Gumprecht II. von Neuenahr-Alpen
Gumprecht II. (IV., V.) von Neuenahr-Alpen (* um 1503; † 1555, vor dem 10. September[1]) war durch Erbe Kölner Erbvogt und regierender Graf von Limburg.
Abstammung
Gumprecht II. (IV.) kam um das Jahr 1503 als Sohn des Grafen Gumprecht I. (III.) von Neuenahr-Alpen (* nach 1461; † 1504) und dessen Ehefrau Gräfin Amalia von Wertheim (* um 1460; † um 1532) zur Welt.
Leben
Nach dem Tod des Vaters im Jahr 1504 erbte Gumprecht einen Teil des Kondominium der Grafschaft Limburg, Alpen, Helpenstein, Schloss Linnep sowie die Kölner Erbvogtei. Vormünder waren zunächst Domdechant Philipp von Dhaun-Oberstein (1463–1515), der 1508 als Philipp II. Erzbischof von Köln wurde, und Graf Philipp II. von Waldeck (1453–1524),[2] später sein Onkel 2. Grades Graf Wilhelm II. von Neuenahr († 1552).[3] Die Vormünder verglichen sich 1505 mit Graf Johann von Limburg-Broich († 1511) über die Ansprüche ihres Mündels auf die Grafschaft Limburg.[4]
1515 wurde „Domicellus Gombertus Comes de Nuwenar et praefectus civitatis Coloniensis, dominus in Alpen“ zusammen mit seinem Bruder Friedrich an der alten Universität Köln (Universitas Studii Coloniensis) immatrikuliert.
Seit etwa 1522 stritt sich Gumprecht II. von Neuenahr als Kölner Erbvogt mit dem Kapitel von St. Kunibert über verschiedene Gerechtsame des Fronhofs in Mauenheim.[5] Im Mai und Juni 1527 war er Mitglied der Delegation, die Herzogin Sibylle von Jülich-Kleve-Berg auf ihrer Brautfahrt zu Johann Friedrich I. von Sachsen nach Torgau begleitete und Augenzeugin des Turniers von Torgau war, dem auch Martin Luther und Philipp Melanchthon beiwohnten.[6] 1530 nahm „Graff Gunprecht von Newenaer“ im Gefolge des Erzbischofs Hermann V. von Wied (1477–1552; reg. 1515–1547) am Augsburger Reichstag[7] und im Januar 1531 an den Krönungsfeierlichkeiten für Ferdinand I. in Aachen teil.[8] Gumprecht II. (IV.) von Neuenahr spielte wie sein Verwandter Wilhelm II. von Neuenahr eine maßgebliche Rolle in der kurkölnischen Politik; er galt als reformfreudig und war protestantisch gesinnt.[9][10]
Gumprecht II. von Neuenahr versuchte in den 1520/30er Jahren, die Herrlichkeiten Arsbeck („Orsbeck“) und Rödgen sowie Güter in Wassenberg und Birgelen im Herzogtum Jülich, die 1434 von seinem Urgroßvater Dietrich von Linnep und Helpenstein († 1445/46) für 600 oberländische rheinische Gulden an Wilhelm von Vlodrop (* um 1396; † 1458 oder * um 1410; † 1493) verpfändet worden waren, von den Erben des Johann von Vlodrop (* um 1445; † 1519) wieder auszulösen.[11] Nach einem Prozess vor dem Reichskammergericht, der an den Herzog von Jülich als Landesherrn verwiesen wurde, entschied Wilhelm V. von Jülich-Kleve-Berg am 1. Dezember 1540 letztlich für Neuenahr.[12]
Im Jahr 1546 erbte er, gemäß dem Ehevertrag vom 20. November 1542 mit Amöna von Daun, nach dem Tod ihres Vaters Wirich V. von Daun-Falkenstein den Rest des Kondominiums von Limburg. Damit war die Grafschaft nach fast neun Jahrzehnten wieder unter einer Hand. Schon im gleichen Jahr, am 17. Mai bekam er von Herzog Wilhelm V. von Jülich-Kleve-Berg das Lehen.
Gumprecht II. von Neuenahr wurde 1548 von Georg von Westhofen d. Ä. zu Letmathe beschuldigt, den Landfrieden gebrochen zu haben, weil er dessen Söhne Adrian und Georg von Westhofen d. J. festgenommen hatte.[13] Nach der Ermordung Adrians von Westhofen (1520–1550) durch Heinrich von dem Westhofe († 1580) zu Haus Hennen (Iserlohn-Hennen) bei einem Überfall in Dröschede fertigte Gumprecht II. von Neuenahr 1551 einen Bericht für das Gerichtsverfahren an.[14]
1550 unterschrieb und siegelte Gumprecht II. die Kölner Erblandesvereinigung. Er und seine Frau nahmen 1553 die vor der Pest aus Köln geflohenen Jungfern Veronika († 1553) und Katharina vom Juden († nach 1558) in Hackenbroich auf.[15] Sie waren Töchter des verstorbenen Kölner Schöffen Johann von Judden d. Ä. († 1548/58) und seiner Frau Anna von Schiderich († nach 1561), Enkelinnen des Amtmanns Dr. Dietrich von Schiderich und der Anna Sudermann[16].[17]
Als Vormund der Kinder des verstorbenen Gumprechts II. fungierte zunächst Johann von der Hövelich,[18] Drost zu Alpen,[19] später Hermann von Neuenahr. Hermann und Amöna von Daun verkauften 1560 als Vormünder die Herrschaft Arsbeck mit Rödgen für 5500 Kaisergulden an Wilhelm V. von Vlodrop († 1564), Herr zu Rickolt und Leuth, der sie 1561 an Herzog Wilhelm V. weitergab.[20]
Ehen und Nachkommen
⚭ (I) 14. Februar 1528 mit Anna von Bronckhorst († 1. Oktober 1529), Tochter von Friedrich von Bronckhorst (1456–1508) und Mechthild van den Bergh († um 1539), Schwester des Joost von Bronckhorst (1503–1553)
⚭ (II) 19. März 1536[21] mit Cordula (Karda) (* 1516; † 20. November 1542), Tochter von Jobst I. von Holstein-Schauenburg und Maria von Nassau-Dietz (1491–1547)
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- ⚭ 1557 Heinrich von Brederode (* 20. Dezember 1531; † 15. Februar 1568)
- ⚭ 25. April 1569 Friedrich III. von der Pfalz (* 14. Februar 1515; † 26. Oktober 1576)
⚭ (III) 20. November 1542 mit Amöna (* um 1520; † um 1582), Tochter von Wirich V. von Daun-Falkenstein und Irmgard von Sayn († 1551), der Adoptivtochter von Johann von Limburg-Broich
- Magdalena (* 1553; † 13. Januar 1627)
- ⚭ 26. Juli 1573 mit Arnold II. von Bentheim-Tecklenburg (* 10./11. Oktober 1554; † 11. Januar 1606)
- Adolf (* um 1554; † Oktober 1589)
- ⚭ 1575 Anna Walburga von Neuenahr (* 1522; † 25. Mai 1600)
Gumprechts Witwe Amöna besiegelte 1555 die Eheberedung von Margarethe, natürlicher Tochter zu Neuenahr, mit Heinrich Öde,[22] Bürger von Köln.[23] 1574 nahm sie in Neuburg an der Donau an der Hochzeit der Prinzessin Anna von Jülich-Kleve-Berg mit dem Pfalzgrafen Philipp Ludwig von Pfalz-Neuburg teil.[24]
Literatur
- Walter Bösken: Das Neuenarer Grafenhaus und die evangelische Gemeinde Alpen bei Wesel von der Reformationszeit bis zum 30jährigen Kriege. In: Theologische Arbeiten aus dem Rheinischen wissenschaftlichen Prediger-Verein N. F. 2 (1898), S. 58–96 (Google-Books; eingeschränkte Vorschau)
- Hugo Altmann: Neuenahr, Grafen von. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 19, Duncker & Humblot, Berlin 1999, ISBN 3-428-00200-8, S. 106–108 (Digitalisat).
Einzelnachweise
- Verschiedentlich wird unrichtig auch der 21. Mai 1556 als Todestag angegeben.
- Urkunden vom 2. April und 15. September 1505; vgl. Christian von Stramberg: Das Rheinufer von Coblenz bis Bonn. (Denkwürdiger und nützlicher rheinischer Antiquarius III/9). R. F. Hergt, Koblenz 1862, S. 555f; Prozessakten, 1511–1527; Historisches Archiv der Stadt Köln (Bestand 310 Reichskammergericht - Buchstabe U, A 2).
- Vgl. Urkunde vom 6. August 1516; Historisches Archiv der Stadt Köln (Bestand 1 Haupturkundenarchiv, U 2/15901).
- Akte 1505; Nationaal Archief Den Haag (2.21.106 Inventaris van het archief van de familie Van Limburg Stirum, LW1); vgl. Gerhard E. Sollbach: Die Grafschaft Limburg. In: Ralf Blank, Stephanie Marra, Gerhard E. Sollbach: Hagen. Geschichte einer Großstadt und ihrer Region, Klartext-Verlag, Essen, 2008, S. 127–164, bes. S. 154.
- Vgl. Historisches Archiv der Stadt Köln (Bestand 239 Kunibert, A 26).
- Vgl. Karl Wilhelm Bouterwek: Sibylla, Kurfürstin von Sachsen. In: Zeitschrift des Bergischen geschichtsvereins 7 (1871), S. 105–164, bes. S. 120 und S. 123–125 (Google-Books).
- Vgl. Reinhard Braunisch (Bearb.): Johannes Gropper Briefwechsel, Bd. I 1529-1547. (Corpus Catholicorum 32). Aschendorff, Münster 1977, S. 212 Anm. 3.
- Vgl. Paul Pesel: Warhafftyge vnd aigentliche verzaichnüs der … Künig Ferdinanden … Crönung zu Aach. Singriener, Wien 1531, unpaginiert (Google-Books).
- Brief von Martin Bucer aus Bonn an Jakob Sturm von Sturmeck in Nürnberg vom 27. Februar 1543; Otto Winckelmann (Bearb.): Politische Correspondenz der Stadt Strassburg im Zeitalter der Reformation, Bd. III. (Urkunden und Akten der Stadt Strassburg II,3). K. J. Trübner, Straßburg 1898, Nr. 339, S. 356f (Google-Books; eingeschränkte Vorschau).
- Vgl. Elisabeth M. Kloosterhuis: Erasmusjünger als politische Reformer. Humanismusideal und Herrschaftspraxis am Niederrhein im 16. Jahrhundert. (Rheinisches Archiv 148). Böhlau, Köln / Weimar / Wien 2006, S. 82f und 635 (Daten teilweise ungenau).
- Vgl. Prozessakten, 1531–1534; Landesarchiv Nordrhein-Westfalen. Abteilung Rheinland Duisburg (Reichskammergericht, Nr. 4079 - N 307/898); Eberhard Quadflieg: Die Helpensteiner Herrschaft Arsbeck-Rödgen. In: Annalen des Historischen Vereins für den Niederrhein 176 (1974), S. 41–56.
- Vgl. Prozessakten, 1582–1587; Landesarchiv Nordrhein-Westfalen. Abteilung Rheinland Duisburg (Reichskammergericht, Nr. 4086 - N 314/906).
- Vgl. Landesarchiv NRW Abteilung Westfalen Münster (Reichskammergericht, Nr. W 816).
- Georg von Westhofen d.Ä., Letmathe, gegen Heinrich von Westhofen, Vetter des Kl., 1544–1579; Hessisches Staatsarchiv Marburg (Bestand 255 Reichskammergericht, Nr. W 71); Tobias Schenk (Bearb.): Die Akten des Kaiserlichen Reichshofrates. Alte Prager Akten, Bd. V S–Z.Erich Schmidt, Berlin 2014, Nr. 5943, S. 491f.
- Vgl. Konstantin Höhlbaum (Bearb): Das Buch Weinsberg, Bd. II. (Publikationen der Gesellschaft für rheinische Geschichtskunde 4). Alphons Dürr, Leipzig 1887, S. 40 (Digitalisat im Internet Archive).
- Die Kölner Linie der aus Dortmund stammenden Familie wurde durch Heinrich Sudermann († 1421) begründet.
- Vgl. Regest vom 1. Oktober 1552; Anna-Dorothee von den Brincken (Bearb.): Die Sammlungen Lückger und Fahne im Stadtarchiv Köln. In: Mitteilungen aus dem Stadtarchiv von Köln 49 (1965), S. 89–267, bes. S. 151; Regest vom 7. November 1558; Hugo Loersch (Bearb.): Die Urkunden Der Bonner Kreisbibliothek. In: Annalen des Historischen Vereins für den Niederrhein 66 (1898), S. 40–93, bes. Nr. 14, S. 68, vgl. Nr. 9–10, S. 65f, Nr. 13, S. 67, und Nr. 15, S. 68, und bes. S. 87f (Digitalisat im Internet Archive).
- Verheiratet mit Margaretha von Bronckhorst-Batenburg († 1546).
- Vgl. Günter Aders (Bearb.): Urkunden und Akten der Neuenahrer Herrschaften und Besitzungen Alpen, Bedburg, Hackenbroich, Helpenstein, Linnep, Wevelinghoven und Wülfrath sowie der Erbvogtei Köln. (Inventare nichtstaatlicher Archive 21). Landschaftsverband Rheinland, Köln 1977, Nr. 1368, S. 329.
- Landesarchiv Nordrhein-Westfalen. Abteilung Rheinland Duisburg (Jülich-Berg II, Nr. 2663); vgl. Wilhelm Ritz: Wie kam die Abtei Dalheim unter Jülichsche Landeshoheit? und die Herrlichkeit Helpenstein oder die Dörfer Arsbeck und Rötgen an Jülich? In: Allgemeines Archiv für die Geschichtskunde des Preußischen Staates 6 (1831), S. 89–92, bes. S. 91 (Google-Books).
- Ehevertrag vom 19. März 1536; Niedersächsisches Landesarchiv Bückeburg (Bestand Orig. F Fürstlich Schaumburg-Lippisches Hausarchiv, Urkunde Nr. 225).
- Vermutlich aus der Familie des Domkapitulars Martin von Oed (de Oed; Ude, † 1536) aus Kempen, natürlicher Sohn des Kölner Bürgermeisters Dietrich von Schiderich (vgl. Historisches Archiv der Stadt Köln, Bestand 120 Zivilprozesse, A 4280, Blatt 7), Dr. jur., seit 1508 Offizial des Kölner Erzbischofs Philipp II. von Daun, 1509 Rektor der Universität Köln, Freund des Humanisten Hermann von dem Busche.
- Regest vom 10. September 1555; vgl. Heinrich Kochendörffer (Bearb.): Urkundenregesten aus dem Archive der Fürsten und Altgrafen von Salm-Reifferscheidt-Krautheim und Dyck auf Schloß Dyck (Rheinland). In: Archivalische Zeitschrift 33 = N. F. 20 (1914), S. 107–156, bes. S. 153.
- Vgl. Sigmund Feyerabend: Herrliche, warhaffte Beschreibung der beyder fürstlichen Heimfahrt. Sigmund Feyerabend, Frankfurt am Main 1576, Bl. 63f, 79, 81, 83 und 130 (Google-Books).
Vorgänger | Amt | Nachfolger |
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Gumprecht I. (III., IV.) | Graf von Neuenahr-Alpen 1504–1555 | Hermann von Neuenahr (Vormundschaft) Adolf von Neuenahr (ab 1570) |
Gumprecht (I.) III. (IV.) von Neuenahr-Alpen Wirich V. von Daun-Falkenstein | Graf von Limburg 1504–1546 im Kondominium 1546–1556 (allein) | Hermann von Neuenahr (Regentschaft) Adolf von Neuenahr (ab 1570) |
Gumprecht (I., III.) IV. | Erbvogt des Erzstiftes Köln 1504–1555 | Hermann von Neuenahr (Vormundschaft) Adolf von Neuenahr (ab 1570) |