Heiterschen

Heiterschen ist seit 1996 Teil der politischen Gemeinde Wängi westlich der Murg. Der Ort war früher ein kleines Bauerndorf mit einem Dutzend Höfen und einem kleinen Textilbetrieb, heute gibt es neue Wohnquartiere westlich des Krebsbaches und am Michelsbühl. Entlang der Autobahn haben sich eine Metallwarenfabrik und weitere Gewerbebauten angesiedelt.

Heiterschen
Staat: Schweiz Schweiz
Kanton: Kanton Thurgau Thurgau (TG)
Bezirk: Münchwilen
Politische Gemeinde: Wängii2
Postleitzahl: 9545 (Wängi)
Koordinaten:713485 / 262442
Höhe: 465 m ü. M.
Einwohner: 216 (31.12.2010)[1]
Heiterschen

Heiterschen

Karte
Heiterschen (Schweiz)
www

Geschichte

Besitzverhältnisse

In den Urkunden erschien der Ort erstmals 1263, als Ritter Burkhard von Heitnau, dessen zwei Töchter ins Kloster Tänikon eingetreten waren, dem Kloster seinen Besitz in Heiterschen, die „Äussere Hube“, schenkte. (Hube = 30 – 50 Juchart). 1270 übertrugen Ministerialen des Grafen von Habsburg-Kyburg ihren Hof in Heiterschen dem Kloster Fischingen. Die Herren von Spiegelberg besassen Mitte des 14. Jahrhunderts in dem Dorf eine Schuppose (10 – 15 Juchart). Eberhard von Strass verkaufte aus Not die Burg Spiegelberg nebst „Zubehörden“ an die Grafen von Toggenburg. Dazu gehörten die genannte Schuppose und die Leibeigenen Kuoni und Eberli und Ruedis Tochter von Heiterschen. Wie diese waren die meisten Bauern im Thurgau zu dieser Zeit Leibeigene adeliger oder geistlicher Herren. Auch verschiedene andere geistliche und adelige Herren verkauften, kauften, verliehen oder verschenkten grössere und kleinere Besitzungen. Solche besassen hier zeitweise auch das Domkapitel Konstanz und der Abt von St. Gallen. Nach und nach erwarb vor allem das Kloster Fischingen die Güter in und um Heiterschen. Mit der Zeit konnten viele Lehensbauern das Gut als Eigentum übernehmen, mussten aber weiterhin die Grundzinsen bezahlen. Die Tatsache, dass 1836 etwa 15 Heiterscher noch grundzinspflichtig nach Fischingen waren, bedeutet wohl, dass praktisch alle Bauerngüter hier Lehen dieses Klosters gewesen waren.

Der Weiher

1450 verkauften Rudolf von Landenberg (Frauenfeld) und sein Sohn dem Berchtold Vogt (Bürger zu Constanz), „ihren Wiger ze haitterschen mit vischen, wassern, wasserflüssen und wasserleiten, mit graben, wasen, rainen und allen sonstigen Zugehörden, stossett ainett an die lantstrass, die gen Tennyka gautt, anderthalb an das Willahöfflin, oben an des Schmidlins gutt von Tuttwil und an des Wittenwillers wiss …“ Von diesem erwarben ihn die Herren von Wängi. Ihr Nachfolger, „der edle beste Christoffel Giel“, verlieh ihn seinem Vogt, dem Cleinhans Stutz zu Lehen. Obwohl die ersteren das Gewässer als „frei, ledig und eigen“ gekauft hatten, beanspruchten es die Eidgenossen nach der Eroberung des Thurgaus. Dies und die Tatsache, dass er in der Offnung von Wängi eigens erwähnt wurde, weisen auf seine Bedeutung hin. Der Fischweiher lag an der Strasse nach Tänikon (heutige Strasse nach Scheuer / Schür). Darauf weisen der obige Text und ein Teilplan des Klosterlehenshofs Fischingen hin. Demnach besass das Kloster auch ein grösseres Grundstück westlich der heutigen Autobahnunterführung, nördlich der Strasse nach Scheuer. Diese Parzelle trägt die Bezeichnung „Unter Rusch beim Damm“. Südlich der Strasse sind zwei Grundstücke eingezeichnet, eines mit dem Namen „Ruschäckerli“. Wenn man in Betracht zieht, dass hier ein Weiher war, erklärt sich auch der Flurname Rusch für diese Gegend, nämlich: nasses Gebiet, Ort wo man das Rauschen von Wasser gut hören kann. Einen weiteren Hinweis liefern die Karten von 1883 und 1912. Darauf ist in diesem Gebiet noch ein „Weierhölzli“ zu sehen.

Gerichtsherrschaften

Die Hohe Gerichtsbarkeit, die auch Todesstrafen aussprechen konnte, lag im späten Mittelalter für unser Gebiet beim Landgericht in Frauenfeld. Dieses unterstand der Stadt Konstanz. Nach der Eroberung übernahmen die Eidgenossen diese Gerichtsbarkeit. Als oberster Rechtsvertreter im Thurgau residierte ein eidgenössischer Landvogt in Frauenfeld. Die niedere Gerichtsbarkeit und Polizeigewalt übte ein Gerichtsherr oder Vogt aus. Dieser bestrafte die zahlreichen Vergehen des täglichen Lebens, wie Frevel im Holz und Feld, Schlägerei, Missachtung der Gemeindeordnung, Verstösse gegen Zucht und Ordnung und beurkundete Kaufverträge.

Wängi

Wängi war eine der über hundert weltlichen und geistlichen Gerichtsherrschaften im Thurgau. In einem Freiheitsbrief hatte 1473 Kaiser Friedrich III. „das alt gemur zu Wengy mit häusern und höfen dahinder darneben und darumb“ der Gerichtsherrschaft der Gebrüder Heinrich und Hans von Wengi unterstellt, welche diese etwas später an die Gielen von Glattburg verkauften. Dazu gehörte auch Heiterschen, wie die „Offnung von Wengi“ (1495) bestätigt. In dieser Offnung wurde zuerst der Umfang der Herrschaft beschrieben: „Die Gielen von Glattburg sind Herr und Vogt über Leute und Güter zu Ober- und Nieder-Wängi, zu Heiterschen und dem Weiher, zu Schowingen, zu den drei Betzelhöfen und Heini Schmids Gut zu Mörischwang, zu Stutzen Gütli, zum Weiher und Weihergütli, zu Hunzikon dem Hof, und das Tal hinauf und hinunter, was dazu und darein gehört oder je gehört hat.“ Danach wurden die Rechte und Pflichten der Gerichtsherren aufgeführt, Gebote, Verbote, Strafen festgehalten und z. B. Eheschliessung, Kauf und Verkauf, Strassenunterhalt, Feuerschau und Kriegsdienstpflicht geregelt.

Das Niedere Gericht am Tuttwilerberg

Einige wenige Gebiete w​aren unmittelbar d​em Landvogt i​n Frauenfeld unterstellt. Sie w​aren deshalb i​n Hohen Gerichten gelegen. Zu e​inem solchen Gebiet, d​em Niedern Gericht a​m Tuttwilerberg, gehörten n​ebst andern Dörfern o​der Höfen dieser Region m​it Beginn d​es 16. Jahrhunderts a​uch Heiterschen, Wilhof, Anetswil u​nd Eggetsbühl. Vertreter d​es Landvogts w​ar ein Untervogt, d​er das a​us 12 Richtern bestehende Gericht leitete. Ein solcher Richter w​ar um 1780 a​uch ein Jac. Hafner v​on Heiterschen. Anfang d​es 16. Jahrhunderts h​atte ein Ruedi Kurzbein v​on Heiterschen a​ls Vertreter d​es Landvogts Gerichtstage i​n Heiterschen gehalten.

Der Lehenshof des Klosters Fischingen

«Bären» in Heiterschen

Der grösste Teil d​er Grundstücke i​n und u​m Heiterschen w​ar im Laufe d​er Zeit v​om Kloster Fischingen erworben u​nd als Lehen vergeben worden. In d​en Lehensbüchern w​aren diese ausführlich beschrieben, i​ndem die Anstösser i​m Osten (Aufgang), i​m Süden (Mittags), i​m Westen (Niedergang) u​nd im Norden (Mitnacht) angegeben wurden. Im Falle v​on Heiterschen besteht s​ogar ein mehrteiliger Plan z​um bedeutenden Lehenshof d​es Klosters. Der Grossteil d​er Besitzungen („des Gottshauses Hoofgüter“) befand s​ich westlich u​nd nordwestlich d​es Dorfes (Raum Vogelherd) u​nd nördlich (links u​nd rechts d​er Murg) b​is zum Jakobsbad. Ein kleinerer Teil l​ag südlich d​er Strasse Wängi–Wittenwil u​nd nördlich dieser Strasse a​n der Murg.

Im Zentrum, halbkreisartig u​m den Brunnen (ursprünglich a​uch im Klosterbesitz) w​aren die Gebäulichkeiten d​es Lehenshofes angeordnet, nämlich e​in Wohnhaus m​it angebauter Doppelscheune (die spätere Wirtschaft „Heiterscher Hof“, h​eute Heiterscherstrasse 12) u​nd östlich d​es Krebsbachwegs e​ine weitere grosse Scheune (vermutlich d​ie neuere Zehntscheune). Dort s​teht heute e​in Mehrfamilienhaus (Heiterscherstrasse 6–10). Möglicherweise w​ar ebenfalls d​er Gebäudekomplex Heiterscherstrasse 20/22 Bestandteil d​es Lehenshofes. Auch e​in „Rebhüsli“ u​nd eine Trotte wurden i​n der Hofbeschreibung erwähnt. Im Bereich „Trottenbühl“ (im Süden d​es Dorfes) müssten demnach Reben angebaut worden sein.

Am Ausgang des 18. Jahrhunderts ging die Zeit des Lehenswesens dem Ende entgegen. 1782 wurde der Hof nochmals als Lehen vergeben, und zwar die eine Hälfte dem Jacob Hafner von Untertuttwil, die andere Hälfte dem Josef Mahler von Ragatz. Er war der Trager (handlungsfähiger Vertreter des Lehensherrn). Nebst der Bewirtschaftung des Hofes, der Ablieferung der Zehnten und Zinsen (auch von anderen Lehensnehmern) war er zum Fuhrdienst für das Kloster verpflichtet (Heustroh, Baufuhren, Fuhren von Wein „sowohl in de Weite als Nähe ohne Unterschied, so viel nämlich das Gottshaus nötig hatt, jederweilen zu thun die Fuhre a 4 Batzen“). Abgaben (den sog. Kleinzehnten) mussten die Heiterscher übrigens auch an die Komturei Tobel entrichten, welche seit dem 15. Jahrhundert das Recht hatte, in der Pfarrei Wängi den Geistlichen zu ernennen und die kirchlichen Einkünfte zu verwalten.

Nach d​em Untergang d​er Alten Eidgenossenschaft 1798 w​ar die Zeit d​er Landvögte u​nd Lehensherren abgelaufen. In e​inem langwierigen Verfahren wurden Bodenzinsen u​nd Zehnten abgelöst. Das dauerte b​is in d​ie zweite Hälfte d​es 19. Jahrhunderts. 1821 z. B. überliess d​as Gotteshaus Fischingen d​en ihm zuständigen Anteil a​n der Zehntenscheuer s​amt dem Recht z​u dem d​abei befindlichen Brunnen d​em Johannes Mahler (Pfleger o​der Kirchpfleger).

1812 verfügte der Grosse Rat des jungen Kantons den Anschluss von Weiern (912 „Wihare“), Heiterschen, Aeuli (Jakobstal), Tausendlist (Schönengrund), Ackermannshaus (Schlipf), Neuhof und Rotscheuer an Wittenwil und damit die Bildung dieser Ortsgemeinde, die zur Munizipalgemeinde Aadorf gehörte. Diese Gemeindeorganisation hatte bis 1995 Bestand. 1996 vereinigten sich die Ortsgemeinde Wittenwil zur politischen Gemeinde Aadorf. Gleichzeitig wurden die beiden Ortsteile Heiterschen und Jakobstal von der Ortsgemeinde Wittenwil abgetrennt und der Einheitsgemeinde Wängi zugeteilt.[2]

Quellen und Literatur

  • Thurgauische Urkundenbücher (TUB 3,5,6,7)
  • Staatsarchiv Thurgau (StATG) 7’41’65 – Lehen Fischingen
  • StATG 7’41'271 – Repartitionsbuch
  • StATG 0’4’3 – Lehensbuch der Landvogtei
  • Stiftsarchiv St. Gallen (StiASG) Q.Q.Q. Fasc.1)
  • Tuchschmid Karl, Geschichte von Wängi, 1948
  • Kolb Jean, Thurgauer Landsknechte in fremden Diensten
  • Pläne Lehenshof : StATG K/P 1932 , K/P 1938

Einzelnachweise

  1. Ortschaften- und Siedlungsverzeichnis. Kanton Thurgau, Ausgabe 2012. Auf der Webseite der Dienststelle für Statistik des Kantons Thurgau (PDF; 3,4 MB), abgerufen am 11. Mai 2020.
  2. Bevölkerungsentwicklung der Gemeinden. Kanton Thurgau, 1850–2000. Auf der Webseite der Dienststelle für Statistik des Kantons Thurgau (Excel-Tabelle; 0,1 MB), abgerufen am 28. April 2020.
This article is issued from Wikipedia. The text is licensed under Creative Commons - Attribution - Sharealike. The authors of the article are listed here. Additional terms may apply for the media files, click on images to show image meta data.