Fledertiere
Die Fledertiere (Chiroptera), auch Flattertiere genannt, sind eine Ordnung der Säugetiere. Mit mehr als 1400 Arten, ein Fünftel aller Säugetierarten,[1] sind die Fledertiere nach den Nagetieren die artenreichste Ordnung innerhalb der Säugetiere. Die Fähigkeit zum Schlagflug haben sie als stammesgeschichtlich jüngste Gruppe der Wirbeltiere erworben – nach den ausgestorbenen Flugsauriern und den Vögeln.
Fledertiere | ||||||||||||
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Townsend-Langohr (Corynorhinus townsendii) | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Chiroptera | ||||||||||||
Blumenbach, 1779 |
Verbreitung
Fledertiere sind nahezu weltweit verbreitet, sie kommen auf allen Kontinenten der Erde mit Ausnahme der Antarktis vor. Auch in anderen polaren Regionen sowie auf entlegenen Inseln fehlen sie. Auf manchen Inseln (zum Beispiel Neuseeland) waren sie dagegen bis zur Ankunft des Menschen die einzigen Säugetiere. Die größte Artenvielfalt besteht in den Tropen. Die Glattnasen-Freischwänze (Emballonuridae), die Bulldoggfledermäuse (Molossidae) und die Glattnasen (Vespertilionidae) kommen in allen warmen Regionen der Erde vor. Elf Familien leben nur in der Alten Welt (darunter die Flughunde (Pteropodidae)), sechs nur in der Neuen Welt, z. B. die Blattnasen (Phyllostomidae). Die Glattnasen und einige Hufeisennasen (Rhinolophidae) haben auch kühlgemäßigte Klimazonen besiedelt. Die fast weltweit verbreiteten Mausohren (Myotis) haben das größte Verbreitungsgebiet aller landlebenden Säugetiergattungen.[1]
Merkmale
Gestalt, Morphologie sowie der Bau und die Leistung der Organe sind von den Erfordernissen des aktiven Fluges bestimmt und führten zu zahlreichen Analogien mit den Vögeln. Alle Fledertiere können fliegen, ein sekundärer Verlust der Flugfähigkeit, wie bei einigen Vögeln, kommt nicht vor. Die Flügel wurden durch eine Umgestaltung der Vorderextremitäten gebildet. Der Oberarmknochen und vor allem die Fingerstrahlen II bis V sind stark verlängert. Der Schwerpunkt liegt im Brustbereich, wo die Wirbelsäule aufgebogen ist um Platz für das kräftige Herz und die große Lunge zu schaffen. Die kräftige Flügelmuskulatur setzt an einem häufig vorhandenen Brustbeinkamm an. Die Hüftgelenke sind zur Seite gedreht, sodass die Beine seitlich stehen. Trotzdem können einige Arten, z. B. die Neuseeland-Fledermäuse, auf dem Erdboden geschickt laufen. Die Fußkrallen sind scharf und gebogen und dienen dem Festhalten in der Ruheposition.
Mit Ausnahme der Flughaut sind die Fledertiere zumeist mit einem dichten Fell bedeckt. Die meisten sind braun, grau oder schwärzlich. Einige Arten sind auch rötlich oder gelblich gefärbt. Auch ein reinweißes Fell kommt vor. Einige Arten sind gestreift oder fleckig gemustert. Auch die Flügel können gemustert sein. Bei einigen Arten sind sie mehr oder weniger transparent. Flughunde besitzen oft eine kontrastreiche Färbung im Hals- und Schulterbereich („Kragenbildungen“). Unterschiedliche Färbungen zwischen den Geschlechtern sind nur selten. Fledertiere besitzen eine drüsenreiche Haut und in vielen Fällen große Drüsenansammlungen im Gesicht (bei Blattnasen, Glattnasen und Hufeisennasen) oder im Nacken und auf den Schultern (bei Blattnasen und Flughunden). Die Drüsen sind bei Männchen oft ausgeprägter als bei den Weibchen. Die von den Drüsen ausgeschiedenen Sekrete dienen der Kommunikation über den Geruchssinn.[2]
Die Flugmembran besteht aus zwei Hautschichten und erstreckt sich von den Handgelenken bis zu den Fußgelenken. Weitere Membranen erstrecken sich von den Handgelenken zu den Schultern und zwischen den Beinen. Letztere wird Uropatagium (Schwanzflughaut) genannt, sie bindet den Schwanz – sofern vorhanden – mit ein und dient oft zum Einkeschern der Beute. Der Daumen ist kurz – nur bei den Stummeldaumen (Furipteridae) fehlt er – und trägt eine Kralle, die vier übrigen Finger sind stark verlängert und spannen die Flughaut. Während Flughunde meist am zweiten Finger ebenfalls eine Kralle haben, fehlt diese bei den Fledermäusen. Ein Dorn am Fußgelenk, Calcar genannt, dient zum Aufspannen der Schwanzflughaut. Die Hinterbeine der Fledertiere sind im Gegensatz zu den meisten anderen Säugetieren nach hinten gerichtet, sie enden in fünf bekrallten Zehen.
Die Größe der Fledertiere variiert erheblich, wobei die Schweinsnasenfledermaus (Craseonycteris thonglongyai) mit 3 cm Länge und 2 Gramm Gewicht als eines der kleinsten Säugetiere überhaupt gilt, während der Kalong-Flughund (Pteropus vampyrus) und der Goldkronen-Flughund (Acerodon jubatus) eine Flügelspannweite von zu 1,7 Metern und ein Gewicht von 1,2 bis 1,5 Kilogramm erreichen kann.[1]
Kopf und Schädel
Fledertiere lassen sich am leichtesten anhand ihres Kopfes unterscheiden. Viele Familien sind durch typische Nasenblätter, Falten, Furchen, Warzen oder Ohrformen charakterisiert. Die Familie der Neuweltblattnasen (Phyllostomidae) zeigt eine besonders hohe Variabilität hinsichtlich der Schädelform. Am Ohreingang befindet sich oft ein spitzer oder stumpfer Ohrdeckel, der Tragus. Die Ohrkapseln der Fledermäuse sind groß, Trommelfell und Gehörknöchelchen sind klein. Zur akustischen Isolation von den Schall erzeugenden Organen ist die Hörschnecke oft nur locker mit dem Schädel verbunden. Flughunde besitzen große, leistungsfähige Augen, die der Fledermäuse sind eher klein. In Anpassung an das Fliegen sind die Schädelknochen leicht und dünn. Je nach Ernährungsweise variiert die Schädelform. Bei Nektar trinkenden Arten sind die Schädel lang und schmal. Besonders extrem ausgeprägt ist dies bei der Bananenfledermaus (Musonycteris harrisoni). Früchte oder Insekten fressende Arten besitzen kürzere und breitere Schädel, z. B. das Greisengesicht (Centurio senex), eine frugivore Art. Die Kleine Bambusfledermaus (Tylonycteris pachypus) und die Diskusfüßige Fledermaus (Eudiscopus denticulus), die hohle Bambusstängel als Unterschlupf nutzen, besitzen sehr flache Schädel, um die engen Spalten passieren zu können, die den Zugang zu ihren Schlafquartieren bilden.[3]
Bezahnung
Durch die Vielfalt der Ernährungsweisen hat sich eine große Variabilität der Bezahnung entwickelt und es können etwa 50 verschiedene Zahnformeln unterschieden werden. Die ursprüngliche Zahnformel der Chiroptera lautet I 2/3, C 1/1, P 3/3, M 3/3 = 38. Häufig besitzen Fledertiere nur zwei Schneidezähne im Oberkiefer, eine kurze Schnauze geht in den meisten Fällen mit einer geringeren Zahl von Prämolaren einher. Die Molaren der insektivoren, piscivoren und carnivoren Arten sind scharfkantig und können die tierische Nahrung zerschneiden. Früchte fressende Fledertiere besitzen oft einen kräftigen Gaumen und eine starke Zunge und quetschen mit beiden und ihren flachkronigen Molaren nur den Saft aus dem Fruchtfleisch, während sie die faserigen Reste wieder ausspucken. Die langen und dolchartigen Eckzähne dieser Tiere dienen dem Festhalten der Früchte. Bei den Arten, die sich von Nektar ernähren, sind die Molaren durch Lücken getrennt und besitzen lange, schmale Kronen. Das Gebiss des sich von Blut ernährenden Gemeinen Vampirs (Desmodus rotundus) ist stark reduziert und besteht nur noch aus zwanzig Zähnen. Die oberen Praemolaren und die Molaren sind rückgebildet, die oberen Schneidezähne und Eckzähne sind vergrößert und besitzen messerartige, scharfe Kanten, um die Haut der Beutetiere zu durchtrennen.[4]
Lebensweise
Die meisten Fledertiere – mit Ausnahme einiger Flughunde – sind nachtaktive Tiere, die tagsüber in einem Versteck schlafen. Sie hängen dabei meist kopfüber an den Füßen, wodurch im Gefahrenfall eine schnelle Flucht durch einfaches Fallenlassen ermöglicht wird. Sie brauchen keine Kraft, um sich festzuklammern, da die Krallen durch das Gewicht der Fledermaus gekrümmt werden. Deshalb fallen selbst tote Fledertiere nicht herab. Die meisten Fledermäuse orientieren sich während des Fluges durch Echoortung: Mit dem Mund oder der Nase stoßen sie Laute ab, die im Ultraschallbereich liegen, also jenseits der menschlichen Hörgrenze. Manche Arten, insbesondere die Großblattnasen (Megadermatidae) und die Blattnasen (Phyllostomidae) haben auffällige Auswüchse an den Nasen, sogenannte Nasenblätter, die zur Verstärkung dieser Laute dienen. Die Ohren sind gut entwickelt und oftmals sehr groß, ein Tragus (Ohrdeckel) ist bei vielen Arten vorhanden und dient zum besseren Empfang der zurückgesandten Signale. Im Gegensatz dazu verwenden Flughunde mit Ausnahme der Rosettenflughunde keine Echoortung. Fledertiere sind nicht blind, sondern haben gut entwickelte Augen, auch wenn – wie bei vielen nachtaktiven Tieren – die Stäbchen in der Netzhaut überwiegen. Insbesondere Flughunde haben einen gut entwickelten Gesichtssinn. Auch der Geruchssinn ist bei den meisten Arten gut entwickelt.
Fledertiere verbringen den Tag in Höhlen, Felsspalten, Baumhöhlen oder in menschengemachten Behausungen wie Minen, Ruinen und Gebäuden; Flughunde schlafen eher auf Bäumen als Fledermäuse. Viele Arten leben in großen Kolonien, oft aus Tausenden von Tieren, andere sind Einzelgänger.
In kühleren Regionen halten sie oft Winterschlaf oder ziehen während des Winters in wärmere Regionen. Auch während des Tagesschlafs sinkt ihr Stoffwechsel in stärkerem Ausmaß als bei anderen Säugetieren.
Nahrung
Fledertiere nehmen je nach Art unterschiedlichste Nahrung zu sich. Man kann sie anhand der bevorzugten Nahrung in mehrere Gruppen aufteilen, diese Einteilung ist jedoch nicht systematisch:[4]
- Insekten: Etwa 75 % der Arten sind Insektenfresser (mehr als 800 Arten), darunter die meisten in Europa vertretenen Fledertiere. Sie ernähren sich vor allem von Käfern und Schmetterlingen.
- Früchte: Zu den fruchtfressenden Arten zählen beispielsweise die Mehrzahl der Flughunde sowie die Fruchtvampire Amerikas. Fruchtfressende Fledertiere leben nur in den Tropen und Subtropen, wo das ganze Jahr über ausreichend Früchte vorhanden sind. Sie machen etwa ein Viertel der Fledertierarten aus.
- Pollen und Nektar: Diese Art der Nahrung bevorzugen zum Beispiel die Langzungenflughunde und die Blütenfledermäuse. Diese Fledertiere sind klein, sie haben lange Schnauzen und Zungen und spielen eine wichtige Rolle bei der Bestäubung der Pflanzen. Die Gruppe ist klein und stellt etwa 5 % der Fledertierarten.
- Wirbeltiere: Manche Arten (ca. 2 %) ernähren sich von Vögeln, Fröschen, Echsen und kleinen Säugetieren wie Nagetieren oder anderen Fledermäusen. Dazu zählen beispielsweise mehrere Vertreter der Lanzennasen oder der Großblattnasen. Manche Arten, wie die Hasenmäuler (Noctilionidae) haben sich auf Fische spezialisiert.
- Blut: Die Ernährung mit Blut von Wirbeltieren kommt ausschließlich bei den drei Arten der Vampirfledermäuse (Desmodontinae) Mittel- und Südamerikas vor.
Fruchtfressende oder sich von Nektar oder Pollen ernährende Fledertiere kommen nur in den warmen Zonen der Erde vor. In der Alten Welt sind es die Flughunde, in der Neuen Welt vor allem Arten aus der Familie der Blattnasen (Phyllostomidae). Einige fruchtfressende Fledertiere nehmen auch Insekten zu sich. Zahlreiche Pflanzenarten haben verschiedene Anpassungen entwickelt um Fledermäuse als Bestäuber anzulocken. Dazu gehören exponierte und kräftige, stark riechende Blüten mit viel Nektar und Pollen und eine Blütenentfaltung in der Nacht (Chiropterophilie).[4]
Fortpflanzung
Generell sind Fledertiere durch eine niedrige Fortpflanzungsrate gekennzeichnet. In den meisten Fällen kommt nur ein Jungtier zur Welt und die Fledertiere der gemäßigten Klimazonen gebären auch nur einmal im Jahr. Nur in tropischen Regionen kann es zu mehreren Geburten im Jahr kommen. Bei den meisten Arten haben die Weibchen zwei Zitzen im Brustbereich.[5] Von den europäischen Arten besitzt nur die Zweifarbfledermaus (Vespertilio murinus) zwei Zitzenpaare. Die Weibchen der Großblattnasen, Hufeisennasen und Schlitznasen haben in der Leistengegend je ein Paar Haftzitzen, die nur zum Festhalten der Jungtiere dienen und nicht laktieren.[2] Ein weiteres Merkmal der Fledertiere ist die verzögerte Befruchtung: Der Samen der Männchen kann mehrere Monate im Fortpflanzungstrakt der Weibchen aufbewahrt werden, erst bei günstiger Witterung beginnt der Fötus in der Gebärmutter zu wachsen. Die Geburten erfolgen in normaler, hängender Ruhestellung oder in waagrechter bzw. aufrechter Haltung mit dem Kopf oder Steiß voran. Die Weibchen von Flughundgruppen können sich bei den Geburten gegenseitig helfen. Die Neugeborenen sind meist blind und nur wenig behaart, jedoch schon recht groß. Ihr Geburtsgewicht liegt bei 20 bis 30 % des Gewichtes ausgewachsener Exemplare. Nach der Geburt entwickeln sie sich im Allgemeinen recht schnell und die Geschlechtsreife wird oft schnell nach dem Abschluss der Entwicklung erreicht. Jungtiere der Glattnasen werden 3 bis 8 Wochen lang gesäugt und werden mit einem Alter von 3 bis 18 Monaten geschlechtsreif. Bei den Jungtieren der Flughunde dauert es 5 bis 24 Monate, bis sie geschlechtsreif werden. Als Ausgleich für die niedrige Fortpflanzungsrate sind Fledertiere verglichen mit anderen Kleinsäugern sehr langlebig, manche Tiere, u. a. die Flughunde, werden bis zu 20, andere über 30 Jahre alt, die Große Bartfledermaus (Myotis brandtii) kann sogar mehr als 40 Jahre alt werden.[5]
Systematik
Als wissenschaftliches Taxon wurden die Fledertiere im Jahr 1779 durch den deutschen Anatomen und Zoologen Johann Friedrich Blumenbach eingeführt.[6] Der wissenschaftliche Name Chiroptera leitet sich ab aus griechisch χείρ cheir (später chir) „Hand“, und πτερόν pteron „Flügel“, bedeutet also „Handflügler“.
Es ist schwierig, die Stellung der Fledertiere im Stammbaum der Säugetiere festzulegen. In der Vergangenheit galten sie teilweise als enge Verwandte der Riesengleiter und Primaten, jüngere Untersuchungsergebnisse stellen sie jedoch zusammen mit den Cetartiodactyla (Paarhufer und Wale), Unpaarhufern (Perissodactyla) und Raubtieren (Carnivora) in die Überordnung der Laurasiatheria.
Äußere Systematik der Fledertiere[7] | |||||||||||||||||||||||||||||||||
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Traditionell wurden innerhalb der Fledertiere die Flughunde (Megachiroptera) und die Fledermäuse (Microchiroptera) unterschieden. Aktuelle molekulare Untersuchungen zeigen aber, dass die Hufeisennasenartigen (Rhinolophoidea), eine Gruppe der Fledermäuse, näher mit den Flughunden verwandt sind als mit den übrigen Fledermäusen.[8][9][10][11][12][13][14][15][16] Die Fledermäuse werden dadurch zu einer paraphyletischen Gruppe, was in einer modernen Systematik, wo alle Nachfahren eines gemeinsamen Vorfahren einer (monophyletischen) Gruppe angehören sollen, unerwünscht ist. Die Flughunde stammen wahrscheinlich von echoortenden Vorfahren ab, haben diese Fähigkeit jedoch im Laufe der Evolution durch eine bessere Nachtsehfähigkeit ersetzt.[1] So werden die Fledertiere daher in die Yinpterochiroptera[17] oder Pteropodiformes,[9] das ist die Klade der Flughunde und Hufeisennasenartigen, und die Yangochiroptera[18] oder Vespertilioniformes,[9] die Klade der übrigen Fledermäuse, geteilt.
Beide Kladen haben den Rang einer Unterordnung. Darunter gibt es fünf Überfamilien und über 20 Familien.[19]
- Unterordnung Yangochiroptera
- Überfamilie Emballonuroidea
- Glattnasen-Freischwänze (Emballonuridae)
- Schlitznasen (Nycteridae)
- Überfamilie Hasenmaulartige (Noctilionoidea)
- Stummeldaumen (Furipteridae)
- Kinnblattfledermäuse (Mormoopidae)
- Neuseelandfledermäuse (Mystacinidae)
- Madagassische Haftscheibenfledermäuse (Myzopodidae)
- Hasenmäuler (Noctilionidae)
- Blattnasen (Phyllostomidae)
- Amerikanische Haftscheibenfledermäuse (Thyropteridae)
- Überfamilie Glattnasenartige (Vespertilionoidea)
- Cistugidae
- Langflügelfledermäuse (Miniopteridae)
- Bulldoggfledermäuse (Molossidae)
- Trichterohren (Natalidae)
- Glattnasen (Vespertilionidae)
- Überfamilie Emballonuroidea
- Unterordnung Yinpterochiroptera
- Überfamilie Pteropodoidea
- Flughunde (Pteropodidae)
- Überfamilie Hufeisennasenartige (Rhinolophoidea)
- Schweinsnasenfledermaus (Craseonycteridae)
- Rundblattnasen (Hipposideridae)
- Großblattnasen (Megadermatidae)
- Hufeisennasen (Rhinolophidae)
- Rhinonycteridae
- Mausschwanzfledermäuse (Rhinopomatidae)
- Überfamilie Pteropodoidea
Innere Systematik der Fledertiere[14] | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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Stammesgeschichte
Die Entwicklungsgeschichte der Fledermäuse ist durch Fossilienfunde nur spärlich dokumentiert. Im Gegensatz zu anderen schwierig einzuordnenden Säugetiertaxa, etwa den Walen, liefert der Fossilienbefund bisher keinerlei Hinweise auf Übergangsformen. Folglich sind die Bedingungen, die zur Evolution des Schlagflugs bei Fledermäusen führten, unklar. John Speakman, Lehrstuhlinhaber für Zoologie an der Universität Aberdeen, rekonstruiert die Evolution der Fledermäuse dahingehend, dass diese Tiere zunächst tagaktiv waren und sich erst unter dem Druck durch Greifvögel zunehmend auf nächtlichen Beutefang verlegten. Parallel dazu habe sich die Echoortung entwickelt.[20]
Fledertiere erlangten offenbar bereits im Eozän weltweite Verbreitung – aus dieser Epoche sind Funde relativ weit entwickelter Fledertiere in Europa, Nordamerika und Australien belegt. Zu den ältesten bisher gefundenen Gattungen zählen Onychonycteris und Icaronycteris aus dem frühen Eozän der Green-River-Formation Wyomings sowie Archaeonycteris, Palaeochiropteryx, Hassianycteris und Tachypteron aus dem mittleren Eozän der Grube Messel in Deutschland. Diese frühen Vertreter ähneln in ihrem Körperbau bereits sehr stark den heutigen Fledermäusen, Unterschiede bestehen lediglich in Details wie dem Vorhandensein von Fingerklauen und einem langen, freien Schwanz (der sich allerdings auch bei den heutigen Mausschwanzfledermäusen findet). Onychonycteris hatte aber noch kürzere Unterarmknochen, längere Hinterbeine als moderne Fledermäuse und Krallen an allen 5 Fingern. Sie konnten wahrscheinlich noch nicht so gut fliegen wie heutige Fledertiere. Ihre Hörschnecke war relativ klein, vergleichbar mit der der heutigen, nicht echoortenden Flughunde. Das zeigt, dass sich das Echoortungssystem der Fledertiere wahrscheinlich erst nach der Entwicklung des aktiven, kontrollierbaren Flatterflugs entwickelt hat.[21] Andere Fledertiere aus dem Eozän, wie Icaronycteris und Tachypteron dürften bereits zur Echolokation fähig gewesen sein.[1] Neuere Untersuchungen der frühen Entwicklungsstadien des Gehör- und Kehlkopfknöchelchen bestätigten den Befund der Genomstudien: Die Yangochiroptera und Rhinolophoidea haben ihren Apparat zur Echolotung jeweils unabhängig (oder vielleicht aus sehr primitiven gemeinsamen Vorstufen heraus) entwickelt. Aufgrund fehlender Fossilien lässt sich gegenwärtig nicht sagen, ob die Vorfahren der heutigen Pteropodoidea nie zur Echolotung fähig waren oder ob bei ihnen eine primitive Vorstufe dazu wieder verloren ging.[22] Da für etliche Familien fossile Belege fehlen, ist über die Entwicklungsgeschichte der einzelnen Fledertiergruppen kaum etwas bekannt.[23]
Gefährdung
Viele Fledertierarten sind bedroht. Die Gründe dafür liegen meist im Verlust des Lebensraumes, sowohl in den Tropen durch Waldrodungen als auch in Industrieländern durch den Einsatz von Pestiziden und Pflanzenschutzmitteln und die Versiegelung von Schlafplätzen durch Altbausanierungen. 12 Arten sind laut IUCN ausgestorben, 75 weitere gelten als bedroht oder stark bedroht.
Natürliche Feinde der Fledertiere sind vor allem die Eulen, daneben werden sie von Greifvögeln, Schlangen, Katzen und carnivoren Fledermausarten erbeutet. Zu ihren zahlreichen Parasiten zählen unter anderem die Blut saugenden, meist flügellosen Fledermausfliegen (Nycteribiidae und Streblidae).[1]
Aufgrund der Krankheitsübertragung durch fledermausspezifische Viren auf den Menschen kommt es zur Verfolgung von Fledertieren. Gerade während der weltweiten COVID-19-Pandemie werden Fledertiere gejagt.[24] Forscher sprechen sich aber gegen die Verfolgung von Fledertieren aus und machen Falschinformationen sowie die Psychologie des Menschen dafür verantwortlich. Da die Medienberichterstattung Fledertiere in schlechtes Licht gerückt haben, möchte die Wissenschaft für Aufklärung über Fledertiere sorgen.[25]
Nutzung
In Indonesien, Thailand, Vietnam, Guam und in anderen asiatischen Ländern und Kulturen im pazifischen Raum werden Fledertiere als Lebensmittel genutzt.
Literatur
- Erwin Kulzer: Chiroptera, Fledertiere (Flughunde und Fledermäuse). In: Wilfried Westheide & Reinhard Rieger: Spezielle Zoologie Teil 2: Wirbel und Schädeltiere. 2. Auflage, Spektrum Akademischer Verlag Heidelberg, Berlin 2010, ISBN 978-3-8274-2039-8, S. 595–603.
Einzelnachweise
- Westheide & Rieger, Seite 595.
- Westheide & Rieger, Seite 596.
- Westheide & Rieger, Seite 597.
- Westheide & Rieger, Seite 599.
- Westheide & Rieger, Seite 603.
- Johann Friedrich Blumenbach: Handbuch der Naturgeschichte. 1. Auflage, 2 Teile, Johann Christian Dieterich, Göttingen 1779–1780, Seite 74–76 (online).
- Maureen A. O’Leary, Jonathan I. Bloch, John J. Flynn, Timothy J. Gaudin, Andres Giallombardo, Norberto P. Giannini, Suzann L. Goldberg, Brian P. Kraatz, Zhe-Xi Luo, Jin Meng, Xijun Ni, Michael J. Novacek, Fernando A. Perini, Zachary S. Randall, Guillermo W. Rougier, Eric J. Sargis, Mary T. Silcox, Nancy B. Simmons, Michelle Spaulding, Paúl M. Velazco, Marcelo Weksler, John R. Wible, Andrea L. Cirranello: The Placental Mammal Ancestor and the Post–K-Pg Radiation of Placentals. In: Science. Band 339, Nr. 6120, 2013, S. 662–667, doi:10.1126/science.1229237, PMID 23393258.
- Steven R. Hoofer, Serena A. Reeder, Eric W. Hansen, Ronald A. Van Den Bussche: Molecular Phylogenetics and Taxonomic Review of Noctilionoid and Vespertilionoid Bats (Chiroptera: Yangochiroptera). In: Journal of Mammalogy. Band 84, Nr. 3, 2003, ISSN 0022-2372, S. 809–821, doi:10.1644/BWG-034.
- James M. Hutcheon, John A.W. Kirsch. A moveable face: deconstructing the Microchiroptera and a new classification of extant bats. Acta Chiropterologica 8(1):1-10. 2006 doi:10.3161/1733-5329(2006)8[1:AMFDTM]2.0.CO;2
- Cassandra M. Miller-Butterworth, William J. Murphy, Stephen J. O’Brien, David S. Jacobs, Mark S. Springer, Emma C. Teeling: A Family Matter: Conclusive Resolution of the Taxonomic Position of the Long-Fingered Bats, Miniopterus. In: Molecular Biology and Evolution. Band 24, Nr. 7, 2007, ISSN 0737-4038, S. 1553–1561, doi:10.1093/molbev/msm076.
- Emma C. Teeling, Mark Scally, Diana J. Kao, Michael L. Romagnoli, Mark S. Springer, Michael J. Stanhope: Molecular evidence regarding the origin of echolocation and flight in bats. In: Nature. Band 403, Nr. 6766, 2000, S. 188–192, doi:10.1038/35003188.
- Emma C. Teeling, Ole Madsen, Ronald A. Van Den Bussche, Wilfried W. de Jong, Michael J. Stanhope, Mark S. Springer: Microbat paraphyly and the convergent evolution of a key innovation in Old World rhinolophoid microbats. In: Proceedings of the National Academy of Sciences. Band 99, Nr. 3, 2002, ISSN 0027-8424, S. 1431–1436, doi:10.1073/pnas.022477199, PMID 11805285.
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- K. F. Koopman: A synopsis of the families of bats. Part VII. Bat Research News 25, 1985, S. 25–27.
- Chiroptera Blumenbach, 1779 bei ITIS
- John R. Speakman: The evolution of flight and echolocation in bats: another leap in the dark. In: Mammal Rev. 31, Nr. 2, 2001, S. 111–130, doi:10.1046/j.1365-2907.2001.00082.x.
- Nancy B. Simmons, Kevin L. Seymour, Jörg Habersetzer, Gregg F. Gunnell: Primitive Early Eocene bat from Wyoming and the evolution of flight and echolocation. In: Nature. Band 451, Nr. 7180, 2008, S. 818–821, doi:10.1038/nature06549.
- Camilo López-Aguirre, Laura A. B. Wilson: Fruit bats are the only bats that can’t (and never could) use echolocation. Now we’re closer to knowing why, auf: The Conversation vom 5. März 2021. Dazu:
- Camilo López-Aguirre, Laura A. B. Wilson: One Type of Bat Mysteriously Can't Echolocate. We May Finally Know Why, auf: sciencealert vom 7. März 2021
- Nancy B. Simmons, Jonathan H. Geisler: Phylogenetic relationships of Icaronycteris, Archeonycteris, Hassianycteris and Palaeochiropteryx to extant bat lineages, with comments on the evolution of echolocation and foraging strategies in microchiroptera. In: Bulletin of the American Museum of Natural History. New York NY 235, ISSN 0003-0090, S. 1–82 (digitallibrary.amnh.org).
- Juliette Irmer: Jagd auf Fledermäuse und Flughunde: Die Sündenböcke der Pandemie bezahlen mit dem Leben. In: Neue Zürcher Zeitung. 4. April 2020, abgerufen am 19. Juni 2020.
- Douglas MacFarlane, Ricardo Rocha: Guidelines for communicating about bats to prevent persecution in the time of COVID-19. In: Biological Conservation. Band 248, 2020, doi:10.1016/j.biocon.2020.108650.