
Bauwerke
In Hellstein gibt es eine evangelische Kirche. Das heutige Gotteshaus wurde 1844 auf den Fundamenten einer Vorgängerkirche erbaut.
Infrastruktur und Wirtschaft
Straße
Durch den Ort führt die Landesstraße 3443, die eine Verbindung zu den Ortsteilen Udenhain im Osten und Neuenschmidten im Westen herstellt. Der nächste Autobahnanschluss ist Bad Orb-Wächtersbach (AS 45) an der A 66 (Frankfurt–Fulda).
Bahn
Der nächste Bahnhof befindet sich in Wächtersbach an der Bahnstrecke Fulda–Frankfurt. Hier verkehrt die Regionalbahn, im Bereich Wächtersbach–Frankfurt im Stundentakt. Der Bahnhof ist behindertengerecht ausgebaut.
Fahrrad
An Hellstein vorbei führt der Vogelsberger Südbahnradweg von Grebenhain-Hartmannshain nach Wächtersbach. Er verläuft auf der Trasse der ehemaligen Vogelsberger Südbahn. Es besteht auch Anschluss an den Hessischen Radfernweg R3. Dieser führt als „Rhein-Main-Kinzig-Radweg“ von Rüdesheim nach Tann in der Rhön. Ein weiterer Anschluss besteht an den Vulkanradweg.
Nahverkehr
Ganzjährig verkehren in Hellstein und den anderen Ortsteilen Brachttals mehrere Buslinien der KVG. Sie schafft mit der Linie MKK 71, aber auch MKK 72 und MKK 73 öffentliche Verkehrsanschlüsse zu allen Ortsteilen der Gemeinde Brachttal, nach Wächtersbach mit der Kinzigtalbahn (Hessen) (Bahnhof Wächtersbach) sowie nach Bad Soden-Salmünster und Birstein, weiterhin zum Bahnhof Gelnhausen[9]. Es gilt der Tarif des Rhein-Main-Verkehrsverbundes.
Kindertagesstätten
Der nahe Kindergarten Regenbogen im Ortsteil Neuenschmidten verfügt über 3 Gruppen in dem bis zu 55 Kinder ab 3 Jahren bis zum Schulbeginn betreut werden[10].
Schulen
Ende der 1950er Jahre kam die damals noch unabhängige Gemeinde Hellstein, mit den Nachbargemeinden Schlierbach und Neuenschmidten überein, eine größere „Zentralschule“ zu bauen. Die in den Orten vorhandenen „einklassigen Schulen waren in einem schlechten Zustand“[11] Die neue, an der Grenze zwischen Schlierbach und Neuenschmidten liegende Schule, wurde am 12. Januar 1961 eingeweiht. Schon bald (1966) erfolgte, wegen des raschen Wachstums der Schülerzahl, eine erste Erweiterung; weitere folgten 1990 und 2003.[12]. Die Schule entwickelte sich nach und nach von einer Schule mit Primar- und Sekundarstufe zu einer reinen Grundschule.
Die weiterführende Schule für Hellstein, wie für die anderen Brachttaler Ortsteile, ist die im Stadtzentrum von Wächtersbach befindliche kooperative Gesamtschule, die Friedrich-August-Genth-Schule. Hellstein ist, so wie die anderen Ortsteile Brachttals, mit Buslinien an dieses Schulzentrum angebunden.
Dorfgemeinschaftshaus, Grillhütte, Backhaus
Hellstein verfügt über ein Dorfgemeinschaftshaus in der ehemaligen Schule.[13] Sein großer Saal hat die Größe von 107 m² und fasst bis zu 107 Personen. Ein Nebenraum hat 31 m² und kann bis zu 31 Personen aufnehmen. Neben der kommunalen Nutzung können die Einrichtungen auch für private Veranstaltungen aller Art, Familienfeiern, Präsentationen, Seminare und Ähnliches gebucht werden.
Der Ort verfügt auch über eine Grillhütte und ein Backhaus.[14]
Feuerwehr
Die Freiwillige Feuerwehr Hellstein wurde bereits 1888 gegründet. 1991 kam die Jugendfeuerwehr und 2008 eine Bambinigruppe hinzu. Heute verfügt die Einsatzabteilung über 28 Personen, die Jugendfeuerwehr über 11 Personen und die Kindergruppe zählt 10 Mitglieder.[15] Die Einsatz- ind Gefahrenschwerpunkte liegen bei:
- B 276 und L 3443
- Sägewerk Langlitz
- Überörtliche Einsätze mit der Wärmebildkamera
- technische Hilfeleistung VU.
Freizeit und Sport
Wandern
Durch Hellstein führt eine der „Spessartfährten“: Brachttaler Steingut-Panorama. Es ist einer von neun Rundwanderwegen seiner Art und streift, bis auf Udenhain alle Ortsteile Brachttals. Der Wanderweg ist rund 12 km lang, wird als leicht eingestuft und berührt viele Sehenswürdigkeiten der Kommune.[16]
Mit Hellstein verbundene Persönlichkeiten und Familien
- Erich Grünebaum (später Eric Greene) (* 7. Juli 1928; † 19. März 2020) war einer von wenigen Überlebenden der Hellsteiner jüdischen Gemeinde. 1941 in die USA geflohen, behielt der ehemalige Hellsteiner Bub ein Leben lang Kontakt zu seiner alten Heimat.
Weblinks
- Brachttaler Ortsteile In: Webauftritt der Gemeinde Brachttal.
- Hellstein, Main-Kinzig-Kreis. Historisches Ortslexikon für Hessen. In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
- Literatur über Hellstein In: Hessische Bibliographie[17]
Literatur
- Ernst Gottschalk, „Der einsamste Junge, -Nachruf auf Eric Greene, den letzten Überlebenden des Holocaust aus Hellstein“, Gelnhäuser Neue Zeitung, 7. April 2020
Einzelnachweise
- Ausgewählte Daten über Bevölkerung und Haushalte am 9. Mai 2011 in den hessischen Gemeinden und Gemeindeteilen. (PDF; 1,9 MB) In: Zensus 2011. Hessisches Statistisches Landesamt
- Hellstein, Main-Kinzig-Kreis. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 16. Oktober 2019). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
- „Die Kirche in Udenhain – Ein heimatgeschichtliches Bauwerk“, Zwischen Vogelsberg und Spessart, Heimatjahrbuch des Kreises Gelnhausen 1966.
- Ernst Gottschalk, „Der einsamste Junge, -Nachruf auf Eric Greene, den letzten Überlebenden des Holocaust aus Hellstein“, Gelnhäuser Neue Zeitung, 7. April 2020.
- Dissertation JÜRGEN JUNG, („GIS-gestützte Rekonstruktion der neogenen Reliefentwicklung tektonisch beeinflusster Mittelgebirgslandschaften am Beispiel des Spessarts (NW-Bayern, SE-Hessen)“ S. 204)
- Zusammenschluß der Gemeinden Hellstein, Neuenschmidten und Schlierbach im Landkreis Gelnhausen zu der neuen Gemeinde „Brachttal“ vom 11. Juni 1970. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1970 Nr. 26, S. 1300, Punkt 1227 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 7,6 MB]).
- Hauptsatzung. (PDF; 20 kB) § 5. In: Webauftritt. Gemeinde Brachttal, abgerufen im Oktober 2020.
- Ortsbeirat Hellstein. In: Webauftritt. Gemeinde Brachttal, abgerufen im Dezember 2020.
- KVG-Service, aufgerufen am 6. Januar 2022
- Kindertagesstätte Regenbogen, abgerufen am 6. Januar 2022
- Grundschule Brachttal
- Grundschule Brachttal
- Dorfgemeinschaftshaus Hellstein
- Brachttal Dorfgemeinschaftshäuser
- Freiwillige Feuerwehr Hellstein
- Spessartfährte "Brachttaler Steingut-Panorama"
- Info: Bitte auf Vorlage:HessBib umstellen, um auch nach 2015 erfasste Literatur zu selektieren!