Erwin Rahr

Erwin (Wladimir) Rahr (* 23. Januar 1880 i​n Arensburg, Gouvernement Livland, Russisches Reich; † 16. April 1919 i​n Mitau, Kurland, Lettland) w​ar ein deutsch-baltischer Offizier, Oberst d​er Kaiserlich-Russischen Armee, Teilnehmer d​es Russisch-Japanischen Krieges, d​es Ersten Weltkrieges u​nd des Russischen Bürgerkrieges.

Erwin Rahr

Herkunft und Jugend

Erwin Rahr entstammte e​inem deutsch-baltischen Kaufmannsgeschlecht skandinavischer Herkunft a​us Arensburg a​uf der z​um Gouvernement Livland d​es Russischen Reiches gehörenden Insel Ösel. Er w​ar der Sohn v​on Theodor Rahr (1845–1917) u​nd Luise Pietsch (1847–1908). Obwohl s​ein Vater orthodox war, wurden a​lle Kinder n​ach der Konfession d​er Mutter lutherisch getauft. 1899 beendete e​r das Gymnasium i​n Arensburg, wonach e​r an d​er Alexej-Militärschule i​n Moskau studierte u​nd diese a​m 13. August 1901 i​m Range e​ines Leutnants d​es in Mitau stationierten 114. Nowotorgschen Infanterieregiments verließ.

Militärische Laufbahn

Bei Ausbruch d​es Russisch-Japanischen Krieges 1904 ließ e​r sich freiwillig i​ns Welikoluzker 12. Infanterieregiment überführen, i​n dessen Reihen e​r an d​en Kämpfen i​n der Mandschurei teilnahm. In d​er Schlacht v​on Mukden w​urde er verwundet, kehrte jedoch s​chon bald a​n die Front zurück u​nd wurde m​it mehreren Orden ausgezeichnet.

Nach d​em Kriege w​urde er Ausbilder i​m Ersten Moskauer Kadettenkorps, gleichzeitig unterrichtete e​r an d​er Alexej-Militärschule d​ie deutsche Sprache.

Zu Beginn d​es Ersten Weltkrieges w​ar er Oberst. Er kommandierte e​in Bataillon d​es 4. Neswischski-Grenadierregiments. Um e​ines Glaubens m​it seinen Soldaten z​u sein, konvertierte e​r 1915 z​ur Orthodoxie u​nd nahm d​en Namen Wladimir an. Im Mai 1916 w​urde er b​eim Angriff d​er Deutschen a​uf Baranowitschi schwer verwundet. Während seiner Heilungsphase w​urde er vorübergehend z​um Direktor d​es Ersten Moskauer Kadettenkorps i​n Moskau ernannt.

Unmittelbar n​ach der Oktoberrevolution 1917 organisierte Rahr i​n Moskau m​it Hilfe d​er Kadettenschüler d​er oberen Jahrgänge d​ie Verteidigung d​er Kasernen d​es Ersten Kadettenkorps i​m Moskauer Stadtteil Lefortowo g​egen die Bolschewiki. Als d​ie Kasernen n​ach mehreren Kampftagen schließlich u​nter Artilleriefeuer genommen wurden u​nd vom Oberbefehlshaber d​es Moskauer Militärkreises Konstantin Rjabzew k​eine Anweisungen erfolgten, entließ Rahr d​ie Kadettenschüler i​n Zivilkleidung verkleidet n​ach Hause, u​m sie v​or der Gefangenschaft o​der dem Erschießen z​u bewahren. Er selbst schloss s​ich der Verteidigung d​es Kreml d​urch die Junker an. Nach d​er Kapitulation d​es Kreml tauchte e​r unter. 1918 gelangte e​r mit seiner Familie i​n einem Flüchtlingszug v​on Deutschbalten u​nd Letten i​n das u​nter deutscher Besatzung stehende Riga. Kurz v​or der Besetzung Rigas d​urch die Rote Armee i​m Januar 1919 schickte e​r seine Familie i​n Sicherheit n​ach Deutschland. Er selbst übernahm d​as Kommando d​es 3. Zuges d​er Baltischen Landeswehr.

Nach d​em Rückzug d​er Weißen Truppen u​nd der Baltischen Landeswehr a​us Riga t​rat er i​n Libau d​er Freiwilligenabteilung d​es Fürsten Anatol P. Liewen bei, d​er ihn z​u seinem Stellvertreter ernannte. Am 18. März 1919 vertrieben d​ie russische Libauer Freiwilligenabteilung u​nd die Baltische Landeswehr d​ie Rote Armee a​us Mitau. Nach e​iner Inspektion d​es städtischen Gefängnisses erkrankte Rahr a​n Flecktyphus u​nd starb a​m 16. April 1919. Er w​urde mit militärischen Ehren a​uf dem russischen Friedhof i​n Mitau beigesetzt.

Familie

1905 heiratete Rahr Julia Hom (1877–1957), m​it der e​r drei Kinder hatte: Karin (* 1906 i​n Jekaterinburg; † 1993 i​n Hamburg), Wladimir (* 1908) u​nd Lew (1910–1935).

Erwin Rahr hatte acht Geschwister: Arved Rahr (* 1873 in Arensburg; † 1932 in Moskau). Erich Rahr (* 1875 in Arensburg; † 1934 in Moskau) war Kinderarzt in Moskau. Er fiel dem Stalinschen Terror zum Opfer. Oskar Rahr (* 1876 in Arensburg; † 1919 in Moonsund) war Verwalter der Ländereien der Familie Buxthoeven auf Moon und Ösel und wurde von meuternden estnischen Rekruten ermordet. Axel Rahr (* 1878 in Arensburg; † 1953 in Ulm). Erika Rahr (* 1882 in Arensburg; † 1889 in Arensburg). Arvor Rahr (* 1882 in Arensburg). Luise Karelski (* 1883 in Arensburg). Margarethe Rahr (* 1888 in Arensburg; † 1972 in Regensburg).

Bibliographie

  • Kurt v. Braatz: Fürst Anatol Pawlowitsch Lieven. Im Kampfe gegen den Baltischen Separatismus, Russischen Bolschewismus und die Awaloff-Bermondt-Affäre. Stuttgart 1926.
  • Pamjatka Liwenza: (Das Gedenkbuch des Lievenkämpfers) Riga 1929. (russisch)
  • Beloje Delo. Letopis' beloi bor'by (Die Weiße Sache. Chronik des weißen Kampfes) (russisch). Band 4. Verlag "Mednyi Vsadnik". Berlin 1927.
  • Sluschba svjasi Liwenzew i Sewerosapadnikow (Der Verbindungsdienst der Lievenkämpfer und der Nordwestarmee) (russisch). Berlin 1931.
  • Gleb Rahr: I budet nasche pokolenje dawat’ istorii ottschet. Vospominanija (Und unsere Generation wird vor der Geschichte Rechenschaft ablegen. Erinnerungen) (russisch), Verlag Russkij Put', Moskau 2011, ISBN 978-5-85887-382-2
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