Gaußsche Krümmung

In der Theorie der Flächen im dreidimensionalen euklidischen Raum (), einem Gebiet der Differentialgeometrie, ist die gaußsche Krümmung (das gaußsche Krümmungsmaß), benannt nach dem Mathematiker Carl Friedrich Gauß, der wichtigste Krümmungsbegriff neben der mittleren Krümmung.

Definition

Gegeben seien eine reguläre Fläche im und ein Punkt dieser Fläche. Die gaußsche Krümmung der Fläche in diesem Punkt ist das Produkt der beiden Hauptkrümmungen und .

Dabei sind und die beiden Hauptkrümmungsradien.

Beispiele

  • Im Falle einer Kugel(oberfläche) mit Radius ist die gaußsche Krümmung gegeben durch .

Berechnung

  • Sind , , bzw. , , die Koeffizienten der ersten bzw. zweiten Fundamentalform, so gilt folgende Formel:
  • Ist die betrachtete Fläche der Graph einer Funktion über dem Parameterbereich , also für alle , so gilt für die gaußsche Krümmung:
Hierbei bezeichnen und die ersten und , und die zweiten partiellen Ableitungen von .
  • Ist die Fläche als Nullstellenmenge einer Funktion mit regulärem Wert gegeben, dann berechnet sich die Gaußsche Krümmung aus der Formel[1]
Dabei ist der Betrag des Gradienten und die Adjunkte der Hesse-Matrix von .

Eigenschaften

Vorzeichen

In elliptischen Punkten ist die gaußsche Krümmung positiv (), in hyperbolischen Punkten negativ () und in parabolischen Punkten oder Flachpunkten verschwindet sie.

Beispiele:

  • Bei einem Fahrradschlauch (= Torus) sind die auf der Felge liegenden Punkte hyperbolisch und die außen liegenden Punkte elliptisch. Die zwei Trennlinien dieser beiden Bereiche sind zwei Kreise, deren Punkte parabolisch sind.
  • Ein Ellipsoid hat nur elliptische, ein hyperbolisches Paraboloid (= Sattelfläche) hat nur hyperbolische Punkte.

Eigenschaft der inneren Geometrie

Die gaußsche Krümmung hängt n​ur von d​er inneren Geometrie d​er gegebenen Fläche a​b (siehe Theorema egregium v​on C. F. Gauß). Dieser Satz i​st ein Korollar a​us der Formel v​on Brioschi:

Dabei sind , und die Koeffizienten der ersten Fundamentalform. Die Bezeichnungen , usw. stehen für erste und zweite partielle Ableitungen nach den Parametern und , mit denen die gegebene Fläche parametrisiert wird. Diese Gleichung ist unter anderem eine der notwendigen Integrationsbedingungen der Gauß-Weingarten-Gleichungen.

Eine weitere Formel z​ur Berechnung d​er gaußschen Krümmung lautet:

Im Falle einer orthogonalen Parametrisierung () reduziert sich diese Formel auf

Wenn die Fläche isotherm parametrisiert ist, d. h., es gilt und , dann schreibt sich

mit d​em Laplaceoperator

.

Totalkrümmung

Die Innenwinkelsumme eines Flächendreiecks auf einer negativ gekrümmten Fläche ist kleiner als 180°.

Das Oberflächenintegral

der Gaußschen Krümmung über eine Teilmenge einer Fläche bezeichnet man als deren Totalkrümmung. Bei Vielecken, deren Kanten Geodätische sind, besteht ein Zusammenhang zwischen der Totalkrümmung und der Innenwinkelsumme. Beispielsweise gilt für die Innenwinkelsumme eines geodätischen Dreiecks:

Die Totalkrümmung eines geodätischen Dreiecks entspricht also der Abweichung der Innenwinkelsumme von : Die Innenwinkelsumme eines sich auf einer positiv gekrümmten Fläche befindenden Dreiecks überschreitet , auf einer negativ gekrümmten Fläche liegt die Innenwinkelsumme unterhalb von . Beträgt die Gaußkrümmung null, so beträgt die Innenwinkelsumme wie im ebenen Fall exakt .

Eine Verallgemeinerung dieses Sachverhaltes i​st der Satz v​on Gauß-Bonnet, d​er einen Zusammenhang zwischen d​er Gaußschen Krümmung e​iner Fläche u​nd der geodätischen Krümmung d​er zugehörigen Randkurve beschreibt.

Literatur

  • Manfredo Perdigão do Carmo: Differential Geometry of Curves and Surfaces. Prentice-Hall Inc., Upper Saddle River NJ 1976, ISBN 0-13-212589-7.

Einzelnachweise

  1. Michael Spivak: A comprehensive introduction to differential geometry. 3. Auflage. Volume 3. Publish or Perish, Houston, Texas 1999, ISBN 0-914098-72-1, Chapter 3. A compendium of surfaces.
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